Bischofskonferenz: Mission „Mitte stärken“
Mit einem erneuten Appell für ein sofortiges Ende des Kriegs in der Ukraine ist die Frühjahrsvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz in Vierzehnheiligen zu Ende gegangen. In einer gemeinsamen Erklärung bezeichnen die Bischöfe „Rüstungslieferungen an die Ukraine, die dazu dienen, dass das angegriffene Land sein völkerrechtlich verbrieftes und auch von der kirchlichen Friedensethik bejahtes Recht auf Selbstverteidigung wahrnehmen kann,“ als „grundsätzlich legitim“. Sie fordern den russisch-orthodoxen Patriarchen zu einer klaren Distanzierung vom Krieg auf. Zum Abschluss des Treffens zeigte sich der Konferenzvorsitzende, Bischof Georg Bätzing zudem zufrieden mit den Beratungen zum Synodalen Weg. Irritiert zeigte er sich über einen offenen Brief der Nordischen Bischofskonferenz, die sich kritisch zum Synodalen Weg äußerte.
Basis der Zustimmung vergrößern
Eineinhalb Tage haben die Bischöfe über den Synodalen Weg beraten. Dabei ging es neben den bisher vorliegenden Texten auch um eine Art Grundlagenarbeit. So beschäftigten sich die Bischöfe mit Fragen der Anthropologie als Grundlage etwa für die Beratungen über die Themen Liebe, Partnerschaft und Homosexualität. Wie zu hören ist, gibt es eine Reihe von Bischöfen, die mit humanwissenschaftlichen Erkenntnissen schwer umgehen können. Zugleich wurde deutlich, dass eine große Zahl der Bischöfe eine stärkere Rezeption der humanwissenschaftlichen Erkenntnisse und damit auch eine Weiterentwicklung der kirchlichen Lehre wünscht. Zweiter Schwerpunkt war die Ekklesiologie. Hier stand im Zentrum der Debatten die Frage des Frauenpriestertums. In Gruppenarbeiten vertieften die Bischöfe dann Themen, die sie vorher eingebracht hatten. Dabei ging es etwa um die Frage, ob die bischöfliche Letztentscheidung und eine verantwortliche Rechenschaftslegung sich ergänzen können oder sich widersprechen. Was unterscheidet das Ehesakrament von einer Segnungsfeier? Wie kann Synodalität in der Arbeit eines „Synodalen Rats“ konkrete Gestalt gewinnen? Kann eine Förderung der Frauen besser über Maximalforderungen gelingen oder über kleine Schritte?
Ziel der Diskussionen in Vierzehnheiligen war es, die Basis für eine Zustimmung der Bischöfe zu den Texten des Synodalen Wegs zu vergrößern. Es geht dem Konferenzvorsitzenden Bätzing darum, die Mitte zu stärken. Wiederholt hatte er seit seiner Wahl erklärt, dass aus seiner Sicht ein synodaler Prozess die Mitte stärke und die Extreme abschleife. Ob die Mission gelungen ist, wird sich bei der nächsten Synodalversammlung Anfang September zeigen. „Ich bin nicht dazu da, die Gewissen von Mitbrüdern zu beugen“, erklärte Bätzing bei der Abschlusspressekonferenz. „Ich bearbeite die nicht so lange, bis sie meine Meinung haben.“ Bätzing geht wie viele andere Bischöfe davon aus, dass nicht alle Texte die notwendige Zweidrittel-Mehrheit der Bischöfe bekommen werden. Wie die Laien dann damit umgehen, ist noch offen. Allerdings äußerten auch Vertreter des Zentralkomitees der deutschen Katholiken bereits am Rande der letzten Synodalversammlung, dass sie mit der Ablehnung einzelner Texte rechnen.
Arbeitsrecht und Erzbistum Köln
Die Bischöfe sprachen auch darüber, wie sie nach Ende des Synodalen Wegs eine „Atomisierung“ der kirchlichen Landschaft in Deutschland vermeiden können. Wie das konkret verhindert werden soll, ist bisher offen. Bischof Bätzing geht davon aus, dass es eine Ungleichzeitigkeit unter den Bistümern geben wird. Hier müssten sich dann die einzelnen Bischöfe gegenüber ihren Gläubigen erklären. Diese Unterschiede erwartet er auch bei der Umsetzung des überarbeiteten kirchlichen Arbeitsrechts. Hier sieht er Chancen, dass dieses noch in diesem Jahr endgültig verabschiedet wird. Dabei wollen die Bischöfe „ein neues Narrativ vom kirchlichen Dienst“ entwickeln. Die Loyalitätsobliegenheiten sollen künftig weniger auf die einzelnen Mitarbeitenden bezogen werden als vielmehr auf die gesamte Institution. Dadurch soll die persönliche Lebenssituation der Einzelnen nicht mehr eine so starke Rolle spielen wie bisher. Am Rande der Vollversammlung war Bischof Bätzing mit Vertretern der Initiative #OutInChurch zusammengetroffen. Sie überreichten ihm ihre Petition. „Wenn hier 180.000 Unterschriften zusammenkommen, kann uns das als Bischöfe nicht kalt lassen“, erklärte Bätzing.
Mit Blick auf Köln wünscht sich Bätzing, dass ein Weg der Versöhnung zwischen Erzbistum und Kardinal Rainer Maria Woelki gelingen möge. Beide Seiten sollten aufeinander zugehen und Brücken des Dialogs und der Verständigung bauen. Dies hänge entscheidend auch davon ab, mit welcher inneren Einstellung Woelki auf die Menschen zugehe, so Bätzing. Er berichtete, dass der Kardinal in einem kurzen Statement den Mitbrüdern erklärt habe, wie er die Auszeit erlebt habe und was sie in ihm ausgelöst habe. Es habe eine kurze Aussprache dazu gegeben. Zugleich erklärte der Konferenzvorsitzende, dass es in der Bischofskonferenz „auch eine hilflose Sprachlosigkeit“ angesichts der Vorgänge im Erzbistum Köln gebe. Die Vorgänge dort beträfen die Kirche in ganz Deutschland. Ganz offen kritisierte Bätzing den Vatikan, als er seine Verwunderung darüber Ausdruck verlieh, dass er als Vorsitzender der Bischofskonferenz von der Römischen Kurie nicht um eine Einschätzung gebeten worden sei.
Brüderliche Zurechtweisungen aus den Nachbarländern
Verwundert zeigte sich Bätzing, dass nach der Polnischen Bischofskonferenz nun auch die Bischöfe Skandinaviens in einem offenen Brief Kritik am synodalen Weg geäußert haben. „Das scheint ja im Moment eine Welle von offenen Briefen zu sein“, stellte der Konferenzvorsitzende fest. Es gebe auch große Ähnlichkeiten bei den Briefen. Es gebe „begründete Sorgen“, so Bätzing. Er werde den Bischofskonferenzen antworten und die Positionen des Synodalen Wegs erklären. „Es ist in der Kirche nicht alles so fromm, wie es daherkommt“, konstatierte der Limburger Bischof. Zur Synodalität gehöre auch, darüber zu entscheiden, welche Wege man beschreite und welche Mittel man wähle, um sich zu äußern. Gestern hatte die Nordische Bischofskonferenz in einem offenen Brief zentrale Punkte des Synodalen Weges kritisiert. Zuvor hatte bereits der Vorsitzender der Polnischen Bischofskonferenz in einem offenen Brief seine deutschen Amtsbrüder zur Einheit mit der Weltkirche in zentralen Glaubensfragen ermahnt.
Es ist „Druck im Kessel“. Das spüren die Bischöfe, so der Bischof Georg Bätzing zum Abschluss der Frühjahrsvollversammlung. In der Abgeschiedenheit des Wallfahrtsorts Vierzehnheiligen konnten sie die jeweils anderen Positionen verstehen lernen. Das ist für die interne Dynamik des Prozesses wichtig. Denn auch unter den Bischöfen steht bisweilen der Vorwurf im Raum, Einzelne seien nicht mit redlichen Absichten unterwegs. Schenkt man den Berichten einzelner Bischöfe am Rande der Beratungen Glauben, ist Zuversicht angesagt mit Blick auf den Synodalen Weg. Entscheidend wird nun sein, dass weitere Störfeuer anderer Bischofskonferenzen durch direkte Kommunikation unterbunden werden und Rom noch besser in den Informationsfluss eingebunden wird.