Sterbehilfe ja oder nein?
Soll eine Beihilfe zur Selbsttötung unter bestimmten Bedingungen zugelassen werden oder nicht? Über die rechtliche Regelung der Suizidbeihilfe wird seit Wochen diskutiert. Bis Jahresende sollen mehrere Vorschläge für eine Neufassung des Paragrafen 217 des Grundgesetzes vorliegen. Im nächsten Jahr soll dann im Bundestag darüber abgestimmt werden. Die katholischen Bischöfe im Land lehnen jegliche Form der aktiven Sterbehilfe ab. Unter dem Motto „Sterben in Würde“ wollen sie in den nächsten Monaten für ihre Position werben und sich in die öffentliche Debatte einmischen. Der Mainzer Kardinal Karl Lehmann stellte das Vorhaben heute am Rande der Herbstvollversammlung der Bischofskonferenz in Fulda vor.
Bischöfe beraten zwei Stunden zum Thema
Es ist ein schwieriges Thema. Daher vermeiden die Bischöfe auch jegliche Form der Polemik und Moralisierung, wenn es um die Diskussion um den assistierten Suizid geht. Sie versuchen, ihre Position darzustellen, ohne die andere Seite anzugreifen. Sehr differenziert äußerte sich Lehmann zu den bereits vorliegenden Vorschlägen für eine Straffreiheit assistierter Selbsttötung. „Die katholische Kirche spricht sich nachdrücklich gegen alle Formen der aktiven Sterbehilfe und der Beihilfe zur Selbsttötung aus. Hilfe beim Sterben durch die sogenannte passive Sterbehilfe – einschließlich der Therapie-Zieländerung – hingegen sind ethisch vertretbar.“
Der Kardinal betonte, dass die Mitarbeiter in den Hospizen sehr oft die Erfahrung machten, dass der Wunsch nach einer Beihilfe zur Selbsttötung verstumme, wenn es eine angemessene palliativmedizinische Versorgung gebe sowie die Menschen besondere Fürsorge und Zuwendung erfahren. Daher setzen die Bischöfe auf Sterbebegleitung und nicht auf Sterbehilfe. Sie sind sich dabei bewusst, dass es noch längst keine ausreichende flächendeckende Versorgung im Bereich der Palliativmedizin gibt sowie bei den stationären oder ambulanten Hospizangeboten.
Einen Dissens sieht Lehmann bei dem Thema zwischen den beiden großen christlichen Kirchen. Bereits 2012 habe man bei der Diskussion mit der EKD erkennen müssen, dass nur mühsam eine gemeinsame Position gefunden werden konnte. Die evangelische Seite zeige eine gewisse Offenheit für eine Beihilfe zur Selbsttötung. Angesprochen auf die Äußerungen des scheidenden EKD-Ratsvorsitzenden Nikolaus Schneider, hielt sich Lehmann mit einer Wertung zurück. Schneider hatte in einem Interview erklärt, dass er zwar persönlich jegliche aktive Sterbehilfe ablehne, seine an Krebs erkrankte Frau, die sich den Weg des assistierten Suizids offen halten möchte, gegebenenfalls zur Durchführung in die Schweiz begleiten werde. Lehmann erklärte dazu, dass Schneider als Amtsträger nie ganz privat sprechen könne und seine Äußerung die Suche nach einer gemeinsamen Position der beiden Kirchen „nicht leichter“ mache. Doch aus Respekt vor dem Ehepaar Schneider, das er persönlich seit langer Zeit kenne, wolle er deren Positionen nicht weiter kommentieren.
Papst wirft Bischof aus dem Amt
Im Vatikan gab es unterdessen eine weitere spektakuläre Entscheidung von Papst Franziskus. Er hat heute den Bischof von Ciudad del Este in Paraguay, Rogelio Ricardo Livieres Plano, seines Amtes enthoben. In der entsprechenden Vatikanerklärung heißt es zu den Motiven nur, dass dies aus „ernsten seelsorgerischen Gründen“ geschehe sowie zur Wahrung der Einheit der Ortskirche sowie der Bischöfe des Landes. Vor der Entscheidung hatte Papst Franziskus in Abstimmung mit den zuständigen Vatikanbehörden einen seiner engsten Vertrauten, den Erzpriester der Basilika Santa Maria Maggiore Kardinal Santos Abril y Castello, in das Bistum geschickt um sich von der Lage dort ein Bild zu machen. Daraufhin wurde Bischof Livieres Plano bereits Ende Juli untersagt, neue Priester zu weihen. Kurz vor dem Besuch des Papstgesandten Abril y Santos war Mitte Juli der Generalvikar des Bistums Ciudad del Estse, Carlos Urrutigoity, zurückgetreten. Der aus Argentinien stammende Geistliche arbeitete früher im US-Bistum Scranton im Bundesstaat Pennsylvania. Nachdem ihn Seminaristen beschuldigt hatten, er habe sie sexuell belästigt, kam das Bistum zu dem Schluss, dass Urrutigoity eine „ernste Bedrohung für junge Menschen“ sei. Nach einem kurzen Aufenthalt in Kanada, nahm ihn der jetzt abgesetzte Bischof Livieres Plano in seinem Bistum auf und machte ihn später sogar zum Generalvikar, also dem „zweiten Mann“ im Bistum. Franziskus setzte dem Ganzen jetzt mit seiner Entscheidung ein Ende. Offen ist derzeit noch, ob und welche juristische und kirchenjuristische Aufarbeitung es geben wird. Franziskus hat erneut gezeigt, wie er in Krisensituationen in einem Bistum vorgeht: Es gibt keine Vorverurteilung des Beschuldigten. Er ordnet eine Untersuchung an und handelt dann, wenn die Fakten auf dem Tisch liegen.