Neuer Bischof in Rekordzeit

Gerade einmal sechs Monate hat das Verfahren zur Neubesetzung des Bischofsstuhls in Fulda gedauert. Gestern ernannte Papst Franziskus den Freiburger Weihbischof Michael Gerber zum Nachfolger des emeritierten Bischofs Heinz Josef Algermissen. Bisher dauerten die Nachbesetzungsverfahren im deutschen Sprachraum oft ein knappes Jahr. Unterschiedliche Faktoren spielten dabei eine Rolle. Wiederholt hatten in jüngerer Vergangenheit Kandidaten nach der Wahl durch die Domkapitel abgesagt. In anderen Fällen gab es hinter den Kulissen Machtkämpfe zwischen einflussreichen Kirchenmännern, so dass die internen Diskussionen die Ernennungen verzögerten. Fulda zeigt, dass es auch anders geht. Währenddessen gibt es einige Neuigkeiten aus dem Vatikan.

Wohin geht die Reise im Pontifikat von Franziskus? Zumindest in Bezug auf den Kardinalsrat ist das offen. (Quelle: dpa)

Künftig Gastgeber der Bischofskonferenz

Mit Michael Gerber erhält das Bistum Fulda einen jungen, dynamischen Bischof, der mit seiner großen Nähe zur Schönstattbewegung einerseits sehr von einer traditionellen Spiritualität geprägt ist, andererseits aber aufgrund seiner Offenheit und dem großen Interesse am Schicksal der Menschen den Finger am Puls der Zeit hat. Mit 48 Jahren ist er bald der jüngste Diözesanbischof Deutschlands. Er war Hochschulseelsorger und später Regens im Freiburger Priesterseminar, seit 2013 dann Weihbischof im Erzbistum Freiburg. Geschätzt wird Gerber im Südwesten für seine theologische Kompetenz, für seine spirituelle Prägung und sein Organisationstalent. Schon seit einiger Zeit wurde spekuliert, dass der passionierte Wanderer und Skifahrer früher oder später die Leitung eines Bistums übernehmen könnte.

Für Freiburg ist sein Weggang ein großer Verlust. Verliert das Erzbistum doch wohl den profiliertesten seiner Bischöfe. In Fulda wird er auf eine gänzlich andere kirchliche Realität treffen als er es aus dem stark katholisch geprägten Südwesten gewohnt ist. Fulda ist mit seinen 390.000 Katholiken ein Diasporabistum. Doch aufgrund seiner Geschichte hat es einen großen Symbolwert. Im Dom liegt der „Apostel der Deutschen“, der heilige Bonifatius, begraben. Hier treffen sich die deutschen Bischöfe jedes Jahr zur Herbstvollversammlung. Gerber wird künftig der Gastgeber sein. Zwar hat er damit keine besondere Stellung innerhalb der Konferenz; doch er wird als Ortsordinarius entscheidend das Klima der Versammlungen mitprägen. Diesen „weichen“ Faktor sollte man nicht unterschätzen.

Aus K9 wird K6

Im Vatikan gab es auch ein paar Neuigkeiten, die aufhorchen lassen. Seit Donnerstag ist der päpstliche Reisekalender für das nächste Jahr um eine Auslandsreise reicher. Vom 5. bis 7. Mai wird Franziskus Bulgarien und Mazedonien besuchen. Er setzt also seine Reisetätigkeit an die Ränder Europas fort. Es ist bereits die vierte Auslandsreise für 2019, die offiziell bestätigt ist. Im September und November dürften weitere Reisen folgen, dann könnten Afrika und Asien das Ziel sein.

Neben den ganzen Reiseplänen ließ in dieser Woche noch eine andere Information aus dem Vatikan aufhorchen. Der Papst hat drei Kardinäle aus dem Kardinalsrat – K9 – verabschiedet, ohne Nachfolger zu benennen. Das wurde unter anderem damit begründet, dass die Arbeiten zur Kurienreform soweit fortgeschritten seien, dass das alte Team nun erst einmal so weitermachen soll. Immerhin lässt das vermuten, dass die Reform nun doch auf der Zielgeraden zu sein scheint und im nächsten Jahr mit der neuen Konstitution zu rechnen ist. Zugleich bleibt die Frage offen, wie es überhaupt mit dem Kardinalsrat weitergeht.

Bisher war darüber spekuliert worden, Franziskus werde einige Mitglieder austauschen, um so auch eine Kontinuität in der Arbeit zu gewährleisten. Die jetzt getroffene Entscheidung könnte darauf hindeuten, dass er nach Abschluss der Kurienreform das Gremium komplett neu aufsetzt. Der Vatikan verwies dann auch neben der aktuellen Arbeitsphase auf „allgemeine Überlegungen hinsichtlich der Tätigkeit, Struktur und Zusammensetzung des Rates“. Dass die K6 bei ihrem Treffen in der ersten Wochenhälfte auch sehr intensiv über den Missbrauchsgipfel im Februar diskutiert hat, zeigt, dass der Kardinalsrat mehr ist, als ein Gremium zur Vorbereitung der Kurienreform. Es war ausdrücklicher Wunsch der Kardinäle im Vorkonklave 2013, dass der Papst sich stärker durch Vertreter aus der Weltkirche beraten lässt. Für das nächste Jahr wird es daher nicht nur spannend sein, wie das neue Design der Kurie aussehen wird, sondern auch wen Franziskus sich in den Beraterkreis holt und wie er ihn gestaltet.

Wer ist ausgeschieden?

Wer ist aus der K9 ausgeschieden: Kardinal George Pell (77), der seit über einem Jahr in Australien ist, um sich dort einem Prozess im Kontext der Aufarbeitung des Missbrauchsskandals zu stellen. Kardinal Francisco Javier Errázuriz Ossa (85), der in Chile wegen des Missbrauchsskandals unter Druck steht. Und schließlich der emeritierte Erzbischof von Kinshasa in der Demokratischen Republik Kongo, Kardinal Laurent Monsengwo Pasinya (79). Er hatte schon bei den letzten K9-Treffen immer wieder gefehlt, was vermutlich der politisch unsicheren Lage in seinem Heimatland geschuldet ist. Der Vatikan äußerte sich nicht dazu, aus welchen Gründen Franziskus die drei Kardinäle entpflichtet hat. Obwohl für den Kardinalsrat die im Vatikan übliche Fünf-Jahres-Periode für Kurienämter nicht gilt, haben die drei Kirchenmänner dem Papst im Herbst, fünf Jahre nach dem ersten Zusammentreten des Gremiums, ihren Rückzug angeboten. Dieser nahm das Angebot an und reduzierte damit die Zahl der Mitglieder im Kardinalsrat.

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Jürgen Erbacher

Seit Juli 2018 leite ich die ZDF-Redaktion "Kirche und Leben katholisch", für die ich seit 2005 über die Themen Papst, Vatikan, Theologie und katholische Kirche berichte. Dafür pendle ich regelmäßig zwischen Mainz und Rom - meiner zweiten Heimat. Dort habe ich vor meiner ZDF-Zeit mehrere Jahre gelebt und für Radio Vatikan gearbeitet. Studiert habe ich Politikwissenschaft und Katholische Theologie in Freiburg i.Br. und Rom.

11 Kommentare

  • Novalis
    15.12.2018, 1:05 Uhr.

    […]*
    „Geschätzt wird Gerber im Südwesten für seine theologische Kompetenz“. Da soll wohl an Legenden gestrickt werden… Eine Dissertation zum spirituellen Profil der Schönstattbewegung ist jedenfalls keine große Theologie.

    *Der Beitrag wurde editiert – siehe Hinweis zu den Vorgaben der australischen Behörden zu Kardinal Pell.

  • @ bernardo
    16.12.2018, 10:26 Uhr.

    Mal sehen. Gut ist die Schnelligkeit, aber nicht jede Bischofsernennung war gut (das war allerdings auch unter JPII. und Benedikt XVI., dessen schwerster Fehler wohl die Ernennung von Marx war, so.) Guten Ernennungen wie die des Passauers und des Hildesheimers stehen problematische wie die des Limburgers und des Hamburgers entgegen. Mal sehen, wie sich der neue Fuldaer erweist.

    Ein Punkt noch: Die Reise zu den Ölscheichs von Abu Dhabi, die an der Seite ihrer saudischen Kumpels eifrig im Jemen mitbomben, ist also ein Zeichen, dass die Religionen friedlich nebeneinander existieren können. Der Begriff „friedliche Koexistenz“ bezeichnete die Konfliktsituation der beiden imperialen und ideologischen Systeme der USA und UdSSR im „Kalten Krieg“, der mehr als einmal beinahe zum heißen geworden wäre. Davon abgesehen: Reicht es nicht, wenn Päpste den Koran küssen, wenn die Große Moschee in Istanbul besucht wird, wenn der Großmufti der Al-Azhar-Moschee geküsst wird?

  • Jürgen Erbacher
    Jürgen Erbacher
    16.12.2018, 18:47 Uhr.

    Da es per Gerichtsentscheid in Ausstralien Medien, die in Australien zugänglich sind, nicht gestattet ist, über den Fortgang des Prozesses gegen Kardinal Pell zu berichten, können wir entsprechende Kommentare nicht freischalten.

    • Wanda
      16.12.2018, 19:50 Uhr.

      Aha, das hiesse australische Bedingungen gelten auch bei uns, also international ? Absolut lächerlich, dieser Vorwand…

      • Jürgen Erbacher
        Jürgen Erbacher
        17.12.2018, 9:22 Uhr.

        Ja, diese Vorgaben gelten auch international.

  • Wanda
    16.12.2018, 18:58 Uhr.

    Vielleicht sollte der Reisekalender des Papstes aus gegebenem Anlass Australien und Chile aufnehmen ? Dort nämlich hätte Franziskus sich einer Menge berechtigter und unangenehmer Fragen zu stellen.
    Der Vatikan äusserte sich zwar nicht zu den Gründen der Entpflichtungen ua. der Kardinale Pell und Errázuriz Ossa, ist aber wohl auch nicht nötig. Man weiss um die Gründe. Verschweigen ist jedenfalls nicht angebracht sondern setzt nur die traditionell fatale Praxis des Vatikan in solchen „Angelegenheiten“ fort. Wie lange noch?, ist die Frage.
    Da zumindest hat Franziskus nicht viel geändert. Von seinen öffentlich wirksamen Scham-Bekenntnissen im Namen der Kirche können sich die Missbrauchsopfer nun wirklich nichts kaufen…

    • Silvia
      17.12.2018, 9:29 Uhr.

      Wanda
      16.12.2018, 18:58 Uhr.

      In Chile war er doch erst.

      • Wanda
        18.12.2018, 19:40 Uhr.

        Silvia 17.12. 09:29
        – Schon richtig, aber nicht aus gegebenem Anlass, der ihm höchtswahrscheinlich sehr unangenehme Fragen gebracht hätte.
        Eine Feuerwehr erscheint dann vor Ort, wenn’s brennt, oder ?

  • neuhamsterdam
    17.12.2018, 23:18 Uhr.

    @ bernardo
    16.12.2018, 10:26 Uhr.
    „die an der Seite ihrer saudischen Kumpels eifrig im Jemen mitbomben, ist also ein Zeichen, dass die Religionen friedlich nebeneinander existieren können.“
    Heute habe ich die Stelle im neuen Testament Mt. 12,41 aufgeschlagen an der auf Jona hingewiesen wird und die Umkehr der Bewohner Ninives nach der Untergangsprophezeiung des Jona. Auch wird von der Königin des Südens, gesagt, sie werde am Ende der Zeit wiederaufstehen, um zu erinnern, dass es sogar vor der Zeit Jesu möglich war, den Herrn zu suchen und zu finden, umso mehr danach.
    Es wird gesagt, diese Königin sei aus dem Jemen gewesen.
    Heute ist Papstgeburtstag. Nunja.
    Wie soll ich sagen, ohne es zu vertuschen… Am 5. Februar 2019 wird Franziskus seinen 30.000 Tag begehen. 5. Februar. Faszinierend.

  • Novalis
    20.12.2018, 14:51 Uhr.

    Gesegnete Weihnachten Ihnen, lieber Herr Erbacher, und ein Dank für all die guten Berichte. Gesegnete Weihnachten auch allen Menschen guten Willens.

  • Suarez
    21.12.2018, 14:00 Uhr.

    Schön, dass das Papstgeflüster wieder aktuell ist! Alles Gute zum Weihnachtsfeste Herrn Erbacher und den ForumsteilnehmerInnen.

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