Papst eröffnet Heiliges Jahr der Barmherzigkeit
Barmherzigkeit geht vor Gericht! Das ist die Botschaft, die Papst Franziskus seiner Kirche und der Welt mit dem Außerordentlichen Heiligen Jahr der Barmherzigkeit vermitteln möchte. Das erklärte er heute Morgen beim Gottesdienst zum Auftakt. Der Pontifex machte deutlich, das II. Vatikanische Konzil habe vor einem halben Jahrhundert versucht, eine Brücke zu schlagen zwischen Kirche und Welt. „Das Jubiläum fordert uns zu dieser Öffnung heraus und verpflichtet uns – entsprechend der Mahnung des seligen Paul VI. beim Konzilsabschluss –, die aus dem II. Vaticanum hervorgegangene Mentalität des barmherzigen Samariters nicht zu vernachlässigen.“ Seit gut zwei Jahren predigt Franziskus Barmherzigkeit. Er will der katholischen Kirche eine neue Haltung verordnen. Sie soll von der Kontrollinstanz zur Wegbegleiterin werden. „Wir müssen die Barmherzigkeit dem Gericht voranstellen“, so Franziskus in seiner Predigt. Diese Kurskorrektur ist nicht einfach und ruft Widerstand hervor.
Papst will Konzil umsetzen
Franziskus hat bewusst das heutige Datum als Start des Außerordentlichen Heiligen Jahres der Barmherzigkeit gewählt. Heute vor 50 Jahren wurde das II. Vatikanische Konzil feierlich beendet, jenes Reformkonzil, mit dem die Kirche sich ganz neu den Menschen der Moderne zuwenden wollte. Der neue Grundansatz wurde in der Pastoralkonstitution Gaudium et spes formuliert: „Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen von heute, besonders der Armen und Bedrängten aller Art, sind auch Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Jünger Christi.“ Franziskus formulierte das heute Morgen in seiner Predigt so: „Es war ein neuer Aufbruch, um auf jeden Menschen dort zuzugehen, wo er lebt: in seiner Stadt, in seinem Haus, am Arbeitsplatz… wo auch immer er sich befindet, da muss die Kirche ihn erreichen, um ihm die Freude des Evangeliums zu bringen. Ein missionarischer Impuls, also, den wir nach diesen Jahrzehnten mit derselben Kraft und derselben Begeisterung wieder aufnehmen.“
Während einige schon ein Drittes Vatikanisches Konzil fordern, ist Franzikus überzeugt, dass das II. Vatikanum noch längst nicht umgesetzt ist. Historiker weisen immer wieder darauf hin, dass ein Konzil meist 50, manchmal auch 100 Jahre braucht, um seine volle Wirkung zu entfalten. Mit Papst Franziskus scheint nun eine Ära angebrochen, in der sich die Öffnung der Kirche für die „Freude und Angst der Menschen von heute“ zu realisieren scheint. Mit dem ersten Papst der Südhalbkugel tritt der Westkirche eine neue Konzilsinterpretation entgegen – und zwar ganz konkret auf zwei Beinen. Er rüttelt an Selbstverständlichkeiten und reisst den Vatikan sowie die Kirche in Europa aus einer Art selbstgefälligem und selbstsicheren Dornröschenschlaf. Das ist unbequem, und daher ruft Franziskus auch viele Kritiker auf den Plan. Selbst diejenigen, die die Öffnung der Kirche für die „Freude und Angst der Menschen von heute“ in den letzten Jahrzehnten gegen eine starre römische am Dogma klebende Kirchenregierung versucht haben umzusetzen, trauen dem Braten nicht so recht, denn Franziskus geht unkonventionelle Wege.
Mehr Erfolg als „Jahr des Glaubens“?
Benedikt XVI. hatte zum 50-Jahr-Jubiläum der Eröffnung des II. Vatikanischen Konzils am 11. Oktober 2012 ein Jahr des Glaubens ausgerufen. Auch er wollte damit erreichen, das Erbe des II. Vatikanischen Konzils neu zu beleben sowie der Kirche einen neuen missionarischen Impuls zu geben. Doch das Jahr des Glaubens ist weitestgehend folgenlos verpufft. Franziskus gibt seiner Initiative mit dem Heiligen Jahr nun einen größeren Rahmen. Er will während des Jubiläumsjahres immer wieder konkrete Akzente der Barmherzigkeit setzen, um so immer wieder anzustacheln. Den Auftakt macht Franziskus mit dem Besuch eines Caritasheim für Notleidende am 18. Dezember. Mit Spannung wird allerdings auch ein inhaltlicher Akzent erwartet: das Nachsynodale Schreiben zur Familiensynode. Hier wird sich dann zeigen, welche Auswirkungen die Haltung der Barmherzigkeit auf die Lehre haben wird.
24 Kommentare
Beim Durchschreiten einer solchen Pforte der Barmherzigkeit wird Ablass gewährt! Also all jene, die für das Purgatorium noch genügend Brennstoff intus haben, sollten sich immediately auf den Weg machen 🙂
„Selbst diejenigen, die die Öffnung der Kirche für die „Freude und Angst der Menschen von heute“ in den letzten Jahrzehnten gegen eine starre römische am Dogma klebende Kirchenregierung versucht haben umzusetzen, trauen dem Braten nicht so recht, denn Franziskus geht unkonventionelle Wege.“
Könnte daran liegen, dass uns Mitteleuropäern das lateinamerikanische Denken von Franziskus nicht so besonders vertraut ist.
„Hier wird sich dann zeigen, welche Auswirkungen die Haltung der Barmherzigkeit auf die Lehre haben wird.“
Darauf bin ich auch sehr gespannt. Ich hoffe, dass dieses Dokument bald kommen wird, denn schon jetzt spricht kein Mensch mehr über die Familiensynode. Was vielleicht auch daran liegt, dass die Menschheit gerade weitaus größere Probleme hat als sie Gegenstand der Synode waren. Geht mir jedenfalls so.
ein sprechendes bild. ein kraftvoller papst, der die türen aufstößt – und nun endlich das ii. vatikanum umsetzt, statt es zu sabottieren wie sein vorgänger. und dieser gestützt auf einen in spitze gekleideten gänswein (wenn man dessen chorrock schwarz einfärbt, hat man ein hübsches negligée), stützt sich also auf das veraltete, abgetane, äußerliche.
Mich interessieren im Grunde die Meinungen anderer nicht sehr, aber bei Ihrer hassererfüllten Rhetorik muss die Frage gestattet sein, ob Sie überhaupt Christ sind. Wie Sie über den vorherigen Papst, dessen Freund ich nicht bin, schreiben, ist gelinde gesagt, eine Unverschämtheit! Und Ihre „tuntige“ Bemerkung über seinen Sekretär setzt dem ganzen die Krone auf. Sie sollten sich was schämen! Ich bin seinerzeit wegen Leuten im Stil von Kardinal Burke aus der Kirche ausgetreten, denn diese Art Lehrmeisterung von Menschen ist ganz gegen die Lehre Jesu. Und wenn ich den Hass spühre, den Leute wie Sie verbreiten, bin ich wieder darin bestärkt, niemals wieder mit dieser Kirche etwas zu tun haben zu wollen.
Denken Sie mal darüber nach, wie Sie über andere herziehen, und dann denken Sie an das alte Sprichwort, was du nicht willst was man dir antut, das füge auch keinem anderen zu!
sehr geehrter loriot,
warum diese erregung. ich habe hier gar nicht von „schwul“ oder „tuntig“ gesprochen. und von „hasserfüllt“ kann man doch recht besehen auch nicht sprechen. sie wissen doch gar nichts über meine inneren zustände! „zu sagen, was ist, ist die eigentlich revolutionäre tat“, zitierte rosa luxemburg lasalle. recht hat sie. papst benedikt war und ist ein reaktionär und das muss man so sagen. und wie jede reaktion hat auch die von benedikt keinen erfolg. gottseidank. „hasserfüllt“ kann man eher die schwer homophoben, aber keine sachkenntnis verratenden reden von benedikt bezeichnen.
und wenn sich römischen prälaten peinlich anziehen, dann darf milder spott sein. dass sie das als tuntig deuten, ist, mit verlaub, die von ihnen geleistete interpretation.
Ich weiß ja nicht, wie Ihre Vorstellungen von einem Negligée aussehen, meine sind anders. Davon abgesehen, ein alter, gebrechlicher (dabei aber, wenn man seine Ausführungen zur Kirchenmusik liest, geistig völlig luzider) Mann wird beim Gehen gestützt. Ein Bild, das man in vielen Altenheimen sieht und das Ausdruck von Nächstenliebe, caritas, und nicht Ausdruck einer gestrigen Kirche ist. btw, kennen Sie den Philanthropen in „The mystery of Edwin Drood“ von Charles Dickens: „The philanthropist deranged the symmetry of the table, sat himself in the way of the waiting, blocked up the thoroughfare, and drove Mr. Tope (who assisted the parlour-maid) to the verge of distraction by passing plates and dishes on, over his own head. Nobody could talk to anybody, because he held forth to everybody at once, as if the company had no individual existence, but were a Meeting. He impounded the Reverend Mr. Septimus, as an official personage to be addressed, or kind of human peg to hang his oratorical hat on, and fell into the exasperating habit, common among such orators, of impersonating him as a wicked and weak opponent. Thus, he would ask: ‚And will you, sir, now stultify yourself by telling me‘ — and so forth, when the innocent man had not opened his lips, nor meant to open them. Or he would say: ‚Now see, sir, to what a position you are reduced. I will leave you no escape. After exhausting all the resources of fraud and falsehood, during years upon years; after exhibiting a combination of dastardly meanness with ensanguined daring, such as the world has not often witnessed; you have now the hypocrisy to bend the knee before the most degraded of mankind, and to sue and whine and howl for mercy!‘ Whereat the unfortunate Minor Canon would look, in part indignant and in part perplexed; while his worthy mother sat bridling, with tears in her eyes, and the remainder of the party lapsed into a sort of gelatinous state, in which there was no flavour or solidity, and very little resistance.“
Es ist positiv, wenn der Papst dem satten deutschsprachigen Gremien-Katholizismus auf die Finger klopft, wie im Ad-Limita-Besuch geschehen (was hierzulande totgeschwiegen wird). Negativ ist, altehrwürdige Lehren und Traditionen respektlos zu ignorieren oder zu torpedieren, um dem Zeitgeist hinterherzuhinken. Natürlich, die Kirche nervt, wenn sie den Menschen ihre Sünden vorhält. Eine Kirche, die für alles „barmherzig“ Verständnis hat, was die Sünder so treiben, ist wirklich viel bequemer. Und absolut überflüssig.
@Wrightflyer,
„behauptet daß es „zuviel Moral“ wäre, wenn Soldaten einer kriegsgeschundenen und diktaturgeschundenen Zivilbevölkerung helfen wollen, also allen Ernstes fordert daß Soldaten kein Mitgefühl für eine fremde Bevölkerung empfinden dürfen, dann habe ich keine Worte für das was ich empfinde. Angewidert trifft es vielleicht am besten.“
Wer soll das denn behauptet haben? Ich kann mich an keinen solchen Beitrag hier im Blog erinnern.
Und was den Syrieneinsatz angeht, Europa bekämpft den IS, nicht die Zivilbevölkerung. Dass in einem Krieg, vor allem in einem Bombenkrieg, immer auch die Zivilbevälkerung leidet, ist eine traurige Tatsache.
Was also würden SIE vorschlagen?
Liebe Silvia,
Wrightflyer meint mich, nicht Sie. Ich hatte erklärt, die Aufgabe deutscher Soldaten sei es nicht, afghanische Frauenrechte herzustellen, sondern deutsche Grenzen zu schützen. Allerdings habe ich nirgendwo geschrieben, man müsse einen „makellosen“ Lebenslauf haben, um die Kommunion zu empfangen.
Was Wrightflyer über den alten Zeitgeist schreibt, ist ebenso merkwürdig. Damit wäre die gesamte Kirchentradition Ausdruck von Zeitgeistigkeit und damit obsolet. Dass sie ein großes Fragezeichen hinter die Wahl Benedikts stellt, wen kümmert es? Manche stellen ein großes Fragezeichen hinter die Wahl von Franziskus, andere wiederum ein großes Fragezeichen hinter die Wahl aller Päpste seit Johannes XXIII., weil sie glauben, dass nach dem Tod von Pius XII. der Stuhl Petri vakant sei. Die Hunde bellen, und die Karawane zieht weiter.
Lieber bernardo, es war mir schon klar, dass diesmal nicht ich von @Wrightflyer gemeint war, aber ich habe das, was Sie kürzlich über die Aufgaben der Bundeswehr gesagt haben, wirklich nicht in Wrightflyers Polemik wiederfinden können.
Zitat: „Meinen Sie ernsthaft, daß diese ganzen Jungen Leute gern im Königreich der Langeweile leben wollen würden, wenn sie eine Wahl hätten? Warum sollen diese jungen Leute für unser billiges Öl leben müssen wie Greise? Welches Recht haben wir dazu?“
[…]*
Die jungen Leute – Ausnahmen wie Badawi bestätigen die Regel – sind ebenso „gestrickt“ wie die älteren. Sollte das Haus Al-Saud stürzen, was ich mittelfristig (aber nicht kurzfristig) für wahrscheinlich halte, wird ein anderes, ebenso fanatisches und obskurantistisches Regime kommen, das ebenso wie die Al-Sauds den „wahren Islam“ vertreten wird.
Und nein, die Aufgabe der Bundeswehr besteht nicht darin, Demokratie oder Frauenrechte zu schützen, sondern die deutschen Grenzen. Aber hey, da wir keine Grenzen wollen, brauchen wir auch niemanden, der diese Grenzen schützt.
*Der Beitrag wurde wegen des Verstoßes gegen die Netiquette editiert.
– Schon erstaunlich, Herr Erbacher: da werden in diesem Blog ewiglange Monologe abgespult, die sich z.T. dreimal hintereinander selbst antworten und andere werden erst gar nicht freigeschaltet, obwohl diese keineswegs gegen die Netiquette verstossen sondern allenfalls eine andere Meinung mit belegbarem Hintergrund wiedergeben. Wie kommt’s ?
Scheint nicht nur mir, sondern auch Silvia so zu gehen…
Ich habe das in den letzten Wochen oft hier geschrieben, dass es nicht einfach ist mit der Bewertung der Kommentare. Daher dauert die Freischaltung bisweilen sehr lange. Es trifft aber nicht nur Sie oder Silvia.
Herr Erbacher ich bin der Meinung, wenn die Netiquette nicht verletzt wird sondern man lediglich eine andere Meinung vertritt als manche anderen User, sollte das Freischalten nicht so lange dauern, denn sonst ist keine echte Diskussion möglich.
Vor allem dann nicht, wenn eben andere User dafür ellenlange Momologe halten, die sofort freigeschaltet werden.
Wenn Kommentare länger brauchen für die Freischaltung, liegt es, wie mehrfach geschrieben, an den Inhalten. Während andere Blogs und Foren seit einigen Monaten meist die Kommentarfunktionen abschalten, wenn es um die Diskussion kontroverser Themen wie Migration oder Islam geht, versuchen wir hier das Blog auch bei schwierigen und kontroversen Themen offen zu halten. Das geht manchmal auf Kosten der Schnelligkeit.
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