Papst: Kirche muss prophetisch sein
Papst Franziskus hat die Bischöfe der Demokratischen Republik Kongo aufgefordert, als prophetische Stimme gegen Gewalt, Ausbeutung und Korruption zu wirken. Dabei gehe es nicht um direkte politische Aktion. Es gehe um eine „Verkündigung des Wortes, um die Gewissen wachzurütteln“. Beim Treffen mit den Bischöfen des Landes warnte er vor Karrierismus und einer zu großen Nähe zur „Macht“ und mahnte zu einem evangeliumsgemäßen Lebensstil und Handeln. „Wir sind Hirten und Diener des Volkes, keine Geschäftsleute!“, gab er seinen Mitbrüdern mit auf den Weg. Es war der letzte Termin im Kongo, bevor Franziskus am späten Vormittag in Richtung Südsudan weiterreiste.
Der Papst und die Propheten
Auch beim letzten Termin in der Demokratischen Republik Kongo ließ Papst Franziskus es sich nicht nehmen, die größten Herausforderungen des Landes noch einmal zu benennen: die Verwundung der Schöpfung durch „ausbeuterischen Egoismus“, die „gnadenlose Gewalt“ unter dem ein „gekreuzigtes und unterdrücktes Volk“ leide, „das gezwungen ist, mit den trüben Wassern der Korruption und Ungerechtigkeit zu leben, die die Gesellschaft verschmutzen“. Die Kirche müsse an der Seite der Menschen stehen, mahnte der Papst. „Die Verkündigung des Evangeliums, die Gestaltung des pastoralen Lebens, die Führung des Volkes können sich nicht in Prinzipien erschöpfen, die von der Realität des Alltags weit entfernt sind, sondern müssen die Wunden berühren und göttliche Nähe vermitteln, damit die Menschen ihre Würde als Kinder Gottes entdecken und lernen, hoch erhobenen Hauptes zu gehen und angesichts von Erniedrigung und Unterdrückung niemals den Kopf zu senken.“
Es fällt auf, dass sich Franziskus in diesen Tagen immer wieder der Propheten bedient. Am Donnerstag beim Treffen mit dem Klerus, Ordensleuten und Seminaristen war es Jesaja mit seinen tröstenden Worten, heute Jeremia mit seiner aufrüttelnden Botschaft, die Missstände anzuprangern und die Gewissen zu wecken. „Es geht um die Mitgestaltung einer neuen Geschichte, die Gott inmitten einer Welt der Verderbnis und Ungerechtigkeit aufbauen will“, erklärte der Pontifex. „Deshalb müssen wir die giftigen Pflanzen des Hasses und des Egoismus, des Grolls und der Gewalt ausreißen; die dem Geld und der Korruption geweihten Altäre niederreißen, ein Zusammenleben auf der Grundlage von Gerechtigkeit, Wahrheit und Frieden aufbauen; und schließlich die Samen des Neubeginns einpflanzen, damit der Kongo von morgen wirklich der ist, von dem der Herr träumt: ein gesegnetes und glückliches Land, das nie wieder geschändet, unterdrückt und blutbefleckt ist.“
Trösten und Mut machen
Die Kirche kann aus der Sicht des Papstes dieser Aufgabe dann gerecht werden, wenn ihre Vertreter glaubwürdig sind, „vor allem in der Pflege der Gemeinschaft, im Bereich der Moral und in der Verwaltung der Güter“. Sie müssten ein Vorbild an Geschwisterlichkeit sein und „eine dem Evangelium entsprechende Einfachheit“ leben. Er warnte davor, im Bischofsamt eine Möglichkeit zu sehen, „die soziale Leiter hinaufzusteigen und Macht auszuüben“. Bei seinen Mahnungen blieb Franziskus, wie schon gestern beim Treffen mit dem Klerus, allgemein. Herausforderungen, denen sich die Kirche in Afrika, etwa beim Zölibat und dem Umgang mit Ressourcen, zu stellen hat, benannte er nicht konkret. Dafür aber war auch ein Thema heute wieder präsent, das sich durch alle Ansprachen während des Aufenthalts im Kongo zog: die Versöhnung über soziale und ethnische Gruppen hinweg.
Er komme als „Pilger der Versöhnung und des Friedens“ hatte Franziskus zum Auftakt seines Besuchs in dem Land im Herzen Afrikas am Dienstag erklärt. Aus unterschiedlichen Perspektiven hat er die beiden Themen in seinen Ansprachen beleuchtet. Zudem legte er einen starken Akzent auf das Trösten und Mut-Zusprechen. Der Pontifex verneigte sich vor den Leiden der Kongolesinnen und Kongolesen, er versicherte ihnen seine Unterstützung und er wurde nicht müde zu betonen, dass jede und jeder Einzelne wichtig sei, einzigartig. Es wirkte, als wolle er ein Volk wiederaufrichten, ihm Selbstbewusstsein zurückgeben, das unter Gewalt, Fremdbestimmung und Erniedrigung leidet. Letzten Endes kann er nur ein Sämann sein für Versöhnung und Frieden. Ob die Saat aufgeht, liegt nicht in seiner Hand. Wunder zu erwarten, wäre übertrieben. Vielleicht hat er deshalb die Bischöfe zum Abschluss darauf eingeschworen, eine prophetische Rolle einzunehmen.