Papst trifft Kanzlerin Merkel

Papst Franziskus hat heute Bundeskanzlerin Angela Merkel im Vatikan empfangen. Es ist bereits die dritte Begegnung der beiden. In dem rund 40-minütigen Gespräch wurde einmal mehr deutlich, die Chemie scheint zu stimmen zwischen den beiden. Themen der Unterredung waren die aktuellen Konflikte sowie der nächste G7-Gipfel, der im Juni in Bayern stattfinden wird. Der Vatikan gab nach der Begegnung eine kurze Erklärung heraus. Vorab gab es bereits einen Artikel von mir zur Einordnung bei heute.de. Merkel lud Papst Franziskus offiziell zu einem Besuch in Deutschland ein. Hinweisen möchte ich zudem auf einen besonderen Gottesdienst im Bistum Hildesheim am Aschermittwoch. Dort hat Bischof Norbert Trelle um Vergebung gebeten für Fehler des Bistums in der Geschichte.

Merkel wichtige Politikerin für Vatikan

Für den Vatikan ist Bundeskanzlerin Angela Merkel eine wichtige Gesprächspartnerin. Das konnte man daran erkennen, dass die Audienzbitte der Kanzlerin vor wenigen Monaten aus dem Vatikan umgehend positiv beschieden wurde. Papst Franziskus und seine Diplomaten wissen, dass Deutschland und die Kanzlerin bei der Bewältigung vieler aktueller Krisen, sei es die Eurokrise, der Ukrainekonflikt, aber auch bei der Frage des Umweltschutzes sowie von Armut und Gerechtigkeit wichtige Größen in der Weltpolitik sind. Beim Spagat und den Vermittlungsbemühungen zwischen Putin und Obama im sich langsam wieder aufbauenden geopolitischen Konflikt zwischen Russland und den USA will der Vatikan die deutsche Kanzlerin unterstützen.

Beim Umweltschutz wollte die Kanzlerin schon einmal vorfühlen, wie Papst Franziskus sich mit seiner Ökologieenzyklika positionieren wird. Die will der Pontifex im Juni oder Juli veröffentlichen und damit nach eigenem Bekunden auch Einfluss nehmen auf die Debatten beim diesjährigen UN-Klimagipfel, der Anfang Dezember in Paris stattfinden wird. Merkel wiederum erläuterte nach eigenen Angaben dem Papst die Arbeit der internationalen Impfallianz Gavi. Das Projekt der Stiftung von Microsoft-Gründer Bill Gates plant die Impfung von 300 Millionen Kindern in Afrika. Deutschland unterstützt Gavi mit 600 Millionen Euro.

„Denken Sie an die Armen“

Papst Franziskus schenkte Merkel am Ende der Audienz ein deutsches Exemplar seines Apostolischen Schreibens Evangelii gaudium sowie eine Medaille mit der Abbildung des heiligen Martin, wie er seinen Mantel mit einem Armen teilt. Franziskus erläuterte, dass er die Medaille gerne an Regierungschefs verschenke, weil sie die Politiker an ihre Schutzfunktion für ihr Volk und besonders für die Armen erinnere. Die Kanzlerin soll darauf erwidert haben: „Wir werden versuchen, unser Bestes zu geben.“ Merkel überreichte dem Papst eine Geldspende für Flüchtlingskinder im Nahen Osten sowie eine CD-Sammlung mit Werken des protestantischen Komponisten Johann Sebastian Bach.

Hauptanliegen der Begegnung war der politische Austausch, den Bundeskanzlerin Merkel nach dem Treffen mit dem Papst dann mit Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin und dem vatikanischen Außenminister Erzbischof Paul Richard Gallagher fortsetzte. Während man im Vatikan die Kanzlerin hoch schätzt, ist ihr Ansehen in der italienischen Bevölkerung aufgrund ihres Kurses in der Eurokrise angekratzt. Mit ihrem Besuch bei Papst Franziskus und dem Schulterschluss bei verschiedenen politischen Themen dürfte Merkel vielleicht wieder einige Pluspunkte gesammelt haben.

Dazu könnte auch beitragen, dass die Bundeskanzlerin nach dem Termin im Vatikan zur römischen Gemeinschaft Sant’Egidio gefahren ist. Die Laienbewegung setzt sich seit fast 50 Jahren für Arme, Alte und Ausgegrenzte in Rom ein und hat mittlerweile weltweit Niederlassungen. Sie engagiert sich zudem in der Ökumene und dem interreligiösen Dialog. Sant’Egidio ist in Italien hoch angesehen. Auch dürfte die Kanzlerin durch ihre Visite, die relativ kurz nach Amtsamtritt der neuen deutschen Botschafterin beim Heiligen Stuhl Annette Schavan stattgefunden hat, (Schavan ist seit Juli vergangenen Jahres in Rom,) das Standing ihrer langjährigen Vertrauten am Vatikan noch einmal verbessert haben.

Papst verurteilt erneut Mafia

Nach der Begegnung mit der Kanzlerin traf sich Papst Franziskus am Samstagmorgen mit Pilgern aus der süditalienischen Stadt Cassano all’Ionio. Die Stadt wie die ganze Region Kalabrien leiden unter den Machenschaften der Mafia. Franziskus erinnerte an seinen Besuch in Cassano all’Ionio im vergangenen Sommer. Damals hatte der Pontifex mit scharfen Worten die Mafiosi für exkommuniziert erklärt. Bei der Begegnung am Samstagmittag erklärte er: „Entweder Jesus oder das Böse! Jesus lud die Dämonen nicht zum Essen ein. Er verjagte sie, denn sie waren böse. Entweder Jesus oder das Böse! Man kann sich nicht Christ nennen und die Menschenwürde angreifen.“ Die Täter des organisierten Verbrechens nannte er „schlecht und arrogant“. „Äußere religiöse Gesten, die nicht von echter Umkehr begleitet werden, reichen nicht aus, um sich in Gemeinschaft mit Christus und seiner Kirche zu betrachten.“ Ohne das Wort Mafia direkt auszusprechen, rief er die Verbrecher zur Umkehr auf.

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Jürgen Erbacher

Seit Juli 2018 leite ich die ZDF-Redaktion "Kirche und Leben katholisch", für die ich seit 2005 über die Themen Papst, Vatikan, Theologie und katholische Kirche berichte. Dafür pendle ich regelmäßig zwischen Mainz und Rom - meiner zweiten Heimat. Dort habe ich vor meiner ZDF-Zeit mehrere Jahre gelebt und für Radio Vatikan gearbeitet. Studiert habe ich Politikwissenschaft und Katholische Theologie in Freiburg i.Br. und Rom.