Missbrauch, Migration und Armut

Die Themenpalette ist breit bei den ersten Beratungen der Jugendsynode im Vatikan. Dennoch zeichnen sich erste Schwerpunkte bei den Statements der Synodenväter und Jugendlichen ab. Dazu gehören ganz klar die sexualisierte Gewalt und der Missbrauch. Der deutsche Jugendvertreter Thomas Andonie mahnte heute in der Aula: „Jetzt zählen keine Worte mehr, es zählen nur noch Taten.“ Gestern schon hatte in einem der ersten Statements der Erzbischof von Sydney, Anthony Colin Fisher, vor den versammelten Synodenvätern und dem Papst ein Mea culpa ausgesprochen für das, was Kindern in der katholischen Kirche in Australien angetan wurde. Neben dem Missbrauch durch Kleriker geht es in vielen Statements aber auch um die sexuelle Ausbeutung von Kindern und Jugendlichen weltweit. Die Folgen von Migration, von Armut und der zunehmenden Säkularisierung sind weitere Themen, die in den ersten beiden Tagen immer wieder benannt wurden. Am Freitagnachmittag ging es bereits in die Kleingruppenarbeit, um einen direkteren Austausch und eine breite Diskussion zu ermöglichen.

Die Teilnehmer aus Deutschland: Thomas Andonie, BDKJ-Bundesvorsitzender, Bischof Stefan Oster SDB, Kardinal Reinhard Marx, Weihbischof Johannes Wübbe, Bischof Felix Genn, Clemens Blattert SJ, Leiter der Zukunftswerkstatt der Jesuiten in Frankfurt/Main. (von links; Quelle: Erbacher)

Kaum Informationen für Journalisten

Für Journalisten ist es äußert schwierig, sich ein Bild über den genauen Verlauf der Synode zu machen. Es werden keine Informationen zu den einzelnen Beiträgen der Teilnehmer veröffentlicht, nicht einmal die Namensliste derer, die gesprochen haben. Beim täglichen Briefing fasst der neue vatikanische Medienminister, Paolo Ruffini, die Themen zusammen, über die gesprochen wurde. Eine Gewichtung oder Deutung nimmt er nicht vor. Man wolle den Synodenteilnehmern dadurch die größtmögliche Freiheit der Rede ermöglichen, lautet die Begründung für das Vorgehen. Transparent ist das Verfahren auf jeden Fall nicht. Auch wenn es jedem Synodenteilnehmer freigestellt ist, mit Journalisten zu sprechen.

Vereinzelt veröffentlichen Synodenteilnehmer ihre Statements, darunter auch die Vertreter aus Deutschland. Der Osnabrücker Weihbischof Johannes Wübbe sprach sich gestern dafür aus, dass sich die Kirche noch mehr um „marginalisierte Jugendliche“ kümmern müsse. An vielen Stellen bedürfe die Kirche zudem der „prophetischen Stimme junger Menschen“, erklärte Wübbe, der lange Jahre in der kirchlichen Jugendverbandsarbeit in seinem Bistum wirkte. Der BDKJ-Bundesvorsitzende Andonie sprach sich mutig für eine stärkere Rolle der Frauen in der Kirche aus bis hin zum Priesteramt. Er ging auch auf das heikle Thema der kirchlichen Sexualmoral ein, die, so Andonie, ein Großteil der jungen Menschen ablehne.

Kontroverse Phase kommt noch

Selbstverständlich geht es auch um die Frage nach den spirituellen Angeboten der Kirche für junge Menschen. Dabei zeigt sich die ganze Bandbreite des Katholischen. Die einen sprechen sich für eine Stärkung des sakramentalen Lebens aus, die anderen möchten über neue Formen und eine adäquate Sprache in der Liturgie nachdenken. Immer wieder geht es um die Sorge der mangelnden Berufungen für das Ordensleben und das Priesteramt in vielen Regionen der Welt.

Die aktuelle Synode ist zumindest in der Anfangsphase weit weniger kontrovers als die letzten beiden Synoden zu Ehe und Familie. Das mag zum einen daran liegen, dass nicht von vornherein die Streitthemen auf dem Tisch liegen wie seinerzeit etwa die Kontroverse um die wiederverheirateten Geschiedenen. Zum anderen sind eine Reihe der Protagonisten, die beim letzten synodalen Weg stark in der Öffentlichkeit standen, dieses Mal nicht dabei wie die Kardinäle Burke, Müller, Piacenza oder Kasper.

Bis Montag wird nun erst einmal in Sprachgruppen gearbeitet. Im Mittelpunkt steht der erste Teil des Instrumentum laboris. Es geht um das Wahrnehmen der Realität, das Erkennen. Hier wurde durch die Umfrage und die Vorsynode im Frühjahr schon viel Arbeit geleistet. Die Analyse der Situation der Jugendlichen in aller Welt birgt auch wenig Sprengkraft. Interessanter wird es, wenn es in der zweiten Woche darum geht, diese Dinge vor dem Hintergrund des Evangeliums zu deuten, um schließlich in der dritten Phase konkrete Handlungswege für die Pastoral zu erarbeiten.

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Jürgen Erbacher

Seit Juli 2018 leite ich die ZDF-Redaktion "Kirche und Leben katholisch", für die ich seit 2005 über die Themen Papst, Vatikan, Theologie und katholische Kirche berichte. Dafür pendle ich regelmäßig zwischen Mainz und Rom - meiner zweiten Heimat. Dort habe ich vor meiner ZDF-Zeit mehrere Jahre gelebt und für Radio Vatikan gearbeitet. Studiert habe ich Politikwissenschaft und Katholische Theologie in Freiburg i.Br. und Rom.

10 Kommentare

  • Ullrich Hopfener
    05.10.2018, 19:19 Uhr.

    Thomas Andonie ( Bundesvorsitzender BDKJ)
    hat offen(!) und ohne pseudoreligiöse Rhetorik -nüchtern und sachlich- die Lebens Wirklichkeit der (noch) kirchlich orientierten jugendlichen dargestellt . DANKE

    als älterer Mitbürger erinnere ich mich noch gut an den Papstmesse 1980 in München.

    da gabs BARBARA ENGL-,sie war regionale BDKJ Vorsitzende.

    sie hat im Beisein der beiden Herren- JP.II und Kardinal Ratzinger- in einem Grußwort schlicht und ergreifend ,aber ohne Scheu einige Fragen gestellt
    ua. auch zum Thema Sexualität und Emanzipation..

    leider gibt’s nirgends mehr die Doku dieser Masse..

    die beiden wären -vor Schreck?- am liebsten im Boden versunken..
    Ratzinger war versteinert,JPII mit geschlossenen Augen .. man konnte durchaus meinen, sie hätten ein „verirrtes Schaaf“ vor sich..

    INSOFERN wenigstens ein kleiner Fortschritt..

    • Suarez
      06.10.2018, 16:34 Uhr.

      Ich finde Thomas Andonie auch bemerkenswert. Ein kluger Mann mit vernünftigen und gut christlichen Einstellungen.

    • Novalis
      07.10.2018, 18:18 Uhr.

      Bei dem Bild dachte ich mir: sechs Katholiken, einer ordentlich angezogen (der ganz links).

    • neuhamsterdam
      08.10.2018, 22:29 Uhr.

      Ullrich Hopfener
      05.10.2018, 19:19 Uhr.
      „als älterer Mitbürger erinnere ich mich noch gut an den Papstmesse 1980 in München.“
      Ich war auch dort und es kann sein, daß da was geschrieben wurde, aber nach der langen Zeit und dem Abstand zum Geschehen auf der Tribüne ist es wie alles Vergängliche – es wird zur Randnotiz.
      Dieser Beitrag hat mich als Jahrgang ’68 daran erinnert: Ich war zwölf.
      Peace!

  • Wanda
    07.10.2018, 5:24 Uhr.

    Zeigt das Foto die gesamte deutsche Delegation für die „Jugend“-Synode ?
    Wenn ja, darf ich aufzählen: ein einziger (nicht ganz jugendlich wirkender) Laie, 4 mehr oder weniger betagte Bischöfe und ein Jesuit, den man allenfalls als jungen Mann aber nicht Jugendlichen bezeichnen könnte.
    – Vielleicht sollte man das Kind umbenennen ? Angesichts dieses schiefen Laien/Kleriker- und Altherren/Jugendlichen-Prozentsatzes ist die Bezeichnung Jugendsynode ein (zudem schlechter) Witz…

    • Novalis
      07.10.2018, 11:53 Uhr.

      Nota bene: In der katholischen Kirche sind alle unter 80 jugendlich. 😉

      • Manuela Ganzer
        11.10.2018, 17:21 Uhr.

        Wie alt müssen erst die Senioren sein in der röm.-kath. Kirche ? 😀

  • Manuela Ganzer
    10.10.2018, 17:36 Uhr.

    Das Bild wirkt schon wegen dem Alter der Herren als Jugendsynode unglaubwürdig.Wie sollen da die Bürger noch Vertrauen zur röm.-kath. Kirche finden ? Es ist kein Wunder,wenn die Bürger zunehmend sich säkularisieren,also lieber der staatl. Gesetzgebung vertrauen,wo sie mehr Rechte haben,als nach dem röm.-kath. Kirchenrecht und den Dogmen.

    • neuhamsterdam
      11.10.2018, 19:10 Uhr.

      „wo sie mehr Rechte haben“
      Das ist schon deswegen eine sehr aspektorientierte Sicht auf die Kirche, denn in der Schrift, auf die sich diese Kirche beruft, ist auch jene Begebenheit überliefert worden, als zwei seiner Jünger dem Herrn ihren Wunsch kundtun, doch beim Weltgericht zur Rechten und zur Linken des Herrn sitzen zu dürfen. Die Antwort von Jesus darauf ist eine sehr ernüchternde. Da nun aber der Heiland tatsächlich den Kreuzestod gestorben ist und die Kirche sich dadurch gegründet sieht, sind die Diskussionen um mehr Rechte auch um Menschenrechte – vermeintliche oder begründetete – immer auch im Lichte des Leidens Christi zu sehen.
      Das relativiert zum einen oft die Sicht auf das Schicksal und macht andererseits nicht wenige mit Inbrunst vorgetragene Forderungen zur Rettung der Menschheit und des Wohlergehens dieser genauso relativ.

  • Manuela Ganzer
    14.10.2018, 13:39 Uhr.

    neuhamsterdam
    11.10.2018, 19:10 Uhr.

    Auch Menschen werden oft zu Tötungsdeliktsopfer,was vor allem bei der Justiz mit Todesstrafe,wie in Amerika,China usw.vorkommen kann durch Vollstreckung gegen Unschuldige in der BRD nach § 345 StGB.Diese wurden aber nie wie Jesus hoch verehrt und daher haben sie auch Menschenrechte nach UN- Carta.Auch die Religionen sind zur Einhaltung der Menschenrechtskonventionen verpflichtet nach der UN-Carta.Deshalb bin ich auch von der röm.-kath. Kirche zur luth.-evang. Kirche konvertier,den Weg den Martin Luther bereitet hat.Ich finde die röm.-kath. Kirche zu unmenschlich und unfair und habe inzwischen auch den Kontakt mit meiner röm.-kath. fast fundamentalistischen Mutter,die mich ursprünglich röm.-kath. taufen ließ,abgebrochen.Daher kann ich auch das Säkularisieren der Menschen verstehen.Sie wollen Fairnis,die die röm.-kath. Kirche mit ihren Dogmen und Kirchenrecht nicht bietet.

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