Ach, du liebes Abendland!
Ein kleiner Hinweis in eigener Sache: „Ach, du liebes Abendland – ein Syrer erkundet seine deutsche Heimat“ ist der Titel einer ganz besonderen Reise durch das christlich geprägte Deutschland. Heute Abend um 18.15 Uhr im ZDF.
Firas auf Deutschandreise
Mit seinem Hund Zucchini reist Firas Alshater durchs Land: vom Westen, wo die meisten Christen leben, in den Osten, wo weniger Christen leben, aber viele das christliche Abendland verteidigen. Wie passt das zusammen? Und was heißt überhaupt christlich? Was ist eigentlich los im „christlichen Abendland“? Ist das bloß ein Kampfbegriff rechter Gruppen? Welche Tradition steckt hinter dem Begriff, und welche Rolle spielt das Christentum in Deutschland und für die Deutschen? Noch – oder wieder?
Firas Alshater, ein junger Syrer und Muslim, will es genauer wissen. Nicht bloß aus Neugier. Schließlich ist Deutschland seine Wahlheimat. Und hier herrscht Freiheit: Meinungsfreiheit und Religionsfreiheit. Was bedeutet es also, wenn etwa Horst Seehofer sagt: „Der Islam gehört nicht zu Deutschland“? Was bedeutet es, wenn die CSU das Kreuz in Amtsstuben hängt?
Warum gehen nur wenige zum Gottesdienst?
Auf seiner Reise macht er Station im katholischen Bayern. Im Westen leben die meisten Christen. Im fränkischen Fuchsstadt trifft der „ungläubige“ Muslim Martha Heid – eine der wenigen Gottesdienstbesucherinnen der katholischen Gemeinde. Sie glaubt, die Menschen hätten Gott vergessen, weil es ihnen „zu gut geht“. In der Dorfwirtschaft mischt sich der Syrer Firas unter bayerische Stammtischbrüder. Die fällen harte Urteile über die christliche „Doppelmoral“.
Wenn selbst im christlichen Bayern die christliche Tradition bröckelt, wo in Deutschland ist christliche Religion dann noch lebendig? Ein Hoffnungsschimmer in Augsburg. Dort besuchen Firas und Zucchini ein „Gebetshaus“. Gründer Johannes Hartl strahlt puren Optimismus aus. Er predigt die heilende Kraft des Gebets. Aber was bedeutet es, wenn Johannes Hartl allen „Jesus verkündigen“ will?
Weiter geht es nach Erfurt. Suleman Malik, ein Ahmadiyya-Muslim mit einem deutschen Pass, baut dort zusammen mit seinen Glaubensbrüdern und -schwestern mitten im „christlichen Abendland“ eine Moschee. Seinen Gegnern wirft er vor, dass sie christliche Werte vorschieben, um Religionsfreiheit einzuschränken. Auch der evangelische Pfarrer Ricklef Münnich erzählt Firas von Hass statt Toleranz, von Zwietracht statt Respekt. Der Kampf für und gegen die Ahmadiyya-Moschee im Ort hat die ganze Gemeinde gespalten. Firas zweifelt. Wie christlich ist Deutschland nun wirklich?
Die Christen und die Nächstenliebe
In der deutschen Hauptstadt Berlin leben noch weniger Christen als im Rest der Republik. Doch ausgerechnet hier, in seiner neuen Heimatstadt, findet Firas christliche Nächstenliebe gleich um die Ecke. Sein Freund Alex, ein syrischer Christ und geflüchtet wie Firas, macht es vor. Er will den Deutschen etwas zurückgeben. Er kocht leckeres Essen für Obdachlose. In Neukölln helfen die Mitglieder des Pallottiner-Ordens armen Menschen bei Umzug und Renovierung. Firas und Zucchini helfen mit.
Die Dokumentation nähert sich dem Thema Religion, Christentum und „Leitkultur“ in Deutschland auf unterhaltsame Weise. Firas Alshater kann mit dem Blick des „unparteiischen“ Außenstehenden nicht nur den Finger in die Wunde legen, sondern auch den Schatz erkennen, den die christliche Tradition für Deutschland bedeutet.
Ein Kommentar
Ich habe die Sendung leider nicht gesehen. Den Begriff Religionsfreiheit, der für alle westlichen Demokratien gilt, hätte ich dem jungen Mann so erklärt:
Hier in Deutschland DARF Jeder seine Religion ausüben, aber niemand MUSS irgendeine Religion ausüben oder nach deren Regeln leben.
Dafür MUSS Jeder nach den Gesetzen des säkularen Staates leben, der eben kein Gottesstaat wie in den islamischen Ländern ist, aber dessen Werte wie Freiheit, Toleranz, Menschenrechte, Sozialstaatlichkeit christliche Wurzeln haben.
Wie schwer es ist, in einer westlichen Demokratie wirklich anzukommen, sieht man ja an vielen Bürgern der so genannten neuen Bundesländer, die direkt von der Nazidiktatur unter die kommunistische Diktatur geraten sind.
Über 40 Jahre Sozialisation in Diktaturen gegen knapp 30 Jahre Leben in einer westlichen Demokratie, scheinen mir da bei Vielen noch immer stärker und prägender zu sein, obwohl dort auch inzwischen eine neue Generation herangewachsen ist, die keine Diktatur selbst mehr erlebt hat.
Meinem rein subjektiven Empfinden nach haben wir in Deutschland noch nicht einmal die deutsche Wiedervereinigung richtig bewältigt, trotz derselben Sprache und einer langen gemeinsamen Geschichte bis zur Teilung des Landes.
Da wird es umso schwieriger, Millionen kulturfremder Menschen zu integrieren.
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