Synode zu Ehe und Familie – Tag 20

Die Spannung steigt. Noch ist nichts über den Inhalt der Relatio finalis bekannt. Der Papst hat heute schon einmal deutlich gemacht, dass er nicht stillstehen will: „Die Zeiten ändern sich und wir Christen müssen uns auch immer ändern“, sagte er bei der Morgenmesse in Santa Marta. In der Synodenaula haben sich anschließend 51 Synodenväter zum Entwurf der Relatio finalis zu Wort gemeldet, um Änderungswünsche einzubringen. Wie viele schriftliche Eingaben es bis zum Mittag gab, ist bisher nicht bekannt. Der endgültige Text wird daher erst morgen früh vorliegen. Dann wird er in der Aula verlesen und anschließend wird darüber abgestimmt. Es deutet sich an, dass der Text im Anschluss morgen Abend sofort veröffentlicht wird. Endgültig entschieden habe der Papst darüber aber noch nicht, ist aus dem Vatikan zu hören.

Und immer wieder das Problem mit dem Wind! Oder ist es der Heilige Geist? (Quelle: dpa)

Und immer wieder das Problem mit dem Wind! Oder ist es der Heilige Geist? (Quelle: dpa)

Relatio finalis bleibt allgemein

1355 Modi musste das Redaktionsteam der Relatio finalis in den vergangenen drei Wochen in den Text einarbeiten. Das gab Vatikansprecher Federico Lombardi heute beim Briefing bekannt. Das Ergebnis sei ein kohärenter und zufriedenstellender Text. Dieser habe im Entwurf 83 Abschnitte. Ob das dann morgen in der finalen Version auch so sein wird, muss sich zeigen. In den Wortbeiträgen am Morgen sei es vor allem um das Verhältnis von Gewissen und moralischem Gesetz gegangen, so Lombardi. Hier scheint, so ist von einigen Teilnehmern zu hören, manchen Konservativen der Text zu offen zu sein. Sie würden gerne klarere Vorgaben haben.

Der Text bleibt wohl wirklich, wie Kardinal Oswald Gracias gestern angekündigt hatte, sehr allgemein. Man möchte den Papst möglichst wenig konditionieren. Das führt aber auch dazu, wie Gracias ebenfalls angedeutet hatte, dass sich keine sehr konkreten Aussagen zu einzelnen Fragen im Text finden werden. So bleibt der heute vorgestellte Entwurf etwa beim Thema wiederverheiratete Geschiedene offenbar hinter der Relatio synodi, also dem Schlusstext der Außerordentlichen Synode im Oktober 2014, zurück und verzichtet darauf, die verschiedenen Positionen darzulegen, die es in der Diskussion gab. Die Idee des Bußweges wird nicht genannt, auch nicht die Option der Kommunion für konkrete Einzelfälle.

Was wie ein Rückschritt aussieht, soll in der Intention der Redaktoren eine größtmögliche Offenheit für den Papst an dieser Stelle bedeuten, der dem Vernehmen nach auch ausdrücklich darum gebeten habe. Man will eine größtmögliche Mehrheit bei der Abstimmung erreichen und befürchtete, diese durch zu konkrete Aussagen zu gefährden. Denn, und das hat die Synode gezeigt, es gibt eine Gruppe konservativer Bischöfe und Kardinäle, die von selbst sich nicht bewegen. Ob sie sich der Autorität des Papstes unterordnen werden, wenn Franziskus dann irgendwann einmal entscheidet, wird sich zeigen müssen.

Wahlen zum Synodenrat

Die Konservativen haben auf jeden Fall gestern Nachmittag im Plenum durchaus ein Zeichen gesetzt, als es um die Wahl des Synodenrats ging. Das ist das Gremium, das zwischen zwei Ordentlichen Bischofssynoden gleichsam die Geschäfte der Synode führt. Es hilft bei der Aufarbeitung der vergangenen sowie der Vorbereitung der nächsten Synode mit. Es war bis zum Pontifikat von Benedikt XVI. auch immer an der Ausarbeitung des nachsynodalen Schreibens beteiligt. Dem Vernehmen nach wurden sowohl die Kardinäle George Pell und Robert Sarah als auch Erzbischof Charles Joseph Chaput in das Gremium gewählt. Offiziell wurden bisher die Namen der Gewählten nicht publiziert. Das wird dann der Fall sein, wenn Papst Franziskus seine drei Kandidaten für den Synodenrat ausgesucht haben wird. Dieser setzt sich aus je drei Mitgliedern jedes Kontinents (Afrika, Asien/Ozeanien, Europa, Amerika) zusammen, die von der Synode gewählt werden, und drei vom Papst bestimmten Mitgliedern.

Um das nicht falsch zu verstehen: Solange nicht die komplette Liste der 15 Namen bekannt ist, kann man das Gremium nicht einordnen. Zumal aus Europa die Kardinäle Christoph Schönborn und Vincent Nichols sowie der italienische Bischof und Synoden-Sondersekretär Bruno Forte gewählt wurden. Es zeigt aber, dass die genannten konservativen Vertreter es schaffen, Mehrheiten hinter sich zu versammeln. Wenn man dazu sieht, dass die Kleingruppen, in denen die Kardinäle Pell und Sarah gearbeitet haben, diejenigen waren, die am ehesten Entwicklungen blockierten, dürfte das durchaus bereits ein Signal für die Arbeit des Synodenrats sein. Mehr Synodalität hat immer zwei Seiten.

Papst: Kirche muss sich verändern

Für den Papst steht fest, dass die Kirche sich verändern muss. Das hat er beim Morgengottesdienst in Santa Marta deutlich gemacht. „Wir müssen uns ändern, indem wir im Glauben in Jesus Christus festbleiben, fest in der Wahrheit des Evangeliums, doch unsere Haltung muss sich fortbewegen. Wir sind frei. Wir sind frei, weil wir das Geschenk der Freiheit von Jesus bekommen haben. Unsere Aufgabe besteht nun darin, in uns zu schauen, uns von unseren Gefühlen und Gedanken zu lösen und zu beobachten, was außerhalb des Ichs geschieht. Denkt daran: in der Stille, in der Überlegung und im Gebet.“ Nur so könne man die Zeichen der Zeit erkennen, das, was Jesus den Menschen heute sagen wolle. Diese Zeichen der Zeit zu erkennen sei nicht eine Aufgabe der kulturellen Elite. Jesus habe nicht gesagt, „schaut wie es die Studierten machen, wie es die Doktoren machen, schaut wie es die Intellektuellen machen“. Jesus habe zu den einfachen Menschen gesprochen, die „in ihrer Einfachheit“ wüssten, „die Spreu vom Weizen zu unterscheiden“.

P.S. Das Thema Homosexualität spielte übrigens, bei dieser Synode keine große Rolle. Das wird sich auch in der Relatio finalis wiederspiegeln. Kardinal Peter Turkson erklärte heute beim Briefing, man solle den Ländern Afrikas bei diesem Thema Zeit lassen, ihre Position zu verändern. Als er Anfang der 1970er Jahre in den USA studiert habe, sei in allen Psychologiebüchern Homosexualität noch als Krankheit bezeichnet worden. Das habe sich aufgrund der Weiterentwicklung der Wissenschaft, Psychologie und Medizin geändert. Für die analoge Entwicklung bräuchten die Länder Afrikas Zeit.

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Jürgen Erbacher

Seit Juli 2018 leite ich die ZDF-Redaktion "Kirche und Leben katholisch", für die ich seit 2005 über die Themen Papst, Vatikan, Theologie und katholische Kirche berichte. Dafür pendle ich regelmäßig zwischen Mainz und Rom - meiner zweiten Heimat. Dort habe ich vor meiner ZDF-Zeit mehrere Jahre gelebt und für Radio Vatikan gearbeitet. Studiert habe ich Politikwissenschaft und Katholische Theologie in Freiburg i.Br. und Rom.

7 Kommentare

  • Silvia
    23.10.2015, 20:09 Uhr.

    Also, im Zweifelsfalle ist es wohl der HL. Geist, der immer wieder versucht, dem Papst und den Synodalen die Kopfbedeckung zu entreißen, damit sie einen freien Kopf bekommen.

    Ich finde es gut, dass das Abschlussdokument dem Papst alle Türen für seine Entscheidungen offen hält.

    Sorge macht mir generell, auch im Hinblick auf die Zukunft, der starke Einfluss der Konservativen in der Führungsriege.

    Es darf auf keinen Fall dasselbe passieren wie 1978, dass durch die Wahl eines Konservativen zum Papst mühsam errungene Durchbrüche wieder unterlaufen werden.

  • Alberto Knox
    23.10.2015, 20:48 Uhr.

    ich bin nach wie vor sehr zufrieden, auch wenn das dokument offen ist – vielleicht auch gerade deswegen. auf sarah, pell und die anderen bösewichte sollte man nicht zuviel geben. die wahrheit setzt sich durch, weil sie die wahrheit ist. wer ihr, wie pell und sarah, meint nachhelfen zu müssen, zeigt, dass er nicht auf der seite der wahrheit ist.

  • silberdistel
    24.10.2015, 3:02 Uhr.

    Frage zum Foto: Vielleicht lässt der einfache Wanderprediger aus der Wüste auch gerade mal den „wind of change“ zwischen seinen angeblichen oder tatsächlichen Nachfolgern, den Monsignori sowie weiteren ´Exzellenzen´, wehen 😉
    Weil´s doch so schön war und mit soviel (unerfüllter?) Hoffnung von so Vielen auf dem Globus nach mehr Frieden und Freiheit verbunden war, nochmals zum Besten =
    https://www.youtube.com/watch?v=PUUGfs3s_4Y

  • Wanda
    31.10.2015, 17:37 Uhr.

    Wrightflyer 23:13
    – richtig: bin zum Atheisten geworden aber genau so wie ein Christ nicht automatisch einem Katholizismus das Wort reden muss, sehe ich mich als individuellen Nichtgläubigen aus ureigenen Motiven, der noch lange nicht einer fest umrissenen kollektiven Weltanschauung folgen muss, die sich Atheismus nennt.
    Ein erheblicher Unterschied zu dem was die röm.-kath. Kirche ihren Gläubigen abverlangt, die an den kern-dogmatischen Grundsätzen ihrer Konfession nicht vorbeikommen.
    – Deutlicher: ein Katholik unterstützt nicht unbedingt einen Katholizismus, ein Muslim identifiziert sich nicht zwangsläufig mit dem Islamismus und auch ein Atheist folgt nicht automatisch dem Atheismus. Das sollte man sehr wohl auseinanderhalten…

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