Papst verteidigt Kurienreform gegen „böswilligen Widerstand“
Die Weihnachtsansprachen von Papst Franziskus an die Römische Kurie haben es in sich. Während seine Vorgänger die Gelegenheit nutzten, um eine Jahresbilanz vorzulegen, hat Franziskus dem Termin ein eigenes Gewicht gegeben. Traditionell hält er hier seine wichtigste Rede zur Situation der Römischen Kurie. Heute nutzte er die Gelegenheit, um die zwölf Kriterien darzulegen, an denen sich seine Reform der Kurie orientiert und eine Bilanz dessen vorzulegen, was seit seinem Amtsantritt bereits umgesetzt wurde. Die Rede hatte ein doppeltes Ziel: Zum einen schafft Franziskus damit eine gewisse Transparenz über seine Entscheidungskriterien, zum anderen begegnet er Kritikern, die das Gefühl haben, in den letzten gut dreieinhalb Jahren Pontifikat sei nichts passiert. Ungewöhnlich deutlich sind seine Worte über den „böswilligen Widerstand“ gegen die Reformen. Hält man sich allerdings die täglichen Predigten bei der Morgenmesse in Santa Marta vor Augen, sind sie nicht ungewöhnlich.
Kritik ist okay, aber …
„Das Fehlen von Reaktionen ist ein Zeichen des Todes!“ In diesem Sinne findet Franziskus, dass „guter Widerstand“ notwendig sei und es verdiene, gehört zu werden. Kein Verständnis hat er aber für „böswilligen Widerstand“, der aus einem „verqueren Geist“ hervorkomme, oft sogar als „Wolf im Schafspelz“. Dieser Widerstand verstecke sich „hinter rechtfertigenden und in vielen Fällen anklagenden Worten und flüchtet sich in Traditionen, Schein, Formalität, in das Bekannte, oder er bringt alles auf eine persönliche Ebene, ohne zu unterscheiden zwischen der Haltung, dem Handelnden und der Handlung“.
Franziskus nannte keine konkreten Beispiele für den „böswilligen Widerstand“. Er führte aber aus, dass das Zentrale bei der anstehenden Reform nicht sei, Personen auszutauschen. Vielmehr gehe es um eine „Konversion in den Personen“. Es brauche nicht nur eine stetige Weiterbildung, sondern auch eine „permanente Umkehr und Reinigung“. „Ohne eine Verwandlung der Mentalität bleibt jede praktische Anstrengung hohl.“ Die Reform der Kurie sei kein „Lifting“. „Liebe Brüder, es sind nicht die Runzeln, die man in der Kirche fürchten muss, sondern die Schmutzflecken“, mahnte Franziskus. Die Reform sei ein „Zeichen der Lebendigkeit der Kirche unterwegs“. Eine lebendige Kirche ist aus Sicht des Papstes auch eine Kirche, die sich immer reformiert. Bei der Reform gehe es darum, „konform“ zu werden: „konform“ mit dem Evangelium, „konform“ mit den „Zeichen der Zeit“ und „konform“ mit dem Zweck der Kurie, nämlich dem Papst bei seinem Dienst zu helfen.
12 Kriterien und ein Geschenk
Die zwölf Kriterien für die Kurienreform sind nicht neu. Immer wieder hatte Franziskus darüber da und dort gesprochen. Heute hat er sie noch einmal systematisch zusammengefasst: die individuelle Umkehr des Einzelnen, die pastorale Umkehr der Kurie als Ganze, die missionarische Dimension jeglichen Handelns, die Rationalität und Funktionalität der Kurie, die Fähigkeit, die Zeichen der Zeit zu erkennen, die Einfachheit und Subsidiarität, die Synodalität und Katholizität sowie die Professionalität und die Gradualität. Gerade bei der Gradualität gehe es darum, offen zu sein für Korrekturen, Experimente und vorläufige Statuten. Dabei handle es sich nicht um Entscheidungsschwäche, sondern „um die notwendige Flexibilität, um eine echte Reform zu erreichen“. Franziskus will nach dem Kriterienkatalog die Rolle der Laien in der Kurie stärken und die Synodalität auch innerhalb der Kurienbehörden. Außerdem soll es häufiger Kabinettssitzungen geben und mit dem Wegloben ungeeigneter Mitarbeiter mittels Beförderung soll Schluss sein. Das Prinzip „promoveatur ut amoveatur“ bezeichnete er als „Krebs“.
Franziskus hatte übrigens auch ein Geschenk für die Führungsebene der Kurie: ein kleines Büchlein mit dem Titel „Handreichungen zur Heilung der Krankheiten der Seele“ des Jesuiten Claudio Aquaviva (1543-1615). Der Papst erzählte, dass er dieses als Schüler gelesen habe. 2014, als er bei der Weihnachtsansprache über die Krankheiten der Kurie gesprochen habe, habe ihn anschließend Kardinal Walter Brandmüller an Aquaviva erinnert. Das Buch liege nun in einer neuen italienischen Übersetzung vor und sei sein Geschenk zum Weihnachtsfest. So ist also einer der größten Kritiker von Franziskus der Ideengeber für das Weihnachtsgeschenk des Papstes.
19 Kommentare
2 % veröffentlichte Gegenstimmen, die den Absolutismus vatikanischer Prägung bereits ins Wanken bringen… Mit ´Widerstand´ gemeint sind wohl ganze 4 von 200 Kardinälen, die den einmaligen Affront seit der Gegenreformation wagten, wegen „Amoris laetitia“ einen Kritikbrief an den Papst zu veröffentlichen.
In Eigentümer geführten Firmen hat man es ab und zu noch, das der Chef auch gerne mal den Patron mimt, wobei in der Belegschaft dann nicht selten von Unten nach Oben gebuckelt werden muss und von Oben nach Unten getreten wird. Bei derart päpstlichen Ansprüchen an nahtloser Zustimmung, bzw. solcherlei denkwürdigen Weihnachtsansprachen von Selbigen, würde genau so ein „Betriebsklima“ nicht verwundern. Schon früher hieß es ja, das man im Vatikan 2 Dinge nicht bekommen könne: Einen Kaffee und ein freundliches Wort.
Christlich ist solch eine absolutistische Gesellschaftsordnung nicht. Die Demokratie, die jedem Individuum das Recht auf freie Meinungsäußerung sowie freie Entfaltung seiner Persönlichkeit gewährt; ist der Lehre Jesu, die die Geschwisterlichkeit proklamiert, ein ganz weites Stück näher. Nicht wegen des Lehramtes der rk-Kirche, sondern trotz ihr.
Habe ich ja neulich hier schon geschrieben, die Methoden sind dieselben wie unter den Vorgängern, nur dass jetzt die Konservativen zur Abwechslung mal den Aufstand wagen und entsprechend wohl auch bestraft werden.
Kardinal Burke, den der Papst ja schon vor längere Zeit auf einen unbedeutenden Posten außerhalb der Kurie abgeschoben hat, plant sogar, nach Dreikönig einen weiteren – kirchenrechtlich offenbar möglichen aber seit Jahrhunderten (glaube ich) nicht mehr erlebten Schritt- gegen den Papst.
Mir scheint es so, als ob sich das Ganze auf einen Aufstand Burkes gegen Franziskus zuspitzt.
die situation, liebe silvia, hat sich auch gewandelt. das letzte mal, dass so etwas vorgekommen ist, war m.w. im 14. jahrhundert. damals hat johannes xxiii. in einer weitaus bedeutenderen frage als der kommunion für geschiedene wiederverheiratete ziemlichen unsinn gelehrt (und sich übrigens auch gegen deutschland freundlich gesagt mies verhalten). die theologische fakultät der sorbonne in paris – die hatte damals das lehramt NEBEN dem papst, das muss man sich auf der zunge zergehen lassen – hat den papst zum widerruf aufgefordert und dem haben sich kardinäle angeschlossen.
die situation hat sich doppelt gewandelt:
zum einen gibt es gemäß vatikanum 1 und humani generis ein der diskussion (auch der diskussion von kardinälen) durchaus entzogenenes authentisches lehramt. der fall eines irrenden papstes in wesentlichen fragen ist einfach nicht mehr vorgesehen – und in der systemlogik der katholischen kirche gibt es ihn deswegen auch nicht mehr.
zum anderen waren damals papst, kardinäle und bischöfe in der regel kirchenrechtler und keine theologen, das ist heute definitiv anders und egal, welche verleumdungen gegen den papst vorgetragen werden: er hat mehr von gegenwärtiger und in der gegenwart notwendiger theologie verstanden als sein vorgänger. dazu braucht es nämlich keinen titel, sondern vernunft.
„Christlich ist solch eine absolutistische Gesellschaftsordnung nicht. Die Demokratie, die jedem Individuum das Recht auf freie Meinungsäußerung sowie freie Entfaltung seiner Persönlichkeit gewährt; ist der Lehre Jesu, die die Geschwisterlichkeit proklamiert, ein ganz weites Stück näher. Nicht wegen des Lehramtes der rk-Kirche, sondern trotz ihr.“
das christentum ist weder monarchie noch dikatatur noch demokratie noch aristokratie. im vatikan gibt es auch keine gesellschaftsordnung. im übrigen bestreitet ja gerade franziskus NICHT die freie meinungsäußerung, er hat sie überhaupt erst wieder hergestellt. unter seinen beiden vorgängern mussten kritiker mit schlimmsten repressalien rechnen. außerdem sollte man schon auch ehrlich sein: die freie entfaltung der persönlichkeit hat es auch vor 100, 500 oder 1000 Jahren gegeben.
Alberto Knox & Silvia
„…Ihr aber alle seid Brüder und Schwestern“ (Mt. 23, 8 – 12).
Dieses Christuswort, sowie noch andere analog lautende Textstellen, angefangen von den 10 Geboten als Grundregelwerk einer sinnvollen Gesellschaftsstruktur, proklamieren eindeutig die Geschwisterlichkeit (Vor Gott).
Geschwisterlichkeit scheint ohnehin eine offensichtliche Ursehnsucht der Menschheit zu sein: Der insgesamt gefühlt 1000jährige Kommunismus ersehnte diese ´Kommune´, das Französische „Liberté, Égalité, Fraternité“; das deutsche „Einigkeit und Recht und Freiheit“, etc. pp.
Jedes Alien-Raumschiff, das unseren im All ungewöhnlichen blauen Planeten als Träger „intelligenten“ Lebens erreicht, würde mutmaßlich als Erstes an gutem Ratschlag an selbiges ähnliches absetzen, um in diesem nur Hauch von Biosphäre auf Dauer irgendwie zurecht kommen.
Monarchie, Diktatur, Aristokratie, Absolutismus, spiegeln ´Geschwisterlichkeit´ nicht wieder, da sie egoistischen Interessen einzelner, oder vereinzelter Gruppen, in die Hände spielen; nicht jedoch dem Gemeinwohl insgesamt dienen. Was zwangsläufig zu Kriegen und Umweltzerstörung in dieser hauchdünnen Biosphäre führen muss.
Die Demokratie macht es insofern sowieso leichter den richtigen Weg zu finden, weil sich eben die Mehrheit entschieden hat.
Pragmatisch klug also wer solche Ratschläge zur Geschwisterlichkeit auf diesem hübschen blauen Planeten hinterlässt! – Ob hypothetische Aliens oder der „liebe Gott“.
Silberdistel
24.12.2016, 1:25 Uhr.
Alberto Knox & Silvia
Die zehn Gebote haben wir übrigens vom Judentum übernommen, die sind also keine „Erfindung“ des Christentums, ebenso verhält es sich mit dem Gebot der Nächstenliebe, das ja auch aus den zehn Geboten stammt.
„Christliche“ Nächstenliebe ist so gesehen eigentlich ein irreführender Begriff.
Silvia
25.12.2016, 13:35 Uhr.
D’accord. Wenn man denn schon etwas theologisieren möchte, könnte man auch sagen das „christlich“ in dem Sinn sogar irreführend ist. Denn Jesus Christus, sowie die ganze holy family nebst ´lieben Gott´ himself; war nie christlich, – gar katholisch! Sondern: jüdisch. Was aber auch nebensächlich ist, wenn man darauf erpicht ist das zu hören, bzw. lesen, was die übergeordnete himmlische Instanz mitzuteilen hat. Egal welchen (irdischen) Namen man Ihr gegeben hat. Würde sogar soweit gehen zu behaupten, das der/die Ein und Dasselbe auf Erden viele Namen hat. Bei den 3 monotheistischen Geschwisterreligionen Judentum/Islam/Christentum ohnehin.
Silberdistel
25.12.2016, 17:55 Uhr.
Das Christentum ist aber aus dem Judentum hervor gegangen, deshalb ist es auch wichtig, das AT zu kennen und es wird auch in die Verkündigung einbezogen, z.B. in den Lesungen, die in den Gottesdiensten vorgetragen werden.
Als Lektorin spüre ich da immer den überzeitlichen Aussagegehalt.
Wir Christen deuten viele Ankündigungen aus dem AT auf Jesus (und Maria) hin, sehen in Jesus den im AT verheißenen Messias, während das Judentum noch immer auf den Messias wartet.
Aber nicht umsonst spricht man von einer christlich/JÜDISCHEN Prägung unserer Kultur.
Ohne das AT und das Judentum würden dem Christentum seine Wurzeln fehlen.
mir ist neu, dass gott jüdisch ist. dass setzt voraus, dass er am achten tag nach seiner geburt an den vorhaut beschnitten wurde…
– nun ja, die Lehre Jesu mag demokratisch sein aber die menschliche Organisationsform der röm.-kath. Kirche ist gelinde gesagt das Gegenteil…
…das ist starker Tobak, Franziskus, aber wahr…
Frohe Weihnachten an alle!
🙂
Herr Knox 14:57:
– darf ich Ihnen weiterhelfen ?
Diese Voraussetzung hat sogar eine festes Datum im Kirchenjahr, denn Jesus wurde an seinem 8. (menschlichen) Lebenstag beschnitten. Wenn Sie also noch zustimmen dass Jesus Gott ist, dann darf man als gläubger Christ auch ohne Weiteres behaupten, dass dieser Gott als Jude auf der Erde wandelte…
darf ich ihnen weiterhelfen? “ Denn Jesus Christus, sowie die ganze holy family nebst ´lieben Gott´ himself; war nie christlich, – gar katholisch! Sondern: jüdisch.“ wenn hier von gott NEBEN jesus die rede ist, dann ist das bekanntlich nicht jesus, sondern gott vater. und der war jüdisch und ist beschnitten worden. lernen sie mal, was im christentum dreifaltigkeit bedeutet.
…die Rede von Gott „neben“ Jesus ? Dachte immer die Dreifaltigkeit ist als Mysterium ein und derselbe Gott. So kann man sich irren…
Helfen Sie mir aber doch bitte weiter und erklären Sie mir Ihren letzten Satz „…nicht Jesus sondern Gott Vater. Und der war jüdisch und ist beschnitten worden…“
Wann ist Gott Vater denn beschnitten worden ? Wie schon geschrieben, mir war als katholisches Kind von unserem Pfarrer im Religionsunterricht beigebracht worden, dass nur Jesus beschnitten wurde. Von Gott Vater war nie die Rede…
Silvia 27.12. 13.33
– im NT ist Jesus als der vom Himmel auf die Erde entsandte und wieder in den Himmel zurückgekehrte Idealmensch benannt. Denn überall dort wo in unseren Bibeln das rätselhafte Wort „Menschensohn“ steht, erscheint im Original das aramäische Wort „Barnascha“. Und das heisst nichts anderes als Mensch im Sinne von „Idealmensch“. Weniger beachtet wird dann eben auch, dass Jesus sich selbst weniger als Maschiach/Messias (also gesalbter judäischer König) sondern häufiger und damit offenbar bevorzugt als „Barnascha“ bezeichnet hat.
Folgerichtig hat dann die frühe christliche Kunst Jesus als Idealmenschen abzubilden versucht…
neben fakenews gibt es offenkundig auch die verbreitung von falschen informationen, die sich in wissenschaftliche mäntel hüllen – aber dennoch schlicht falsch sind.
„– im NT ist Jesus als der vom Himmel auf die Erde entsandte und wieder in den Himmel zurückgekehrte Idealmensch benannt.“
reine phantasie. nirgendwo geschieht das. bibellesen täte not.
„Denn überall dort wo in unseren Bibeln das rätselhafte Wort „Menschensohn“ steht, erscheint im Original das aramäische Wort „Barnascha“.“
auch das tut es nicht. nicht EINMAL im neuen testament gibt es das – denn auf aramäisch sind nur bruchteile (ein satz in gen, dazu einiges in dan) des at verfasst, das nt hingegen auf griechisch. wohl kommt ben-enosch bei ezechiel vor.
„Und das heisst nichts anderes als Mensch im Sinne von „Idealmensch“.“
wieder falsch. semitische nomina sind kollektivbegriffe. also heißt enosch/nascha eher: „menschheit“ als „mensch“. um ein individuum zu kennzeichnen wird – als singulativ – ben-enosch oder bar-nascha gebildet. es gibt auch ben-oph (sohn des geflügels), also den einzelvogel.
„Weniger beachtet wird dann eben auch, dass Jesus sich selbst weniger als Maschiach/Messias (also gesalbter judäischer König) sondern häufiger und damit offenbar bevorzugt als „Barnascha“ bezeichnet hat.“
jesus hat, wenn man denn im nt läse und nicht halbwissen transportierte, so gut wie nie von sich als menschensohn gesprochen. im späten joh nimmt er allerdings die messiastitulatur auf. auch in mt 16 verweigert er sich nicht, messias genannt zu werden – aber immer in der perspektive des gekreuzigten messias.
[…]*
*Der Beitrag wurde wegen des Verstoßes gegen die Netiquette editiert.
Wanda
29.12.2016, 17:04 Uhr.
Das Eine schließt doch das Andere nicht aus. Aber danke für die interessante Erläuterung, das wusste ich nämlich noch nicht.
Ihnen und uns ALLEN die wir hier schreiben oder auch nur mitlesen und der ganzen Welt, wünsche ich ein gutes und vor allem friedvolles Neues Jahr.
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