Synode zu Ehe und Familie – Tag 18

Die Synode ist in vielen Fragen einig, in vielen Dingen aber auch uneins. Das zeigen die Ergebnisse der Arbeit der Sprachgruppen zum dritten Teil des Arbeitspapiers, die am Mittwoch veröffentlicht wurden. Einig sind sich die meisten: der Papst soll oder muss es am Ende richten. Das wird für vor allem in der Frage der wiederverheirateten Geschiedenen schwierig sein, denn hier gibt es sehr unterschiedliche Positionen in den Sprachgruppen. Der deutschsprachige Zirkel fiel einmal mehr auf – aus zwei Gründen: zum einen durch eine scharfe Kritik an anderen Synodalen, zum anderen durch die, einstimmig im Zirkel beschlossene, Offenheit für die Kommunion für wiederverheiratete Geschiedene in besonderen Fällen. Entschieden trat der Vatikan am Mittwoch Gerüchten entgegen, Papst Franziskus habe einen Gehirntumor. Was in der Nacht auf Mittwoch für große Unruhe sorgte, war am Mittwochabend als Falschmeldung entlarvt. Die entscheidende Frage ist allerdings, was steckt hinter der Sache. Wer will Unruhe stiften und dem Papst schaden?

Papst Franziskus erfreut sich laut Vatikan bester Gesundheit. Wohin bei der Bischofssynode am Ende die Reise wirklich geht, ist noch unklar. (Quelle: ap)

Papst Franziskus erfreut sich laut Vatikan bester Gesundheit. Wohin bei der Bischofssynode am Ende die Reise wirklich geht, ist noch unklar. (Quelle: ap)

Kritik an Kardinal Pell

Das saß! Die Distanzierung der Mitglieder des deutschen Sprachzirkels von „öffentlichen Äußerungen einzelner Synodenväter zu Person, Inhalt und Verlauf der Synode“ zu Beginn des Berichts ist in dieser Form ungewöhnlich. „Die gebrauchten Bilder und Vergleiche sind nicht nur undifferenziert und falsch, sondern verletzend. Wir distanzieren uns entschieden.“ Ross und Reiter nannten die Teilnehmer der deutschsprachigen Gruppe in ihrem Statement nicht. Das erledigte Kardinal Reinhard Marx beim Briefing am Mittwochmittag im vatikanischen Pressesaal. Die Äußerungen Kardinal George Pells, der am Montag in einem Interview mit der französischen Tageszeitung „Le Figaro“ erklärte: „Wir sind Zeuge der dritten symbolischen theologischen Schlacht zwischen zwei deutschen Theologen, und damit zwischen zwei Visionen, der von Kasper und der von Ratzinger.“ Solche Äußerungen seien „nicht akzeptabel und nicht nützlich für die Synode“, so Marx. „Auf der Synode sind wir nicht in einem Kampf“, betonte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz. Die Distanzierung dürfte sich allerdings auch noch auf andere Äußerungen im Verlauf der Synode bezogen haben wie etwa die Worte Kardinal Robert Sarahs, über die vor einigen Tagen hier berichtet wurde.

Bereits bei der Diskussion des ersten Teils des Arbeitspapiers hatten einige Sprachzirkel eine Vergebungsbitte ins Spiel gebracht für Fehler der Kirche in Bezug auf Sprache und Umgang im Kontext von Ehe und Familie. So heißt es im einstimmig angenommenen Abschlussbericht der deutschsprachigen Gruppe: „Im falsch verstandenen Bemühen, die kirchliche Lehre hochzuhalten, kam es in der Pastoral immer wieder zu harten und unbarmherzigen Haltungen, die Leid über Menschen gebracht haben, insbesondere über ledige Mütter und außerehelich geborene Kinder, über Menschen in vorehelichen und nichtehelichen Lebensgemeinschaften, über homosexuell orientierte Menschen und über Geschiedene und Wiederverheiratete. Als Bischöfe unserer Kirche bitten wir diese Menschen um Verzeihung.“

Wie viele andere Sprachzirkel betont auch der deutschsprachige, dass die Sexualerziehung vorrangige Aufgabe und Kompetenz der Eltern ist. Sehr differenziert wurde in Germanicus das Thema Gender diskutiert. Solange es um den Kampf gegen eine ungerechtfertigte Benachteiligung von Frauen in der Gesellschaft gehe, könne man entsprechenden Theorien etwas Positives abgewinnen, doch: „Alle Theorien, die das Geschlecht des Menschen als nachträgliches Konstrukt ansehen und seine willkürliche Auswechselbarkeit gesellschaftlich durchsetzen wollen, sind als Ideologien abzulehnen.“

Keine Einheit bei wiederverheirateten Geschiedenen

Schließlich hat die deutschsprachige Gruppe auch ein einstimmiges Ergebnis erzielt bei der Frage der wiederverheirateten Geschiedenen. Sie sieht eine Möglichkeit des Empfangs der Kommunion vor nach einem „Weg der Besinnung und der Buße“. Dies solle im „forum internum“ im Gespräch mit dem Beichtvater geschehen. Es werden einige Kriterien dafür genannt, was in dem Prozess zu klären ist: „So sollten sich die wiederverheirateten Geschiedenen fragen, wie sie mit ihren Kindern umgegangen sind, als die eheliche Gemeinschaft in die Krise geriet? Gab es Versuche der Versöhnung? Wie ist die Situation des verlassenen Partners? Wie ist die Auswirkung der neuen Partnerschaft auf die weitere Familie und die Gemeinschaft der Gläubigen? Wie ist die Vorbildwirkung auf die Jüngeren, die sich für die Ehe entscheiden sollen?“

Zu einer solch klaren Positionierung wie Germanicus kamen nicht viele andere Sprachzirkel. Vor allem in den italienisch- und spanischsprachigen Zirkeln zeigte sich eine Offenheit für den Weg der Einzelfalllösung, meist verbunden mit einem Hinweis darauf, dass ein solches Vorgehen mit Einbindung des Bischofs zu erfolgen habe. Gallicus B unter der Leitung von Kardinal Robert Sarah fordert eine Beibehaltung der bisherigen Praxis. Auch in Anglicus A unter Leitung von Kardinal Pell hat sich laut Bericht eine Mehrheit für die Beibehaltung ausgesprochen sowie ausdrücklich auch gegen eine Verlagerung der Entscheidungsmöglichkeit in die Kompetenz von Bischofskonferenzen. Zwei englischsprachige Zirkel schlagen die Einrichtung einer Kommission vor, die sich noch einmal eingehender mit dem Thema beschäftigen soll.

Papst soll entscheiden

Große Einmütigkeit besteht unter den Sprachzirkeln, dass mehr investiert werden muss in die Ausbildung der Priester, Ordensleute und Hauptamtlichen sowie in die Ehevorbereitung und die Begleitung von Paaren und Familien. Dabei wird immer wieder unterstrichen, dass die Familien nicht nur Objekt der Seelsorge seien, sondern selbst Subjekt der Familienpastoral. Ein wichtiges Thema waren auch die konfessionsverbindenden Ehen sowie Ehen, in denen die Partner unterschiedlichen Religionen angehören. Schließlich wurde mehrfach die Forderung geäußert, die Aktualität der Enzyklika Humanae vitae von Papst Paul VI. zu bekräftigen. Die deutschsprachige Gruppe unterstrich dabei den Aspekt der „verantworteten Elternschaft“.

Immer wieder wird der Ruf laut, am Ende möge der Papst entscheiden, nicht nur in Bezug auf den Umgang mit den wiederverheirateten Geschiedenen. Auf Franziskus lastet nun eine hohe Verantwortung. Franziskus hatte vergangenen Samstag bei der 50-Jahr-Feier der Bischofssynode ja deutlich gemacht, dass der synodale Weg beim Papst endet. Einige Bischöfe scheinen darüber ganz erleichtert zu sein. So sind sie die Last der Verantwortung los, entscheiden zu müssen. Umgekehrt zeigt sich vielleicht in der aktuellen Situatin, wie sinnvoll ein Papstamt sein kann. In der Synode würde sich keine einheitliche Position zu bestimmten Themen finden lassen. Also muss es am Ende jemanden geben, der entscheidet. Die spannende Frage wird sein, ob diese Entscheidung dann auch von allen akzeptiert wird. In der Vergangenheit war das nicht immer so.

Verwirrung über angebliche Krankheit des Papstes

Die Nachricht schlug ein wie eine Bombe: Papst Franziskus habe einen gutartigen Gehirntumor. Dies habe ein japanischer Arzt, der Spezialist auf dem Gebiet sei, bei einer Untersuchung festgestellt. Die italienische Zeitung „Quotidiano Nazionale“ hatte darüber am Mittwoch berichtet. Schon in der Nacht gab es das erste Dementi von Vatikansprecher Federico Lombardi. Im Verlauf des Mittwoch folgten noch zwei weitere. Am Mittwochabend meldete sich auch der japanische Arzt zu Wort mit einem klaren Dementi. So scheint das Ganze ein weiterer Akt in der Reihe der Versuche zu sein, Verwirrung in das Pontifikat zu bringen.

Der Chefredakteur der Zeitung beharrte am Mittwoch den ganzen Tag über auf seiner Darstellung. Man habe das ganze lange geprüft. Warum man dann gerade in der Endphase der Synode damit an die Öffentlichkeit geht, fragen sich viele Beobachter. Auch handelt es sich nicht um irgendein körperliches Leiden, sondern um einen, wenn auch angeblich gutartigen Gehirntumor. Da ist es nicht mehr weit, dem Pontifex eine gewisse Unzurechnungsfähigkeit zu unterstellen. Bei unseren Gesprächen am Wochenende in Brasilien sagte Bischof Erwin Kräutler, angesprochen auf die Morddrohungen gegen seine Person: Wenn einer Partei die Argumente ausgehen, greift sie zu unlauteren Mitteln. Diese Worte kamen mir wieder in den Sinn, als ich am Mittwochmorgen die ersten Tweets über die angebliche Erkrankung des Papstes las. Am Ende des Tages schien dann klar, hier macht jemand Politik auf Kosten der Gesundheit des Papstes. Die Frage muss zumindest gestellt werden: Wer stiftet Verwirrung und Unruhe im Pontifikat von Franziskus? Ist es der Papst oder sind es die, die mit diesem Papst Schwierigkeiten haben?

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Jürgen Erbacher

Seit Juli 2018 leite ich die ZDF-Redaktion "Kirche und Leben katholisch", für die ich seit 2005 über die Themen Papst, Vatikan, Theologie und katholische Kirche berichte. Dafür pendle ich regelmäßig zwischen Mainz und Rom - meiner zweiten Heimat. Dort habe ich vor meiner ZDF-Zeit mehrere Jahre gelebt und für Radio Vatikan gearbeitet. Studiert habe ich Politikwissenschaft und Katholische Theologie in Freiburg i.Br. und Rom.

13 Kommentare

  • Silvia
    22.10.2015, 12:55 Uhr.

    Die Behaupting, Papst Franziskus habe einen gutartigen Gehirntumor, ist meines Erachtens ganz eindeutig zu diesem Zeitpunkt gestreut worden, um den Papst als unzurechnungsfähig hinzustellen und damit seine Entscheidungen nach der Synode von vornherein als null und nichtig zu erklären.

    Dass diese vorgehensweise extrem geschmacklos ist, versteht sich wohl von selbst. Entschuldbar ist sie auch nicht, deshalb wünsche ich mir, dass der Verursacher dieses Gerüchtes festgestellt werden kann und, wenn es jemand aus dem Klerus ist, vom Papst kaltgestellt wird.

    In Tradikreisen hat dieses Gerücht jedenfalls begeisterten Widerhall gefunden bis hin zu der Forderung, den Papst wegen Unzurechnungsfähigkeit abzusetzen.

    Der Vorschlag der Sprachgruppe „Germanicus“ übertrifft meine Erwartungen, weil die „Sache“ dann nicht mal vom Bischof entschieden werden muss. In der Praxis läuft es ja sowieso schon ähnlich.

  • SuNuraxi
    22.10.2015, 15:12 Uhr.

    Tschuldigung schon. Aber weil da im Artikel steht: „Wer will Unruhe stiften und dem Papst schaden?“ Auch wenn es sich zweifelsohne um eine Ente handelt, warum sollte die dem Papst schaden? Selbst wenn es stimmen würde: Ein Tumor ist doch nichts Ehrenrühriges.

    • Michaela Pilters
      Michaela Pilters
      22.10.2015, 19:04 Uhr.

      Es geht nicht darum, ob ein Tumor ehrenrührig ist oder nicht. Es geht um die Unterstellung, dass der Papst nicht mehr regierungsfähig ist. Und das schafft Unruhe und schadet der Autorität des Papstes. Viele Grüße
      Michaela Pilters

      • SuNuraxi
        22.10.2015, 20:54 Uhr.

        @S.g. Frau Pilters, 22.10., 19:04
        Es ist ja wohl anzunehmen, dass die Teilnehmer an der Synode gebildete Leute sind und daher wissen, dass man wegen eines kleinen, gutartigen Hirntumors nicht beeinträchtigt ist. Beeinträchtigt wird man erst dann, wenn er groß wird und auf wichtige Hirnregionen drückt. Also bitte nicht das Gras wachsen hören und Verschwörungstheorien aufstellen. Das war eine einfache Zeitungsente, die keine Beachtung verdient.

  • Alberto Knox
    22.10.2015, 16:15 Uhr.

    zu des papstes gesundheit: man muss es halt mal klar sagen: die, die 35 jahre immer wieder gehorsam eingefordert und ohne rücksicht auf die gläubigen und letztlich auf christus selber ihre beton/steinzeittheologie brachial durchgesetzt haben, müssen damit leben lernen, dass nun ein opfer des römisch-kurialen systems, nämlich jorge bergoglio, papst ist, und der anderen seite ihre legitimen rechte einräumt.

    ansonsten bin ich mit dem ergebnis der deutschen gruppe hochzufrieden. natürlich hätte da und dort einiges deutlicher ausgedrückt werden können; aber unanimiter (einträchtig) zu einem konsens gefunden zu haben, ist ein wert an sich. auch die freie diskussion an sich ist ein hoher wert.
    an wrightflyer: in richtung einer echten synodalität ist man m.e. ein gutes stück vorangekommen. wie sehen sie das aus altkatholischer perspektive?
    unnötig war übrigens das polemische grußwort der russisch-orthodoxen. das sage ich mal ganz drastisch: erst mal im eigenen laden kehren, da gibt’s genügend dreck.

  • Toni BERNET-Strahm
    22.10.2015, 18:02 Uhr.

    Danke für die gute Berichterstattung! Es zeigt sich, dass die Kirche lernen muss, mit verschiedenen Perspektiven umzugehen, letztlich wirkt der Hl. Geist pluriform im Gewissen vieler. Der vom Papst erwünschte offene (und faire!)Dialog in der Kirche führt hoffentlich zum Mut, das Gewissen zu stärken und ihm in allen Belangen und Lebensverhältnissen zu folgen.

  • silberdistel
    23.10.2015, 12:35 Uhr.

    Nunja, der Papst himself hat vor fast einem Jahr, zur denkwürdistgen Weihnachtsansprache, insgesamt 15 Krankheiten der Kurie angeprangert: U.a. „Spirituellen Alzheimer“, „Schizophrenie“, „Größenwahn“ und „Geschwätzigkeit“.
    Also endgültug Schluß mit dem Mythos, unter den Vaticanisti ginge es besonders ´heilig´ (Was immer das auch wäre) und sehr viel besser als bei „Tom und Jerry“ zu 😀

  • Wanda
    23.10.2015, 17:32 Uhr.

    – eines ist festzustellen: die obersten Repräsentanten „unserer Religion der Nächstenliebe“ verfallen bei ihren Zusammenkünften/Diskussionen dem gleichen Hauen, Stechen und Intrigieren aus dem Hinterhalt wie die Machtlüsternden der weltlichen Institutionen auch*).
    An sich nichts Besonderes, würden sie nicht zugleich so überheblich mit jenem moralischen Anspruch auftreten, den sie wie ein Fahne vor sich hertragen, um dann trotzdem über Andere arrogant zu urteilen (Geschiedene, Homosexuelle, unverheiratet Zusammenlebende, ledige Mütter usw.).
    Sie sind häufig nur eine Karrikatur dessen was sie zu vertreten vorgeben: die so simple Idee des Nazareners von Nächstenliebe und Bedürfnislosigkeit.
    – Wenn dem dann noch die Fotos Herrn Erbachers gegenübergestellt werden, welche die zahlreichen Rot- und Purpur-Träger zum Motiv haben, dann kommt man schon ins Grübeln…
    *) siehe auch des Vorgängerpapstes Bemerkungen über die dunklen Korridore und Hinterzimmer des Vatikan mit seinen obskuren Kreisen und Gruppen etc…

  • Wanda
    30.10.2015, 16:58 Uhr.

    Alberto Knox 00:41
    – vollkommen Ihrer Meinung: nicht einmal der prachtgewandte höhere Klerus dürfte wohl behaupten der Wanderprediger aus Nazareth wäre inmitten seiner Gefolgschaft an der Kleidung zu unterscheiden gewesen, oder ?

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