Der Papst in Südostasien – Tag 6
Der Papst, der an die Ränder geht. Mit seinem Besuch in Vanimo im Nordwesten Papua-Neuguineas hat Franziskus das einmal mehr in die Tat umgesetzt. Die Menschen in der Kleinstadt waren sichtlich stolz, dass der Pontifex sie besucht. Einen halben Tag nahm er sich am Sonntag dafür Zeit. Zunächst eine Begegnung mit rund 20.000 Menschen nahe des Flughafens, dann ein Treffen mit Missionaren. Franziskus selbst wäre gerne Missionar in Asien geworden. Das war einer der Gründe, warum er in den Jesuitenorden eingetreten ist mit Franz Xaver und anderen als große Vorbilder. Am Morgen feierte Franziskus mit rund 35.000 Menschen einen Gottesdienst in Port Moresby, der Hauptstadt Papua-Neuguineas. Dabei richtete er einen eindringlichen Friedensappell an die Region und sprach sich gegen eine Aufrüstung aus.
Kommunizieren statt Rivalisieren
Die Herde stärken. Darin sieht der Oberhirte Franziskus seine Aufgabe. Entsprechend will er mit dieser Reise jenen, die vermeintlich fern sind vom „Zentrum“ der katholischen Kirche, zeigen, dass sie dazugehören. Er lässt seinen Worten von der Kirche, die an die Ränder gehen soll, Taten folgen. Mut machen will Franziskus aber auch angesichts der konkreten pastoralen Situation vor Ort. Oft sind die Gemeinden über riesige Landstriche hinweg ausgedehnt. Das Reisen für Katecheten und andere pastoralen Mitarbeiter ist mitunter beschwerlich. Und auf dem Inselstaat gibt es offenbar eine weitere Herausforderung. Gleich mehrfach sprach Franziskus in seiner Predigt beim Gottesdienst am Sonntagmorgen von der Offenheit, miteinander zu kommunizieren. Stammesrivalitäten und Gewalt haben eine lange Tradition in Papua-Neuguinea und nehmen in der jüngeren Vergangenheit wieder eher zu. „Öffnen wir uns Gott und seinem Wort, öffnen wir uns für das Evangelium, öffnen wir uns dem Glauben der Kirche, und auf diese Weise werden wir auch in der Lage sein, miteinander zu kommunizieren und eine andere Gesellschaft aufzubauen, auch hier in Papua-Neuguinea.“
Auch am Nachmittag in Vanimo kam das Thema noch einmal auf. Franziskus sprach davon, dass die Menschen mit ihren Unterschieden zu einem „großen Orchester“ werden könnten, „das mittels seiner Töne in der Lage ist, Rivalitäten beizulegen, Spaltungen zu überwinden – persönliche, familiäre, stammesbezogene -, Angst, Aberglauben und Magie aus den Herzen der Menschen zu vertreiben und destruktiven Verhaltensweisen wie Gewalt, Untreue, Ausbeutung, Alkohol- und Drogenkonsum, ein Ende zu setzen“. Es war das einzige Mal, dass Franziskus den Hexenglauben direkt ansprach, der in Papua Neuguinea weit verbreitet ist und unter dem vor allem viele Frauen leiden.
Paradies der Liebe!?
Mit einer Anspielung auf die Vielfalt in Flora und Fauna in dem Inselstaat mahnte Franziskus die Menschen, auf das „gemeinsame Haus zu achten“. Sie sollten im Einklang mit der Natur leben. „Ihr hier seid ‚Experten‘ für Schönheit, weil ihr von ihr umgeben seid! Ihr lebt in einem herrlichen Land, reich an einer großen Vielfalt von Pflanzen und Vögeln, in dem man mit offenem Mund vor den Farben, Klängen und Düften und dem großartigen Schauspiel einer vor Leben strotzenden Natur steht, die an das Bild von Eden erinnert!“ Viele Touristen kehrten aus Papua-Neuguinea zurück und sagten, sie hätten das „Paradies“ gesehen. Die Menschen hätten allerdings noch einen viel größeren Schatz: die Liebe. Bei jeder Ansprache dieser Etappe seiner Reise kommt Franziskus auf dieses Thema zu sprechen: das Miteinander der Menschen. Franziskus will eine „Kirche, die liebt“. Die Realität sieht oft anders aus. Und damit hat auch die Kirche ein großes Glaubwürdigkeitsproblem.
Der Ausflug am Sonntagnachmittag in den Nordwesten des Landes war ein Herzensanliegen des Papstes. Aus Australien war eigens Militär angereist, um den Papst mit einem Transportflugzeug von Port Moresby in die Stadt im Nordwesten zu bringen. Mit dabei rund eine Tonne Hilfsgüter für die Region, darunter Medizin, Bekleidung und Spiele. In Vanimo arbeiten Missionare aus Argentinien. Das Treffen mit ihnen war einer der Gründe, warum sich Franziskus hierher in den Dschungel begeben hat. Sie machen das, was einst sein Herzenswunsch war. Doch die Oberen des Jesuitenordens in Argentinien hatten anders entschieden und ihm Aufgaben in der Heimat übertragen. Gelegentlich wird seine angeschlagene Gesundheit als ein Grund genannt; seit jungen Jahren fehlt Franziskus ein Teil eines Lungenflügels. Doch das Herz des Missionars schlägt bis heute in ihm.
Inkulturation gewünscht
11.000 Menschen leben in Vanimo, 20.000 bereiteten nach offiziellen Angaben Franziskus einen begeisterten Empfang, darunter Menschen aus dem nahegelegenen Westpapua, das zu Indonesien gehört. Teilweise waren die Gläubigen viele Stunden unterwegs. Der Papst wollte ihnen zeigen, dass sie nicht vergessen sind und sie verstehen die Geste sehr genau. Wie schon beim Gottesdienst am Morgen waren bei der Begegnung traditionelle Tänze der Einheimischen Teil des Programms. Bei der Messe etwa begleiteten sie die Prozession zum Einzug. Für Franziskus ist die Inkulturation des christlichen Glaubens ein großes Thema.
Lohnt sich der Aufwand für eine solche Papstreise, die den Pontifex bis in eine kleine Küstenstadt im Dschungel irgendwo im Pazifik bringt, 13.000 Kilometer von Rom entfernt? Die Menschen hier werden sagen: „Klar!“ Der Papst wird ähnlich antworten. Die Reise wird in der Region wahrgenommen. Das ist für den Papst und die lokalen Kirchen wichtig. Franziskus bieten die Reisen die Möglichkeit, seine Idee von Kirche vor Ort vorzustellen. Ob sie dann auch in die Realität umgesetzt wird, liegt an den lokalen Verantwortlichen.
4 Kommentare
Wie wohl die Menschheitsgeschichte verlaufen wäre, hätte man den Jesuiten die christliche Inkulturation in China erlaubt? Ich beneide unseren Papst immer wieder und immer mehr um seinen gerade jugendlichen Elan, den er entfaltet, wenn es darum geht den Menschen die Schönheit und Wahrheit des Christentums nahezubringen und dabei selbst von der Vielfalt menschlicher Kultur zu lernen.
China war halt klüger und hatte sich rechtzeitig über die Durchführung der Missionierung Lateinamerikas inklusive der damaligen „Schönheit und Wahrheit“ des Christentums informiert. Die Vielfalt der indigenen Kulturen blieb dabei allerdings ein wenig auf der Strecke…
Ein bisschen Geschichte lernen schadet nicht. China hat das erlaubt – die Jesuiten durften auf päpstlichen Geheiß nicht inkulturieren. Hauptsache einfach ein bisschen wild draufschlagen. Wahr muss das Argument ja nicht sein.
Wenn Sie schon das Wortgebilde „…schlagen“ verwenden, da gibt es nämlich auch ein „unterschlagen“: vielleicht sollten Sie also auch die Reaktion des Vatikans, hier speziell von Clemens XI erwähnen, der die Jesuiten in China mit einem höchst päpstlichen Verbot auf Linie der ach so „bewährt traditionellen Missionspraxis“ der Amtskirche brachte.
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