Der Papst in Südostasien – Tag 11
China, Missbrauch, die US-Wahlen und die Todesstrafe waren Themen bei der fliegenden Pressekonferenz von Papst Franziskus auf dem Rückweg von Singapur nach Rom an diesem Freitag. 40 Minuten nahm sich der 87-Jährige Zeit. Dann waren die Turbulenzen so groß, dass sein Sprecher die Presskonferenz beendete. Der Papst äußerte sich auch zu künftigen Reisen. Nach Paris zur Einweihung von Notre Dame Anfang Dezember werde er nicht fahren. Die Reise in die Heimat Argentinien sei noch offen. Da müssten zunächst noch einige Probleme gelöst werden. Gerne würde er die Kanaren besuchen, weil dort die Situation der Migranten schwierig sei. Zum Abschluss seines Besuchs in Singapur traf Franziskus am Freitagmorgen Jugendliche verschiedener Religionen. Er ermutigte sie, ihre Komfortzonen zu verlassen. „Ein Jugendlicher, der nichts riskiert, wird dick, aber nicht am Bauch, sondern im Kopf, weil er unbeweglich wird“, erklärte Franziskus. Er betonte bei dem Treffen, „alle Religionen sind ein Weg, um zu Gott zu kommen und Gott ist Gott für alle, denn wir alle sind Kinder Gottes“. Begonnen hatte der Tag mit einem kurzen Abstecher in eine Senioreneinrichtung. Mit leichter Verspätung trat Franziskus um die Mittagszeit die Heimreise an. Sichtlich zufrieden wirkte er bei der Pressekonferenz, aber am Ende doch auch müde.
Keine Wahlempfehlung
Bei der fliegenden Pressekonferenz ging es neben den Eindrücken des Papstes zu den besuchten Ländern auch um aktuelle Fragen. Mit Blick auf die Präsidentschaftswahlen in den USA wollte Franziskus keine Wahlempfehlung abgeben. Wichtig sei, dass die Menschen wählen gingen. Sie müssten ihrem Gewissen folgen und „das kleinere Übel wählen“. Die Demokratin Kamala Harris tritt für ein Recht auf Abtreibung ein, der Republikaner Donald Trump wettert gegen Migranten. „Beide sind gegen das Leben. Derjenige, der Migranten zurückweist, und diejenige, die Kinder tötet“, erklärte das katholische Kirchenoberhaupt. „Es sollte klar sein, dass es eine schwere Sünde ist, Migranten nicht willkommen zu heißen“, so Franziskus und er ergänzte, „eine Schwangerschaft abzubrechen bedeutet, ein menschliches Wesen zu töten. Man mag das Wort mögen oder nicht, aber es bedeutet töten“.
Angesprochen darauf, warum er in Singapur die Todesstrafe nicht erwähnt habe, erklärte er, dass ihm das nicht in den Sinn gekommen sei, betonte dann aber: „Wir müssen sie langsam abschaffen, ganz langsam. Viele Länder haben das Gesetz, aber sie vollstrecken die Strafe nicht… Aber die Todesstrafe muss abgeschafft werden; sie funktioniert nicht.“ Die Antwort war kurz und knapp und lässt auch den Schluss zu, dass Franziskus mit Blick auf Singapur nicht auf das Thema zu sprechen kommen mag. Viele Beobachter haben während der Reise darauf gewartet, dass Franziskus ein Zeichen in Richtung China sendet, wie er das vor einem Jahr bei seinem Besuch in der Mongolei mehrfach getan hat. Doch dieses mal blieb das aus. Es dürfte also eher das die Botschaft an Peking gewesen sein, was der Papst bei dieser Reise nicht gesagt hat. Keine Kritik an einem oppressiven System, Schweigen zur Todesstrafe. Die Botschaft könnte gelautet haben: „Seht her, es gibt auch einen ‚soften‘ Papst!“.
Sehnsucht nach China
Angesprochen auf China bei der fliegenden Pressekonferenz wiederholte Franziskus seine große Wertschätzung gegenüber dem chinesischen Volk. „China ist für mich eine Sehnsucht, in dem Sinne, dass ich China gerne besuchen würde, weil es ein großes Land ist; ich bewundere China, ich respektiere China“, erklärte der Pontifex. Es sei ein Land mit tausendjähriger Kultur und einer Fähigkeit zum Dialog und zum gegenseitigen Verständnis, das über die verschiedenen Regierungssysteme hinausgehe. „Ich glaube, dass China ein Versprechen und eine Hoffnung für die Kirche ist“, fügte er hinzu. Franziskus zeigte sich überzeugt, dass angesichts der aktuellen Konflikte eine Zusammenarbeit mit China möglich sei. Kardinal Zuppi, der Vorsitzende der italienischen Bischofskonferenz und Sondergesandte des Papstes für den Ukrainekrieg, arbeite aktuell in diese Richtung. Was die Vereinbarung zur Ernennung von Bischöfen in China betreffe, deren Inhalt noch immer geheim ist, zeigte sich das Kirchenoberhaupt zufrieden.
Mit Blick auf den französischen Armenpriester Abbé Piere, gegen den seit einigen Monaten Vorwürfe des Missbrauchs erhoben werden, bezeichnete Franziskus den lange als „Vater der Obdachlosen“ gefeierten Geistlichen als „schlimmen Sünder“. „Abbé Pierre ist ein Mann, der so viel Gutes getan hat, aber er ist auch ein Sünder. Und wir müssen klar über diese Dinge sprechen und sie nicht verstecken.“ Ob der Vatikan schon vor dessen Tod über den Missbrauch informiert gewesen sei, könne er nicht sagen, erklärte der Papst, das sei vor seiner Zeit gewesen. Missbrauch müsse überall bekämpft werden, auch im Bereich der Erziehung oder im geistlichen Bereich. „Missbrauch ist meiner Meinung nach etwas Dämonisches, denn jede Art von Missbrauch zerstört die Würde des Menschen, jede Art von Missbrauch versucht zu zerstören, was wir alle sind: das Ebenbild Gottes.“ Es sei gut, wenn die Fälle aufgedeckt würden, betonte Franziskus.
Weichenstellung für die Zukunft
Zum Konflikt im Heiligen Land stellte das Kirchenoberhaupt fest, dass er nicht beurteilen könne, ob dieser Krieg zu blutig sei oder nicht. „Aber bitte, wenn man die Leichen von getöteten Kindern sieht, wenn man sieht, dass man eine Schule bombardiert, wenn man davon ausgeht, dass einige der Guerillas dort sind: das ist schlecht, das ist schlecht!“ Er sehe aktuell nicht, „dass Schritte unternommen werden, um Frieden zu schaffen“. Er zeigte sich überzeugt, dass am Ende derjenige, der den Krieg gewinnt, eine große Niederlage erleiden werde. „Der Krieg ist immer eine Niederlage, immer, ohne Ausnahme. Und das dürfen wir nicht vergessen. Deshalb ist alles, was für den Frieden getan wird, wichtig.“ Franziskus würdigte den Einsatz des jordanischen Königs in dem aktuellen Konflikt. „Er ist ein Mann des Friedens und er versucht, Frieden zu schaffen, König Abdallah ist ein guter, guter Mann.“
Damit ist die längste Auslandsreise des Pontifikats zu Ende. Franziskus hat gezeigt, dass er auch eine solch anstrengende Unternehmung gut meistern kann. Ende September steigt er wieder in den Flieger und besucht Luxemburg und Belgien. Am Montag wird im Vatikan bei einer Pressekonferenz zur bevorstehenden Synode die Arbeitsweise und das Programm für die vierwöchigen Beratungen vorgestellt. In diesen Tagen geht es Schlag auf Schlag und es ist eine wichtige Phase im Pontifikat, in der auch Weichen gestellt werden für die Zukunft der Kirche über Franziskus hinaus. Dass er bereits zum siebten Mal Asien besuchte, könnte auch als ein Hinweis verstanden werden, dass dieser Kontinent künftig stärker in den Blick gerät.
6 Kommentare
Mit seinen 87 Jahren präsentiert sich unser Papst erstaunlich fit, gut so. In dem Zustand darf er gern 100 werden. Das hätte es dann wohl seit 800 Jahren nicht mehr gegeben. Ich wünsche ihm Gesundheit und Freude an Gott und den Menschen, so wie sie in seiner Konferenz auch zum Ausdruck kommt.
Man wundert sich schon ein wenig, wenn manchmal Kommentare verschwinden und dann manchmal irgendwie wieder auftauchen und die Kommentarfunktion dann plötzlich geschlossen ist…
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Wo und wie bitte, wurde mit meinen Fakten zu China gegen die Netiquette verstoßen ? Das hätte ich am Text schon gern von Ihnen erklärt, Herr Erbacher…
Wo wurde ein Kommentar von Ihnen zu China nicht freigeschaltet?
Die Antwort auf einen Kommentar von @Novalis zu China was die Missionierung der Jesuiten anbetraf, der dann jedoch plötzlich ebenfalls verschwand…
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