Päpstliche Reiseagenda und Gesundheit
Papst Franziskus verfolgt bei seinen Reisen eine ganz eigene Agenda. Nicht die großen Nationen und Städte steuert er an, sondern er setzt inhaltliche Akzente. Das gilt besonders für die inneritalienischen Reisen. Die erste führte ihn im vergangenen Juli auf die Mittelmeerinsel Lampedusa, um sich dort mit Flüchtlingen zu treffen, seine zweite in die sardische Stadt Cagliari zur Begegnung mit Arbeitern und Gewerkschaftern. Am Samstag reist Franziskus in die kalabrische Stadt Cassano all’Ionio, also in die Region mit der höchsten Arbeitslosenrate Italiens, die dazu fest in den Fängen der Mafia ist. Am 5. Juli wird Franziskus die Region Molise besuchen – eine Visite, die für die Zukunft des Pontifikats noch wichtig werden könnte.
Papst am Rande der Gesellschaft
Die Agenda am Samstag ist ganz „franziskanisch“: Der Tag startet am frühen Morgen mit einem Besuch im Gefängnis, danach steht eine Visite in einem Hospiz auf dem Programm sowie ein Mittagessen mit Armen und Menschen mit Behinderung. Am Nachmittag trifft sich Franziskus mit Senioren in einem Altenheim, bevor er zum Abschluss einen großen Gottesdienst feiert. Franziskus ist einmal mehr unterwegs an der „Rändern“ der Gesellschaft. Und er begibt sich erneut auf die Spur eines der Grundübel Italiens: der Mafia. Die kalabrische Ndrangheta zählt zu den mächtigsten Verbrecherorganisationen Italiens, ja ganz Europas. Zuletzt sorgte Cassano all’Ionio Anfang des Jahres für Schlagzeilen. Damals verbrannte ein dreijähriger Junge in einem Auto zusammen mit seinem Großvater und dessen Geliebter. Die Behörden gehen davon aus, dass es sich um einen Racheakt der Mafia handelte. Franziskus hatte die Tat damals scharf verurteilt.
Papst Franziskus hatte Ende März in Rom an einem Gebet für die Opfer des organisierten Verbrechens teilgenommen. Damals rief er die Mafiosi mit drastischen Worten zur Umkehr auf, „denn noch gibt es Zeit, nicht in der Hölle zu enden; und die erwartet euch, wenn Ihr diesen Weg fortsetzt“. Geld und Macht, „das Ihr aus Euren schmutzigen Geschäften und mafiösen Verbrechen aufgehäuft habt, ist blutiges Geld und blutige Macht, die Ihr nicht in das andere Leben hinübernehmen könnt“. Am 25. Mai 2013 wurde mit dem sizilianischen Priester Pino Puglisi das erste Mafia-Opfer als Märtyrer selig gesprochen. Er war 1993 von der Mafia ermordet worden. Auch in Kalabrien werden Priester, die sich gegen die Mafia engagieren, bedroht.
Der Besuch in Cassano all’Ionio ist auch ein Dankeschön des Papstes sowohl an die Gläubigen dort als auch den Bischof der Stadt. Franziskus hatte Bischof Nunzio Galantino Ende 2013 überraschend zum Generalsekretär der italienischen Bischofskonferenz ernannt. Anders als bisher üblich macht er diese Aufgabe nicht als Full-Time-Job, sondern blieb noch Bischof in seinem Bistum. Franziskus schrieb damals den Gläubigen eigens einen Brief, um die Situation zu erklären und warb um Verständnis, dass sie ihren Bischof nun teilen müssten.
Auf den Spuren von Cölestin V.
Am 5. Juli wird Franziskus bei seinem Besuch in der Region Molise neben der Stadt Campobasso auch Isernia besuchen. Dort wurde 1209 Pietro di Morone geboren, der später als Papst Cölestin V. im Jahr 1294 wenige Monate nach seiner Wahl von seinem Amt zurücktrat. Auch Benedikt XVI. war auf den Spuren des Cölestin unterwegs, als er etwa im Juli 2010 dessen Grab in Sulmona besuchte.
P.S. In einigen Medien gibt es erneut Spekulationen über die Gesundheit des Papstes. Franziskus hatte gestern nicht an der Fronleichnamsprozession teilgenommen. Nach dem traditionellen Gottesdienst vor der Lateranbasilika ist er nicht wie im vergangenen Jahr zu Fuß zur knapp zwei Kilometer entfernten Basilika Santa Maria Maggiore gegangen, sondern hat sich mit dem Auto dorthin fahren lassen. Er wollte auch nicht, wie seine Vorgänger, auf der Ladefläche eines umgebauten Lieferwagens vor der Monstranz kniend den Weg zurücklegen. Nach Vatikansprecher Lombardi wolle der Papst, dass sich die Gläubigen auf die Monstranz mit der geweihten Hostie konzentrieren. Einige Agenturen bringen diese Neuerung mit einer anderen Ankündigung des Vatikans von vor wenigen Tagen in Verbindung. Es wurde bekannt gegeben, dass Franziskus im Juli keine Generalaudienzen abhalten wird. Das ist allerdings nichts Neues. Auch im letzten Jahr fanden, wie auch schon bei den Vorgängern, keine Generalaudienzen statt. Franziskus hatte sogar im August 2013 auf die Audienzen verzichtet. Nach bisherigem Stand sollen dieses Jahr im August Generalaudienzen stattfinden. Klar, der Papst ist 77 Jahre; hat ein strammes Programm; gönnt sich keine Pausen. Das muss er bisweilen dann mit kleinen Zwangspausen aufgrund von Erkältungen oder ähnlichem „büßen“. Aber Anlass zur Sorge gibt es nicht. Er tut sich schwer beim Gehen und beim Knien. Daher dürfte die Entscheidung gestern durchaus verständlich sein.