Papst Franziskus besucht Mexiko
Es ist erneut eine Friedensmission, die Papst Franziskus ab heute unternimmt. Das gilt für das eigentliche Reiseziel Mexiko. Das trifft aber auch für die kurzfristig eingeschobene Begegnung mit dem russisch-orthodoxen Patriarchen Kyrill auf Kuba zu. Franziskus kommt als „Missionar der Barmherzigkeit und Friedens“, so das Motto der 12. Auslandsreise, nach Mexiko. Vor wenigen Tagen hat er die größten Probleme des mittelamerikanischen Landes benannt: Gewalt, Drogen, Korruption und Menschenhandel. Dagegen will er Zeichen setzen. Beim Treffen mit Kyrill an diesem Freitag in Havanna geht es weniger um theologische Fragen. Dort steht die Weltpolitik im Vordergrund. Offiziell wird die Christenverfolgung als wichtigstes Thema genannt. Doch dürfte es angesichts der engen Beziehungen zwischen Kirche und Politik in Russland auch um geopolitische Fragen gehen.
200 Kilometer mehr für die Ökumene
Es ist nur ein kleiner Umweg von gut 200 Kilometern, den Franziskus heute auf dem Weg nach Mexiko macht, um auf Kuba das Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche zu treffen. Seit Jahrzehnten arbeitet der Vatikan an einem Treffen zwischen Papst und Patriarch. Vor zwei Wochen wurde der Durchbruch geschafft, obwohl längst nicht alle theologischen und kirchenpolitischen Fragen geklärt sind, die Moskau immer wieder als Hinderungsgrund genannt hatte. Um die Theologie wird es bei dem Treffen heute auf Kuba allerdings höchstens hinter verschlossenen Türen gehen.
Der zuständige Referent im vatikanischen Ökumenerat, Hyacinthe Destivelle, erklärte gegenüber Radio Vatikan, dass der Ort für die theologischen Fragen die internationale katholisch-orthodoxe Theologenkommission sei. Daher werde es in der Gemeinsamen Erklärung von Papst und Patriarch im Anschluss an die Begegnung heute um die Christenverfolgung sowie Themen wie Familie, Jugend, Leben und Säkularisierung gehen. Entscheidender noch als die Inhalte dürften aber die Bilder sein, die von Havanna ausgehen. In einer Zeit, in der es zu immer größeren Spannungen zwischen Ost und West kommt, reichen sich Papst und Patriarch die Hand. Nicht nur in Moskau und im Vatikan wird mit dem Treffen die Hoffnung verbunden, dass es ein Wendepunkt in den Beziehungen zwischen Ost und West bedeutet, zur Entspannung beiträgt und neue Dialoge auf verschiedensten Ebenen eröffnet. Auf den Schultern von Franziskus und Kyrill lastet eine schwere Verantwortung.
Papst geht auf Indigene zu
Nach dreieinhalb Stunden Zwischenstopp auf Kuba wird Franziskus seine Reise fortsetzen und am Abend in Mexiko-Stadt eintreffen. In fünf Tagen wird Franziskus sechs Städte besuchen und 16 Ansprachen halten. Dabei war sein ausdrücklicher Wunsch, vor allem Städte zu besuchen, in denen noch kein Papst war. Das ist in Mexiko nicht einfach. Schließlich war Johannes Paul II. fünfmal im Land (1979, 1990, 1993, 1999, 2002) und auch Benedikt XVI. war 2012 in Mexiko. Das aktuelle Programm trägt deutlich die Handschrift von Franziskus. So wird er am Montag mit dem Besuch in Chiapas im Süden des Landes in die Region fahren, in der viele Flüchtlinge auf dem Weg von Südamerika in die USA nach Mexiko einreisen. Beim Gottesdienst in San Cristobal de las Casas wird Franziskus ein Dekret unterzeichnen, das künftig die Feier von Gottesdiensten in indigener Sprache auch offiziell erlaubt.
Am Mittwoch wird Franziskus zum Abschluss der Reise in Ciudad Juárez direkt am Grenzzaun zu den USA einen Gottesdienst feiern, also an dem Ort, an dem viele Migranten Mexiko wieder verlassen. Der Altar wird nur 80 Meter vom Zaun entfernt stehen. Nach Angaben des Vatikan werden auch auf US-Seite mehrere zehntausend Menschen erwartet, die am Gottesdienst teilnehmen. Das wäre der erste Papstgottesdienst, der über eine Ländergrenze hinweg gefeiert wird. An diesem Gottesdienst werden auch Eltern der 43 vermissten Studenten teilnehmen. Allerdings wird es wohl keine persönliche Begegnung mit dem Papst geben. Laut Vatikansprecher Federico Lombardi sei auch nicht damit zu rechnen, dass Franziskus sich in Mexiko mit Missbrauchsopfern trifft. Opferverbände hatten das im Vorfeld der Reise gefordert. In Ciudad Juárez wird Franziskus eines der größten Gefängnisse des Landes besuchen.
Was kann Franziskus gegen Gewalt und Korruption machen?
Am Dienstag fliegt Franziskus nach Morelia im Westen des Landes. Dort gehören Bandenkriege und Drogenhandel zum Alltag. Am Morgen wird er einen Gottesdienst mit Priestern, Ordensleuten und Seminaristen feiern; am Nachmittag ist ein Treffen mit Jugendlichen geplant. Schon im Vorfeld der Reise hatte das Kirchenoberhaupt deutlich gemacht, dass Gewalt, Korruption und Drogen nicht mit dem christlichen Glauben vereinbar sind. Die Frage ist nur, welche Alternative kann er den Jugendlichen bieten? Hier wird er vor allem den Verantwortlichen in Politik und Gesellschaft ins Gewissen reden müssen. Die trifft er am Samstagvormittag in Mexiko-Stadt.
Einer der emotionalen Höhepunkte für Franziskus dürfte der Gottesdienst am Marienheiligtum von Guadelupe am Samstagmittag sein, dem wichtigsten Wallfahrtsort Amerikas. Wie alle Lateinamerikaner verehrt der Pontifex die Jungfrau von Guadelupe. Vor wenigen Tagen hatte er öffentlich darum gebeten, dass man ihn alleine dort beten lassen möge. Normalerweise ist ein Papst bei einem „privaten“ Gebet umringt von Fotografen, Kameraleuten, seinem Zeremonienmeister und vielen mehr. Mal sehen, wie „privat“ dieses Mal das Gebet sein wird.
Mexiko gilt nach Brasilien als das katholischste Land weltweit. Mehr als 80 Prozent der 120 Millionen Einwohner sind katholisch. Eine der entscheidenden Fragen ist, wie die Kirche sich angesichts von Korruption und Gewalt sowie der großen Herausforderung der Migration positioniert. In der Alltagskultur der Menschen ist die Volksfrömmigkeit weit verbreitet. Politik und viele Intellektuelle sind hingegen oft antiklerikal eingestellt. Als der damalige Präsident Vicente Fox 2002 Papst Johannes Paul II. am Flughafen begrüßte und den Fischerring küsste, gab es einen Skandal, denn Mexiko ist ein laizistischer Staat. Die Situation dürfte bei der Ankunft von Franziskus heute Abend entspannter sein.
11 Kommentare
eine in summa sehr gute erklärung. in abschnitt 4 finde ich die theologische aussage schlampig: „durch von den Vorfahren ererbte Gegensätze im Verständnis und in der Ausübung unseres Glaubens an Gott, einer in drei Personen – Vater, Sohn und Heiliger Geist.“
1) es gibt keine gegensätze im plural, sondern nur einen im verständnis der trinität: das filioque. 2) die kompromissformel des florentinum ist bereits einmal von isidor von kiew anerkannt worden… 3) wo bitte gibt es einen gegensatz in der ausübung des glaubens an die trinität?
erstaunlich vernünftig auch der abschnitt 20:
„Wir bedauern, dass andere Formen des Zusammenlebens mittlerweile auf die gleiche Stufe dieser Verbindung gestellt werden, während die durch die biblische Tradition geheiligte Auffassung der Vaterschaft und der Mutterschaft als besondere Berufung des Mannes und der Frau in der Ehe aus dem öffentlichen Bewusstsein ausgeschlossen wird.“
das ist 1) keine verurteilung von irgendwelchen eheähnlichen instituten, auf die vielleicht reaktionäre kreise gehofft hatten;
2) das ist auch nicht das homophobe […]* von b16, der die welt untergehen hat sehen, weil schwule und lesben sich lieben. ich finde nicht mal, dass man den abschnitt auf homosexuelle partnerschaften hin lesen MUSS.
3) ist zu beachten: der temporale begleitumstand. es wird nicht absolut oder an sich bedauert, sondern nur unter einem begleitumstand (nämlich der wirklich bedauernswerten vernachlässigung der familien, die allerdings grotesk übertrieben formuliert wird). den satz kann ich guten herzens unterschreiben – wenn er nicht 4) eine absolut unrealistische wirklichkeitsbeschreibung wäre.
um ehrlich zu sein: ich kann mir gut vorstellen, dass die römer HIER die russen über den tisch gezogen haben.
* editiert wegen Verstosses gegen die Netiquette
„das ist 1) keine verurteilung von irgendwelchen eheähnlichen instituten…“
Es ist mit Sicherheit keine Wertschätzung, wenn zwei „Würdenträger“ bedauern, dass es in einigen Ländern nicht mehr Familien erster und zweiter Klasse gibt. Zumal es beide einen feuchten […]* anzugehen hat, was zivilrechtlich abgeht.
Der Herr „Patriarch“ ist mitverantwortlich, dass Homosexuelle in seinem „Reich“ blutiggeschlagen werden. Und auch unter Franziskus haben die Hetzer keine Sendepause. Mit allen anderen „führenden Köpfen“ der „Weltreligionen“ ist der „Bruderkuss“ schlicht und einfach eine „Schande für die Menschheit“. Die beiden hätten sich mal lieber für das angerichtete Leid entschuldigen sollen, statt subtil munter weiterzuhetzen.
* editiert wegen Verstoßes gegen die Netiquette
Wie passt es überhaupt zusammen, Christenverfolgung zu beklagen, während Christen nicht müde werden, Homosexuelle zu verfolgen?
Herr Dr. Krakebusch,
ich würde sagen, wenn ein Wagen über 30 Jahre in die falsche Richtung gefahren ist, dann muss man ihn erstmal zum Stehen bringen und dann in die Gegenrichtung fahren, ehe man sich für eine andere Weggabelung entscheidet. Die schlimmsten homophoben Ausfälligkeiten, so wie wir sie noch aus der Zeit Benedikt XVI. kennen, sind seitens Franziskus abgestellt.
Mir als schwulem Christ reicht es schon, wenn Franziskus schwule Freunde ohne Berührungsängste umarmen kann – da ist das Zeichen unendlich viel wert. Als ich mit FreundInnen über die Homosexualität von Benedikt XVI. gesprochen habe, meinte einer von ihnen: „Wie kommt man überhaupt darauf, dass er es nicht ist?“ – und just von diesem Mann kamen schlimmste und unsachliche Beschimpfungen. Hätten Sie sich vorstellen können, dass Benedikt, wie wohl meiner Meinung nach und ja auch offensichtlich schwul, einen bekennend schwulen Mann umarmt? Ich nicht. Und daran merkt man, wie unendlich normal unser lieber Papst Franziskus ist!
„Wie kommt man überhaupt darauf, dass er es nicht ist?“
das hab ich mich auch schon immer gefragt. es ist ja für jeden menschen, der seine sieben zwetschgen beieinander hat, absolut klar.
auch im übrigen stimme ich ihnen freudig zu – und ich finde gut, dass sie zu ihrer homosexualität als christ stehen. das bräuchten wir viel öfter!
Zitat: „Hmmmmm, ich hoffe schwer, daß es Franziskus gelingt, Kyrill daran zu erinnern, daß er, VERDAMMT NOCHMAL!!!, ein hochrangiger christlicher Bischof ist und kein Pressesprecher Putins.
Die Probleme in Russland sind schon groß genug, aber die Schweinerei die jetzt gerade läuft, da kommen einem einfach nurnoch die Tränen. Es gab einen Strohhalm, es gab eine Hoffnung auf eine Waffenruhe in Syrien, aber NEIN, Putin muss unbedingt den Schlächter Assad wieder an die Macht zurück bomben. Wie kann ein Christ, wie kann ein Bischof bei diesem Abschlachten zugucken und auch noch applaudieren?“
Und ich hoffe, der Papst sagt dem Patriarchen nicht, wie er sein Amt auszuführen hat (und umgekehrt): Das wäre nämlich das Ende der Annäherung zwischen Rom und Moskau, zwischen dem ersten und dem dritten Rom.
Inzwischen wird Putin von den Saudis „gewarnt“: Jener Schurkenstaat, der seine Hassideologie mit Petrodollars auf der ganzen Welt verbreitet, der die Verantwortung für die Drangsalierung vieler Christen trägt, droht mit 20 Millionen Sunniten in Russland. Ehrlich gesagt, was den extremistischen Islam á la ISIS angeht: Ich kann Donald Trump verstehen who wants to bomb the shit out of ‚em. Es ist keine Lösung, aber verstehen kann ich es.
Man kann davon ausgehen, dass der mex. Präsident und seine Frau an der Messe Franziskus´ teilnehmen- und auch zur Kommunion zugelassen werden. Die Diskussion um deren Ehegültigkeit, die Scheidung der Frau ist überall in den Medien und der Gesellschaft nachzuverfolgen. Für die Mexikaner ganz klar, dass hier ein Prominentenbonus*) zum Tragen kommt. Diese Unregelmässigkeiten „von Oben“ sind sie gewohnt. Insofern überrascht es sie nicht, dass die Hl. Mutter Kirche bei Staatsoberhäuptern gleichermassen „flexibel“ reagiert…
*) hat in Rom Tradition: Herrschern wurden die Kebsweiber und der Harem nachgesehen, dynastie-begründete Scheidungen erhielten den vollen Segen der Kirche, und Prominenten unserer Tage wird auch die diesbezügliche Nachsicht der Mutter Kirche zuteil (eine Frage der Spende)…
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