Weltjugendtag in Krakau – der Abschluss

Auf Wiedersehen in Panama!“ hieß es am Ende des 31. katholischen Weltjugendtags in Krakau. Papst Franziskus erklärte am Ende des Abschlussgottesdienstes, dass das nächste Jugendtreffen dieser Art 2019 in dem mittelamerikanischen Land stattfinden wird. Zuvor hatte er in seiner Predigt die Jugendlichen noch einmal ermutigt, sich nicht davon abbringen lassen, an eine neue Menschheit zu glauben, „die den Hass zwischen den Völkern nicht annimmt, die die Grenzen der Länder nicht als Barrieren ansieht und die eigenen Traditionen ohne Egoismen und Ressentiments hütet“. Immer wieder hatte Franziskus die Jugendlichen in diesen Tagen in Krakau gemahnt, nicht zu resignieren, sondern aktiv Kirche und Gesellschaft mitzugestalten. Gestern Abend beim Abendgebet etwa hatte er erklärt, die Welt brauche keine „Sofa-Jugendlichen“, sondern solche, die Spuren hinterlassen. Bei der ersten Begegnung mit den Jugendlichen am Donnerstag hatte er sich erfreut darüber gezeigt, dass die Jugendlichen „rebellisch“ seien. Franziskus will die Jugendlichen dazu bewegen, sich zu engagieren und nicht entmutigen zu lassen, wenn jemand sage, man könne die Dinge nicht ändern.


Erfolgsmodell Weltjugendtag? Ein Beitrag von Jürgen Erbacher.

Es waren spannende Tage in Krakau. Der 31. Weltjugendtag stand unter den Eindrücken der Ereignisse von Nizza, München und Rouen. Immer wieder kamen die Jugendlichen in ihren Gesprächen untereinander oder mit den Bischöfen auf die Themen Terror und Krieg zu sprechen. Man merkte, die Verunsicherung ist groß und auch die Angst. Viele Konflikte haben für die Teilnehmer plötzlich ein konkretes Gesicht bekommen, etwa wenn man in der Stadt Jugendlichen aus dem Nahen Osten begegnet ist, oder aus afrikanischen Ländern, die in Konfliktregionen liegen. Die Botschaft von Papst Franziskus dazu war klar: „Wir wollen nicht den Hass mit noch mehr Hass besiegen, die Gewalt mit noch mehr Gewalt besiegen, den Terror mit noch mehr Terror besiegen. Und unsere Antwort auf diese Welt im Krieg hat einen Namen: sie heißt Brüderlichkeit, sie heißt geschwisterliche Verbindung, sie heißt Gemeinschaft, sie heißt Familie.“ Gestern betete er in einer Kirche in Krakau eigens für die Opfer von Terror und Gewalt. Bat Gott aber auch, er möge die Terroristen die Übel ihrer Taten erkennen lassen.

Spannend waren die Tage auch, angesichts der politischen Situation in Polen. Franziskus ließ sich nicht beirren. Immer wieder sprach er das Thema Flüchtlinge an, das die polnischen Politiker, aber auch so mancher Kirchenvertreter nicht so gerne hören wollte. Gleich am ersten Tag, am Mittwoch, hat Franziskus sich mit den polnischen Bischöfen getroffen. Dabei ging es auch um das Thema Flüchtlinge. Die Begegnung fand hinter verschlossenen Türen statt. Der Papst soll laut Radio Vatikan bei der Begegnung erklärt haben, dass für die Aufnahme von Flüchtlingen stets die Gegebenheiten eines Landes berücksichtigt werden müssten. Es gebe keine Formel dafür, wie man sich gegenüber Flüchtlingen verhalten müsse; dies hänge von den jeweiligen Ländern und deren Möglichkeiten und Kultur ab. Sprich er versuchte Brücken zu bauen. Franziskus hat für seine Position geworben – dabei ging es weniger um theologische Fragen; vielmehr ging es um die sozialethischen Fragen und um das Thema Flüchtlinge. Leichte Kritik an der Kirche schwang immer wieder einmal mit. Etwa als er gestern beim Gottesdienst mit Priestern und Ordensleuten sagte, Jesus habe die Kirche „nicht als Machtmensch, sondern „wie ein Sklave“ gewollt. Angesichts des machtvollen Auftretens der Kirche hier im Land – durchaus kritisch. Und die Politiker dürften froh sein, wenn Papst Franziskus wieder in Rom ist. Denn die wiederholten Äußerungen des Papstes zum Flüchtlingsthema ärgerten sie durchaus.

Trotzdem war die Präsenz der Politik bei den Papstveranstaltung groß. Ministerpräsidentin Beata Szydło etwa war bei den meisten Veranstaltungen dabei. Sie machte mit einer Bemerkung in einem Radiointerview gestern allerdings schon klar, wie die Verhältnisse in Polen sind: „Er [Franziskus] ist gewiss eine andere Gestalt als Johannes Paul II. oder Benedikt XVI., der große Intellektuelle. Johannes Paul ist vor allem unser polnischer Papst und wird für uns immer am wichtigsten sein.“ Von den Appellen des Papstes zum Thema Flüchtlinge fühlte sie sich demnach nicht angesprochen. „Diejenigen, die Polen kritisieren […], werden sicher sagen, na bitte, Papst Franziskus ist gekommen und hat Polen belehrt.“ Andere wiesen allerdings darauf hin, dass Polen Ukrainer aufgenommen habe. Das hatte übrigens auch der Vatikan im Vorfeld mehrfach betont, dass die Situation in Polen durchaus differenziert betrachtet werden müsse, dass es hier durchaus viele Flüchtlinge gebe, aber eben nicht etwa aus Nahost oder Afrika, sondern aus der Ukraine und anderen Ländern der Region.

Die Reise wird man sicher positiv bilanzieren können. Franziskus ist sich treu geblieben und hat sich nicht vor seinen Kritikern in Polen verstellt. Zugleich hat er versucht Brücken zu bauen. Bei den Jugendlichen hat er ganz klar gepunktet mit seiner Botschaft der Bestärkung und Ermutigung. Bei den polnischen Gläubigen dürfte er durch seine bescheidene Art und seine Worte zumindest Vorurteile und Vorbehalte abgebaut haben.

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Jürgen Erbacher

Seit Juli 2018 leite ich die ZDF-Redaktion "Kirche und Leben katholisch", für die ich seit 2005 über die Themen Papst, Vatikan, Theologie und katholische Kirche berichte. Dafür pendle ich regelmäßig zwischen Mainz und Rom - meiner zweiten Heimat. Dort habe ich vor meiner ZDF-Zeit mehrere Jahre gelebt und für Radio Vatikan gearbeitet. Studiert habe ich Politikwissenschaft und Katholische Theologie in Freiburg i.Br. und Rom.

4 Kommentare

  • Paul Heck
    01.08.2016, 12:32 Uhr.

    Sehr geehrter Herr Erbach,
    Ihr Artikel gefällt mir sehr gut.
    Interessant sind auch nochmal die politischen Verknüpfungen.
    Wir haben zu Hause Teile des WJT am Bildschirm (K-TV)mit verfolgt. Es war sehr beeindruckend. Die ermuigende Predigt von Papst Franziskus ist es Wert immer wieder nachgelesen zu werden. Die Zusage an jeden Einzelnen und die Aufforderung mitzuwirken können jungen Menschen nicht oft genug gesagt werden. Ganz anders habe ich dagegen die Regie der übertragenen Bilder beim Abschlussgottesdienst erlebt. Wenige Groß- oder Gesamtaufnahmen von der Jugend und noch weniger Einzelaufnahmen von aufmerksamen, nachdenklichen oder begeisterten Jugendlichen. Stattdessen wurden immer wieder Priester und Politiker gezeigt die eigentlich nicht Zielgruppe eines Weltjugendtages sind. Man könnte fast meinen, dass die Regie politisch manipuliert wurde. Der Papst hat verstanden, worum es geht, die polnischen Fernsehregie nicht. Es ist schade, denn wir Erwachsene lernen auch dadurch, dass wir Jugendliche beobachten, wie sie ernsthaft, versonnen, spontan, lebendig, unsicher, kommunikativ, spirituell, begeisterungsfähig und sonst was sind.
    Diese Beobachtungen hätten die Worte des Vertrauens, die Papst Franziskus den Jugendlichen zugesprochen hat, unterstützt.
    Mit freundlichen Grüßen,

    Paul Q. Heck

  • Wanda
    03.08.2016, 16:55 Uhr.

    Hoffe, man darf man nach der uns erteilten belehrenden und umfangreichen Welterklärung (vom Verfasser selbst als Senf bezeichnet) auch etwas zum vorgegebenen Thema beitragen ?
    – Franziskus macht den Gläubigen und sich etwas vor. Er müsste wissen, das die katholische Jugend nicht repräsentativ- und schon erst recht nicht rebellisch ist. Und selbst wenn sie das wäre: gegen die verkrusteten Strukturen der Amtskirche, ihrem Brimborium und ihrer Hierarchie der (überwiegend) Altmännerriege kommt sie nicht an. Da haben sich selbst die grossen Geister unter den reformwilligen Katholiken schon den Schädel eingerannt.
    Es wird unter Franziskus dem Zeitgeist entsprechend am Ende evtl. einige kleine kosmetische Korrekturen an der Mutter Kirche geben (ein Lifting vielleicht), mehr wird der obere Klerus nicht erlauben…

    • Silvia
      04.08.2016, 17:31 Uhr.

      Wanda
      03.08.2016, 16:55 Uhr.

      Ob die katholische Jugend repräsentativ ist oder nicht, vermag ich nicht zu beurteilen. In meiner Gemeinde und Stadt ist sie jedenfalls noch zahlreich vertreten.

      Besonders rebellisch scheinen sie nicht zu sein. Sie haben andere Sorgen als frühere Generationen und andere Ansprüche an die Kirche, andere spirituelle Bedürfnisse.

      Ich, selbst 65 Jahre, muss jedesmal schmunzeln, wenn ich Jugendgottesdienste im Stil der 70er/80er Jahre sehe (habe ein paar studienhalber besucht), in denen in die Jahre gekommene Priester oder Pastoralreferenten gewissermaßen die eigene Jugend aufleben lassen.

      Die noch zur Kirche stehenden Menschen heute, gerade auch die Jüngeren, suchen Formen der Spiritualität und gerade Stille ist sehr gefragt.

      Ich denke, hier ist auch Papst Franziskus nicht auf der Höhe der Zeit.

      Zum Glück ist inzwischen eine neue Priestergeneration herangewachsen und ich muss sagen, die gibt mir mehr als die Priester meiner Generation plus/minus.

  • bernardo
    06.08.2016, 9:52 Uhr.

    Zitat: „Seit dem II. Vatikanischen Konzil waren noch nie so viele Bischöfe und Kardinäle bei einer Veranstaltung wie jetzt beim WJT in Krakau – die Kardinäle Woelki aus Köln und Tagle aus Manila.“
    Wenn ich abgesehen von Franziskus derzeit einen römisch-katholischen Lieblingsbischof habe, dann ist es das Wölkchen. Mein Respekt vor dem Mann wird immer größer. Er scheut wirklich keine unbequemen Themen.“

    Hmm, würde mich interessieren, welche „unbequemen Themen“ das sein sollten? Die „unbequemen Themen“, die auch von der Mehrzahl der Medien aufgegriffen werden?

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