Papst: Drastischer Friedensappell zum Jahreswechsel

Mit einem aufrüttelnden Bild mahnt Papst Franziskus zum Jahreswechsel zum Frieden. Es zeigt einen Jungen, der seinen toten Bruder nach dem Atombombenabwurf auf Nagasaki 1945 zum Krematorium trägt. Wie der Vatikan am Samstagabend mitteilte, wurde das Foto eines amerikanischen Fotografen auf Wunsch des Papstes nachgedruckt und werde nun verteilt. Auf der Rückseite findet sich neben der Unterschrift des Papstes der Satz: „… die Frucht des Krieges“ sowie eine Erklärung zu dem Bild, die auf die Schilderungen des US-Fotografen Joe O’Donnell (1922-2007) zurückgeht. Papst Franziskus hatte in den vergangenen Monaten mehrfach den Besitz von Atomwaffen scharf verurteilt und als unmoralisch bezeichnet. Er sprach von „Selbstmord der Menschheit“ angesichts atomarer Drohgebärden. Schon beim Besuch eines amerikanischen Soldatenfriedhofs in der Nähe von Rom zu Allerseelen hatte er in das dortige Gästebuch geschrieben: „Dies sind die Früchte des Kriegs: Hass, Tod und Blutrache. Vergib uns, Vater.“ Am 1. Januar feiert die katholische Kirche traditionell den Weltfriedenstag.

Vorder- und Rückseite der Karte, die Papst Franziskus zum Jahreswechsel hat drucken lassen. (Quelle: Vatikan)

Papst: Menschen haben 2017 ruiniert

Mit Fortdauer des Pontifikats wird das Thema „Krieg und Frieden“ für Papst Franziskus immer wichtiger. Schon lange spricht er vom „Dritten Weltkrieg in Teilen“. Seit ein paar Monaten wird seine Wortwahl immer drastischer. Die Fotoaktion zum Jahreswechsel ist nun ein nächster Schritt, die Gewissen wachzurütteln. Der US-Fotograf O’Donnell berichtete in einem Interview über die im Foto festgehaltene Szene: „Die Männer mit weißen Gesichtsmasken gingen zu ihm und begannen schweigend den Gurt zu lösen, der das Baby hielt. Da sah ich, dass es schon tot war. Die Männer hielten den Körper bei den Händen und Füßen und legten ihn auf das Feuer. Der Junge stand stramm da, ohne sich zu bewegen, und schaute auf die Flammen. Er biss so stark auf seine Unterlippe, dass sie vor Blut glänzte. Die Flamme brannte schwach, wie die untergehende Sonne. Der Junge machte kehrt und ging still weg.“

Beim traditionellen Te Deum zum Jahresabschluss im Petersdom erklärte Franziskus in seiner Predigt, Kriege seien das offenkundige Zeichen eines „wiederkehrenden und absurden Stolzes“. Gott habe dem Menschen das Jahr 2017 „ganz und heil“ geschenkt, „wir Menschen haben es auf unzählige Weise ruiniert und verletzt mit Werken des Todes, mit Lügen und Ungerechtigkeiten“. Neben den Kriegen seien es aber auch andere „kleine und große Vergehen gegenüber dem Leben, der Wahrheit und der Brüderlichkeit“, die „vielfältige Formen des menschlichen, sozialen und ökologischen Niedergangs“ verursachten. Dafür müssten alle vor Gott, den Mitmenschen und der Schöpfung Verantwortung übernehmen. Zugleich zeigte sich Franziskus dankbar gegenüber vielen Römern, die oft unbemerkt „mit kleinen, aber kostbaren konkreten Gesten“ zum Gemeinwohl der Stadt beitrügen, auch wenn sie bisweilen unter wirtschaftlichen Härten litten. Dankbar zeigte sich der Papst auch gegenüber Eltern, Lehrern und Erziehern, die Kinder und Jugendliche zum Gemeinsinn und Verantwortung erzögen.

Jahresrückblick 2017

Mit dem heutigen Tag geht ein arbeitsreiches Jahr für Papst Franziskus zu Ende. Es war zum einen geprägt durch interne Auseinandersetzungen um die Reformen im Vatikan und die Diskussionen um Amoris laetitia. Auch wenn beim Thema Ehe und Familie die Position des Papstes immer klar war und nur diejenigen, die Sand ins Getriebe streuen wollen, von Unklarheiten sprachen, hat Franziskus mit der Veröffentlichung des Schreibens der Bischöfe der Seelsorgeregion Buenos Aires in Acta Apostolicae sedis ein finales Wort gesprochen. Die Kurienreform hingegen kommt und kommt nicht recht voran. Im Finanzbereich hakt es, im Medienbereich gibt es große Unruhe unter den Mitarbeitern und außer der Fusion einiger Päpstlicher Räte zu zwei neuen Dikasterien ist in knapp fünf Jahren Pontifikat noch nicht viel passiert. Die Prioritäten von Papst Franziskus scheinen an anderer Stelle zu liegen. Einige davon haben wir in einem kurzen Film zusammengefasst.

Autorenbild

Jürgen Erbacher

Seit Juli 2018 leite ich die ZDF-Redaktion "Kirche und Leben katholisch", für die ich seit 2005 über die Themen Papst, Vatikan, Theologie und katholische Kirche berichte. Dafür pendle ich regelmäßig zwischen Mainz und Rom - meiner zweiten Heimat. Dort habe ich vor meiner ZDF-Zeit mehrere Jahre gelebt und für Radio Vatikan gearbeitet. Studiert habe ich Politikwissenschaft und Katholische Theologie in Freiburg i.Br. und Rom.

25 Kommentare

  • Alberto Knox
    31.12.2017, 19:35 Uhr.

    der appell des papstes berührt mich, wie er sicher jede*n gute*n christ*innen berührt. was ist da schon die kurienreform vor dem elend der menschen. der papst setzt seine prioritäten schon ganz richtig.

    • Wanda
      31.12.2017, 20:16 Uhr.

      Möchte hinzufügen: dieser Appell von Franziskus berührt jeden auch nicht so guten Christen und sogar Ungläubige.
      – Andererseits gibt’s zum Jahresende ja nun regelmässig die Inflation von wohlklingenden und sicher auch gut gemeinten Ansprachen und Aufrufen zum Frieden aus jeder nur denkbaren Ecke.
      Dabei wäre es sicherlich ein Akt der notwendigen Aufarbeitung für die christlichen Kirchen (nicht nur der röm.-kath.), dass sie sich doch mal die unzähligen Fotos zu den beiden Weltkriegen und denen davor anschaut, wo Geistliche ihrer Konfessionen die Waffen der jeweils nationalen Kombattanten für die vermeintlich gute Sache segnen.
      Spätestens da hätten die Kirchenführungen einschreiten- und die Mitwirkung ihrer Geistlichen an diesem makaber-absurden Theater untersagen müssen, was sie aber nicht getan haben, auch der Vatikan nicht.
      Wie erwähnt: diese Aufarbeitung lässt immer noch auf sich warten…

      • Novalis
        01.01.2018, 3:08 Uhr.

        Diese Melange von Halb- und Unwahrheiten bei @Wanda führe ich auf Uninformiertheit zurück. Man muss hier viel stärker differenzieren.
        1) A. Vogt, Religion im Militär, Frankfurt 1984 (das Buch ist also beinahe 32 Jahre alt!) kommt hinsichtlich der Aufarbeitung – freundlich gesagt – zu, hm, etwas anderen Schlüssen.
        2) Benedikt XV. hat eine SEHR aktive Friedenspolitik im ersten Weltkrieg entfaltet, der Amtskirche kann man da wirklich keine Schuld geben (in den Kriegen vorher sieht das anders aus, da liegt @Wanda wieder richtig).
        3) Benedikt XVI. hat 2007 die Waffensegnung wieder zugelassen. Ich finde das ziemlich reaktionär und widerlich.

        • Wanda
          01.01.2018, 18:31 Uhr.

          Dann schauen Sie sich die leider mehr als zahlreichen Fotos mit den entsprechenden Daten an. Sind einfach zu recherchieren…

          • theobald
            08.01.2018, 16:29 Uhr.

            Von wegen Waffen segnen: Wie man sich auf Bilder verlassen kann, haben mehrfache Veröffentlichungen gezeigt,dass man mit Fotomontagen noch besser lügen kann als mit Artikeln. Mir ist ein Bild in Erinnerung, wo „bewiesen“ werden sollte, dass Waffen gesegnet wurden. In Wirklichkeit wurde ein Altar gezeigt zwischen gepanzerten Fahrzeugen, weil ein Gottesdienst für die Soldaten dieser Einheit gefeiert wurde, nicht damit sie besser töten sollten, sondern dass Gott sie beschützen möge. Ich hätte nichts dagegen, wenn die Pistolen von Polizisten gesegnet würden, nicht dass damit getötet werden soll, sondern dass die Polizisten mit ihrer Waffe Leben schützen können, das eigene Leben und das Leben von anderen. – Im Mittelaltert wurden die Schwerter der Ritter gesegnet, nicht damit möglichst viel Menschen damit tötet würden, sondern dass die Ritter sie einsetzen zum Schutz der Schwachen und Bedrängten.

        • Alberto Knox
          02.01.2018, 2:40 Uhr.

          danke für die klarstellung, novalis. aus der perspektive hatte ich die zulassung der alten riten noch gar nicht gelesen – aber es stimmt: neben einem messritus, den kein vernünftiger mensch will, geschweige denn braucht, hat benedikt auch wieder die waffensegnung zugelassen. irgendwie wundert mich das nicht, schließlich hat der mann auch seine demokratiefeindlichen äußerungen auch schon in einem verlag kundgetan, der als rechtsradikal eingestuft wird – und sogar von der fpö gemieden wird.

  • Silberdistel
    01.01.2018, 10:26 Uhr.

    In diesem thread möchte ich sehr gern wiederholen, das man dem Menschen keine Macht über sein eigenes Schicksal geben kann, egal welche gesellschaftliche Stellung er inne hat, denn daraus wird nur Chaos und Zerstörung entstehen. Keine These, sondern in Geschichtsbüchern festgehaltene Realität! Der Mensch braucht ´Gott´, der sich in unzähligen Überlieferungen, hl. Schriften genannt, in verschiedenen Kulturkreisen des Globus zu jeder Zeit in Religionen manifestiert hat.
    Gut wenn es Priester gibt, die es verstehen diesen festgehaltenen Willen zu übermitteln. Dieser Papst Franziskus scheint darin kein Versager zu sein: Zum Wohle des Menschen.

    • Wanda
      04.01.2018, 2:36 Uhr.

      Silberdistel 01.01.10:26
      – da wir bei der Macht sind: die fatalste Entwicklung der Kirche war ihre Allianz mit der weltlichen Macht. Dadurch verlor die noch relativ junge Kirche ihre Unschuld. Später dann verwirklichte sie sich selbst als stattlich-weltliche und militärische Macht und zwar für Jahrhunderte, obwohl es doch heisst …“mein Reich ist nicht von dieser Welt“…
      – Was die Frage des Humanismus angeht (vorhergehender Blog), so habe ich meine Argumente gebracht, die wir aber leider durch die Schliessung der Kommentarfunktion nicht zu Ende diskutieren konnten. Eine Schwäche unsere „Papstgeflüsters“…
      – Und dass Franziskus zum Wohle des Menschen agiert, einverstanden…

      • Silberdistel
        04.01.2018, 12:27 Uhr.

        Wanda
        04.01.2018, 2:36 Uhr.
        Dem kann ich nur in jeglicher Hinsicht zustimmen.

  • bernardo
    03.01.2018, 13:40 Uhr.

    Allen Bloggern ein gesegnetes Jahr 2018.

    Ich war überrascht von Franziskus‘ Weihnachtspredigt – oder besser gesagt, ich war nicht überrascht. „E‘ Gesù che dà a tutti noi il documento di cittadinanza“ – es ist also Jesus, der uns allen die Staatsbürgerschaftsurkunde überreicht. Ich wusste gar nicht, dass Jesus, der anders als Paulus kein römischer Bürger war, sich mit Fragen der Staatsbürgerschaft beschäftigt hatte.

    Auf einem solch trivialen Niveau plätschern die Ansprachen des Papstes dahin. Man kann ihn, aber natürlich nicht nur ihn, sondern auch die Woelkis, Galantinos uvam. getrost als Dünnbrettbohrer bezeichnen.

    • Silvia
      03.01.2018, 20:52 Uhr.

      bernardo
      03.01.2018, 13:40 Uhr.

      Jesus kann man eben für Alles heranziehen. Er sitzt ja heute angeblich auch mit in den Flüchtlingsboten usw.

      Ihnen ebenfalls ein gesegnetes Neues Jahr.

      • Suarez
        04.01.2018, 19:41 Uhr.

        Dort jedenfalls eher als bei Ihnen zu Hause.

        • Silvia
          05.01.2018, 22:13 Uhr.

          Suarez
          04.01.2018, 19:41 Uh

          Aber vielleicht war er schon das ein oder andere Mal mit mir im Operationssaal?! Wäre ja immerhin möglich.

      • Alberto Knox
        04.01.2018, 22:02 Uhr.

        bekanntermaßen identifiziert sich der weltenrichter in mt 25 eben mit den geringsten. wundert mich gar nicht, dass da manche ein problem damit haben.

      • bernardo
        06.01.2018, 10:09 Uhr.

        Danke, liebe Silvia. Ihnen alles Gute, Gesundheit und Gottes Segen im Neuen Jahr.

  • Weltethos
    04.01.2018, 16:56 Uhr.

    Es freut mich sehr,daß Papst Franziskus uns endlich die Botschaft Jesu wieder sehr deutlich nahebringt.Es geht nicht um althergebrachte Dogmen,sondern um die lebendige Nachfolge Jesu.Dazu rüttelt er immer wieder auf.Gott sei Dank!!!Das Foto sollte weltweit verbreitet werden!!!Wir alle:Christen,Muslime,Juden,Atheisten und alle Andersgläubigen sollten helfen diese wesentlichen Botschaften von Papst Franziskus weiter zu verbreiten und vor allem zu leben.Jeder kann im Sinne Jesu „pontifex“Brückenbauer sein.Ich wünsched Papst Franziskus viel Kraft,beste Gesundheit und Gotte reichen Segen!!!

    • Wanda
      05.01.2018, 23:54 Uhr.

      Weltethos 04.01. 16:56
      – nomen est omen… Küngs Weltethos als Kurzformel „kein Friede unter den Nationen ohne Friede unter den Religionen“… usw.
      Viele Gedanken Küngs sind ja lediglich als Anregung zum Hinterfragen durch den mündigen Gläubigen in die Diskussion eingebracht worden und nicht zur Verneinung. Jedoch allein schon etwas zur Diskussion zu stellen, ist für die Amtskirche unannehmbar und Ketzerei. Wie auch anders, gelangten seine Ideen und Anregungen unter dem Steinzeitpapst Wojtyla vor die Inquisition, nachdem die deutsche Bischofskonferenz unter Kardinal Döpfner einige grundsätzlich irrige Verlautbarungen glaubte festgestellt zu haben, was dann auch für Küng den Entzug der Lehrbefugnis nach sich zog.
      Entbehrt nicht der Ironie: unter den 6 zur Diskussion und Überlegung gestellten Punkten Küngs befand sich auch die Kritik an der Zölibats-verpflichtung. Dabei wusste ganz München seinerzeit von einem langjährigen diskreten Verhältnis Döpfners. Tja, so ist das mit Euer Scheinheiligkeit…
      – Zum Glück ist zwischen Küng und dem Vatikan längst wieder Friede eingekehrt, was hauptsächlich an Ersterem lag…

  • Ya Lob
    04.01.2018, 17:48 Uhr.

    Zu Bernado v. 3.1.2018, 13.40h

    ich habe den Eindruck, dass Sie, Bernado im Sachgebiet (Theologie) tätig oder aber zumindest sehr gut – wissenschaftlich, kirchenrechtlich – informiert sind.

    Ihrem Grundtenor zu Papst Franziskus kann ich jedoch nicht zustimmen.
    Meine Meinung ist, dass wir nun endlich einen Papst haben, der sich vor allem dem Thema „Seelsorge“ annimmt. Will meinen, er handelt und spricht im Sinne der Gläubigen. Dies sind in der Mehrzahl einfache Menschen, die mit den wissenschaftlichen Betrachtungen der Lehre nicht vertraut sind. Die Worte, die Aktionen und die Sorgen des Papstes verstehen sie jedoch. Zumeist spricht er ihnen aus dem Herzen.
    Das nenne ich „Seelsorge“, die ich seit meinen bewusst gelebten 60 Jahren Christsein noch von keinem der vorherigen Päpste in dieser Tiefe und Verbundenheit mit den Gläubigen (und Nichtchristen da auch sie Kinder Gottes !) nicht erlebt habe. Es ist mir wichtiger, dass sich ein Papst diesen greifbaren wichtigen aktuellen Themen annimmt als einer seiner Vorgänger, der es für (Wissenschftlich) wichtiger fand zu klären, ob das letzte Abendmahl an einem Donnerstagabend oder an einem Freitagabend stattgefunden hat.

    Nichts für ungut, aber aus den Beiträgen von Bernado spricht ein gewisser Hochmut, der mich sehr an die Stellung der Pharisäer und Schriftgelehrten erinnert. Etwas mehr Demut würde ich mir schon wünschen. Die Bezeichnung „Dünnbrettbohrer“ halte ich im Zusammenhang mit Papst Franziskus für nicht angebracht.

    • bernardo
      06.01.2018, 10:26 Uhr.

      Nein, Ya Lob. Ich habe nicht Theologie studiert; meine Spezialgebiete sind Diplomatie- und Militärgeschichte sowie internationale Beziehungen. (A. Knox hat mich ja immer wieder auf – vermeintliche – Wissenslücken in Theologie hingewiesen und erklärt, er erinnere sich immer wieder gerne an meine Lücken in Sakramententheologie, obwohl ich mich in punkto Eucharistieteilnahme für wiederverheiratete Geschiedene zurückgehalten und nur vor Angriffen auf Andersdenkende gewarnt habe.)

      Nun zum Vorgänger des Papstes: Sein großes Thema waren die Gottesverkündigung durch die Inkarnation – Jesus wurde nicht geboren, um uns eine Staatsbürgerschaftsurkunde zu überreichen, sondern um uns die Liebe Gottes zu den Menschen zu zeigen – sowie die Verbindung von Glaube und Vernunft. Insbesondere der letzte Punkte ist zugunsten einer Moralisierung und Politisierung der Religion aufgegeben worden, wobei der Papst selbst hier nicht ganz so weit geht wie viele seiner Fans. Man sollte nicht vergessen, dass es hier oft weniger um ein Eintreten für die „Geringsten“ geht als um den Machtgewinn einer klerikalen Kaste. Die Kirche sollte spiritueller Begleiter der Menschen sein – und nicht ihr politisch-moralischer Zuchtmeister.

      Vor einem Jahr erklärte der Papst der spanischen Zeitung El País gegenüber: „Das typischste Beispiel für die europäischen Populismen ist der deutsche von 1933. Nach Hindenburg und der Krise der 30er Jahre liegt Deutschland in Scherben, versucht sich wiederaufzurichten, sucht seine Identität, sucht einen Anführer, jemand, der ihm seine Identität zurückgibt. Und da gibt es einen jungen Burschen namens Adolf Hitler, der sagt: ‚Ich kann, ich kann‘. Und ganz Deutschland wählt Hitler. Hitler hat die Macht nicht geraubt. Er wurde von seinem Volk gewählt, und dann hat er sein Volk zerstört. Das ist die Gefahr.“ Angesichts solch historischer Unkenntnis und solch falscher Parallelen zwischen der Situation damals und heute hätte der Papst besser geschwiegen. Nur eines von vielen Beispielen, hinzu kommen die Ohrfeigen für Kinder „in Würde“, die Vergebungsbitte gegenüber den Rohingya (was hat die Kirche ihnen angetan?), Jesus, „der sich zum Teufel, zur Sünde, zur Schlange gemacht hat“ etc. pp.. Man kommt angesichts der päpstlichen Dummheiten – es tut mir leid, ich finde keinen anderen Namen dafür – wirklich ins Grübeln geraten…

      • bernardo
        06.01.2018, 10:55 Uhr.

        Den Fehler im letzten Satz bitte ich zu entschuldigen: „Kann ins Grübeln geraten“ sollte es heißen. Noch ein Punkt: Mit seinem „documento di cittadinanza“ knüpft der Papst an seine Einmischung in die italienische Innenpolitik an. Dort wollte die Regierung des Partito Democratico das „ius sanguinis“ zugunsten des „ius soli“ ändern, bei dem alle auf italienischem Boden Geborenen die italienische Staatsbürgerschaft erhalten hätten. (Angesichts des Widerstands im Volk wurde das Projekt fallengelassen.) Der Papst und sein Mann Galantino in der Bischofskonferenz sprachen sich vehement für das „ius soli“ aus und für ein sogenanntes „ius culturae“, das aber nur in der Vorstellungswelt des Papstes existierte und das nicht Teil des Regierungsprojekts war. Nun mag die Kirche in Fragen der Abtreibung, der Sterbehilfe, der „Ehe für alle“ ihre Stimme erheben – sie muss es vielleicht sogar. Die Frage, wem der Staat die Staatsbürgerschaft verleiht, ist eine rein politische Frage; die Aktionen des Papstes und seiner Marionetten waren eine Grenzüberschreitung.

        • Alberto Knox
          06.01.2018, 22:25 Uhr.

          von den grenzüberschreitungen eines johannes paul oder b16 redet ein bernardo nicht 😉

      • Silvia
        06.01.2018, 19:08 Uhr.

        bernardo
        06.01.2018, 10:26 Uhr.

        Gerade dass Benedikt eine glaubwürdige Verbindung von Glaube und Vernunft geschaffen hat, war und ist mir bis heute besonders wertvoll.

        Dass Papst Franziskus irgendwo gesagt hat, „Jesus habe sich zum Teufel, zur Sünde, zur Schlange gemacht“ ist mir entgangen.

  • Ya Lob
    04.01.2018, 17:55 Uhr.

    Bitte an die Redaktion:

    Korrektur zu meinem letzten Beitrag 3. Absatz:

    Das nenne ich „Seelsorge“, die ich …… noch von keinem der vorherigen Päpste in dieser Tiefe und Verbundenheit mit den Gläubigen (….) erlebt habe.

    Das „nicht“ vor „erlebt habe“ ist zu streichen (Doppelte Verneinung!) Sorry.

  • Jürgen Erbacher
    Jürgen Erbacher
    07.01.2018, 12:42 Uhr.

    Das Thema hier ist Papst Franziskus und sein Friedensappell zum Jahreswechsel. Kommentare zu anderen Themen werden nicht mehr freigeschaltet.

    • bernardo
      07.01.2018, 16:25 Uhr.

      Gegen den Friedensappell des Papstes ist auch nichts zu sagen: Ein Papst muss für den Frieden in der Welt eintreten. Ich sehe allerdings die Gefahr, dass mit einem Radikalpazifismus das sprichwörtliche Kind mit dem Bade ausgeschüttet wird. Krieg ist immer eine Niederlage der Menschheit, aber man kann den Nazi-Verbrechern, den Erzkriminellen der Khmers Rouges oder des Islamischen Staates nicht mit Lichterketten und Mahnwachen entgegentreten.

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