Papst: Frieden im Kleinen und im Großen

Es war das Thema, das alle Ansprachen des Papstes durchzog: der Frieden. Dabei richtete er den Fokus nicht nur auf die großen Krisen und Kriege, sondern auch auf jeden Einzelnen. „Wenn jeder von uns – auf allen Ebenen –, anstatt andere zu beschuldigen, zuerst seine eigenen Fehler erkennen und Gott um Vergebung bitten würde und sich gleichzeitig in die Lage der Leidenden versetzen und sich mit den Schwachen und Bedrängten solidarisieren würde, dann würde sich die Welt verändern“, erklärte Leo XIV. in seiner Weihnachtsbotschaft vor dem Segen Urbi et orbi. Zuvor hatte er bei der Weihnachtsmesse betont, dass es dann Frieden geben werde, „wenn unsere Monologe aufhören und wir, befruchtet durch das Zuhören, vor dem nackten Fleisch des anderen auf die Knie fallen“. In der Christmette hatte er gestern Abend zu mehr Menschlichkeit aufgerufen. „Während eine verkehrte Wirtschaft dazu verleitet, die Menschen als Ware zu behandeln, macht sich Gott uns ähnlich und offenbart die unendliche Würde jedes Menschen.“

Papst Leo XIV. beim Segen Urbi et orbi im Vatikan (Foto:dpa)

Eigene Akzente zu Weihnachten

Es ist das erste Weihnachtsfest von Leo XIV. als Papst. Dabei geht er auch hier ganz eigene Wege. Über viele Jahrzehnte gab es am Ersten Weihnachtstag keinen öffentlichen Papstgottesdienst, sondern nur die Zeremonie zum Segen Urbi et orbi. Leo XIV. feiert am Morgen im Petersdom eine Messe. Beim Segen grüßte er nicht wie Johannes Paul II. oder Benedikt XVI. in mehreren Dutzend Sprachen, er verzichtete aber auch nicht komplett auf Weihnachtsgrüße jenseits des Italienischen. Zehn Sprachen waren es am Ende, darunter neben Deutsch auch Arabisch und Chinesisch. Zwischen dem Gottesdienst und dem Weihnachtssegen fuhr Leo XIV. mit dem Papamobil über den Petersplatz, wo viele Gläubige im strömenden Regen den Gottesdienst auf den Bildschirmen mitverfolgt hatten. So wurden sie wenigstens mit einem nahen Blick auf den Pontifex für ihr Durchhalten belohnt.

Vor allem in den Ansprachen am heutigen Weihnachtstag steckten viele aktuelle Bezüge. Wenn er etwa mit Bezug auf das Johannesevangelium vom Fleisch gewordenen Wort in der Predigt der Messe feststellte, dass vielen Menschen das Wort fehle, „die ihrer Würde beraubt und zum Schweigen gebracht worden sind“. Er erinnerte an die Zelte in Gaza, „die seit Wochen dem Regen, dem Wind und der Kälte ausgesetzt sind“ sowie die Zelte anderer Flüchtlinge und Vertriebener auf allen Kontinente. Er erinnerte an die „wehrlose Bevölkerung, die unter den zahlreichen noch andauernden oder schon beendeten Kriegen leiden, die Trümmer und offene Wunden hinterlassen haben“. Er sprach über die jungen Menschen, die zum Kriegsdienst gezwungen würden, und von den Lügen, „von denen die großspurigen Reden derer, die sie in den Tod schicken, triefen“. Später beim Urbi et orbi benannte Leo XIV. dann die konkreten Krisen im Heiligen Land, der Ukraine und in vielen anderen Ländern und Regionen.

Ein politischer Papst

Der Papst kann auch politisch sein. Das zeigt vor allem seine Predigt am heutigen Ersten Weihnachtstag. Dass die Weihnachtsbotschaft stark politische Züge hat, ist klar. In der Predigt hat es etwas überrascht. Gelegentlich ist zu hören, Leo XIV. sei sehr fromm und wenig konkret. Der heutige Tag zeigt, dass er auch anders sein kann. In den nächsten Tagen wird es immer wieder die Gelegenheit geben, starke politische Akzente zu setzen. Morgen gedenkt die Kirche den verfolgten Christen, am 1. Januar ist der katholische Weltfriedenstag und wenige tage später wird der Papst die beim Heiligen Stuhl akkreditierten Diplomaten zum Neujahrsempfang treffen.

P.S. Über dieses Thema berichtete ZDFheute im Beitrag „Leo XIV.: Papst und Brückenbauer“ am 25.12.2025 um 06:00 Uhr und an anderen Stellen der ZDFheute.

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Jürgen Erbacher

Seit August 2024 leite ich die ZDF-Redaktion "Religion und Leben", in der die Redaktion "Kirche und Leben katholisch", deren Leiter ich seit Juli 2018 war, aufgegangen ist. Für das ZDF arbeite ich seit 2005 und berichte über Papst, Vatikan, Theologie und katholische Kirche. Dafür pendle ich regelmäßig zwischen Mainz und Rom - meiner zweiten Heimat. Dort habe ich vor meiner ZDF-Zeit mehrere Jahre gelebt und für Radio Vatikan gearbeitet. Studiert habe ich Politikwissenschaft und Katholische Theologie in Freiburg i.Br. und Rom.

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