Papst fordert weltweite Solidarität

Ostern 2020 ist auch im Vatikan ganz anders als je zuvor. Ein leerer Petersplatz, ein leerer Petersdom, in dem Papst Franziskus mit wenigen Menschen das Ostertriduum feiert. Und auch die Botschaft des Pontifex zum Segen Urbi et Orbi war anders als zuvor. Sind die Ansprachen sonst beinahe austauschbar, weil die Päpste die „üblichen“ Krisen der Welt aneinanderreihen und an Menschen am Rand der Gesellschaft erinnern, stand in diesem Jahr die Corona-Pandemie und ihre Folgen in Mittelpunkt der Osterbotschaft von Franziskus. Sie war ein flammender Appell für eine globale Solidarität in der Krise. Der Papst ist besorgt, Corona könnte die Welt spalten mit ungeahnten Konsequenzen. Die Zukunft der Welt hängt an Europa, ist Franziskus überzeugt.

Der Papst spendet den Segen Urbi et orbi im leeren Petersdom. (Quelle: epa)

Sorge um Zukunft der Menschheit

„Gleichgültigkeit, Egoismus, Spaltung und Vergessen sind wahrlich nicht die Worte, die wir in dieser Zeit hören wollen. Wir wollen sie aus allen Zeiten verbannen!“ Das ist die Botschaft von Papst Franziskus an die Welt zu Ostern 2020. Er würdigte den Einsatz vieler in der aktuellen Krise, versuchte Mut zu machen mit seiner Osterbotschaft, denn gerade Ostern sei ein Fest der Hoffnung, von dem sich die Menschen anstecken lassen sollten. Doch der Papst sorgt sich um die Zukunft der Menschheit angesichts der aktuellen weltweiten Krise. Das machte er in seiner Ansprache beim Urbi et orbi am Ostersonntag deutlich.

Ohne konkrete Namen zu nennen, forderte er die Lockerung internationaler Sanktionen, damit die betreffenden Länder „ihre Bürger angemessen unterstützen können“. Er sprach sich für einen teilweisen oder totalen Schuldenerlass für die ärmsten Länder aus, damit sie entsprechende Maßnahmen zum Schutz ihrer Bürger veranlassen können. Mit Blick auf Europa erinnerte Franziskus an den Wiederaufbau des Kontinents nach dem Zweiten Weltkrieg. Dieser sei möglich gewesen, „weil ein konkret spürbarer Geist der Solidarität es ermöglichte, die Rivalitäten der Vergangenheit zu überwinden“. Er warnte davor, dass unter den heutigen Umständen diese Rivalitäten wieder aufleben könnten. „Lasst uns nicht die Gelegenheit versäumen, einen weiteren Beweis der Solidarität zu erbringen, auch wenn wir dazu neue Wege einschlagen müssen“, ermutigte Franziskus. Wie diese „neuen Wege aussehen“, erklärte er nicht. Ob er damit die von Italien geforderten Eurobonds meinte, ließ er offen. Jedoch warnte er vor dem „Egoismus der Einzelinteressen“.

Medizin statt Waffenhandel

„Diese Zeit erlaubt keine Spaltungen“, mahnte Franziskus und erneuerte seinen Appell zu einem sofortigen weltweiten Waffenstillstand. Er erinnerte an die Konflikte in Syrien, Jemen und der Ostukraine. „Das ist nicht die Zeit, weiter Waffen zu produzieren und damit Handel zu treiben und Unsummen auszugeben, die man eigentlich bräuchte, um Kranke zu heilen und Menschenleben zu retten“, kritisierte Franziskus. Es sei auch nicht die Zeit zu vergessen, nämlich die Menschen am Rande der Gesellschaft, mahnte Franziskus. Dabei erinnerte er an das Schicksal der Menschen in Venezuela sowie der Flüchtlinge, besonders jener an der griechisch-türkischen Grenze.

Schon in der Osternachtsmesse hatte Franziskus erklärt, die Welt brauche „Brot und keine Gewehre“. Die Botschaft von Ostern, so der Papst in seinen Ansprachen am Osterwochenende, ist eine Botschaft der Hoffnung. Die Christen sollten zu Zeugen dieser Hoffnung werden und sie in den Alltag bringen, „Verkünder des Lebens in Zeiten des Todes sein“. Die Dunkelheit habe nicht das letzte Wort, ist Franziskus überzeugt. Mehr kann ein Papst nicht tun: Hoffnung machen, das Gute unterstützen und der Welt ins Gewissen reden. Vielleicht brauchte die Welt eine solche Person nie nötiger als heute. Ob die Botschaft des Papstes bei den Menschen und politisch Verantwortlichen wirklich ankommt, ist ungewiss. In Deutschland ist seine Stimme in diesen Tagen kaum zu vernehmen. Es sei denn, man nutzt die direkten Kanäle des Vatikans.

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Jürgen Erbacher

Seit Juli 2018 leite ich die ZDF-Redaktion "Kirche und Leben katholisch", für die ich seit 2005 über die Themen Papst, Vatikan, Theologie und katholische Kirche berichte. Dafür pendle ich regelmäßig zwischen Mainz und Rom - meiner zweiten Heimat. Dort habe ich vor meiner ZDF-Zeit mehrere Jahre gelebt und für Radio Vatikan gearbeitet. Studiert habe ich Politikwissenschaft und Katholische Theologie in Freiburg i.Br. und Rom.

16 Kommentare

  • Novalis
    12.04.2020, 21:49 Uhr.

    Kluge Worte eines klugen Papstes, der verdient gehört zu werden. Frohe Ostern!

    • Wanda
      18.04.2020, 20:46 Uhr.

      Wie üblich Worte und Forderungen an die ach so profane Welt. Wie wär’s wenn die Solidarität etwas handfester und solider vom Vatikan vorgelebt würde ? In barer Münze oder mit Bereitstellung der ungenutzten Räumlichkeiten des Vatikan und seiner Liegenschaften/Immobilien zur Unterbringung und Quarantäne oder evtl. sogar Asyl bzw. Einbürgerung von islamischen Flüchtlingen ? So nach dem schönen Sprichwort „Es gibt nichts Gutes ausser man tut es“… Das eigene Beispiel überzeugt immer mehr als jeder Apell und jedes Gebet oder erteilte Segen vom Elfenbeinturm und sei es „urbi et orbi“…

  • bernardo
    13.04.2020, 18:03 Uhr.

    Es war beklemmend, die Ostermesse im Fernsehen zu sehen: Der Papst, fast alleine, in der größten Kathedrale der Welt. Seine Botschaft war eine Botschaft der Hoffnung in Zeiten, wie ich sie schlimmer nicht erlebt habe.

    Ganz anders die Predigt von Bedford-Strohm, der es nicht unterlassen konnte, Tagespolitik zu betreiben und Uralt-Kamellen aufzugreifen. Norbert Bolz fragt zu recht, ob eine Verbindung zwischen Bedford-Strohm und dem Christentum besteht? Wenn, dann eine wohl eher marginale, es sei denn, man betrachtete einen salbungsvollen Predigerstil als Proprium des Christentums.

  • Christ343
    15.04.2020, 17:07 Uhr.

    Das Kirchenchristentum muss reformiert werden. Ein alternativer Ansatz ist die Anthroposophie. Ein anderer Ansatz ist die Öko-Theosophie (bitte googeln).

    • Wanda
      16.04.2020, 2:26 Uhr.

      Eigentlich genügte, wenn sich die Amtskirchen mit ihrem weihrauchumnebelten Pomp und Gloria ernsthaft an den armen Sandalenträger aus Nazareth erinnerten und versuchen würden ihm nachzueifern. Das wäre doch schon was, sage ich als strammer Atheist und ehemaliger Katholik.

    • Erasmus
      16.04.2020, 3:06 Uhr.

      „Ein anderer Ansatz ist die Öko-Theosophie (bitte googeln).“

      Bitte nicht googeln, sonst gibt es beispielsweise folgendes zu lesen:
      „Gott ist auf keine Weise ein ‚Schöpfer‘ (oder Verursacher oder ‚Vater‘). Die Welt existiert ‚einfach so‘.“
      Daraus leitet der Apostat „Christ-lol-343“ für seine religiöse Praxis ab:
      „Es ist unsinnig, zu beichten, Gebete zu sprechen und Heilige Messen durchzuführen. Religiöse Äußerlichkeiten können auf ein Kruzifix oder Radkreuz (in der Wohnung) reduziert werden.“

  • Yalob
    16.04.2020, 22:43 Uhr.

    Mich wundert sehr, wie vereinzelt abfällig, ja hochnäßig über die Protestanten hier im Block geurteilt wird. Pharisäerhaft! Wenn es schicklich ist, werde ich kongret, ich denke dabei an BERNARDO. Bitte nicht vergessen, das ist inzwischen auch von höchster kath. Stelle so gesehen, wir sind alle CHRISTEN. Das noch Trennende kann, mit etwas gutem Willen und einem Verzicht auf Traditionen, die nichts mit den Aussagen von Christus zu tun haben, sondern menschengemacht sind, überwunden werden.

    • Erasmus
      17.04.2020, 19:23 Uhr.

      „Mich wundert sehr, wie vereinzelt abfällig, ja hochnäsig über die Protestanten hier im Block geurteilt wird.“

      Ich glaube es geht gar nicht um Katholizismus gegen Protestantismus, sondern darum, dass sich eine rechtslastige […]* daran stößt, dass der Ratsvorsitzende der EKD, Heinrich Bedford-Strom, aus seinem christlichen Selbstverständnis gesellschaftspolitische Konsequenzen zieht. So appellierte der Bischof insbesondere an die, „denen es finanziell gut geht“, solidarisch zu sein, wenn es um die durch Corona bedingten enormen finanziellen Lasten geht. Und in seiner Osterpredigt forderte er, „Menschen endlich aus Flüchtlingslagern heraus(zu)holen.“

      BERNARDO zitiert in seinem Beitrag einen Tweed des Twitter-Kanoniers (1200 Tweeds in weniger als 6 Jahren) und Professors für Medienwissenschaften, Norbert Bolz, vom 11. April:
      „Mich würde interessieren, ob es irgendeine Verbindung zwischen Herrn Bedford-Strohm und dem Christentum gibt.“

      Wes Geistes Kind dieser neoliberale, rechtkonservative Emeritus ist, belegt – in aller Offenheit – dessen Tweed vom 8. Januar:
      „Bedford-Strohm, Marx und Franziskus markieren sicher einen Tiefpunkt des Christentums; aber eine 2000 Jahre alte Institution wird auch das überstehen.“

      *Der Beitrag wurde wegen des Verstoßes gegen die Netiquette editiert.

  • Silberdistel
    17.04.2020, 6:27 Uhr.

    „Ein leerer Petersplatz, ein leerer Petersdom…“
    Was symbolisiert mehr Gottverlassenheit? Oder sollten eher Christen Gott verlassen haben?? – Priester in der Ausbildung werden, ähnlich Soldaten, regelrecht einkaserniert. Als geweihte Priester sieht man sie in der Stellung zwischen den Engeln und den Menschen, am gewohnten gesellschaftlichen Leben nehmen sie daher nicht teil, schon aufgrund der eingegangenen Zölibatverpflichtung. Wenn sich dem so verhält, dann will ich diese derart trainierten „Soldaten Gottes“ – lieber würde ich die Bezeichnung ´Advocati Dei´ verwenden, doch die trifft es nicht so – an forderster Front sehen!
    Ich will mir nicht anmaßen zu behaupten, das ich verstanden hätte was der Christus will. Doch manchmal frage ich mich, ob das bei denen die sich das zur Berufung erkoren haben, der Fall ist. Was ist also nun mit dem Kernthema: „Dem Licht der Welt“ (Joh 8,12); der „Frohen Botschaft“ desjenigen, der nicht nur beispielhaft den ewigen Gegenspieler, sondern sogar den Tod überwunden hat. Was wir an Ostern als Christen doch regelmäßig feiern! Wie steht es also mit uns Christen, die wir Seinen Namen tragen, gerade wenn es einmal brenzlig wird?
    Bei Juden – und Jesus war Jude – war und ist die Verbindung zwischen Gott und den Menschen noch viel unmittelbarer, bis in den Alltag hinein. Wie tröstlich die alten Psalme, die noch von dieser engen Verbindung künden, wie etwa der herrliche Psalm 23: „Der HERR ist mein Hirte…“.
    Die Christen haben eine besondere Verantwortung, vor der sie nicht kneifen sollten. Wie etwa Petrus, als er den Christus unmittelbar nach der Kreuzung verleugnete. Und ja, natürlich aus lauter Angst, Existenznot heraus. Gegen die allerdings der Christus mit seiner „Frohen Botschaft“ angetreten war.
    Immerhin stand der Papst mit seiner halben Lunge auf seinem Platz. Allerdings allein…
    Und noch ein Wort zum staatlichen Gottesdienstverbot: Ein Zeichen mehr, wie einnivelliert Ritualdienstleistungskonzerne dem fast schon unterwürfig folgen, ihr Alleinstellungsmerkmal widerstandslos gegenüber der Weltlichkeit aufgeben. Sodaß sie zu anderen staatlichen Organen, oder gar politischen Parteien, derart banalisiert schon gar nicht mehr unterscheidbar sind.

  • Silberdistel
    21.04.2020, 8:07 Uhr.

    „In Deutschland ist seine Stimme in diesen Tagen kaum zu vernehmen“.
    Ehrlich gesagt, wenn nur noch die jeweiligen apokalyptischen Hypes des gerade aktuellen mainstreams bedient werden, die man ohnehin als tagtägliche Kost des angeblichen ´Informationszeitalters´, meist völlig unfreiwillig aufgetischt bekommt, dann mag man auch nicht mehr so richtig hinhören! Dann hätte das Christentum sein Alleinstellungsmerkmal, nämlich das „Licht der Welt“ (Joh. 8:12) zu sein, verloren. Wird und wirkt profan, banal, austauschbar, letztlich weltlich und damit übergehbar, übersehbar.

    Und diejenigen, die sich gerne keifend auf einen solchen Kommentar wie diesen stürzen, weil doch gerade ein guter Christ die Welt zu retten habe, für die Klimarettung zu kämpfen, alles Leid dieser Welt bei sich Zuhause aufzunehmen habe, sein Hab und Gut mit Jedem und Allen zu teilen habe; Jede*r der nicht spätestens bei 3 darin hüpfend mit einstimmt als politisch ´rechtslastig´ gilt; dem antworte ich, das dies nur leere Forderungen an Christ*innen sind. Denn jemand der Gott kennt, der liebt die Natur, liebt die Menschen, weil er in allem Gott erkennen kann. Allerdings ohne das er glaubt, das er damit die Welt retten würde. Denn die Welt ist nicht zu retten, die erfindet immer nur neue Hypes der Angst. Und das ist das eigentliche „Licht in der Welt“, welches nicht jedem Hype, jeder Angst hinterherzulaufen braucht. Das kann man ruhig einmal ganz deutlich demonstrieren! Dann schauen vielleicht wieder mehr hin, bzw. hören zu.

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