Erster Laie Vatikanminister
Es ist schon eine kleine Revolution, die sich da in diesen Tagen im Vatikan vollzieht. Zum ersten Mal wird ein Laie Chef eines Dikasteriums der Römischen Kurie. Papst Franziskus hat an diesem Donnerstag Paolo Ruffini zum Präfekten des Dikasteriums für Kommunikation ernannt. Er ist kein Kardinal, kein Erzbischof, nicht einmal Priester, sondern Ehemann. Ruffini leitet das nach Mitarbeitern größte Dikasterium der Kurie. Dem Prinzip nach handelt er auf Augenhöhe mit den Präfekten – Kardinälen und Erzbischöfen – der anderen Dikasterien, Kongregationen und Päpstlichen Räte. Ob das in der Praxis auch so sein wird, muss sich erst noch erweisen. Es ist ein mutiges Signal, das Franziskus mit der Personalie aussendet, das aber längst überfällig war.
Mutiges Signal
Vor wenigen Tagen noch sagte Franziskus in einem Interview, dass er bei der Suche nach dem neuen Medienchef auch in Verhandlungen mit einer Frau gewesen sei, diese aber wegen anderer Verpflichtungen abgesagt habe. Wäre es so gekommen, wäre die Sensation noch größer gewesen. Ruffini wird es sicherlich nicht leicht haben in der klerikalen Welt des Vatikans. Schon sein Vorgänger auf dem Posten des Medienchefs, Dario Edoardo Viganò, der immerhin Priester war, musste immer wieder feststellen, dass man ohne Purpur oder zumindest dem bischöflichen Violett schnell an Grenzen stößt. Da hilft dann meist nur noch die volle Rückendeckung durch den obersten Dienstherrn.
Dass mit Ruffini erneut ein Italiener in die Kurienführung berufen wird, ist dann allerdings doch ein kleiner Wehrmutstropfen. Gerade im Medien- und Öffentlichkeitsbereich konnte man sich in den vergangenen Monaten nicht des Eindrucks einer gewissen Provinzialität erwehren. Auf den Podien bei Pressekonferenzen saßen oft Experten aus Italien. Das Arbeitspapier der Jugendsynode lag am Tag der Vorstellung nur in der italienischen Fassung vor. Da es sich hier nicht um eine italienische Nationalsynode handelt, sondern um eine Weltbischofssynode eigentlich nicht akzeptabel.
Medienreform ist Herkulesaufgabe
Allerdings gibt es auch gute Gründe, die für einen Italiener als erstem Laien auf einem Chefposten in der Kurie sprechen. Der Vatikan denkt und tickt italienisch. Schon nicht-italienische Kleriker, bis hin zu Kardinälen, haben es oft schwer, wirklich Fuß zu fassen und vom Apparat akzeptiert zu werden. Da ist es sicherlich ein Vorteil, wenn der erste Nichtkleriker dann „wenigstens“ ein Italiener ist. Dass die Wahl auf Ruffini fiel, könnte daran liegen, dass Franziskus den bisherigen Chef des TV- und Radio-Senders der Italienischen Bischofskonferenz TV2000 in den vergangenen Jahren gut kennen und wohl auch schätzen gelernt hat. Ruffini hatte vor einigen Jahren eines der bisher sehr seltenen TV-Interviews mit Franziskus gemacht. Im Sender TV2000 lief auch die Interviewreihe mit dem Papst zum Vater unser, die in der katholischen Kirche weltweit die Debatte über eine mögliche Neuformulierung der „Versuchungs-Zeile“ ausgelöst hat.
Der 61-jährige Ruffini übernimmt keinen leichten Posten. Die Medienreform ist eine Herkulesaufgabe. Ein knappes Dutzend Medienbetriebe müssen zu einer neuen Behörde zusammengefügt und neu geordnet werden. Zwar sind auf dem Papier bereits Radio Vatikan, das TV-Zentrum CTV, der Päpstliche Medienrat, der Vatikanverlag, die Vatikandruckerei und das Presseamt im neuen Dikasterium vereint. Aber im Alltag knirscht es an allen Ecken und Enden. Bisher wehrten sich die Verantwortlichen der Tageszeitung L’Osservatore Romano noch vehement gegen die Eingliederung in das neue Medienministerium. Doch der Papst hat mehrfach klar gemacht, dass am Ende alle Medienaktivitäten unter einem Dach vereint sein sollen.
Von Sommerpause keine Spur
Neben den strukturellen Fragen geht es aber auch um die inhaltliche Ausrichtung der Vatikanmedien. Dürfen Diskussionen über päpstliche Entscheidungen und kritische Stimmen zur Kirche noch abgebildet werden? Darf man darüber berichten, wenn etwa ein deutscher Bischof eine Diskussion über die Segnung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften anregen möchte? Oder werden die Vatikanmedien zu einer großen PR-Agentur für den Papst? Hier ist es sicherlich von Vorteil, dass nun ein Vollblutjournalist an der Spitze des Medienministeriums steht, der weiß, dass die Glaubwürdigkeit eines Mediums auch davon abhängt, dass die realen Verhältnisse auch wirklich abgebildet werden. In vielerlei Hinsicht, steht Ruffini nun unter besonderer Beobachtung, wenn er im September seinen Job im Zentrum der katholischen Kirche antritt. In dem bereits erwähnten Zeitungsinterview hatte Papst Franziskus übrigens angekündigt, dass er in Kürze auch noch mindestens zwei Frauen in Leitungspositionen benennen will, auf der Ebene der Untersekretäre, also der dritten Hierarchiestufe. Der Juli, in dem früher im Vatikan die Akttivitäten ruhten, könnte in diesem Jahr also noch spannend werden. Zumal Franziskus inmitten der Diskussionen um die neue Flüchtlingspolitik in der EU kurzfristig für heute einen Gottesdienst mit Migranten angekündigt hat; für morgen hat er die Patriarchen des Nahen Ostens zu einem Friedensgebet ins italienische Bari eingeladen. Sommerpause sieht anders aus.
21 Kommentare
Provinziell war der Vatikan aber auch schon unter B16 😉
Obwohl die Internationalisierung der Kurie ein Wert an sich ist, sollte man sie nicht überbewerten. In den Zeiten, als so gut wie alle Posten mit italienischen Kleriker besetzt waren – so noch unter Pius XII., den man aus anderen Gründen nicht unbedingt wertschätzen muss -, war man sich der provinziellen Enge immerhin bewusst. Nicht dass es da nicht auch völlig falsche Einschätzungen gegeben hat (M. Twain kam auf den Index der verbotenen Bücher, weil es niemanden gab, der Englisch konnte, also hat man alle englischen Bücher indiziert), aber man hat sich dann wenigstens mit Revidierbarem beschieden. Bis Benedikt kamen vor allem die erzreaktionären Movimenti zum Zug (denn die Internationalisierung darf nix kosten (Der Vatikan zahlt die Leute nicht, sondern die Bewegungen selber). Das hat nicht die Besten, sondern die kirchenpolitisch Agilsten nach Rom gebracht, zum Schaden für die Kirche.
Umso bezeichnender, wichtiger ist: Endlich mal ein Nichtkleriker. Gut so!
Man muss jetzt nicht unbedingt den Index als Qualitätsmerkmal für die qualifizierendes oder disqualifizierendes Verhalten im Vatikan hernehmen, aber ich glaube, mit Ihrer Intention liegen Sie richtig!
Gerade der angeblich so internationale Kardinale Müller war und ist eine Katastrophe in meinen Augen.
Ich wollte den Index auch nicht als, wie Sie geschrieben haben, Qualitätsmerkmal verstanden wissen. Er war eine absolute Katastrophe und das Eingeständnis, dass die Kirche nichts mit der Welt zu tun haben will…
Ich bin schon gespannt, ob hier ein Bericht zur selten-dämlich antijüdischen Invektive von m.E. senilen ehemaligen Papst kommt.
„Invektive“
unddumiaa…
da ich auf die schnelle keinen hinweis auf eine entsprechende kürzliche äußerung seitens benedikts zu diesem themenkomplex – auch im weiteren sinne – niemals nicht gefunden habe wird es sich nicht um weltbewegendes handeln, sondern nur um eine sehr wertende interpretation, die wohl einen gedanken des 91-jährigen als grundlage hat. was bleibt, ist: benedikt hätte etwas dümmliches antijüdisches gesagt. das geht auch ohne nachvollziehbare quellenangabe. ziel erreicht.
Wow, fast hätte ich geschrieben, dass wir eine Premiere feiern, da ich von dem Index Librorum Prohibitorum auch nichts halte, ich auch nicht weiß, warum z. B. Alexandre Dumas auf dem Index stand. (Dass Mark Twain auf dem Index stand, weil man in Rom kein Englisch lesen konnte, halte ich allerdings für ein Ammenmärchen. Es gab genügend englische Priester, auf deren Hilfe man hätte zurückgreifen können. Wenn Sie Mark Twain gelesen hätten, wüssten Sie, warum man in Rom so reagiert hat – natürlich war es eine ziemliche Dummheit der Kurie.) Dann las ich Ihre Invektive gegen Benedikt XVI. und ich dachte bei mir, manche Menschen ändern sich nie… Sie sollten auf jeden Fall Charles Dickens‘ The Mystery of Edwin Drood – stand nie auf dem Index – lesen, sein letztes (unvollendetes) Buch und besonders die Passagen, die den Philanthropen beschreiben… Ein wirklich lesenswertes Buch, wie auch viele andere seiner Bücher. (Zum Beispiel das weniger bekannte Barnaby Rudge, bei dem es um die antikatholischen riots im London des achtzehnten Jahrhunderts geht.) Hier eine schöne Passage aus Edwin Drood: […]*
*Der Beitrag wurde wegen des Verstoßes gegen die Netiquette editiert.
Ihr Hass auf Benedikt geht meines Erachtens zu weit. Ich bin auch nicht glücklich über viele seiner Entscheidungen und Schriften, aber ich versuche doch immer wieder sie zu verstehen.
Das wurde Zeit. Ich habe mich immer schon gefragt, warum auf diözesaner Ebene keine Laien in entsprechende Positionen berufen werden. Vor ungefähr 30 Jahren bekam ich die Antwort auf die Frage, warum man keine Fachleute z.b im Bereich der Finanzen einsetzt, von jemand aus der erzbischöflichen Verwaltung: „Man muss doch auch die Priester unterbringen, die für eine Pfarrerstelle ungeeignet sind.“ Meine Antwort: „Dann hätten sie nicht Priester werden oder in ein Kloster gehen sollen.“ Dann habe ich mich umgedreht und bin gegangen. Eine weitere Diskussion wäre aus meiner Sicht sinnlos gewesen.
„Eine weitere Diskussion wäre aus meiner Sicht sinnlos gewesen.“
Das beschreibt die Problemlage genau. Wenn Laien und damit auch Frauen dort beschäftigt werden, dann ist damit ein anderes Verständnis für diese an sich kirchlichen Angelegenheiten verbunden. Nicht daß Frauen nicht rechnen könnten, Frauen rechnen zu genau und das hat dann ganz praktische Auswirkungen.
Als Jesu einst das Gleichnis vom betrügerischen Verwalter erzählte, war der Verwalter natürlich ein Mann. Das mag man für die damalige Zeit als typisch ansehen und möchte annehmen, daß eine betrügerische Verwalterin noch viel größere Nachlässe gewährt hätte.
„Schreibe 80“ ist ein männlicher Satz. Auch wenn die Frauenbewegung und die Frauenbewegten aufkreischen, das bestätigt nur die Richtigkeit, daß dies ein männlicher Satz ist, denn sonst wäre das vorgezeichnete Aufkreischen nicht dermaßen vorhersehbar und gnadenlos.
Jesus hat diesen Betrüger auch noch gelobt! Darum verstehe ich die Begeisterung über diese Reformen im Vatikan nur unter dem Aspekt, daß Neues und Neuigkeiten immer im Gehirn Zufriedenheitsstoffe ausschüttet. Neu!!! ist jeweils (ein wenig) anders, aber oft Altes umverpackt. Von Besser hat niemand was gesagt, das sollte man immer mitbedenken.
Richtig fortschrittlich wird es aber erst, wenn die erste kompetente Frau zur Leiterin eines Dikasteriums berufen wird.
Nichtsdestotrotz, es ist ein Fortschritt, den ich ausdrücklich begrüße.
Der eigentliche Unterschied, Silvia, läuft in der Kirche nicht zwischen Männern und Frauen, sondern zwischen Klerikern und dem Rest der Welt.
Novalis
06.07.2018, 19:28 Uhr.
Ein (verheirateter) Mann hat aber die Möglichkeit, in den Klerus aufzusteigen, eine Frau bisher nicht.
Insofern sind Frauen schon noch Laien zweiter Klasse.
P.S.: Ich wollte schreiben, ein Mann kann in den Klerus aufsteigen, indem er Diakon wird, einer Frau ist das bisher nicht möglich.
Wie sagte Julius Döpfner so schön selbstironisch: Wir wollen alle nur dienen, möglichst an hervorgehobener Stelle.
Die Anzahl verheirateter Diakone und verwitweter Priester hält sich in so engen Grenzen, dass es ein wenig überzeichnet ist, in dieser Beziehung von Frauen als Menschen zweiter Klasse zu sprechen. Besonders die beiden letzten Päpste haben Laien als Menschen zweiter Klasse behandelt.
Novalis
07.07.2018, 10:57 Uhr.
Es gibt weitaus mehr ständige, verheiratete Diakone als Priester. Nur leider sind die allermeisten nur nebenberuflich Diakon, hauptamtliche, ständige Diakone gibt es tatsächlich nur wenige.
Anzahl der Priester in Deutschland (2016): 13856.
Anzahl der ständigen Diakone in Deutschland (2017): 3316.
Anzahl der Piester weltweit (2017): 415656.
Anzahl der ständigen Diakone weltweit (2017): 45255.
Originalton @Silvia: „Es gibt weitaus mehr ständige, verheiratete Diakone als Priester.“
Ich kann da nur abermals von einer verzerrten Sicht auf die Wirklichkeit ausgehen. Das ist zwar nur meine Meinung, aber hat hier ein nachweisbares fundamentum in re.
Novalis
08.07.2018, 12:19 Uhr.
Ist wohl in jeder Diözese anders. Bei der Zahl der Priester sind auch die Pensionäre mit berücksichtigt, vielleicht auch die suspendierten aber nicht laisierten.
Papier ist geduldig, die Realität sieht dann oft doch anders aus.
In Deutschland gibt es 13.000 Priester und knapp 3.300 Ständige Diakone, davon üben etwas mehr als 2.000 im Nebenberuf das Diakonenamt aus. Weltweit gibt es rund 45.000 Ständige Diakone, die meisten davon in den USA. Allerdings hat sich der Ständige Diakonat nicht überall in der Weltkirche etabliert. In diesem Jahr feiert dieses Amt 50. Geburtstag. Im Kölner Dom weihte Weihbischof Augustinus Frotz am 28. April 1968 die weltweit ersten fünf verheirateten Männer zu Ständigen Diakonen. Priester gibt es weltweit mehr als 410.000.
„Ist wohl in jeder Diözese anders. Bei der Zahl der Priester sind auch die Pensionäre mit berücksichtigt, vielleicht auch die suspendierten aber nicht laisierten.
Papier ist geduldig, die Realität sieht dann oft doch anders aus.“
Wie wärs eigentlich mal mit einem: „O, ich habe mich geirrt?“
@novalis
… und sie waren halt beim alten CIC stehen geblieben, in dem die Laien als die Nichtkleriker definiert worden waren – meines Wissens als einzige Äußerung über die Laien, und das, obwohl sie den neuen CIC und den neuen Katechismus veröffentlicht hatten, in denen die Laien stärker berücksichtigt worden waren.
Keine Ahnung, ob es eine gute oder schlechte Entscheidung ist, da ich Paolo Ruffini nicht kenne und mir der Name nichts sagt. Im Prinzip sollten einige Dikasterien (zum Beispiel Kommunikation oder Finanzen) auch Laien offenstehen – hier sollte allein die Fach- und Sozialkompetenz zählen, während andere (etwa Sant’Uffizio oder Liturgie) von Klerikern geleitet werden sollten. Was die Leitung durch Laien allerdings problematisch macht, ist der wahrscheinlich immer noch existierende Klerikalismus. Ein Laie an der Spitze dürfte es sehr viel schwerer haben, ein Dikasterium zu leiten, vor allem, wenn Kleriker zu seinen Untergebenen zählen.
Und da kann ich Ihnen nur recht geben – obwohl ich mir bei der Liturgie auch einen studierten Theologen mit Schwerpunkt Liturgie ohne Priesterweihe gut vorstellen könnte.
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