Vatikan-Medienminister tritt zurück

Es läuft nicht rund bei den Reformen im Vatikan. Seit Juni vergangenen Jahres ist das Sekretariat für Wirtschaft ohne Führung: Kardinal George Pell ist beurlaubt, um sich in Australien Missbrauchsvorwürfen zu stellen. Seit gestern ist nun auch das Sekretariat für Kommunikation ohne Chef. Dario Edoardo Viganò ist zurückgetreten. Er stolperte über einen Brief, mit dem er versuchte, für Franziskus ein theologisches Gütesiegel des emeritierten Theologenpapstes Benedikt XVI. zu bekommen. Der lehnte ab. Viganò veröffentlichte dennoch Teile des privaten Briefes und musste auf medialen Druck schließlich das komplette Schreiben veröffentlichen. Am Ende sind beide Päpste beschädigt. Italienische Medien sehen, sicher nicht zu unrecht, gar die Gefahr, „dass die Glaubwürdigkeit der Kommunikationsmaschinerie im Vatikan ruiniert“ werden könnte.

Ein nachdenklicher Papst heute bei der Generalaudienz auf dem Petersplatz. Die Briefaffäre dürfte ihm in den vergangenen Tagen auch einiges Kopfzerbrechen bereitet haben. (Quelle: dpa)

Nur Ungeschick oder Verschwörung?

Am Ende war der Druck zu groß. Dario Edoardo Viganò musste seinen Rücktritt einreichen, um größeren Schaden vom Vatikan und dem amtierenden Papst abzuwenden. Entsprechend begründet der Geistliche auch seinen Schritt in einem Brief an Franziskus. Ungewöhnlich ist, dass der Vatikan sowohl dieses Schreiben, als auch die Antwort des Papstes gestern veröffentlichte. Immerhin kann man so erkennen, dass Viganò nicht von möglichen eigenen Fehlern spricht, sondern betont, dass er Schaden von der Kirche und dem Reformprozess im Medienbereich abwenden bzw. vorbeugen möchte. Dass der Papst Viganò zum Assessor im Medienministerium ernennt, damit er seinen Nachfolger als Chef dort unterstützen kann, ist von außen betrachtet mindestens irritierend und für den Nachfolger sicher kein leichtes Erbe. Es wirkt wie eine halbherzige Entscheidung.

Unabhängig davon, dass Viganò in der Briefaffäre schlicht ungeschickt und unprofessionell gehandelt hat, bleibt die Frage, ob hinter dem ganzen Vorgang nicht mehr steckt. Die Frage ist, wie die Medien erfahren konnten, dass es noch den dritten Abschnitt über den Theologen Hünermann in Benedikts Brief gibt. Waren hier interessierte Kreise am Werk, die mit einem erzwungenen Rücktritt Viganòs auch das zweite große kuriale Reformprojekt von Franziskus torpedieren wollten, nachdem es bei den Finanzen schon nicht rund läuft? Oder kam der Dolchstoß aus den eigenen Reihen des vatikanischen Medienapparats, in dem es sehr viele Mitarbeiter gibt, die mit der Art und Weise der Umsetzung der Reformen nicht einverstanden sind?

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Jürgen Erbacher

Seit Juli 2018 leite ich die ZDF-Redaktion "Kirche und Leben katholisch", für die ich seit 2005 über die Themen Papst, Vatikan, Theologie und katholische Kirche berichte. Dafür pendle ich regelmäßig zwischen Mainz und Rom - meiner zweiten Heimat. Dort habe ich vor meiner ZDF-Zeit mehrere Jahre gelebt und für Radio Vatikan gearbeitet. Studiert habe ich Politikwissenschaft und Katholische Theologie in Freiburg i.Br. und Rom.

25 Kommentare

  • Silvia
    22.03.2018, 17:24 Uhr.

    Das alles ist zwar interessant, aber diese Art von Reformen mögen vielleicht die Kardinäle im „Vorkonklave“ gefordert haben, für den Klerus an der Basis und das Kirchenvolk dürften aber DIESE Reformen völlig bedeutungslos sein.

    Da bin ich sicher nicht die Einzige, die sich andere Reformen erhofft hat.

    Mit AL ist zwar ein Anfang gemacht, aber viel zu unklar. Da wünsche ich, Jahrgang 1951, mir einen Papst wie Paul VI zurück, der die Kirche wirklich modernisiert hat.

    Dass es allerdings vor allem nach seiner Zeit als Folge des Konzils Fehlentwicklungen gab, weil die Sache aus dem Ruder gelaufen ist, steht auf einem anderen Blatt.

    • Novalis
      22.03.2018, 22:48 Uhr.

      Welche Reformen wollen Sie? Welche Sache ist aus dem Ruder gelaufen? Welche Fehlentwicklungen gab es?

  • Novalis
    22.03.2018, 22:52 Uhr.

    „Waren hier interessierte Kreise am Werk, die mit einem erzwungenen Rücktritt Viganòs auch das zweite große kuriale Reformprojekt von Franziskus torpedieren wollten, nachdem es bei den Finanzen schon nicht rund läuft?“

    Man darf schon auch Ross und Reiter nennen. Es sind rechts-reaktionäre Kreise, die den Papst torpedieren wollen und sich dabei nicht nur nicht zu schade sind, Ratzinger zu instrumentalisieren, sondern sich nicht entblöden, Ratzinger mithin die Maske vom Gesicht zu reißen und ihn als das dastehen lassen, was er immer schon war: klein und offenkundig unversöhnt.

    • Wanda
      23.03.2018, 17:48 Uhr.

      …“Nur einer ist Euer Vater(Papa/Papst) und der ist im Himmel. Ihr alle aber seid Brüder(und Schwestern)“…
      Das hatte der Nazarener seinen Gefolgsleuten ausdrücklich aufgetragen !
      – Wurde ja anfänglich wohl auch befolgt, was nicht zuletzt zum Erfolg und der raschen Verbreitung der Ur-Gemeinden beitrug. Dann aber konnte man der Versuchung nicht widerstehen, sich über die Glaubens“brüder“ zu erheben und die dem Gedankengut des jungen Christentums völlig zuwiderlaufende fremde imperial-römische Struktur und das orientalische Riten-Gehabe zu kopieren.
      – Die Weiterverbreitung erfolgte danach als Zwang zur Staatsreligion infolge der unheilvollen Allianz mit den weltlichem Mächten: die Kirche bestätigte den Herscherhäusern die gottgewollte Obrigkeit ihrer Dynastien und erhielt dafür Privilegien und Schutz gegen ihre vermeintlichen Feinde. Damals, so ein Kirchenhistoriker, verlor die junge Kirche ihre Unschuld…

  • Silvia
    23.03.2018, 16:14 Uhr.

    Was die für die Basis wirklich wichtigen Reformen angeht, so können die weder vom Kirchenvolk, noch von den Priestern durchgeführt werden.

    Ohne den Papst wird es NIE verheiratete Priester oder sakramental geweihte Diakoninnen geben.

    In unserer Gesamtkirchengemeinde haben wir vor einem Jahr eine Unterschriftenaktion für verheiratete Priester aus gegebenem Anlass durchgeführt und dem Bischof übergeben mit der Bitte, sich dafür in Rom einzusetzen. Aber unser Bischof hat abgewiegelt.

    Das Kirchenvolk ist auch keineswegs „verschlafen“ oder gleichgültig, es gibt einige erfolglose Reformbewegungen, eine davon in meiner Gegend kenne ich persönlich.

    Auch sonst sind wir keineswegs ein träger Haufen und aktive Jugendliche haben wir genug, inzwischen auch wieder einen guten Pfarrer.

    Aber wenn es an die großen Reformthemen geht, führt kein Weg am Papst vorbei.

    Im Übrigen weise ich die Unterstellung, dass ich auf den Tod von Papst Franziskus warte, energisch zurück.

    Aber bei einem 81- Jährigen darf man sich wohl mal Gedanken machen, wie es nach seinem Pontifikat weitergehen wird, das ist nur realistisch.

    • Novalis
      23.03.2018, 19:07 Uhr.

      Es gibt in 22 von 23 katholischen Kirchen bereits verheiratate Priester. Man muss die Sache schon auch richtig benennen.

      • Silvia
        23.03.2018, 20:44 Uhr.

        Novalis
        23.03.2018, 19:07 Uhr.

        Ja, in den mit Rom unierten Ostkirchen, nicht aber in der rk lateinischen Kirche.

      • Heilbründl
        24.03.2018, 5:24 Uhr.

        Liebe/r Novalis, können Sie mir das näher erläutern, meinen Sie da die orthodoxen Kirchen?
        Danke!

        • Novalis
          24.03.2018, 14:52 Uhr.

          Nein, es gibt 23 katholische Kirchen, die den Papst als Oberhaupt anerkenen, nur die römisch-katholische Kirche kennt als einzige den Zölibat Regelvoraussetzung für das Priesteramt. Und auch davon wird dispensiert, wenn ein evangelischer Pastor konvertiert (der ja als Protestant im Gegensatz zu den katholischen Bewerbern ja nicht einmal gefirmt war). Es geht also eigentlich nicht um die Aufhebung des Zölibats. Es geht um die Beendigung eines wenig ökumenischen, theologisch und spirituell für die Betroffenen wenig sinnvollen, für die Gemeindeversorgung gerade desaströsen Sonderweges. Wieviele Geistliche würden ihren Beruf besser und lieber machen, wenn sie zu Hause Ansprache von ihrer Frau (oder auch ihrem Mann) hätten und wenn sie einfach auch mal guten Sex hätten. Da wären manche Sorgen wie weggeblasen. Die Weigerung etwas zu ändern am Zölibat beruht jedenfalls vorrangig darauf, dass man einerseits nicht auf ein Machtinstrument verzichten (wie einfach: eine Hürde zu errichten, die niemand halten kann, macht einfach erpressbar) will und weil man andererseits eingestehen müsste, wieviele Pfarrer schlicht nicht eine FRAU heiraten wollen, sondern einen Mann.

          • Wanda
            24.03.2018, 17:29 Uhr.

            – kann an kaum von der Hand weisen…

  • bernardo
    24.03.2018, 9:10 Uhr.

    „Im Übrigen weise ich die Unterstellung, dass ich auf den Tod von Papst Franziskus warte, energisch zurück.“

    Dasselbe gilt natürlich auch für mich. Übrigens auch die Unterstellung, ich würde eine (die römische) Kultur in den Himmel heben, die andere (die arabische) in die Hölle verbannen. Aber man muss schon historische Korrektheit walten lassen: In unserer von Selbstzweifel und Selbsthass angekrankten Kultur ist es eher umgekehrt, wir idealisieren Al-Andalus und verdammen „unser“ finsteres Mittelalter. Das, was an Rezeption der Antike in den Westen gelangt ist, kam vor allem von den Griechen (Byzantinern) und von den unter der arabisch-muslimischen Herrschaft lebenden Christen.

    • Wanda
      24.03.2018, 16:44 Uhr.

      Man kann die Fakten einfach nicht leugnen und muss diese auch benennen dürfen:
      – Der Islam war gleich von Anfang an aufgrund der Aktivitäten seines prophetischen Gründers mit politischer Macht verknüpft, d.h. der Islam umfasst gleichermassen die geistige und die profane Welt. Muslimischer Ansicht zufolge ist die höchste Staatsgewalt*) bei Allah/Gott hinterlegt. Von ihm erhielt der Prophet seine Autorität und das Gesetz, d.h. Staat und Religion sind nicht zu trennen. Diese göttliche Recht durchzusetzen, es zu verteidigen und der übrigen Menschheit mitzuteilen – diese religiöse Aufgabe liess sich nur durch politische und militärische Macht, das bedeutet mit unumschränkter Staatsgewalt erfolgreich lösen.
      *) binnen kurzem hatte Mohammed denn auch den Einflussbereich seiner religiösen Gemeinschaft mit Waffengewalt erweitert und später durch seine Reiterheere einen gut organisierten, bewaffneten Staat gegründet, der zum dominierenden Faktor in Arabien wurde.
      – Bezeichnenderweise gibt es die Zweiteilung Kirche und Staat im Islam nicht und so finden sich im klassischen Arabisch auch keine Entsprechungen zu den Wortpaaren „säkular und kirchlich“ oder „geistlich und weltlich“…
      Das musste auch der Unions-Fraktionsvorsiztende Volker Kauder erfahren, als ihn die höchste sunnitische Autorität, Gross-Imam Ahmad Al-Tayyeb, bei einem Treffen barsch zurechtwies „Hören Sie mir auf mit der Aufklärung, wonach der Staat über der Religion steht – bei uns muss die Religion über dem Staat stehen“…
      – Konträr dazu das Christentum mit der überaus deutlichen Jesus-Aussage „Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist und Gott, was Gottes ist“ (auch wenn sich dann mit Konstantin für Jahrhunderte die unselige Verkettung Amtskirche Staat ergab).

      • Jürgen Erbacher
        Jürgen Erbacher
        24.03.2018, 16:52 Uhr.

        Weitere Kommentare zum Thema Islam werden nicht freigeschaltet; denn hier geht es um die Reformen im Vatikan und nicht um den Islam.

        • Wanda
          24.03.2018, 17:53 Uhr.

          Schon ziemlich seltsam, Herr Erbacher:
          – es war ein als Richtigstellung gedachter Beitrag zu den vorherigen, wo es um den Vergleich des für die Kirche strukturell stark bestimmenden imperial-römischen Einflusses (heisst es nicht röm.-kath.?) und dem Anteil des idealisiert dargestellten arabischen Umweges von antikem Wissen nach Europa ging…
          – Meine Frage an Sie: werden jetzt auch in diesem Blog alle kritische Bemerkungen zum Islam einer total falsch verstandenen politcal correctness geopfert, während durchaus berechtigte Kritik an der Amtskirche und deren Geschichte erlaubt sind ?
          Ein offenbar dem Zeitgeist geschuldeter, devoter Widerspruch !

          • Jürgen Erbacher
            Jürgen Erbacher
            25.03.2018, 16:45 Uhr.

            Es geht bei diesem Thema um den Rücktritt des Vatikan-Medienministers und die stockenden Reformen im Vatikan. Kritische Bemerkungen zum Islam sind selbstverständlich möglich. Aber nicht in einer Diskussion, in der es um eine vatikaninterne Angelegenheit geht. Deshalb haben wir die Diskussion über ein Thema, das nicht an diese Stelle gehört, beendet. Ihren Kommentar haben wir noch veröffentlicht, da Sie ihn bereits vor unserem Hinweis geschrieben hatten.

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