Neuer Job für Erzbischof Gänswein
Seit Wochen war darüber spekuliert worden. Heute erfolgte die Ernennung durch Papst Franziskus. Erzbischof Georg Gänswein ist neuer Nuntius in den baltischen Staaten. Er vertritt den Heiligen Stuhl künftig in Lettland, Estland und Litauen. Damit endet eine Phase der Ungewissheit mit Blick auf den ehemaligen Privatsekretär von Benedikt XVI. Die neue Aufgabe ist mehr als nur ein Versorgungsposten. Angesichts der aktuellen politischen Lage hat das Baltikum eine wichtige strategische Bedeutung. Für wen der Weggang aus dem Vatikan vor einem Jahr wie ein Rauswurf wirkte, dürfte die Entscheidung heute wie eine Rehabilitierung erscheinen.
Ein Jahr des Rückzugs
Zum 1. Juli 2023 hatte Papst Franziskus den langjährigen Privatsekretär von Benedikt XVI. in seine Heimat nach Freiburg geschickt – „für den Augenblick“ und ohne neue Aufgabe. Seitdem war es still geworden um Erzbischof Gänswein. Anders als von vielen erwartet und manchen befürchtet, mischte sich Gänswein nicht in die Belange der katholischen Kirche in Deutschland ein, begann keine ausgiebige Vortragstätigkeit und suchte nicht die breite Öffentlichkeit. Fast wirkte die Zeit in Freiburg wie ein Bußjahr, an dessen Ende nun ein Botschafterposten steht. Über den Vorgang wird bereits seit mehreren Monaten spekuliert.
Zwei Journalisten, Vertraute des amtierenden Papstes, hatten Mitte April berichtet, Franziskus habe Gänswein rehabilitiert und wolle ihn zum Nuntius machen. Italienische Medien machten kurz darauf das Baltikum als Einsatzort aus. Parallel zu den Spekulationen erschein in Spanien ein Buch, in dem Franziskus dem ehemaligen Sekretär von Benedikt XVI. Mangel an Anstand und Menschlichkeit vorwarf. Es schien nicht recht zusammenzupassen das Gerücht über einen neuen Posten und das harte Urteil in dem Interviewbuch. Lange Zeit passierte nichts. Anfang Juni war zu hören, dass die Zustimmung der baltischen Staaten, das sogenannte „Agrément“, vorliege. Heute dann die Ernennung.
Zurück ins Glied
Schon der Einschub „für den Augenblick“ in der kurzen Erklärung des Vatikans zu Gänsweins Weggang aus dem Vatikan vor einem Jahr ließ erkennen, dass der Papst sich weitere Entscheidungen offen lassen wollte. Und nachdem er seinem Ärger über das Agieren Gänsweins wiederholt Luft verschafft hat, scheint ein Neuanfang für ihn möglich zu sein. Ob das der Stil ist, der das Handeln eines Papstes prägen sollte, ist fraglich. Zugleich muss sich Erzbischof Gänswein fragen lassen, ob er in den vergangenen Jahren den Bogen bisweilen nicht überspannt hat. Mit der neuen Aufgabe wird er eingegliedert in den diplomatischen Apparat. Nach seiner Zeit in hervorgehobener Stellung als Papstsekretär und Präfekt des Päpstlichen Hauses tritt er nun zurück ins Glied und macht einen Job, wie viele andere auch im Dienst des Heiligen Stuhls.
5 Kommentare
Ich denke schon, dass Erzbischof Gänswein den Papst zu oft gereizt hat. Zu Lebzeiten von Benedikt konnte ihm noch nichts passieren, aber es war zu erwarten, dass der Papst nach dem Tod Benedikts Konsequenzen ziehen wird.
im Baltikum ist Gänswein – von Rom aus gesehen- weit genug weg und er wird sich nach seinem „Bußjahr“ hüten, den Papst noch einmal zu reizen.
Sie, Herr Erbacher, fragen zu Recht, ob dieser Stil einem Papst angemessen ist. Zumindest ist dieser Stil sehr autoritär.
sonderseelsorgsbereich antarktis wäre angemessener gewesen. man darf ja auch nicht vergessen, wie er als sekretär von erzbischof saier mit selbigem umgegangen ist. und vielleicht möge man sich daran erinnern, wie pius xii. mit illoyalen mitarbeitern umgegangen ist, die ihm eigentlich nicht nur loyalität, sondern bedingungslosen gehorsam geschworen haben.
Lieber Herr Erbacher,
das Amt des Präfekten des päpstlichen Hauses ist seit nun mehr 1 1/2 Jahren Vakant. Eine durchaus unüblich lange Zeit, wenn man bedenkt, wie zentral die Präfektur im Alltag ist. Zudem war Erzbischof Gänswein ja vorher bereits länger beurlaubt. Ist ihnen bekannt, wie es weiter gehen könnte?
Vielen Dank und viele Grüße
Nikolaus
Das Amt des Präfekten des Päpstlichen Hauses ist offiziell seit 1. März 2023 nicht mehr besetzt. Die Aufgaben werden vom Reggente, dem zweiten Mann in der Präfektur, Mons. Leonardo Sapienza, wahrgenommen. Das funktioniert sehr gut. Im Rahmen der Diskussionen um die Kurienreform war an einem bestimmten Punkt überlegt worden, die Präfektur aufzulösen und die Aufgaben in die Protokollabteilung des Staatssekretariats einzugliedern. Davon hat der Papst am Ende Abstand genommen. Er sah bisher allerdings keine Veranlassung, den Posten neu zu besetzen. Die Dinge laufen seit über einem Jahr auch so reibungslos.
„Es schien nicht recht zusammenzupassen das Gerücht über einen neuen Posten und das harte Urteil in dem Interviewbuch.“ Wenn in Rom die Tore zu waren, dann war Friede – im Sinne Roms. Waren die Tore-Türen-Scharniere symbolisch offen, dann waren die Truppen auf „Friedensmission“. Dafür gab es den Januarius, dessen Kult vor allem in Rom bekannt war. Der Janus ist doch das Urbild der Doppelgesichtigkeit. Das eine Jahr geht zu Ende, das nächste fängt an. Ähnlich wie die wechselvolle Geschichte des Baltikum. Ich bin auch ratlos, wenn beide Seiten behaupten, ihre Darstellung der Vorgänge wäre die authentische, natürlich habe ich das Buch von Gänswein gelesen. Letztlich bleibt nur, der Situation die Möglichkeit zu geben, sich auszudrücken. Was dann herauskommt, ist noch am ehesten die Wahrheit. Der Januarius als ein speziell auf Rom bezogener Mythos passt doch zur Parole des „Malalchias“, „Petrus der Römer“ zu Franziskus sowohl in seinem Verhalten seit seiner Wahl als auch in seiner Funktion als Ende und Neuanfang. Mag sein, dass es noch einen Papst „Finis.“ gibt… Schpässle.
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