Synodaler Weg auf Reformkurs

Aufhebung des Pflichtzölibats, Öffnung des Weiheamts für Frauen – mit großer Mehrheit hat die Vollversammlung des Synodalen Wegs am Freitag wichtige Richtungsentscheidungen getroffen. Das Ziel ist noch in weiter Ferne. Das ist den Synodalen in Frankfurt klar. Dennoch war nach der Abstimmung über den Grundtext „Frauen in Diensten und Ämtern in der Kirche“ von einem „historischen Moment“ die Rede. Schon am Morgen gab es langen Applaus, als der Text zum Zölibat verabschiedet wurde. Bisher haben damit alle Reformtexte große Mehrheiten bekommen. Am Abend stimmte die Versammlung auch einem Text über die „Einbeziehung der Gläubigen in die Bestellung des Diözesanbischofs“ in zweiter Lesung zu.

Bei der Messe am Freitagmittag predigten die ZdK-Präsidentin Irmen Stetter-Karp und der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, gemeinsam. (Quelle: Erbacher)

Debatte ohne Polemik

Nachdem am ersten Abend der Orientierungstext, der dem ganzen Prozess eine theologische Grundierung gibt, sowie der Text zu „Macht und Gewaltenteilung“ bereits mit einer großen Mehrheit verabschiedet worden waren, kam die Synodalversammlung am Freitag regelrecht in einen Flow. Trotz jeweils sehr kontroverser Positionen bei den Wortbeiträgen vor den Abstimmungen, fanden sich am Ende doch die entsprechenden Mehrheiten pro Reformen. Dabei haben sich auch am Freitag die Bischöfe wieder intensiv in die Debatte eingebracht. Anders als bei der vergangenen Synodalversammlung unterblieb es bisher, dass abweichende Meinungen durch Folgewortbeiträge oder rote Karten kommentiert wurden. Dies führte bei der Synodalversammlung im Herbst vergangenen Jahres zu Unmut. Vor allem die eher konservativen Vertreterinnen und Vertreter, die erkennbar in der Minderheit sind, sahen sich damals teilweise polemischen Reaktionen auf ihre Eingaben ausgesetzt. Das ist bei der aktuellen Versammlung anders.

Sehr realistisch zeigten sich die Bischöfe bei der Einschätzung der Situation des Priesternachwuchses in Deutschland. Laut Erzbischof Stefan Heße gibt es aktuell in Hamburg keinen Kandidaten. Der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck sprach von einer dramatischen Situation in vielen Bistümern. Man könne nicht sagen, dass es bald keine Kandidaten mehr gebe. „Sie sind nicht mehr da“, konstatierte Overbeck. Bei der Debatte über den Text, der auch die Abschaffung des Pflichtzölibats behandelt, wurde mehrfach davor gewarnt, sich auf die orthodoxe Praxis zu berufen. Unter anderem wurde darauf verwiesen, dass in der Orthodoxie zwar verheiratete Männer zu Priestern geweiht werden könnten, aber nicht – einmal geweihte – Priester heiraten könnten. Der vorliegende Text spricht einerseits über den Wert der Ehelosigkeit, fordert zugleich aber auch die Öffnung der Zugangswege zum Priesteramt für verheiratete Männer. Der Papst wird zudem aufgefordert, Priester, die heiraten, im Amt zu belassen. Am Ende der Debatte des Textes „Zölibat der Priester – Stärkung und Öffnung“ stimmten 159 Synodale mit Ja, 26 mit Nein bei sieben Enthaltungen.

Sakramentale Ämter für Frauen

Bei der Frauenfrage arbeitet der Synodale Weg mit mehreren Vorschlägen. Einmal geht es um die grundsätzliche Debatte der sakramentalen Ämter für Frauen. Zum anderen wurde ganz konkret ein Text mit der Forderung nach einem Diakonat der Frau verabschiedet. Die Synodalen sehen offenbar die Chance, dass an dieser Stelle möglichst schnell etwas erreicht werden könnte. Deshalb wurde dieser Aspekt noch einmal gesondert formuliert. Die Bischöfe sollen in Rom über ein Indult möglichst schnell eine Genehmigung für die Einführung dieses Amtes in Deutschland erreichen. Der Münchner Kardinal Reinhard Marx zeigte sich skeptisch, dass der Vatikan diese Genehmigung erteilen werde, sprach sich aber gleichwohl für ein solches Amt aus.

Werden die Texte zu „Frauen und Ämter“ bei einer der nächsten Synodalversammlungen in der Grundausrichtung endgültig verabschiedet, wie sie jetzt in der ersten Lesung besprochen wurden, bekommen die Bischöfe den Auftrag, auf weltkirchlicher Ebene das Thema der sakramentalen Ämter für Frauen voranzubringen. Dabei wird in dem entsprechenden Text betont: „Nicht die Teilhabe von Frauen an allen kirchlichen Diensten und Ämtern ist begründungspflichtig, sondern der Ausschluss von Frauen vom sakramentalen Amt.“

Stärkere Vernetzung mit Rom

Am Rande der Vollversammlung kündigte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, an, dass es eine gemeinsame Gesprächsgruppe des Präsidiums des Synodalen Wegs mit dem Sekretariat der Bischofssynode in Rom geben wird. Dadurch soll eine engere Vernetzung erreicht werden. Die Gruppe ist Ergebnis eines gemeinsamen Gesprächs Bätzings mit dem Leiter des Synodensekretariats, Kardinal Mario Grech, und Papst Franziskus Anfang Januar im Vatikan. Bätzing erklärte gegenüber dem ZDF, dass der Papst sich bei dem einstündigen Treffen sehr interessiert und informiert gezeigt habe. Allerdings bleibe bei Franziskus auch eine Skepsis. „Der Papst geht ja immer davon aus, hören, hören, hören, nicht so schnell entscheiden, nicht so viele Strukturen. Er sagt uns auch, ihr Deutschen macht immer Texte.“ Er habe dem Papst deutlich machen können, dass es nicht um Texte gehe, sondern darum, das Handeln der Kirche zu verändern. „Und da ist der Papst total auf unserer Seite“, so Bätzing.

Am Ende des 2. Tages herrscht trotz mancher satzungstechnischer Hürden Zuversicht, dass der Synodale Weg auf der richtigen Spur ist. Der Druck auf die Synodalen ist groß, dass es Veränderungen gibt. Das spüren auch die Bischöfe und zeigen Mut, oder vielleicht besser Realismus, in ihren Wortbeiträgen und bei den Abstimmungen. Das zeigte sich am Freitagabend, als 42 Bischöfe für die Einbeziehung der Gläubigen in die Bischofsbestellung stimmten, elf waren dagegen, 4 enthielten sich der Stimme. Bei der zweiten Lesung der Texte werden die Bischofsstimmen separat ausgewiesen, denn es ist deren Zweidrittelmehrheit notwendig, damit sie wirklich angenommen sind. Damit bestätigte sich, was sich am ersten Tag abzeichnete. Es gibt jeweils rund ein gutes Dutzend Bischofsstimmen gegen die Reformvorschläge, während Dreiviertel der Bischöfe dafür sind.

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Jürgen Erbacher

Seit Juli 2018 leite ich die ZDF-Redaktion "Kirche und Leben katholisch", für die ich seit 2005 über die Themen Papst, Vatikan, Theologie und katholische Kirche berichte. Dafür pendle ich regelmäßig zwischen Mainz und Rom - meiner zweiten Heimat. Dort habe ich vor meiner ZDF-Zeit mehrere Jahre gelebt und für Radio Vatikan gearbeitet. Studiert habe ich Politikwissenschaft und Katholische Theologie in Freiburg i.Br. und Rom.

2 Kommentare

  • Erasmus
    08.02.2022, 2:42 Uhr.

    EINFALLSPFORTE FRAUENDIAKONAT
    Auf den ersten Blick scheint der Weg zum Diakonat der Frau versperrt, denn der Canon 1024 des Kirchenrechtes lautet: „Die heilige Weihe empfängt gültig nur ein getaufter Mann.“ Nimmt man allerdings Johannes Pauls II. berühmt-berüchtigtes DIKTUM von 1994 hinzu: „… dass die Kirche keinerlei Vollmacht hat, Frauen die Priesterweihe zu spenden“, so fällt auf, dass hier nur von der Priesterweihe die Rede ist.
    Benedikt nimmt im Jahr 2009 eine qualitative Unterscheidung vor: Mit der Priester- und der Bischofsweihe werde „die Sendung und die Vollmacht, in der Person Christi, des Hauptes, zu handeln“ übertragen. Ein Diakon hingegen habe die Aufgabe, „dem Volk Gottes in der Diakonie der Liturgie, des Wortes und der Liebe zu dienen“. Das läuft auf eine ABKOPPLUNG DES DIAKONATS von den beiden höheren Weihestufen hinaus.
    Was die Diakone damals erboste, könnte aktuell die Einfallspforte zur Etablierung des Frauendiakonats sein. Denn eine Veränderung des Kanon 1024 wäre ein langer und steiniger Weg. Nachdem dem Diakonat der Frau aber nichts Grundsätzliches entgegensteht, könnte man über ein INDULT – eine päpstlichen Sondererlaubnis – eine rasche Genehmigung für die Weihe von Frauen zu Diakoninnen erlangen. In diesem Fall würden sich die Bischöfe einer bestimmten Region zusammentun, beim Papst eine AUSNAHMEGENEHMIGUNG zur Diakoninnen-Weihe beantragen, und dieser könnte dann ein Partikulargesetz erlassen. Weltkirchlich wäre dieses Vorgehen durch das Prinzip „Einheit in der Vielfalt“ gedeckt.
    Aber kann man bei einem solchen Ansinnen auf Franziskus zählen? Seine Antwort auf die Forderung der Amazonien-Synode im Herbst 2019, „den ständigen Diakonat für Frauen einzurichten“, fiel jedenfalls ernüchternd aus. Zunächst hob er die Leistung von charismatischen Frauen hervor, die jahrelang priesterlosen Gemeinden vorstanden, um anschließend die Möglichkeit der WEIHE VON FRAUEN zu DIAKONINNEN als Reduktionismus und KLERIKALISIERUNG zu diskreditieren. (Nr. 100) Da werden die deutschen Bischöfe einiges an Überzeugungsarbeit zu leisten haben.

    • Wanda
      09.02.2022, 17:29 Uhr.

      Erasmus 08.02. 2:42
      – Deutlicher geht’s nicht: der kaum zu fassende Schwachpunkt ist leider dieser Papst Franziskus, der nie eine feste Position bezieht und Klartext spricht, und wenn er sich mal vorwagt, nimmt er seine Worte kurze Zeit später (auf welche Ratgeber hin ?) wieder zurück. In ihm ist das Problem der Amtskirche verkörpert…

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