Papst mahnt zu Offenheit und Frieden

„Pacem in terris – Frieden auf Erden“ lautet das Motto des Papstbesuchs in Bulgarien. Der zweitägige Aufenthalt gipfelte am Dienstagabend in einem Friedensgebet im Zentrum von Sofia. Dass es schon innerhalb der Christenheit am respektvollen Miteinander fehlt, wurde bei dem Treffen einmal mehr deutlich. Die bulgarisch-orthodoxe Kirche nahm nicht teil. „Mit dem Feuer der Liebe wollen wir das Eis der Kriege schmelzen“, so der Papst bei der Begegnung. Zuvor hatte Franziskus am Morgen die katholische Minderheit des Landes zur Offenheit aufgerufen – mit Blick auf die Ökumene, mit Blick auf Migranten und mit Blick auf neue pastorale Wege. „Ein offenes Haus zu sein verlangt auch heute, auf den Spuren von Cyrill und Methodius, mutig und kreativ zu sein“, so das Kirchenoberhaupt beim Treffen mit Katholiken des Landes im südbulgarischen Rakowski. Am Morgen besuchte Franziskus ein kleines Flüchtlingszentrum der örtlichen Caritas in Sofia. Dabei bezeichnete er Migration als „ein Kreuz der Menschheit“.

250 Kinder feierten am Morgen beim Gottesdienst mit Papst Franziskus in der Katholikenhochburg Rakowski ihre Erstkommunion. (Quelle: dpa)

Papst als Brückenbauer unterwegs

Die Reden des Papstes am zweiten Tag in Bulgarien machten einmal mehr deutlich, wie Franziskus sich die katholische Kirche vorstellt. Sie haben damit auch Bedeutung über das osteuropäische Land hinaus. Kritiker werden sagen, Franziskus habe einmal mehr nichts Neues gesagt. Positiv gewendet könnte man darin auch den Antrieb für die vielen Reisen erkennen, die dieser Papst, der als Erzbischof nur wenig gereist ist, in seinem Pontifikat macht. Er will den Menschen vor Ort seine Vision der Kirche vorstellen und vorleben. Das ist eine Kirche des Dialogs, die versucht Brücken zu bauen zwischen Menschen unterschiedlicher Nationen, Religionen und Kulturen.

Als Beispiel stellte Franziskus den bulgarischen Katholiken die engagierten Christen im Caritas-Flüchtlingszentrum vor, das er am Morgen besucht hatte. Dort gebe es viele Christen, „die gelernt haben mit den Augen des Herrn zu sehen, der sich nicht bei den Adjektiven aufhält, sondern jeden mit den Augen des Vaters sucht und erwartet“. Mit den Augen des Glaubens sehen, lade dazu ein, „sein Leben nicht damit zu verbringen, den Leuten Etiketten umzuhängen, je nachdem, ob jemand liebenswert ist oder nicht“. Dahinter steckt die zutiefst christliche Überzeugung, „dass jeder Mensch ein Kind Gottes ist, unabhängig von der ethnischen Herkunft oder dem religiösen Bekenntnis“. Die Mahnung des Papstes: „Um jemanden zu lieben, brauche ich nicht nach seinem Lebenslauf zu fragen.“

Frieden erfordert Dialog

Diese Idee ist auch leitend beim Engagement des Papstes im interreligiösen Dialog und für Frieden und Versöhnung. Inspiriert ist er dabei von seinem Namensgeber, dem heiligen Franz von Assisi, „der ganz von der Liebe zu Gott, dem Schöpfer und Vater aller, erfüllt war“. Daran erinnert der Pontifex beim Friedenstreffen am Nachmittag in Sofia. Immer wieder erinnert Franziskus in diesen Tagen an das „Dokument über die Brüderlichkeit aller Menschen“, das er bei seinem Besuch in Abu Dhabi Anfang Februar zusammen mit anderen Religionsvertretern unterzeichnete: „Der Friede erfordert und verlangt, dass wir den Dialog als Weg nehmen, die allgemeine Zusammenarbeit zu unserer Verhaltensregel und das gegenseitige Verständnis zur Methode und zum Maßstab machen, um uns in dem, was uns vereint, zu begegnen, um in dem, was uns trennt, einander zu respektieren und um einander zu ermutigen, die Zukunft als Raum der Chancen und der Würde zu betrachten, insbesondere für die künftigen Generationen.“

Gerade die junge Generation liegt Franziskus sehr am Herzen. Das macht er bei seinem Kurzbesuch in Bulgarien immer wieder deutlich. Mehrfach erinnerte er daran, dass viele junge Menschen das Land verlassen, weil sie keine Zukunft sehen. Deshalb ruft er auch die Katholiken im Land auf, sich gerade um die jungen Menschen zu kümmern. Sie fänden „in den üblichen Strukturen oft keine Antworten auf das, was sie bewegt, auf ihre Bedürfnisse, Probleme und Verwundungen“. Deshalb brauche es „eine erneute Ideensuche für unsere pastoralen Einsätze“.

Pessimisten bringen nichts Gutes hervor

Bei all seinem Mutmachen und Mahnen vergisst Franziskus nicht, „dass es schwierige und besonders ungerechte Situationen und Momente gibt“, doch in Erinnerung an Johannes XXIII. warnt er vor Unglückspropheten, „die um sich herum nur Böses sehen“. Sein mittlerweile heiliggesprochener Vorgänger habe vielmehr stets dazu gemahnt, Vertrauen in die göttliche Vorsehung zu haben. Er zitiert Johannes XXIII. mit den Worten: „Ich habe nie einen Pessimisten getroffen, der etwas Gutes hervorgebracht hätte“. Der Herr selbst sei kein Pessimist, so Franziskus. „Männer und Frauen Gottes sind die, welche den Mut zum ersten Schritt haben; sie suchen auf kreative Weise ein Beispiel zu geben, indem sie bezeugen, dass die Liebe nicht tot ist, sondern jedes Hindernis überwunden hat.“

„Wir dürfen nicht vergessen, dass die schönsten Kapitel im Leben der Kirche dann geschrieben wurden, wenn sich das Volk Gottes kreativ auf den Weg gemacht hat, um gegenüber der jeweiligen Herausforderung die Liebe Gottes in jeden Augenblick der Geschichte hinein zu übersetzen.“ Das ist die Botschaft von Franziskus an die Katholiken in Bulgarien – und nicht nur an sie.

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Jürgen Erbacher

Seit Juli 2018 leite ich die ZDF-Redaktion "Kirche und Leben katholisch", für die ich seit 2005 über die Themen Papst, Vatikan, Theologie und katholische Kirche berichte. Dafür pendle ich regelmäßig zwischen Mainz und Rom - meiner zweiten Heimat. Dort habe ich vor meiner ZDF-Zeit mehrere Jahre gelebt und für Radio Vatikan gearbeitet. Studiert habe ich Politikwissenschaft und Katholische Theologie in Freiburg i.Br. und Rom.

23 Kommentare

  • Alberto Knox
    07.05.2019, 13:11 Uhr.

    pessismisten und nörgler werden die welt gottlob nie in ihrem sinne ändern. einen optimisten als papst zu haben ist ein segen an sich.

    • bernardo
      12.05.2019, 8:14 Uhr.

      @ A. Knox: „pessismisten und nörgler werden die welt gottlob nie in ihrem sinne ändern. einen optimisten als papst zu haben ist ein segen an sich.“

      Ich denke, weder Optimismus noch Pessimismus sind gefordert, sondern ein radikaler Realismus, der als einziger zu einer vernünftigen Politik befähigen kann. Zu unterscheiden ist auch ein vordergründiger Optimismus, der schnell in Pessimismus umschlagen kann, wenn er enttäuscht wird, von der eschatologischen Hoffnung eines Christen.

  • Silberdistel
    07.05.2019, 18:41 Uhr.

    Ist nur zu hoffen, das dem Papst nicht auch noch die „one world“, sprich die westliche Sichtweise der „Globalisierung“, vorschwebt. Welche jede Kultur auf der Nulllinie von Konsum, Mindestlohn und Arbeit in Zeitverträgen, sowie jeglicher Beliebigkeit, einebnen will. Inklusive jener Lesart der ´one world´, das jedermann/-frau überall auf der Welt als Migrant Aufnahme finden muß. Gegenteilige, traditionelle Ansicht: „Zuerst die Eigenen“ wird ja bereits als schlimmer Rechtspopulismus und Nationalsimus gebrandmarkt.

    Doch auch wenn vor ´Gott´ alle Individuen gleich (-wertig) sind, so sind sie es längst nicht untereinander. Denn manche sind nunmal untereinander gleicher als andere und „Fernstenliebe“ kann noch längst keine Nächstenliebe ersetzen.
    Vielleicht zeigte man sich in der bulgarisch-orthodoxe Kirche deshalb derart angepisst das man sich noch nicht einmal in einem einfachen Friedensgebet einfinden wollte, da der rk-Papst die westliche Globalisierung, die im Grunde doch nur wiedermal westlichen Neoimperialismus darstellt, zu vehement vertritt?? Schade drum! Denn in dem Fall wäre die Nächstenliebe unter neuen/alten Brüdern & Schwestern im Grunde an der Fernstenliebe á la Globalisierung gescheitert.

    • Jürgen Erbacher
      Jürgen Erbacher
      08.05.2019, 17:18 Uhr.

      Papst Franziskus kritisiert das westliche Modell der Globalisierung scharf und warnt immer wieder vor neuen Formen des Kolonialismus. Zugleich ist er überzeugt, dass es für Christen nicht auf Nationalitäten oder religiöse Zugehörigkeit ankommt. Daher passt er nicht in übliche Schubladen.

      • Silberdistel
        08.05.2019, 20:04 Uhr.

        @Jürgen Erbacher
        08.05., 17:18 h
        Mein Beitrag hob speziell auf die Migrationspolitik ab, die in den osteuropäischen Ländern ganz anders gesehen wird als im Westen; nämlich ablehnend gegenüber dem ungehemmten Zuzug von s.g. „Kulturfremden“. Sei in der Deutlichkeit hiermit nachgetragen.

        • Novalis
          11.05.2019, 1:28 Uhr.

          „ungehemmt“ ist eine glatte Lüge. Dass Herr Erbacher ein post mit dem nationalsozialistisch profilierten Wort „kulturfremd“ (mit Hilfe dieser Vokabel wurden nämlich die deutschen Juden nach 1933 um ihre staatsbürgerlichen Recht gebracht – die Juden seien „kulturfemd“) durchgehen lässt, wundert mich.

          • Jürgen Erbacher
            Jürgen Erbacher
            11.05.2019, 9:45 Uhr.

            Für die Inhalte der Posts sind die jeweils Schreibenden verantwortlich. Wir gehen davon aus, dass die Schreibenden sich darüber bewusst sind, was sie schreiben. Die Äußerungen stellen in keinem Fall die Meinung der Redaktion dar. Das gilt auch für andere Posts, etwa wenn in verallgemeinernder Form über Angehörige von Volksgruppen, Ethnien oder Angehörigen von Religionen geschrieben wird.

          • Silberdistel
            11.05.2019, 10:00 Uhr.

            Novalis
            11.05., 1:28 h
            Vielleicht ist @Herr Erbacher vor lauter ´political correctness´ doch noch nicht, wie andere, der allgemeinen Hysterie verfallen, wenigstens gefühlt nur noch von Neonazis oder zumindest „Rechtspopulisten“ umzingelt zu sein?! Welche man am Besten mit Nazi- oder kommunistischen Zensurmethoden mundtot macht, sofern die eigene Zensurschere im Kopf nicht schon früher gegriffen hatte. Jedenfalls, solange ich selbst der Überzeugung bin die vertretbare Wahrheit zu veröffentlichen, werde ich mich auch gerne alles heißen lassen (müssen). Schönen Tag.

          • bernardo
            14.05.2019, 20:21 Uhr.

            @ CM: Sie fragten, was luzide bedeutet. Es bedeutet einsichtig – und damit das Gegenteil gewisser Ausführungen hier im Blog.

            Ich schlage vor, mit Nazivorwürfen in Zukunft vorsichtiger hier umzugehen. Dies nicht an Ihre Adresse, sondern an die eines anderen Bloggers. Es trägt nicht gerade zur besseren Atmosphäre und zum gegenseitigen Verständnis bei.

        • Novalis
          11.05.2019, 3:05 Uhr.

          „Das Maß an Sehnsucht nach der Einheit des Nichtfremden, welches er aufbringen muss, um sich als verfolgtes Opfer bipolarer migrantischer Botschaften zu verstehen, mag anstrengend sein. Es ist aber nicht schlimmer als, sagen wir, für den Münchner der Anblick eines Hamburgers, der Weißwurst mit dem Löffel isst und dabei in gepflegtem Starnbergerisch von den verkannten Vorzügen des Matjes berichtet.“

          • Silberdistel
            11.05.2019, 10:20 Uhr.

            Novalis
            11.05.2019, 3:05 Uhr.
            Dann nehmen sie ganz einfach mal den bodycount jener vor, die bei der kulturellen Konfrontation eines matjesschlürfenden Hamburgers und eines Weisswurschtzuzzelnden Münchners auf der Strecke, sprich Friedhof, geblieben sind. Und jener Opfer, die aufgrund der Konfrontation von Menschen mit einer völlig anderen kulturellen Prägung und Sozialisation, zu Schaden gekommen sind. That´s it!
            Ich weiß nicht was ihren Realitätssinn und der von anderen, derart eintrübt, das sie das Ergebnis dieses bodycount nicht sehen wollen oder können? Vermutlich dürfte die Ursache Politik sein, die alles verspricht aber nichts halten muß.

          • bernardo
            14.05.2019, 20:24 Uhr.

            @ Novalis: „Das Maß an Sehnsucht nach der Einheit des Nichtfremden, welches er aufbringen muss, um sich als verfolgtes Opfer bipolarer migrantischer Botschaften zu verstehen, mag anstrengend sein.“

            Können Sie das bitte ins Deutsche übersetzen? Danke.

  • Novalis
    08.05.2019, 10:25 Uhr.

    Konfrontationswille ist nie ein Signet für christliche Gesinnung; gottlob geht Franziskus christlichere Wege als manch einer seiner Vorgänger. Gut auch, dass Franziskus die junge Generation wertschätzt – schließlich zerstören die Alten durch das perverse kapitalistische Wirtschaftssystem die ökonomischen und ökologischen Grundlagen zukünftiger Generationen…

    • Silberdistel
      08.05.2019, 20:18 Uhr.

      Novalis
      08.05., 10:25 h
      Sie haben doch hoffentlich nichts gegen eine ordentliche Streitkultur?! Noch vor der Nächstenliebe kommt der Respekt und die Achtung vor dem Nächsten. Dissensegibt es immer! Und wenn eine offene, klärende Aussprache nicht möglich ist, so ist dem Nächsten selbstverständlich zugestanden „hinten herum“ seinen Unmut zu signalisieren. Alles andere wäre die Aufrechterhaltung einer Harmonie, die längst keine mehr ist sowie ein Zukleistern, das für alle Beteiligten nur angestrengend wirkt.

      • Novalis
        10.05.2019, 17:40 Uhr.

        KonfrontationsWILLE. Das sagt doch alles.

    • Wanda
      11.05.2019, 15:07 Uhr.

      Unkritisch bis zum Geht-nicht-mehr, was Franziskus angeht. Deutlich übersteigerte Fan-Bewunderung (fast groupie-ähnlich).
      Wird vermutlich zensiert obwohl es ja keine Beleidigung ist, aber mir fällt dazu kein anderer Vergleich ein. . .

      • Silvia
        14.05.2019, 10:23 Uhr.

        Wanda
        11.05.2019, 15:07 Uhr.

        Gut auf den Punkt gebracht. Genau dieses Verhalten wird auch in dem von mir erwähnten Buch gut analysiert.

        Es sind diese Fans, die es dem Papst ersparen, echte Reformen in Angriff zu nehmen, weil sie sich von seinen Worten und Gesten betören lassen.

        Ging mir am Anfang auch so, aber nach zwei Jahren bin ich allmählich aufgewacht.

  • bernardo
    14.05.2019, 20:16 Uhr.

    „Papst Franziskus kritisiert das westliche Modell der Globalisierung scharf und warnt immer wieder vor neuen Formen des Kolonialismus. Zugleich ist er überzeugt, dass es für Christen nicht auf Nationalitäten oder religiöse Zugehörigkeit ankommt. Daher passt er nicht in übliche Schubladen.“

    Okay, aber diese Kritik wird von einem Mann wie Kardinal Sarah glaubwürdiger vorgetragen, der nicht nur die globalen Konzerne und Banken, das frei flottierende Kapital, sondern auch die ungehemmte Migration kritisiert. Und dabei nicht an Mahnungen an das dekadente Europa spart. Meine Güte, was erleben wir für einen kulturellen, moralischen, politischen, wirtschaftlichen und demographischen Niedergang…

    Warum ist die Haltung Sarahs konsequenter als die des Papstes? Weil frei flottierendes Kapital und frei flottierendes „human capital“ zwei Seiten derselben Medaille sind. So ist es kein Wunder, dass ein Erzkapitalist wie George Soros, der „Philanthrop“ (wohl im Dickenschen Sinne), der mit seinen Währungsspekulationen gegen das britische Pfund die Wirtschaft des Vereinigten Königreichs schwer schädigte, für eine ungehemmte Migration eintritt und über seine Stiftungen das Anliegen fördert.

    Der Mensch ist eben kein „homo migrans“, wie uns gewisse „Migrationsforscher“, die eher Aktivisten sind, weismachen wollen, sondern ein Wesen, das in seiner Kultur aufblühen soll. Wenn dann ist er im Idealfall ein „homo peregrinans“ auf dem Weg zu Gott…

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