Mahnung aus Rom: Denkt an die Einheit!
Ende nächster Woche findet die 2. Vollversammlung des Synodalen Wegs statt. „Es geht auf den Endspurt zu“, sagte am Montag Bischof Georg Bätzing zum Auftakt der Herbstvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz in Fulda. In den kommenden vier Tagen beraten die Bischöfe auch über den Reformprozess. Steigen nächste Woche die ersten Bischöfe aus? Was passiert dann? Ein solches Szenario steht zwar nicht offiziell auf der Tagesordnung, wird aber in den Fluren durchaus diskutiert. Daneben geht es auch um die umstrittene Praxis der Entschädigungszahlung für Opfer sexualisierter Gewalt in der Kirche. Ein weiterer Punkt der Tagesordnung liest sich auf dem Papier zwar langweilig, doch in der Praxis sind damit Richtungsentscheidungen verbunden: die Wahl der Kommissionen der Bischofskonferenz und ihrer Vorsitzenden.
Steigen Bischöfe beim Synodalen Weg aus?
Erste Texte zu den vier Foren des Synodalen Wegs liegen vor. Es geht um Macht und Partizipation, Frauen und Ämter, priesterliche Lebensform und Sexualmoral. Zwar wird es nächste Woche bei der Präsenzsitzung in Frankfurt keine Endabstimmungen geben, aber wichtige Richtungsentscheidungen schon. Der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer veröffentlichte im Internet bereits Alternativvorschläge. Zusammen mit dem Passauer Stefan Oster und dem Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki gehört er zu den prominenten Gegnern der meisten Reformen, die aktuell diskutiert werden. Gerne verweisen sie auf Rom, weil viele Fragen etwa beim Zölibat oder den Weiheämtern für Frauen nicht von einer einzelnen Bischofskonferenz entschieden werden könnten.
In das gleiche Horn blies am Montag zur Eröffnung der Apostolische Nuntius, Erzbischof Nikola Eterovic. Wie schon im vergangenen Jahr mahnte er die Bischöfe zur Einheit mit der Weltkirche. In seiner Botschaft reihte er unzählige Zitate von Papst Franziskus, Papst Paul VI. und Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin bei dessen Besuch in Berlin vor wenigen Wochen aneinander. So erinnerte er an die Aussage von Franziskus in einem Radiointerview vor wenigen Tagen. Da sagte der Papst, es sei kein böser Wille, der viele deutsche Bischöfe antreibe, sondern „ein pastorales Verlangen“. Allerdings hätten sie manche Mahnung von ihm nicht beachtet, die er in seinem Brief vom 29. Juni 2019 „an das pilgernde Volk Gottes“ formuliert habe.
Von Paul VI. zitierte der Nuntius eine Aussage aus dem Jahr 1968. Damals sprach dieser von „Katholiken, die sich von einer Art Veränderungs- und Erneuerungssucht erfassen lassen“. Zwar müsse die Kirche ständig tiefer in die Wahrheit Gottes eindringen, doch dürfe man „an den Wahrheiten der christlichen Lehre keine Abstriche machen“. Schließlich kam Kardinalstaatssekretär Parolin „zu Wort“. Der mahnte in Berlin Ende Juni 2021 zur kirchlichen Einheit: „Sooft eine kirchliche Gemeinschaft versucht hat, alleine aus ihren Problemen herauszukommen, und lediglich auf die eigenen Kräfte, die eigenen Methoden und die eigene Intelligenz vertraute, endete das darin, die Übel, die man überwinden wollte, noch zu vermehren und aufrechtzuerhalten.“
Revision des Anerkennungsverfahrens?
Während sich der Nuntius um die Einheit mit der Weltkirche sorgt, treibt die Bischöfe das Thema Missbrauchsaufarbeitung weiter um. Der Konferenzvorsitzende Bätzing zeigte am Montag erneut Verständnis für Kritik an der Entscheidung des Papstes in der Causa Heße. Dass Franziskus den Rücktritt des Hamburger Erzbischofs nicht angenommen habe, entspreche aber den strengen kirchenrechtlichen Regelungen, die der Vatikan nach dem Missbrauchsgipfel im Februar 2019 erlassen habe. Es konnte Heße keine willentliche Vertuschung nachgewiesen werden. Mit Blick auf Kritik an dem neuen System der Anerkennungsleistungen für erlittenes Leid durch sexualisierte Gewalt erklärte Bätzing, dass man das Verfahren noch einmal überprüfen wolle. Dabei gehe es um die Bearbeitungsdauer und Fragen der Transparenz. Besonders schwierig sei auch, dass es zu Retraumatisierungen komme durch das Verfahren.
Es steckt also einmal mehr einiges an Zündstoff in der aktuellen Vollversammlung. Die Bischöfe beraten bis Donnerstag – pandemiebedingt nicht im schlichten Tagungssaal des Priesterseminars sondern wie schon im vergangenen Jahr in einem prachtvollen Saal des Fuldaer Schlosses. Es ist der zum Priesterseminar nächstgelegene große Tagungsraum in der Bonifatiusstadt. Rein äußerlich passt er nicht gerade zur Vorstellung einer Kirche, die demütig dienend ist und von der Papst Franziskus zuletzt wieder mehrfach bei seiner letzten Reise gesprochen hat. Allerdings hat er dabei wiederholt betont, dass es nicht auf Äußerlichkeiten und Worte ankommt, sondern auf die Taten, das Zeugnis. Daran werden sich die Bischöfe dann am Ende der Woche messen lassen müssen.
5 Kommentare
Bei diesem Papst gibt es zuviel Hüh und dann wieder Hott. Der weiss selbst nicht was er will und deshalb müssen seine wechselhaften Äusserungen allzu häufig wieder von seinen Beratern und seinem engsten Stab eingefangen werden. Der Mann ist einfach zu unstet. Die Schuhe des Fischers sind ihm schlichtweg zu gross…
Es ist interessant, dass Erzbischof Eterovic lange Passagen aus Texten PAULS VI. vom 30. Juni 1968 zitiert. „Sind Wir Uns dabei der Unruhe bewusst, die gewisse moderne Kreise im Hinblick auf den Glauben ergriffen hat. Sie können sich nicht dem Einfluss einer Umwelt entziehen, die sich in einer tiefgehenden Wandlung befindet, und in der so viele Dinge, die als sicher galten, bestritten oder zur Diskussion gestellt werden. Wir sehen sogar Katholiken, die sich von einer Art Veränderungs- und Erneuerungssucht erfassen lassen.“
Wir Älteren erinnern uns, wenige Wochen später wurde die Enzyklika HUMANAE VITAE veröffentlicht, die – so Karl Kardinal Lehmann – „in Deutschland wie eine Bombe einschlug.“ Diese erklärte die seelsorgliche Praxis nördlich der Alpen, die Wahl der Methoden verantwortlicher Elternschaft weitgehend dem Gewissensurteil der Eheleute zu überlassen, für irregulär.
Um ein Auseinanderdriften innerhalb der Kirche zu verhindern, reagierte die Deutsche Bischofskonferenz unter dem Vorsitz von Kardinal Döpfner mit einem diplomatischen Meisterstück, der KÖNIGSTEINER ERKLÄRUNG: „Wer glaubt, … von einer nicht unfehlbaren Lehre des kirchlichen Amtes abweichen zu dürfen …, muss sich nüchtern und selbstkritisch in seinem Gewissen fragen, ob er dies vor Gott verantworten kann.“
In Rom wurde dies als Affront und bischöflicher Ungehorsam aufgefasst, womit wir bei dem aktuellen Bezug zum Synodalen Weg sind. Der Vatikan übte fortan Druck auf die deutsche Kirche aus. So berichtet Karl LEHMANN von seinem Antrittsbesuch am 4. Dezember 1987 als neu gewählter Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, dass Papst Johannes Paul II. nachdrücklich von ihm verlangte, die Königsteiner Erklärung zurückzunehmen.
Nach meiner Überzeugung muss die Katholische Kirche in Zukunft mehr Verschiedenheit zulassen, wenn sie die Sprengkraft ihrer inneren Widersprüche mildern will. Der Benediktinerabt JOHANNES ECKERT hat dies am 31. August im Deutschlandfunk auf den Punkt gebracht: „Wir müssen die Kirche anders sehen. Nicht in einer Einheitlichkeit, sondern in einer großen Buntheit und Pluriformität.“
Der Papst macht seine Sache gut – er spiegelt bei Treue zum Wesentlichen (wie es im Glaubensbekenntnis zum Ausdruck kommt) die Vielfalt der Möglichkeiten des Katholischen in seinen Aussagen. Dabei dürfen sich alle hinter die Ohren schreiben.
@Novalis
Absolute Zustimmung – ich hätte mir nie gedacht, dass ich als „Nichtkatholik“ jemals einen Papst verteidigen würde. In diesem Zusammenhang denke ich an ein Interview mit Eugen Drewermann (auf Youtube zu sehen) aus dem Jahre 2018, in dem er – der ja immer sehr eindeutig Stellung bezog – zur Kirchenkrise meinte: „…das alles kann Papst Franziskus nicht mit einem Händedruck beseitigen“..
Du meine Güte: Veränderungs- und Erneuerungssucht ? Nein, viele Gläubige möchten eher zurück zu den wirklich christlichen Wurzeln ohne diese hierarchischen Gebilde und Ankrustungen, die nichts, aber auch gar nichts mit dem Nazarener zu tun haben. Logisch, dass diese hierarchisch verknöcherten Kardinäle und Bischöfe um ihre Stellung fürchten, die sie bei den meisten Gläubigen sowieso längst verloren haben…
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