Heiligsprechung Live
Habemus Sanctos – es gibt zwei neue Heilige. Papst Franziskus hat heute seine beiden Vorgänger Johannes XXIII. und Johannes Paul II. heilig gesprochen. An der Zeremonie nahmen laut Vatikan 800.000 Menschen teil. Auch der emeritierte Papst Benedikt XVI. war zu der Feier gekommen. Es war erst sein dritter öffentlicher Auftritt seit dem Amtsverzicht im Februar 2013. Politiker und Kirchenvertreter aus aller Welt würdigten die beiden neuen Heiligen. Dabei wurde bei Johannes XXIII. dessen Bescheidenheit und Menschlichkeit hervorgehoben und sein Verdienst, das II. Vatikanische Konzil einberufen zu haben. Bei Johannes Paul II. wurde vor allem sein Beitrag beim Fall des Eisernen Vorhangs gewürdigt. Unterschiedliche Bewertungen gab es zu innerkirchlichen Fragen.
Pilger feiern in Rom ein Fest
Während die Verehrer in Johannes Paul II. den großen Missionar des 20. Jahrhunderts sehen, der durch seine Reisen die christliche Botschaft bis in die entlegendsten Winkel der Erde getragen hat, beklagen die Kritiker einen zu starken römischen Zentralismus in seiner Amtszeit. Auch habe er beim Thema Missbrauch nicht entschieden genug gehandelt. Die Menschen, die nach Rom gekommen waren, feierten die beiden neuen Heiligen. Großen Applaus gab es auch für Benedikt XVI. als dieser vor Beginn des Gottesdienstes auf den Petersplatz kam – und natürlich für Franziskus, der es sich nicht nehmen ließ, am Ende der Zeremonie einen langen Giro mit dem Papamobil zu fahren – bis hinunter zur knapp einen Kilometer entfernten Engelsburg.
Wie ist das Ereignis zu deuten? Sicher konnte Franziskus den Zug des Prozesses der Heiligsprechung seines Vorgängers Johannes Pauls II., der lange vor seinem Pontifikat Fahrt aufgenommen hatte, nicht mehr stoppen. Er hat auch gesehen, dass dieser Papst nun einmal im Volk eine große Verehrung findet. Das mag im deutschen Sprachraum aufgrund der problematischen Geschichte, Stichwort Schwangerenkonfliktberatung, Bischofsernennungen etc., schwer fallen zu verstehen. Die Pilgermassen hier in Rom zeigten das aber eindrücklich. Die Mehrzahl der Pilger waren Polen; aber nahezu die ganze Welt war auf dem Petersplatz vertreten. Auffallend viele Franzosen prägten schon in den letzten Tagen das Stadtbild. Der Weltjugendtag 1997 in Paris scheint nachhaltige Spuren hinterlassen zu haben. Die Tränen in den Augen vieler Polen, wenn sie von ihrem Papst als „Befreier“ sprechen, sind auch nicht wegzudiskutieren.
Johannes XXIII. als Gegenpol zu Johannes Paul II.?
Was die innerkirchliche Bilanz von Papst Johannes Paul II. anbetrifft, kann man geteilter Meinung sein. Franziskus hat daher einen klaren Akzent gesetzt. Er hat Johannes XXIII. mit dazu gepackt, den Mann, der die Türen aufgestoßen und ein Reformkonzil einberufen hat. Franziskus verzichtete auf das laut Kirchenrecht notwendige Wunder, um Roncalli heute heilig sprechen zu können. Das scheint mir Bergoglios Antwort zu sein auf die Diskussionen um den Kirchenkurs unter Johannes Paul II.
Auffallend war, dass Franziskus in seiner Predigt sehr verhalten blieb. Nichts war von „Giganten“ oder „historischer Größe“ der beiden Päpste zu hören. Er sprach davon, dass in beiden Männern eine „lebendige Hoffnung“ lebte. Sie hätten zwar die Tragödien des 20. Jahrhunderts erlebt, seien davon aber nicht überwältigt worden. „Mögen beide uns lehren, keinen Anstoß zu nehmen an den Wunden Christi und in das Geheimnis der göttlichen Barmherzigkeit einzudringen, die immer hofft und immer verzeiht, weil sie immer liebt.“ In diesem Sinne war es eine eher geistliche Ansprache und keine (kirchen)politische Würdigung. Vielleicht wollte Franziskus angesichts des medialen Feuerwerks, das um die beiden neuen Heiligen in den letzten Tagen gezündet wurde, bewusst einen Gegenakzent setzen. Es gab zwar viel Begeisterung heute in Rom, aber wie eine Jubelfeier wirkte es am Ende dann doch nicht. Ob daran „nur“ der bedeckte Himmel Schuld war?
Passen heilige Päpste zu Franziskus?
Franziskus hat keine Probleme mit Seligen und Heiligen. Auch er sieht in ihnen Vorbilder, die für Gläubige hilfreich sein können in ihrem (Glaubens)Leben. Doch ist eine Heiligsprechung für Päpste noch zeitgemäß? Denn so ganz mag es nicht in das franziskanische Papstbild passen. Ein dienender Pontifex, der sich selbst nicht so wichtig nimmt, der untersagt, Papststatuen zu verkaufen, und ein Grafitto mit dem Papst als Superman entfernen lässt, der passt nicht so richtig zu „heiligen Päpsten“. Aber man wird sehen. Mitte Oktober soll ja Paul VI. selig gesprochen werden.
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