Weltweite Synode: Platzt die Bubble?
Es geht los! An diesem Wochenende startet im Vatikan die 16. Ordentliche Weltbischofssynode. Die Synode ist dieses Mal nicht nur ein dreiwöchiges Treffen von Bischöfen und Kardinälen im Vatikan, sondern ein zwei Jahre dauernder Synodaler Prozess. Alle sollen gehört und beteiligt werden, lautet das Credo. Das Ziel ist hehr und die Worte zum Auftakt am Samstag im Vatikan auch. Doch von der Realität ist der Papst und sein Synodenteam noch weit entfernt. Bei der Veranstaltung in der Synodenaula bewegten sich die Teilnehmenden in der üblichen katholischen Heile-Welt Blase.
Der Weg ist das Ziel
Alle sollen beteiligt werden. Das war die Botschaft, die von der Auftaktveranstaltung am Samstagmorgen in der Synodenaula ausgehen sollte. Die, die dann sprachen, gehörten aber eher zum „Inner Circle“ der katholischen Kirche. Die die am Rand stehen oder gar die Kirche verlassen haben, kamen nicht zu Wort. Allerdings geht der Synodale Prozess erst los und auf dem Weg kann noch viel passieren. Zumal es bisher nicht wirklich klar ist, wohin die Reise geht. „Ich muss gestehen, ich habe keine Ahnung, was für ein Arbeitspapier ich schreiben werde. Die Seiten sind weiß“, erklärte Kardinal Jean-Claude Hollerich, Generalrelator der Synode, am Samstagmorgen. Der Weg ist bei dieser Synode bereits ein wichtiges Ziel, wenn auch nicht das einzige.
Das ganze Volk Gottes soll mitgenommen werden. Allerdings sieht es im Moment so aus, als wären die Gläubigen nur in der ersten Phase des „Hinhörens“ beteiligt, wenn es dann um das „Discernimento“ geht in der zweiten und dritten Phase sind die Bischöfe die entscheidend Handelnden. Und am Ende wird der Papst seine Schlüsse aus dem ganzen Prozess ziehen und den Ortskirchen seine Ergebnisse in Form eines nachsynodalen Schreibens präsentieren. In der zweiten Phase werden auf kontinentaler Ebene die Eingaben der Ortskirchen beraten, die dritte Phase ist dann die mehrwöchige Versammlung der Bischöfe im Oktober 2023 im Vatikan. Zwar werden die Organisatoren des weltweiten Synodalen Prozesses in diesen Tagen nicht müde zu betonen, dass das ganze Volk beteiligt sei und das gerade das Neue bei dieser Synode sei. Doch wenn sie darauf angesprochen werden, dass von Zweidrittel des Wegs das Volk ausgeschlossen ist, verstummt die engagierte Rede. Allerdings lassen die ersten Papiere offen, ob auch in der zweiten und dritten Phase die Laien mit eingebunden werden können.
Es geht um Ekklesiologie.
Anders als bei den Synoden zur Familie, Jugend oder Amazonas steht dieses Mal am Anfang nicht ein umfassender Fragebogen, sondern alles dreht sich um eine einzige Frage. Im Vorbereitungspapier heißt es: „Eine synodale Kirche, die das Evangelium verkündet, ‚geht gemeinsam‘: wie verwirklicht sich dieses ‚gemeinsame Gehen‘ heute in Ihren Teilkirchen? Welche Schritte lädt der Geist uns ein, zu gehen, um in unserem ‚gemeinsam Gehen‘ zu wachsen?“ Diese Frage wird schließlich in zehn Themenfeldern konkretisiert. Letztendlich steht bei diesem Synodalen Prozess auf Weltebene eine methodologische Frage im Mittelpunkt: Wie geht „synodale Kirche“? Die Ekklesiologie steht im Mittelpunkt. Um Moralfragen etwa geht es nicht.
Darin unterscheidet sich dieser weltweite Synodale Prozess vom Synodalen Weg in Deutschland. Die beiden Foren zum „Leben in gelingenden Beziehungen“ und der „priesterlichen Existenz heute“ sind auf universaler Ebene kein Thema. Lediglich Fragen aus dem „Forum 1“ zu „Macht und Partizipation“ sowie Teile des „Forums 3“ zu „Frauen in Diensten und Ämtern der Kirche“ werden auch beim weltweiten Prozess eine Rolle spielen. Dass die Frauenfrage ein Thema sein wird, zeigte sich schon zu Beginn. Dominique Yon aus Südafrika sprach bei der Auftaktveranstaltung von der Herausforderung, die kirchlichen Strukturen „inklusiv“ zu gestalten, in dem „bewusst die Frauen und Jugendlichen in die Prozesse mit eingebunden werden“. Agatha Lydia Natania aus Indonesien wiederholte diese Forderung bei einem Treffen mit Journalisten. Sie fügte hinzu, dass sich viele junge Menschen von der Kirche abwendeten, weil sie nicht ernstgenommen, gehört und eingebunden würden.
Papst warnt vor Risiken
Papst Franziskus versucht mit seiner Ansprach zu Beginn einige Leitplanken vorzugeben. Wichtig sei es, gemeinsam unterwegs zu sein und die Einheit zu wahren. „Diese Einheit müssen wir unerschütterlich festhalten und verteidigen, vor allem wir Bischöfe, die wir in der Kirche den Vorsitz haben, damit wir auch das Bischofsamt selbst als ein einziges und ungeteiltes erweisen“, zitiert er den heiligen Cyprian aus dem dritten Jahrhundert. Als Schlüsselworte der Synode benennt er Gemeinschaft, Partizipation und Mission. Die Teilnahme ergebe sich „notwendig aus dem Glauben an die Taufe“, führt er aus. Deshalb seien alle aufgerufen, „am Leben der Kirche und ihrer Sendung teilzunehmen“. Die Gemeinschaft bezieht er dabei auch auf die Teilhabe. Sie dürfe keine „fromme Absicht“ bleiben. „Wir haben in diesem Bereich Fortschritte gemacht, aber es ist noch etwas mühsam, und wir können nicht umhin, das Unbehagen und das Leid vieler pastoraler Mitarbeiter, der partizipativen Organe in den Diözesen und Pfarreien, der Frauen, die oft noch am Rande stehen, zu registrieren. Die Teilnahme aller ist eine wesentliche kirchliche Verpflichtung!“
Drei Risiken benannte Franziskus für den Synodalen Prozess: Formalismus, Intellektualismus und Immobilität. Wenn es um eine synodale Kirche gehe, dürfe man sich nicht mit der Form zufriedengeben, „sondern [wir] brauchen auch Substanz, Instrumente und Strukturen, die den Dialog und die Interaktion innerhalb des Gottesvolkes fördern, insbesondere zwischen Priestern und Laien“. Das erfordere „eine Veränderung bestimmter „von oben herab“ gerichteter, verzerrter und einseitiger Vorstellungen von der Kirche, dem priesterlichen Dienst, der Rolle der Laien, der kirchlichen Verantwortung, der Leitungsfunktion usw.“. Er mahnte, das „konkrete Leben“ der Menschen nicht aus dem Blick zu verlieren. Schließlich warnte er vor dem Risiko „dass am Ende alte Lösungen für neue Probleme angewendet werden: ein Zusammenflicken mit neuem Stoff, woraus am Ende ein noch schlimmerer Riss entsteht“.
Papst redet und geht
Will der Papst also doch strukturelle Veränderungen? Oder geht es nur darum, „verzerrte“ Ausprägungen der bestehenden Strukturen aufzuarbeiten? Das ließ Papst Franziskus offen. Für viele überraschend verließ er nach seiner Rede zum Auftakt der Veranstaltung diese beinahe fluchtartig. Offenbar hatte er keine Zeit oder Lust, sich die Zeugnisse der Laien und Bischöfe aus aller Welt, die folgten, anzuhören. Angesichts dessen, dass die Organisatoren immer wieder betonen, dass das Zuhören entscheidend ist bei diesem Synodalen Prozess, irritierte das Vorgehen des Papstes. Vielleicht lag es schlicht an schlechter vatikanischer Terminplanung, denn im Apostolischen Palast wartete die Sprecherin des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, und in der Audienzhalle eine Parlamentariergruppe, die sich mit dem kommenden UN-Klimagipfel COP26 beschäftigt.
Der Anfang ist gemacht. Wenn der Synodale Prozess die katholische Heile-Welt-Bubble nicht verlässt, wird sich nicht viel ändern. Dann wird es der Kirche aber auch nicht gelingen, nahe bei den Menschen zu sein, wie es Franziskus immer wieder fordert. In den vergangenen Wochen hat er immer wieder selbst angemahnt, dass den Worten Taten folgen müssten. Jetzt können er und seine Regisseure der Synode beweisen, dass sie selbst danach handeln.
P.S. Alle Texte der Auftaktveranstaltung gibt es hier.
3 Kommentare
WO SYNODALITÄT DRAUFSTEHT, IST NICHT UNBEDINGT SYNODALITÄT DRIN
Am 7. März 2020 ließ Papst Franziskus verkünden, dass die Weltbischofssynode im Vatikan im Oktober 2022 sich dem Thema „SYNODALITÄT“ widmen werde. 14 Monate später annoncierte Radio Vatikan eine Synode 2.0. Jetzt wird von einem drei-stufigen synodalen Weg gesprochen, dessen Schlussakkord die um ein Jahr verschobene Bischofssynode in Rom sein wird. Hat der Vatikan die ZEICHEN DER ZEIT erkannt, oder geht es vor allem darum, disparate Synodalprozesse, die gegenwärtig in unterschiedlichen Weltregionen stattfinden, einzufangen?
Meine These ist, dass ein Hauptmotiv darin besteht, den deutschen Synodalen Weg unschädlich zu machen. Ein erster Hinweis ist, dass Rom den Terminus Synodaler Weg übernimmt, der allein von seiner Größenordnung her, den ursprünglich deutschen Synodalen Weg ÜBERSCHREIBT.
Rom scheiterte mit seinen jüngsten Versuchen, Reformansätze in Deutschland auszubremsen. Die kurial oktroyierte PFARREIEN-INSTRUKTION rief öffentlichen Widerspruch von Bischöfen hervor, beim 3. Ökumenischen Kirchentag in Frankfurt gab es – befürwortet von Bischof Bätzing – EUCHARISTIEGEMEINSCHAFT, auf das römische SEGNUNGSVERBOT von gleichgeschlechtlich Liebenden antworteten deutsche Katholiken mit der Aktion „Liebe gewinnt“.
Wen du nicht besiegen kannst, den musst du UMARMEN. Dabei wird dem deutschen Synodalen Weg die Luft ausgehen, denn er hat seine Anliegen in die kontinentale Phase der Synode 2.0 einzubringen. Dort werden mindestens 33 Präsidenten innereuropäischer Bischofskonferenzen beratschlagen und am Ende ein gemeinsames Papier verabschieden. Sollten mutige Vorstöße des Synodalen Weges tatsächlich Eingang in das kontinentale Abschlussdokument finden, so werden diese spätestens bei der bis zum November 2022 in Rom erfolgenden Erarbeitung des ersten Instrumentum laboris GESCHLIFFEN werden.
Die SYNODE 2.0 könnte man so charakterisieren: Jeder Gläubige kann sich prinzipiell in seiner Teilkirche äußern. Bestenfalls spiegeln sich prägnante Positionen rundgewaschen in dem einen oder anderen Dokument wider. Bei der Bischofskonferenz, der es obliegt den Papst zu beraten, sind die Laien außen vor, und am Ende entscheidet allein der Pontifex über die inhaltliche Ausrichtung des Nachsynodalen Schreibens.
In den Worten des Vorbereitungsdokumentes: „Die Konsultation des Gottesvolkes bringt keineswegs die Übernahme der Prinzipien der DEMOKRATIE … im Innern der Kirche mit sich.“
Erasmus:
– Scharfsinnige Analyse und zugleich deprimierende Prognose. Zum letzten Satz: welchen Wert also soll man also den mahnenden Auftritten des Papstes vor den internationalen Parlamenten und Versammlungen beimessen, bei denen er immer wieder die Verwirklichung der Menschenrechte anmahnt, schliesslich gehört die Demokratie dazu, wird aber von seiner Amtskirche für sein „Gottesvolk“ selbst abgelehnt ? So ist und bleibt er völlig unglaubwürdig.
Interessant finde ich, was ANDREAS BATLOGG SJ heute im Deutschlandfunk gesagt hat. Dieser brachte seine Enttäuschung zum Ausdruck, dass der Papst nicht auf das 2/3 Votum der Bischöfe der Amazonien-Synode eingegangen ist, die sich für ihre Region ‚VIRI PROBATI‘ gewünscht hätten.
Der Papst hätte wohl den Eindruck gehabt, dass einige mit einer fixen Agenda in die Synode hineingegangen wären, und es nur noch um ein Ringen um die Mehrheit ging. Ihm als Jesuiten fehlte die GEISTLICHE UNTERSCHEIDUNG, und diese bedeutet, nicht die eigene unsichtbare Matrize im Hinterkopf zu haben, sondern zunächst einmal hinzuhören, zu beten, zu meditieren, sich auszutauschen. Argumente sind dabei nur ein Element.
So gesehen erfüllte die Synode nicht Franziskus‘ Anforderungen an einen geistlichen Prozess.
Ich kann dem päpstlichen Verständnis von DIALOG durchaus etwas abgewinnen. Wenn zwei unvereinbare Positionen aufeinandertreffen, macht es Sinn, einer dritten – möglicherweise vom heiligen Geist inspirierten – Position eine Chance zu geben, die im Vorstellungsspektrum der beiden konträr zueinander stehenden Personen, Lager zunächst nicht vorhanden war.
Nur greift dieses Strukturmodell bei dem Thema PRIESTERMANGEL nicht. Denn hier bleibt nur, alles beim Alten zu belassen, oder eine Öffnung vorzunehmen, sei es in Richtung ‚Viri probati‘, Diakonat der Frau oder freiwilliges Zölibat.
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