Papst an Jugend: Seid Zeugen des Friedens

Es war der erste große Stimmungstest und eine Bewährungsprobe für Papst Leo XIV. Die Begegnung mit mehreren Hunderttausend jungen Menschen am Abend in Rom im Rahmen der Heilig Jahr-Feier der Jugend. Während das Kirchenoberhaupt bei der Fahrt mit dem Papamobil über das riesige Gelände am Stadtrand von Rom begeistert gefeiert wurde, gelang es ihm bei seiner Predigt noch nicht so richtig, die Jugendlichen in seinen Bann zu ziehen. Das Abendgebet und der Gottesdienst am Sonntagmorgen sind der Höhepunkt des Weltjugendtreffens aus Anlass des Heiligen Jahres. Seit Dienstag ist die Ewige Stadt voller junger Menschen, die Beten, Singen, Tanzen und Freundschaften knüpfen.

Jugendliche aus der ganzen Welt feiern mit dem Papst. (Foto: dpa)

Höhepunkt des Heiligen Jahres

Mit dem Weltjugendtreffen hat das Heilige Jahr 2025 seinen Höhepunkt erreicht. Nachdem das Jubeljahr schleppend angelaufen war, nahm es ab der Karwoche an Fahrt auf, dann kam der Pontifikatswechsel und jetzt das stimmungsvolle Treffen der Jugend. Zum Auftakt am Dienstag waren bereits 120.000 zum Petersplatz gekommen. Leo XIV. lies es sich nicht nehmen, spontan eine Runde mit dem Papamobil zu drehen. Eigentlich war seine Teilnahme erst für die Veranstaltungen am Wochenende vorgesehen. Schon bei der ersten Begegnung setzte er in seinem kurzen improvisierten Grußwort den Akzent auf das Friedensthema.

„Wie sehr braucht die Welt Missionare des Evangeliums, die Zeugen der Gerechtigkeit und des Friedens sind! Wie sehr braucht die Zukunft Männer und Frauen, die Zeugen der Hoffnung sind! Liebe Jugendliche, dies ist die Aufgabe, die der auferstandene Herr einem jeden von uns anvertraut!“, erklärte er bei der Vigil am Abend auf die Frage einer Jugendlichen. Zugleich ermutigte er sie, klare Entscheidungen zu treffen. „Die Ehe, das Weihesakrament und das gottgeweihte Leben drücken die freie und befreiende Selbsthingabe aus, die uns wirklich glücklich macht“, erklärte Leo, „diese Entscheidungen geben unserem Leben Sinn und verwandeln es in das Abbild der vollkommenen Liebe“.  Zuvor hatte er bereits betont: „Wenn wir leidenschaftlich nach der Wahrheit suchen, verändern wir die Kultur durch unsere Lebensentscheidungen.“

Chancen und Gefahren von Web und Social Media

Die Predigt war als Frage-Antwort-Dialog konzipiert. Während sein Vorgänger Franziskus in solchen Situationen bis ins hohe Alter hinein gerne die vorbereitete Antwort beiseitelegte und spontan antwortete, hielt sich Leo XIV. ziemlich genau an das Manuskript. Nur an wenigen Stellen wich er davon ab. Bei seinen Antworten wechselte er mehrfach zwischen Spanisch, Italienisch und Englisch. An einigen Stellen gab es verhaltenen Applaus. Auf einen direkten Dialog mit den Hunderttausenden verzichtete Leo. Franziskus hatte immer wieder versucht, mit den Massen zu interagieren und direkt Fragen gestellt und zum Wiederholen von Merksätzen aufgerufen.

Wie Franziskus sieht Leo die Ambivalenz des Internets und der sozialen Netzwerke. Franziskus zitierend betonte er deren „außerordentliche Chance für Gespräche, Begegnungen und den Austausch mit anderen Menschen“ sowie den Zugang zu Informationen und Wissen. Leo warnte aber auch vor ihrer Ambivalenz, „wenn sie von kommerziellen Logiken und Interessen beherrscht werden, die unsere Beziehungen in tausend Einzelteile zerreißen“. Das Kirchenoberhaupt warnte: „Wenn das Instrument den Menschen beherrscht, dann wird der Mensch zum Instrument: ja, zu einem Instrument des Marktes und damit selbst zu einer Ware.“ Nur aufrichtige Beziehungen und stabile Bindungen ließen gute Lebensgeschichten gedeihen.

Erinnerung an Weltjugendtag 2000

Die Dramaturgie des Abends glich den Vigilfeiern bei den Weltjugendtagen. Dem Gespräch des Papstes mit den Jugendlichen schloss sich eine Eucharistische Anbetung an. Minutenlage Stille lag über dem Feld vor den Toren Roms. Es war wie bei den Weltjugendtagen in Lissabon, Panama oder Krakau eine stimmungsvolle Feier. Allerdings war sie nicht so emotional wie vor 25 Jahren beim Weltjugendtag im Heiligen Jahr 2000. Damals schunkelte der sichtlich von seiner Parkinson gezeichneter Johannes Paul II. mit den Jugendlichen im Takt. Leo XIV. zitierte ihn heute ausführlich aus der Ansprache vom August 2000: „Es ist Jesus, den ihr sucht, wenn ihr vom Glück träumt (…) Er ist es, der euch provoziert mit jenem Durst nach Radikalität, der euch keine Anpassung an den Kompromiss erlaubt; er ist es, der euch dazu drängt, die Masken abzulegen, die das Leben verfälschen; er ist es, der in euren Herzen die wahreren Entscheidungen herausliest, die andere am liebsten ersticken würden.“

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Jürgen Erbacher

Seit August 2024 leite ich die ZDF-Redaktion "Religion und Leben", in der die Redaktion "Kirche und Leben katholisch", deren Leiter ich seit Juli 2018 war, aufgegangen ist. Für das ZDF arbeite ich seit 2005 und berichte über Papst, Vatikan, Theologie und katholische Kirche. Dafür pendle ich regelmäßig zwischen Mainz und Rom - meiner zweiten Heimat. Dort habe ich vor meiner ZDF-Zeit mehrere Jahre gelebt und für Radio Vatikan gearbeitet. Studiert habe ich Politikwissenschaft und Katholische Theologie in Freiburg i.Br. und Rom.

3 Kommentare

  • Novalis
    03.08.2025, 19:34 Uhr.

    Nicht das Maß des Mitschunkels ist für einen gelungenen Gottesdienst entscheidend, sondern die Frage, wie sehr es gelingt, mit Gott in Tuchfühlung zu kommen. Das war bei Franziskus und seinem konzentriertem Ernst schon ergreifend, man hat da, wenn man denn wollte, spüren können, dass der Mensch Franziskus ergriffen ist vom Absoluten. Und man hat, wenn wollte, sich auch ergreifen lassen können.
    Leo kann und muss das nicht kopieren. Ich sehe, er hat seinen eigenen, sehr guten Weg. Und es freut mich, dass er gut ankommt. Denn dann gelingt es auch den anderen Gottesdienstteilnehmenden berührt zu werden von Gott.

    „Wenn das Instrument den Menschen beherrscht, dann wird der Mensch zum Instrument: ja, zu einem Instrument des Marktes und damit selbst zu einer Ware.“
    Sehr richtig, sehr wahr. Kapitalismus – also Markt allein – ist eben doch eine Wirtschaft, die tötet.

  • SuNuraxi
    04.08.2025, 1:34 Uhr.

    Es gehört nicht zu den Kernaufgaben eines Papstes, zu schunkeln. Es gehört hingegen zu den Kernaufgaben eines Papstes, das, was die Kirche, der er vorsteht, zu verkünden. Genau das das tut Leo. Und zwar ohne die Jugendlichen wie Kleinkinder zu behandeln und sie Merksätze aufsagen zu lassen.
    Was das „die Jugendlichen in seinen Bann ziehen“ betrifft: Es ist durchaus eine Leistung, wenn man es schafft, dass hunderttausende von Jugendlichen (darunter viele Teenager) bei der eucharistischen Anbetung minutenlang mucksmäuschenstill bleiben. Papst Leo zieht die Jugendlichen sehr wohl in seinen Bann. Nur ist dieser Bann ganz anders beschaffen als der Bann bei Johannes Paul oder Franziskus.
    Das Wesentliche an diesem Abend waren nicht Ansprachen und Dialoge, sondern die Anbetung. Die Botschaft von Papst Leo ist eben nicht er selbst, sondern Jesus Christus.

    • Novalis
      05.08.2025, 18:55 Uhr.

      Als Unterrichtender im weitesten Sinne kann ich nur sagen: Merksätze sind nicht schlecht. Unser sonntägliches Credo ist auch nichts anderes! Aber ich sehe es durchaus auch mit Freude, dass Leo die Menschen in den Bann zieht – nicht für sich, sondern für Gott!

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