Papst: Möchte Hoffnung hinterlassen
„Beginnen wir im Kleinen, im Wesentlichen, bei dem was nicht in den Geschichtsbüchern steht, aber die Geschichte verändert.“ Mit dieser Botschaft verabschiedete sich Papst Franziskus am Sonntag von den Menschen im Südsudan. Auch wenn sie schwach seien, könnten die Christen einen entscheidenden Beitrag zur Veränderung der Geschichte leisten. Er rief einmal mehr zur Überwindung von Hass und Stammesdenken auf. Die Christen sollten zeigen, „dass wir Menschen sind, die fähig sind, Freundschaftsbande zu knüpfen, Geschwisterlichkeit zu leben, gute menschliche Beziehungen aufzubauen, um zu verhindern, dass die Verderbnis des Bösen, die Krankheit der Spaltung, der Schmutz der ungerechten Geschäfte, sowie die Plage der Ungerechtigkeit die Oberhand gewinnt“. Der Erzbischof der Hauptstadt Juba, Stephen Ameyu Martin Mulla, nutzte seine Dankesworte an den Papst für den Besuch im Land, um noch einmal die Enttäuschung der Südsudanesen zum Ausdruck zu bringen, dass die politischen Führer den Friedensprozess nicht schneller voranbringen.
Hass und Rache überwinden
Am Ende waren es nach offiziellen Angaben rund 100.000 Menschen, die zum Abschlussgottesdienst mit Papst Franziskus in der Hauptstadt Juba gekommen waren. Trotz großer Freude, als der Pontifex mit dem Papamobil durch die Reihen fuhr, war die Stimmung über weite Strecken jenseits der Kameras eher ernst und ruhig. Viele Menschen wirkten müde angesichts der zermürbenden Konflikte im Land, des schleppenden Versöhnungs- und Friedensprozesses, der großen Armut und Ungerechtigkeit. Und die Welt schaut weg. Das wollten Papst Franziskus, Erzbischof Welby und der Moderator der schottischen Kirche, Iain Greenshields, durch die gemeinsame Pilgerfahrt ändern. Zumindest im englisch- und französischsprachigen Raum wurde die Reise mit Aufmerksamkeit verfolgt. In Deutschland waren andere Themen wichtiger, der Besuch des Papstes in Afrika blieb eine Randnotiz.
Für Franziskus aber ist entscheidend, was im Südsudan passiert. Und wieder versuchte er, die Menschen, wie schon bei der ersten Etappe in der Demokratischen Republik Kongo, zu motivieren, sie aus ihrer Lethargie herauszureißen und deutlich zu machen, entsprechend eines Sprichworts, das er im Kongo beim Treffen mit den Hilfswerken zitiert hatte: „Auch tausend Schritte beginnen mit einem ersten Schritt“. „Legen wir im Namen Jesu und seiner Seligpreisungen die Waffen des Hasses und der Rache nieder, um zum Gebet und zur Nächstenliebe zu greifen; überwinden wir jene Antipathien und Abneigungen, die im Laufe der Zeit chronisch geworden sind und die Gefahr bergen, Stämme und ethnische Gruppen gegeneinander aufzubringen; lernen wir, das Salz der Vergebung, das brennt, aber heilt, auf unsere Wunden zu streuen.“ So griff er in der Predigt zum Abschluss seiner Reise noch einmal die zentralen Themen auf. Am Ende stellte er beim Angelusgebet fest, dass es ihm eben darum ging, den Menschen Hoffnung zu geben. Dabei betonte er noch einmal, dass er dabei besonders auf die Frauen setze, denn, so führte Franziskus aus, „dass die Hoffnung, insbesondere hier, im Zeichen der Frau steht, und ich möchte allen Frauen des Landes in besonderer Weise danken und sie segnen“.
Erste Erfolge
Diese hatte er schon einmal geben wollen, 2019 beim Gebet für den Südsudan mit den wichtigsten politischen Führern im Vatikan und seiner überraschenden Geste, diesen die Füße zu küssen. Passiert ist seitdem wenig. So bleibt am Ende einmal nur die Hoffnung, dass dieses Mal Fortschritte gelingen. Dass Präsident Salva Kiir ankündigte, dass die „Rom-Gespräche“ wieder aufgenommen werden sollen, ist ein erster Erfolg dieser Reise. Vertreter von Sant’Egidio, die die Gespräche moderieren, wollen vielleicht schon im März, spätestens aber bis Mai ein Treffen mit Vertretern der Regierung und den Rebellengruppen organisieren, die den Friedensschluss von 2018 bisher nicht akzeptieren. Die Begnadigung von 76 Inhaftierten, darunter 36 zum Tode Verurteilte am Freitagabend durch den Präsidenten nach dessen Treffen mit den drei Kirchenführern, ist ein weiterer kleiner Erfolg.
Franziskus wird sich am Ende nicht vorwerfen lassen können, er habe nicht alles versucht. Das gilt auch für seine Mission in der Demokratischen Republik Kongo. In beiden Ländern könnte der Besuch den Kräften einen Pusch geben, die sich für mehr Gerechtigkeit, gegen Korruption und für Versöhnung einsetzen. Beide Länder stehen auch nach dem Abflug des Papstes noch unter Beobachtung. Die Entwicklungen der nahen Zukunft werden an vielen Stellen immer rückgebunden werden an den Besuch des Papstes. Das ist eine Chance für die Menschen in beiden Ländern, allerdings auch ein Risiko für Franziskus. Wenn sich nichts zum Guten wendet, werden die Fragen lauter werden, was der Pontifex überhaupt noch bewegen kann. Vielleicht ist es am Ende auch nur das, dass ein Teil der Weltöffentlichkeit in seinem Gefolge für einen Augenblick die Probleme von Ländern und vor allem Menschen in den Blick nimmt, die sonst vergessen sind.