Papst: Übernehmt Verantwortung

Einmal mehr hat Papst Franziskus die Gleichgültigkeit vieler Menschen kritisiert. In seiner Predigt zum Palmsonntag verglich er das Schicksal Jesu mit dem der Flüchtlinge heute: „Während ihm jede Gerechtigkeit verwehrt wird, erfährt Jesus an seinem Leib auch die Gleichgültigkeit, denn niemand will sich die Verantwortung für sein Los aufbürden. Ich denke an die vielen Menschen, an die vielen Ausgegrenzten, die vielen Vertriebenen, die vielen Flüchtlinge, an die, für deren Schicksal viele nicht die Verantwortung übernehmen wollen.“ Franziskus erinnerte daran: „Der Wert des Menschen [liegt] mehr in ihm selbst als in seinem Besitz.“ Mit dieser Botschaft, ein Zitat in Anlehnung an die Konzilskonstitution Gaudium et spes (GS 35), startete Papst Franziskus in die Karwoche. Er feierte auf dem Petersplatz in Rom mit mehreren zehntausend Gläubigen einen Gottesdienst. Franziskus bezeichnete den Gekreuzigten als „Lehrstuhl Gottes“. „Dort können wir die demütige Liebe lernen, die rettet und Leben schenkt, um dem Egoismus, dem Macht- und Geltungsstreben abzusagen.“ Was Franziskus heute allen Gläubigen mit auf den Weg gab, hatte er gestern zwei neuen Bischöfen bei der Weihe ins Stammbuch geschrieben. Er sagte ihnen, dass das Bischofsamt kein Ehrentitel sei, sondern ein Dienstamt. „Seid den Armen nahe, den Schutzlosen“, so Franziskus zu den neuen Bischöfen. Im Vatikan wird unterdessen eifrig an der Übersetzung des nachsynodalen Schreibens zur Familiensynode gearbeitet. Der Vatileaks-2-Prozess wurde vergangene Woche auch fortgesetzt und ist erst einmal bis Anfang April unterbrochen und über eine Papstreise nach Armenien wird auch spekuliert.

Papst Franziskus nutzte beim Gottesdienst heute den Bischofsstab aus Holz, den im die Gefangenen im mexikanischen Ciudad Juárez geschenkt bekommen hatte. (Quelle: ap)

Papst Franziskus nutzte beim Gottesdienst heute den Bischofsstab aus Holz, den ihm die Gefangenen im mexikanischen Ciudad Juárez geschenkt hatten. (Quelle: ap)

Wann kommt Armenienreise?

Das heißt, Vatikansprecher Federico Lombardi hat bestätigt, dass Papst Franziskus nach Armenien reisen möchte und man gerade nach einem Termin in der zweiten Junihälfte suche. Das ist etwas überraschend. Denn Anfang des Jahres war bereits über eine Reise Ende Juni nach Armenien, Georgien und ein weiteres Land spekuliert worden. Dann cancelte man den Termin unter anderem wegen des orthodoxen Konzils ab Mitte Juni. Armenische Medien berichteten daraufhin vom Papstbesuch im September. Nun wird alles wieder neu sortiert und der Juni-Termin scheint wieder angepeilt – zumindest für einen Besuch in Armenien. Früher standen Reisetermine ein halbes Jahr vorher fest. Heute geht das alles spontaner. Bisher war der Reisemarschall noch nicht vor Ort, so Lombardi. Die Spontaneität wird für die Reiseplaner schwierig, aber auch für Rompilger, die gerade im Heiligen Jahr fest mit einer Begegnung mit dem Papst rechnen und dann vielleicht plötzlich leer ausgehen.

Vatileaks-2-Prozess schon wieder unterbrochen

Der Vatileaks-2-Prozess war nach mehrmonatiger Unterbrechung am vergangenen Wochenende wieder aufgenommen worden. Anfangs der Woche gab es dann Zeugenbefragungen. Dabei gestand der spanische Geistliche Angel Lucio Vallejo Balda, der bis zu seiner Festnahme im Herbst letzten Jahres in der Wirtschaftspräfektur des Heiligen Stuhls arbeitete, den beiden mitangeklagten Journalisten vertrauliche Informationen weitergegeben zu haben. Seine weiteren Aussagen sind im Detail schwer nachzuerzählen. In einer Mischung aus Sex, Mafia und Geheimdiensten lieferten sie Stoff für Vatikankrimis. Dabei belastete der Priester die Mitangeklagte italienische PR-Beraterin Francesca Chaouqui schwer. Die ist im sechsten Monat schwanger. Und weil die Ärzte ihr Mitte der Woche strengste Bettruhe verordnet haben, wurde der Prozess erneut unterbrochen und auf Anfang April vertagt. Interessant ist, dass der Journalist Emiliano Fittipaldi zu Protokoll gab, dass er mit dem Material, das er von Vallejo Balda bekommen habe, nicht viel habe anfangen können. Seine Veröffentlichungen bestünden zum größten Teil aus Informationen, die er von anderer Stelle habe. Sprich: es gibt noch weitere Leaks im Vatikan.

Der Vatikan möchte mit dem Prozess ein Exempel statuieren. Ob man sich dem Verfahren allerdings ein Gefallen tut, ist eine andere Sache. Bis auf einen Verhandlungstag waren bisher alle Sitzungen öffentlich. Das ist gut. Die Aussagen stehen aber zunächst einmal unkommentiert im Raum und sind Nährboden für vielerlei Spekulationen. Anders als bei Vatileaks-1 fallen die dunklen Machenschaften, die hier vermeintlich ans Tageslicht kommen, nicht auf den Papst zurück. Sie werden mit der Kurie identifiziert, von der sich ja – zumindest bei oberflächlichem Hinsehen – Franziskus selbst immer wieder mit kritischen Äußerungen distanziert hat. Wer mit Vatileaks-2 den Papst treffen wollte, hat sein Ziel verfehlt. Wer damit zeigen wollte, welche dunklen Sümpfe es in der Zentrale der katholischen Kirche gibt, könnte auf lange Sicht gewonnen haben. Das Ganze könnte am Ende vielleicht doch dem Papst nützen bei seiner Reinigungsaktion in der Kurie. Dann ging es bei dem Prozess gar nicht um die beiden Journalisten, die wegen illegaler Beschaffung von internen Dokumenten angeklagt sind, sondern allein um den eigenen Apparat. Ob dafür allerdings der spanische Geistliche aus der 2. Reihe sowie die italienische PR-Beraterin, die auf Betreiben des Geistlichen Mitglied einer der zahlreichen Reformkommissionen geworden war, die richtigen Akteure sind, ist zu bezweifeln. Fittipaldi hatte bereits im November behauptet, er habe sich mit Leuten aus dem Vatikan getroffen, die sich auf Anweisung von „ganz oben“ an ihn gewandt hätten. Und auch Gianluigi Nuzzi, der zweite Enthüllungsjournalist auf der Anklagebank, hatte einmal Kardinal George Pell höchstpersönlich als Informant genannt. Am 6. April soll der Prozess fortgesetzt werden.

Ex-Präsident Sarkozy kommt zum Papst

Morgen gibt es im Vatikan eine besondere Audienz. Papst Franziskus empfängt den ehemaligen französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy. Das ist etwas ungewöhnlich, gibt es doch seit geraumer Zeit Spannungen zwischen Frankreich und dem Heiligen Stuhl. Der amtierende Präsident Holland war im Januar 2014 im Vatikan. Seitdem wartet er vergeblich auf eine Visite des Kirchenoberhaupts in seinem Land. Als Franziskus im November 2014 die europäischen Institutionen in Straßburg besuchte, erklärte der Vatikan, dass in Kürze auch ein Besuch in Frankreich folgen werde. Doch bisher kam nichts. Seit Frühjahr 2015 gibt es keinen französischen Botschafter beim Heiligen Stuhl. Frankreich wollte Laurent Stefanini nach Rom schicken. Der Diplomat und Protokollchef Hollandes kennt den Vatikan aus seiner Zeit an der französischen Heilig-Stuhl-Botschaft von 2001 bis 2005.

Doch der Vatikan lehnte ab. Nicht, wie in der Kirchenzentrale betont wird, weil Stefanini schwul ist, sondern weil man mit der Politik der französischen Regierung sowie dem Verfahren der Ernennung nicht einverstanden sei. Die Personalie Stefanini wurde von Gegnern Präsident Hollandes sehr früh in die Medien gebracht; noch bevor der offizielle Akkreditierungsantrag im Vatikan eintraf. Dazu kommt eine Reihe von politischen Entscheidungen der sozialistischen Regierung, die der Vatikan kritisch sieht: Die „Homo-Ehe“ wurde eingeführt, embryonale Stammzellforschung bedingt zugelassen; dazu ein Gesetzesvorstoß für aktive Sterbehilfe und eine Liberalisierung der Abtreibungsgesetzgebung. Jüngst kommt noch ein neues Problem hinzu. Der französische Premierminister Manuel Valls forderte diese Woche indirekt den Rücktritt des Erzbischofs von Lyon und Primas Frankreichs, Philippe Barbarin. Der steht derzeit mächtig unter Druck. Ihm wird vorgeworfen, einen Priester nicht suspendiert zu haben, dem sexueller Missbrauch eines damals 16-Jährigen vorgeworfen wird. Es gibt also viel zu besprechen, wenn Sarkozy morgen in den Vatikan kommt. Vielleicht gelingt es ihm, zur Entspannung beizutragen. Das wäre bitter nötig, denn Frankreich ist traditionell ein wichtiger politischer Partner für den Vatikan.

Vatikan unterstützt Aufarbeitung der Militärdiktatur in Argentinien

Der Vatikan will seine Archive über die Militärdiktatur in Argentinien freigeben. Das kündigte der Generalsekretär der Argentinischen Bischofskonferenz, Bischof Carlos Malfa, nach einem Treffen gestern mit dem Papst an. Derzeit werden die Dokumente geordnet und katalogisiert, um sie dann zu veröffentlichen. Bei den Dokumenten handele es sich vorwiegend um Briefe von Angehörigen von Verschwundenen, die die katholische Kirche baten, sich bei den Militärs für ihre verschleppten Verwandten einzusetzen, so Malfa nach Medienberichten. Papst Franziskus werde am kommenden Mittwoch Angehörige von Vermissten treffen. Franziskus hatte das in der Vergangenheit bereits wiederholt gemacht. Bereits kurz nach seiner Wahl hatte er angekündigt, dass er zur Aufarbeitung der Diktaturzeit (1976 – 1983) beitragen möchte. Immer hatte es auch Kritik an seinem Verhalten in der Zeit gegeben. Bergoglio war von 1973 bis 1980 Provinzial der Jesuiten in Argentinien gewesen. Die Rolle der katholischen Kirche im Verhältnis zu den Diktaturen in Südamerika ist ein Kapitel, das nach Aufarbeitung schreit. Es wäre zu wünschen, dass die schnelle Freigabe der Akten für Argentinien kein Einzelfall bleibt, sondern auch mit Hochdruck an den Beständen anderer Länder wie etwa Chile, Honduras oder El Salvador gearbeitet wird, um nur einige zu nennen.

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Jürgen Erbacher

Seit Juli 2018 leite ich die ZDF-Redaktion "Kirche und Leben katholisch", für die ich seit 2005 über die Themen Papst, Vatikan, Theologie und katholische Kirche berichte. Dafür pendle ich regelmäßig zwischen Mainz und Rom - meiner zweiten Heimat. Dort habe ich vor meiner ZDF-Zeit mehrere Jahre gelebt und für Radio Vatikan gearbeitet. Studiert habe ich Politikwissenschaft und Katholische Theologie in Freiburg i.Br. und Rom.

9 Kommentare

  • Silvia
    20.03.2016, 21:25 Uhr.

    Das Schicksal Jesu mit dem der Flüchtlinge heute zu vergleichen, halte ich für theologisch nicht stimmig.

    Man könnte allerdings sagen, dass Christus in jedem leidenden Menschen mitleidet oder, anders herum, dass jeder leidende Mensch das Antlitz Christi trage.

    Jesus selbst hat ja gesagt, „was ihr dem geringsten meiner Brüder getan habt, das habt ihr mir getan, und was ihr dem geringsten meiner Brüder nicht getan habt, das habt ihr mir nicht getan“.

    So wäre es theologisch stimmig.

    Das entbindet aber Politiker nicht, POLITISCH vernünftig zu handeln und das Wünschenswerte mit dem Machbaren abzugleichen.

  • Student
    20.03.2016, 23:43 Uhr.

    Aus der Predigt von Papst Franziskus müsste man auf jeden Fall noch hervorheben, was der Papst über die Beziehung von Bischöfen zu „ihren“ Priestern gesagt hat!
    Er sprach davon, dass ein jeder Bischof sich um „seine“ Priester kümmern muss!
    Das sollte sich jeder Bischof zu Herzen nehmen! Leider wird ja anscheinend zu wenig auf die Priester geachtet. Arbeit mit und für Laien ist ja sehr wichtig, aber eine gesunde Gemeinde braucht immer auch einen oder mehrere Priester! Wenn der Eindruck entsteht, dass das Priesteramt nicht unersetzlich für die Kirche ist, dann braucht man sich nicht wundern, dass immer weniger junge Männer Priester werden wollen…
    Papst Franziskus hat sehr Recht mit seiner Mahnung, sich mehr um die Priester zu kümmern!
    Interessant, dass Franziskus im Juni nach Armenien reisen möchte! Die Christen dort haben eine Ermutigung durch den Papst sehr verdient!
    Ich hatte nur gehört, dass im Juni möglicherweise ein Konsistorium zur Kreierung neuer Kardinäle stattfinden könnte, sowas ist ja auch eine große Sache.
    Neue Kardinäle müssen dringend ernannt werden, ansonsten fällt die Zahl der wahlberechtigten Kardinäle sehr tief.
    Das ist übrigens sehr spannend! Wann kommt am Ende das Konsistorium?
    Welche Bischöfe werden kreiert zum Kardinal?
    Zur Kurienreform gibt es ja auch viele Fragen.
    Wer wird neuer Erzpriester der Basilika Santa Maria Maggiore? Wer könnte Nachfolger von Kardinal Angelo Amato SDB in der Kongregation für die Heiligsprechungen werden?
    Wann kommen die neuen Kongregationen für Familie/Laien und Leben sowie für die sozialen Angelegenheiten und wer könnte dort Präfekt werden?
    Viele Fragen! Vielleicht zweitrangig, aber im Zusammenhang mit der Umstellung und Reform der Kurie doch auch spannende Fragen!
    Ein Artikel über diese ganzen Spekulationen würde mich sehr interessieren! Falls es da Gerüchte gibt.
    Darüber wäre ich jedenfalls sehr dankbar!

  • Wanda
    21.03.2016, 6:52 Uhr.

    – man darf wohl viele als Flüchtlinge anzweifeln, weil sie sich nicht mit der Sicherheit von Leib und Leben in einem x-beliebigen Land zufrieden geben, sondern bevorzugt und ganz gezielt die sozialen Töpfe Deutschlands ansteuern. Eine Fakt, der wohl kaum zu leugnen ist…
    – Europa importiert sich derzeit die Konflikte der islamischen Welt, seine konfessionellen kriegsähnlichen Auseinandersetzungen, die Dominanz der Religion bis ins private und politische Leben hinein und die völlig anderen Werte bzw. unzureichenden Rechte, die z.B. Frauen zugebilligt werden…
    Wer glaubt diese muslimischen Ankömmlinge würden sich assimilieren, erliegt einem Trugschluss. Das beweisen seit Jahren schon die Situationen in Frankreich, Belgien, dem grosszügigen Schweden und auch die „no-go-areas“ in unseren Ballungsgebieten mit ihren Parallelgesellschaften und rechtsfreien Räumen…
    – Man darf gleichzeitig fragen, warum die reichen muslimischen Bruderländer den Bürgerkriegsflüchtlingen kein Asyl anbieten und wieso die UNO und andere international human tätigen Institutionen diese Länder nicht vor aller Welt öffentlich kritisieren ?

    • Silvia
      21.03.2016, 11:49 Uhr.

      Wanda
      21.03.2016, 6:52 Uhr.

      Muss ich leider zustimmen. Ich habe in letzter Zeit immer öfter den Eindruck, dass wir von Dilettanten regiert werden.

  • papessa
    22.03.2016, 23:22 Uhr.

    Allein die Überschrift: Übernehmt Verantwortung, ist schon eine Herausforderung heute: Wir erleben viele Menschen, die Verantwortung übernommen haben, ganz ehrenamtlich und besser als mancher hochbezahlter Funktionär, wie sich wieder einmal überdeutlich zeigt. Aber wie hoch ist der Anteil derer in unserer Gesellschaft, die alles und jeden für ihr eigenes Scheitern verantwortlich machen, nur nicht sich selbst? Wo kommt das her? Erziehung? Gesellschaft? Persönliche Umstände? Gene? Intelligenz?
    Übernehmt Verantwortung.
    Für viele, die gerade negative Stimmung machen, scheint das eine Überforderung zu sein.
    Habe ich auch in der Reha-Klinik erlebt, einer der besten hier in Deutschland, wie ich verblüfft erfahren durfte. Viele haben sich wieder hochgekämpft, andere, denen es bei weitem nicht so schlecht ging und die Aussichten auf Genesung wirklich gut waren, haben von vorneherein gesagt, hier wird das nichts, das klappt sowieso nicht. Selbst nichts dazu leisten, für sich selbst nicht die Verantwortung übernehmen wollen, und dann diese wirklich gute Klinik für das eigene gesundheitliche Scheitern der ausbleibenden Genesung verantworlich machen.
    Verantwortung gegen Gleichgültigkeit.
    Die Antwort findet jeder im eigenen – positiven oder negativen – Willen.

    • Wanda
      25.03.2016, 20:59 Uhr.

      Papessa 23:22
      – muss Ihnen zustimmen. Man kann das auf eine Formel verkürzen „Hilf Dir selbst – so hilft Dir Gott !
      Auch abgewandelt gültig: Hilf dem Anderen- so hilft ihm Gott !

  • Alberto Knox
    22.03.2016, 23:37 Uhr.

    lieber herr erbacher,

    warum ist dieser beitrag mit georg ratzinger verschlagwortet? er taucht überhaupt nicht auf!

    • Jürgen Erbacher
      Jürgen Erbacher
      23.03.2016, 7:48 Uhr.

      In der Tat. Da haben sich leider bei der Verschlagwortung zwei Fehler eingeschlichen, die wir jetzt korrigiert haben.

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