Der Papst hört zu.
Papst Franziskus setzt die Audienzen für Kurienmitglieder fort. Heute traf er zum ersten Mal den Chef der Glaubenskongregation, Erzbischof Gerhard Ludwig Müller, und bereits zum zweiten Mal den Chef der Ostkirchenkongregation, Leonardo Sandri. Sandri, der wie der Papst Argentinier ist, hatte bereits wenige Tage nach der Wahl eine Audienz bei Franziskus. Gestern hatte der Pontifex den Chef der Missionskongregation, Kardinal Fernando Filoni, sowie den Erzpriester der Basilika Sankt Paul vor den Mauern, Kardinal James M. Harvey, und den Cheforganisator der Internationalen Eucharistischen Weltkongresse, Erzbischof Piero Marini, getroffen. Nähere Informationen gab der Vatikan zu den Audienzen wie üblich nicht. Die Auswahl der Audienzgäste lässt allerdings aufhorchen. Das gilt weniger für Kardinal Filoni. Der zählt als Chef der Kongregation für die Evangelisierung der Völker, wie die Missionskongregation offiziell heißt, zu den mächtigsten Männern in der katholischen Kirche. Nicht umsonst wird der Inhaber dieses Postens oft als auch der „rote Papst“ bezeichnet. Filoni ist zuständig für alle Gebiete, die traditionell zu den Missionsgebieten der katholischen Kirche zählen, also weite Teile Afrikas, Asiens und auch Lateinamerikas. Aktuell sind das nach Angaben der Kongregation knapp über 1.000 Jurisdiktionsgebiete. Dass Franziskus sich mit Kardinal Filoni als einem der ersten Kurienchefs trifft, ist damit gut verständlich. Auch die Begegnung mit Erzbischof Müller liegt auf der Hand.
Doch wieso trifft er sich mit Kardinal Harvey und Erzbischof Marini? Harvey war lange Jahre Präfekt des Päpstlichen Hauses, also Vorgänger von Erzbischof Georg Gänswein. Der übernahm den Posten im Dezember letzten Jahres von Harvey. Der US-Amerikaner arbeitete seit 1988 unter Johannes Paul II. und dann anschließend auch unter Benedikt XVI. als Präfekt des Päpstlichen Hauses. Erzbischof Piero Marini war Päpstlicher Zeremonienmeister unter Johannes Paul II. Benedikt XVI. löste ihn 2007 ab. Harvey und Marini gehören also zu den engsten Vertrauten des Wojtyla-Papstes. Es ist auffallend, dass Franziskus sich mit diesen beiden trifft, noch bevor er sich etwa mit anderen Kurienchefs trifft. Bisher hatten nur die Chefs der Bischofskongregation, Kardinal Marc Quellet, der Ostkirchenkongregation, Kardinal Leonardo Sandri, und der Ordenskongregation, Kardinal Joao Braz de Aviz, sowie Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone offiziell Audienztermine beim Papst. Selbstverständlich gibt es eine Reihe von Audienzen, die nicht öffentlich gemacht werden. Franziskus hat bereits weit mehr Kardinäle und Kurienmitarbeiter getroffen, als offiziell im Bollettino des vatikanischen Presseamts verkündet wurden. Doch die Auswahl seiner Gesprächspartner gibt Rätsel auf.
Seit gestern sorgen zwei Fotos für Aufregung, die im Internet kursieren. Sie zeigen Papst Franziskus beim Frühstück im Speisesaal des vatikanischen Gästehauses Santa Marta, wo er ja noch immer wohnt, sowie in der Kapelle des Hauses in der letzten Reihe sitzend. Das Foto aus dem Speisesaal stammt von einem Kleriker des Erzbistums Mailand, der diese Woche an der Romwallfahrt seines Bistums teilnahm und in Santa Marta wohnte. Er stellte den Schnappschuss im Anschluss auf sein Profil in einem der sozialen Netzwerke. Schon gibt es besorgte Stimmen, Franziskus könnte künftig wieder mehr abgeschottet werden, um solche Fotos künftig zu vermeiden. Es ist schwer vorstellbar, dass dieser selbst das möchte. In einem Telefonat mit einem Priester in Argentinien erklärte er jetzt noch einmal, dass er im Gästehaus bleibt, weil er „nicht isoliert sein möchte“, sondern vielmehr mit den Menschen, „Tisch, Nachrichten und Kommentare“ teilen möchte.
P.S. Die klare Linie seines Vorgängers Benedikt XVI. wird Papst Franziskus beim Thema Missbrauch fortführen. Das kündigte der Vatikan nach der Audienz für Erzbischof Müller an. Die Glaubenskongregation ist im Vatikan für das Thema zuständig. Der Papst wünsche, dass die Behörde sich vor allem dem Schutz von Minderjährigen und der Hilfe für Opfer annehme. Sie solle die erforderlichen Maßnahmen gegen Täter einleiten und die Bischofskonferenz bei der Formulierung und Überarbeitung entsprechender Richtlinien unterstützen. Diese seien wichtig für das Zeugnis und die Glaubwürdigkeit der Kirche.