Der Papst und das Geld

Besitz an sich ist nichts Schlechtes. Entscheidend ist, was man damit macht. So könnte man die Worte von Papst Franziskus in einem Interview für eine niederländische Obdachlosenzeitung zusammenfassen. „Die Kirche hat viele Besitztümer. Aber die nutzen wir um die Strukturen der Kirche aufrecht zu erhalten und viele Werke in armen Ländern zu machen.“ Zugleich warnte Franziskus vor Korruption, in Politik und Kirche. Bei der Morgenmesse kritisierte der Pontifex zudem Priester und Bischöfe, die sich selbst bedienten, anstatt selbst zu dienen: „Auch in der Kirche gibt es solche Menschen, die sich an der Kirche bedienen, statt an die anderen zu denken: Emporkömmlinge, die am Geld hängen. Wie viele Priester und Bischöfe dieser Art haben wir schon gesehen? Das ist traurig, nicht?“

Papst sieht Pflicht, Missstände aufzuzeigen

Die beiden Enthüllungsbücher sind draußen. Sie bringen Zahlen und Fakten zu vielen Dingen, die schon seit Jahren bekannt sind. Details dazu in den nächsten Tagen. Papst Franziskus selbst hat sich öffentlich nicht konkret zu den Enthüllungen geäußert, wenn man von der heutigen Predigt bei der Morgenmesse einmal absieht. Aus seinem Umfeld heißt es, er sei verbittert über den Geheimnisverrat. Er sehe hinter der ganzen Aktion kein Komplott, sondern einen Akt der Untreue. Der Papst werde sich aber von seinem Weg nicht abbringen lassen, heißt es. „Das wird sich ändern“, soll er in Bezug auf die bisherige Praxis bei Immobilienverwaltung und Vermietungen gesagt haben. Die Bücher enthüllten, dass es chaotische Zustände bei der Verwaltung der Immobilien gibt und viele Immobilien weit unter marktüblichen Preisen vermietet werden. Zum Teil werden sie offenbar sogar kostenlos zur Verfügung gestellt; aber nicht, weil es sich um mittellose Mieter handelt, sondern aus Gefälligkeit.

Im Interview mit der Obdachlosenzeitung erklärte Franziskus, dass er es als seine Pflicht sehe, Missstände aufzuzeigen. Er meinte das in Bezug auf Ungerechtigkeiten in Gesellschaft und Politik. Dies kann nach Ansicht des Papstes nur dann gut gelingen, wenn man sich vor zwei Versuchungen hüte. Man dürfe nicht über Armut reden und selbst wie ein Pharao leben. Und man müsse sich vor Korruption hüten. Vor allem mit der ersten Bemerkung macht Franziskus deutlich, warum er sich seit seinem Amtsantritt für eine Haltungsänderung der Kirche einsetzt. Wer von Armut spricht, zugleich aber in einem 400 Quadratmeter-Appartement lebt, hat ein Glaubwürdigkeitsproblem. Franziskus selbst hat das nicht. Doch andere in der Kirche schon.

Papst warnt vor Doppelleben

Dass es Franziskus um die richtige Haltung geht, wird an einer anderen Stelle im Interview deutlich, als er erklärt, dass er als Papst nicht einfach die Pietà von Michelangelo verkaufen könne. Die stehe zwar in einer Kirche, gehöre aber der Menschheit. Auch mit dem Besitz der Kirche hat er kein Problem. Denn dieser hilft die Strukturen aufrecht zu erhalten und dient den Armen. Er habe gerade am Tag vor dem Interview 50.000 Euro in den Kongo geschickt, damit in drei armen Dörfern jeweils eine Schule gebaut werden können. Einmal mehr wiederholte Franziskus seine Position, dass jeder Mensch ein Recht auf die „drei T“ habe: trabajo (Arbeit), techo (Dach), tierra (Land). Dafür setze die Kirche sich ein, so der Papst.

In der Predigt heute Morgen warnte Franziskus vor einem Doppelleben: „sich zu zeigen wie ein Diener, aber sich in Wirklichkeit an anderen zu bedienen“. Das sei der Fall, wenn die Kirche „lauwarm“ sei und „Geschäfte mache“. Auch dies dürfte eine Anspielung auf die jetzt bekannt gewordenen Geschäftsgebaren mancher Vatikanstellen sein – etwa wenn es um hundertausende Euro bei Selig- und Heiligsprechungsverfahren geht oder in den vatikanischen Geschäften Waren im Wert von weit über einer Million Euro verschwinden.

Franziskus war Torwart

Im Interview mit der Obdachlosenzeitung gibt Franziskus auch einige private Dinge preis. So wollte er als kleiner Junge gerne Metzger werden. Er verrät, dass er zwar immer mit seinen Freunden Fußball spielte, er aber meist der Torwart gewesen sei, weil er ein „pata dura“ gewesen sei, was so viel heißt wie „einer mit zwei linken Füßen“. Was seine eigene Popularität anbetrifft, stellt er fest, dass er jetzt zwar berühmt sei, aber in zehn Jahren ihn sicher keiner mehr kennen werde. Armut habe er sehr früh kennen gelernt. Seine Familie habe etwa kein Auto besessen, man habe keine Ferien gemacht. Dennoch habe es bis zum Monatsende gereicht. Ganz anders bei einer Italienerin, die dreimal die Woche gekommen sei, um seiner Mutter im Haushalt zu helfen. Dieser Frau habe es am Nötigsten gefehlt. Das habe ihn tief getroffen. Seine Mutter habe sie unterstützt. Als Erzbischof habe er die Dame die letzten drei Jahre ihres Lebens begleitet. Das Medaillon vom „Heiligsten Herzen Jesu“, das sie ihm einmal geschenkt habe, trage er noch bis heute bei sich, sagte Franziskus und zeigte dem Interviewer das völlig ausgebleichte Medaillon.

Vor allem die die Predigt heute Morgen in Santa Marta zeigt, Papst Franziskus lässt sich nicht beirren  – weder durch Widerstand von innen, noch durch Gegenwind von außen und auch nicht durch Vertrauensbruch. Diese Woche hat aber gezeigt, es gibt noch viel zu tun, die Bretter, die zu bohren sind, sind dick.

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Jürgen Erbacher

Seit Juli 2018 leite ich die ZDF-Redaktion "Kirche und Leben katholisch", für die ich seit 2005 über die Themen Papst, Vatikan, Theologie und katholische Kirche berichte. Dafür pendle ich regelmäßig zwischen Mainz und Rom - meiner zweiten Heimat. Dort habe ich vor meiner ZDF-Zeit mehrere Jahre gelebt und für Radio Vatikan gearbeitet. Studiert habe ich Politikwissenschaft und Katholische Theologie in Freiburg i.Br. und Rom.

26 Kommentare

  • Wanda
    07.11.2015, 0:33 Uhr.

    – man mag zu Franziskus stehen wie man will – auch kritisch, denn er bietet wie jeder andere Mensch durchaus Angriffsflächen, aber er hat eine Sisyphusarbeit vor sich…

  • Alberto Knox
    07.11.2015, 4:48 Uhr.

    ich bin froh, dass unser franz vor ort ist – und auch vernünftige berater hat (das konnte man vom apparatschik ratzinger nicht behaupten – überhaupt auch bemerkenswert: da wählen die kardinäle einen zum papst, der vernetzt ist wie kein anderer, der die kurie 23 jahre kennt, und sich dann nicht zu wehren weiß, obwohl er sich zuvor auch für keine intrige zu schade war. naja, zweitklassige theologische bücher schreiben ist eben nicht die aufgabe des papstes, sondern spirituell aufbauen und verwalten). ich will hoffen, dass franziskus diesen augiasstall aus jp2 und benedikts zeiten ausmistet.

    • Jürgen Erbacher
      Jürgen Erbacher
      07.11.2015, 18:50 Uhr.

      Ich bin mir nicht sicher, ob Ratzinger wirklich gut in der Kurie vernetzt war. Er hat seine Arbeit gemacht, Zuhause seine Bücher geschrieben und sich nicht allzu sehr um die vatikanischen Seilschaften gekümmert. Damit möchte ich nicht sagen, dass er nicht sein eigenes Grüppchen hatte, mit dem er sich getroffen und dessen Mitglieder er unterstützt hat. Aber der große Netzwerker im Vatikan war er m.E. nicht.

      • Alberto Knox
        07.11.2015, 22:46 Uhr.

        ich will ihre expertise nicht in zweifel ziehen – aber es war genügend netzwerk vorhanden, um 2005 die katastrophalste papstwahl seit pius x. in die wege zu leiten. allein wie ratzinger das präkonklave dominiert und reglementiert hat, hat eine erstaunliche vernetzung gezeigt. finde ich.

  • Silvia
    07.11.2015, 19:45 Uhr.

    „Ich vermute stark daß nach den neusten Indiskretionen Franziskus‘ vatikaninterne Gangart härter wird.“

    Das hoffe ich sehr. Er wird merken, dass Güte und Barmherzigkeit nicht immer und überall das Mittel der Wahl sind.

    Jeder Chef braucht vertrauenswürdige und loyale Mitarbeiter. Gut zu wissen, dass Pell wahrscheinlich bald in Pension gehen wird.

    • Wanda
      09.11.2015, 2:22 Uhr.

      Silvia 19:45
      – Härtere Gangart ? Hoffentlich gegenüber jenen, welche die bekannt gewordenen Zustände zu verantworten haben. Das aber waren weder Vallejo Balda noch Francesca Chaouqui.
      Franziskus hat sich nun zu Vatileaks-2 dahingehend geäussert, dass der Diebstahl geheimer Akten ein Verbrechen sei…
      Nun, da stimmt mit seiner Wahrnehmung etwas nicht. Der offenkundig gewordene skandalöse Umgang des Vatikan mit Geld, Spenden und Vermögen ist das wirkliche Verbrechen, nicht aber die unerlaubte Veröffentlichung der Tatsachen: Untreue, Steuerhinterziehung, absichtliche Täuschung, Scheinkonten und was weiss der Teufel noch alles. Von Verletzung der Treuhänderschaft und Aufsichtspflicht ganz zu schweigen…
      – Eine alte Weisheit: Geheimhaltung wird oft und gern angeordnet, um Missstände nicht offenbar werden zu lassen. Man denke nur an Edward Snowden, der für die US-Behörden ein Verräter ist, obwohl ihm das Verdienst zukommt, die Welt über die Machenschaften der NSA/US-Regierung aufgeklärt zu haben.
      – Erstaunlich: der Papst reagiert wie ein unfähiger Polizist, der nicht danach fragt, wer die Leiche ist, sondern beleidigt reagiert weil sich jemand erdreistet hat, eine Leiche zu finden.
      Und wie es sich nun zu bestätigen scheint, hat der Vatikan, was den Finanz- und Wirtschaftssektor angeht, noch jede Menge Leichen im Keller…

      • Silvia
        09.11.2015, 12:13 Uhr.

        Wanda, Sie haben halt Ihre eigene, ganz spezielle Brille. Sie mögen Franziskus zwar menschlich, aber da er der Papst ist, MUSS er ja Vieles falsch machen, weil sonst Ihr antikatholisches Weltbild nicht mehr haltbar wäre.

        Die aufgedeckten Missstände sind welche, die vor dem gegenwärtigen Pontifikat bestanden haben und die durch die „Aufräumarbeiten“ von Franziskus erst ans Licht gekommen sind, insofern sowieso Schnee von gestern.

        • Wanda
          09.11.2015, 17:11 Uhr.

          Silvia 12:13
          – stimme Ihnen ja zu: natürlich sind diese über Jahre kumulierten Misstände letztendes ein Ergebnis tolerierter Untreue und Fehlverhaltens des Vatikan als Institution, unabhängig davon welcher Papst wann die Kirche führte. Das ist unbestritten…
          – Meine Kritik bezieht sich darauf, dass Franziskus erstrangig den Diebstahl der geheimen Dokumente als „Verbrechen“ anprangert, dieses Wort für die (verharmlosend) Missstände im Umgang mit den Finanzen aber vermeidet.
          Bedenklich seine Optik, da er offenbar zweierlei Mass angelegt: wo der hohe Klerus verantwortlich zeichnet, ist man nachsichtiger in der Wortwahl ?

  • silberdistel
    08.11.2015, 0:54 Uhr.

    Das die Kirche „viele Besitztümer“ habe, ist dann doch etwas zu sehr verniedlichend…
    Da ist der nicht enden wollende Strom aus testamentarischen Verfügungen über Immobilien, Liegenschaften, Barvermögen, etc. pp; der der Kirche beständig zufließt. So gehören beispielsweise Rom´s Immobilien bereits zu einem Viertel der Kirche. Ebenso nicht zu unterschätzen die Unternehmensbeteiligungen, sowie der immer noch bestehende Gold- und Silberschatz, der seinerzeit aus den indigenen Völkern heraus transferiert wurde und der zweitgrößte nach den USA sein soll.
    Wenn das deutsche Provinzbistum Limburg bereits eine Bilanzsumme von 1 Mrd. aufweist (1000 x 1 Million €) und sein Bischof mal gerade schlappe 31 Mio. davon für „Baumaßnahmen“ locker machen kann; dann zeigt das was die Kirche im Stande ist rein materiell zu leisten wenn sie denn nur will.

    • Wanda
      08.11.2015, 20:30 Uhr.

      Silberdistel 00:54
      – diesbzüglich wird immer noch erfolgreich gemauert und viele Bistümer weigern sich einfach die Zahlen offenzulegen oder haben ihre eigene Interpretation von dem, was unter Vermögen und Einkünften zu verstehen ist.
      Da wäre längst schon ein Machtwort aus Rom fällig…
      Um mit Franziskus zu zitieren, natürlich muss man nicht unbedingt Kunstwerke wie die Pietá versilbern, aber das was auf Konten gebunkert ist und in Tresoren liegt, was regelmässig (aus Kirchensteuerländern wie Deutschland) nach Rom fliesst und was generell an Zinsen anfällt, das könnte sehr wohl für soziale Zwecke verwendet werden. Grotesk: ausgerechnet das hat in dieser Kirche keine Tradition…
      Vor diesem Hintergrund degeneriert die Diskussion, ob die horrende Bezahlung der Kirchenfürsten (Marx, rund 11.500 Euro) nicht abgespeckt werden sollte, zur unappetitlichen Geschmacksfrage. Wobei noch zu erwähnen wäre, dass der weltliche Staat deren Bezahlungen (Bischöfe, Erz- und Weihbischöfe, Vikare) übernimmt; d.h. also „jeder“ Steuerzahler für diese Herren aufkommt, ob er nun einer Kirche angehört oder nicht.
      – Tja, nicht nur im Vatikan müsste sauberer Tisch gemacht werden..

      • Alberto Knox
        09.11.2015, 15:35 Uhr.

        @ wanda: „Vor diesem Hintergrund degeneriert die Diskussion, ob die horrende Bezahlung der Kirchenfürsten (Marx, rund 11.500 Euro) nicht abgespeckt werden sollte, zur unappetitlichen Geschmacksfrage.“
        1) bischöfe verdienen viel, kein zweifel. „horrend“ ist das einkommen keineswegs – die 11000 euro sind ein bruttogehalt, bei kardinal marx für einen promovierten akademiker. es gibt da weitaus üppigere gehaltszonen. da geht außerdem viel weg für einkommensteuer und krankenversicherung, dazu kommen diverse mitgliedschaften in vereinen und – das sollte man nicht vergessen: bischöfe werden regelmäßig um spenden gebeten. ICH JEDENFALLS bin froh, dass unsere bischöfe sich gerade bei letzterem großzügig zeigen können. mich würde wundern, wenn marx wirklich mehr als 2000 € zur freien verfügung am ende des monats hatte.

        „Wobei noch zu erwähnen wäre, dass der weltliche Staat deren Bezahlungen (Bischöfe, Erz- und Weihbischöfe, Vikare) übernimmt; d.h. also „jeder“ Steuerzahler für diese Herren aufkommt, ob er nun einer Kirche angehört oder nicht.“

        2) die kirche wurde 1803 in deutschland bis auf den pfarrbesitz – im grunde unrechtmäßig – enteignet. n.b. sie wurde enteignet von RECHTMÄSSIGEM besitz. in den anschließenden staatskirchenverträgen, den konkordaten, haben die deutschen staaten dotationen in aussicht gestellt – das sind, vereinfacht gesagt, stiftungsvermögen, die der bezahlung von bischöfen und domkapiteln dienen sollen. diese dotationen wäre im vergleich zum enteigneten vermögen von 1803 äußerst gering gewesen. doch auch diese vermögen brachten die deutschen staaten bis heute so gut wie nicht auf. als ersatzleistung (!) zahlt der staat bis heute die einkommen von bischöfen und kapitularen. das ist weder unverschämt, noch unrechtmäßig, sondern schlicht eines: eine legitime entschädigungszahlung. wenn es ihnen nicht passt, sollten sie vor gericht gehen. sie werden sicher nicht recht bekommen.

        • silberdistel
          10.11.2015, 1:40 Uhr.

          Was im Mittelalter von der Kirche an Besitztümer zusammengeklaubt, konkreter genannt: Überwiegend durch Betrug und Fälschungen zusammen geklaut wurde, soll „RECHTMÄSSIGER“ Besitz sein????
          Vor dem Hintergrund der Lehre von Jesus Christus gegen den Mammon, Seinem Aussendebefehl an die Apostel kein Hab und Gut bei sich zu führen, untereinander zu Teilen und den Armen zu geben; ist solches Sammeln und Horten von Besitztümern, gar Schätzen, schlichtweg unchristlich!
          Desweiteren ist zu fragen, wie man beispielsweise von Seiner Exzellenz Monsignore Franz-Peter Tebartz-van Elst, der als „Kirchlicher Würdenträger“ zweifelsohne seine an die 10.000 Euro aus der Staatskasse erhalten hat, seitens des Bistums postum überhaupt Schadensersatz einfordern kann. Wo doch nach Ihren Ausführungen zufolge bei solch wohltätigen Exzellenzen nie etwas übrig geblieben ist…?

          • Alberto Knox
            10.11.2015, 16:10 Uhr.

            „Was im Mittelalter von der Kirche an Besitztümer zusammengeklaubt, konkreter genannt: Überwiegend durch Betrug und Fälschungen zusammen geklaut wurde, soll „RECHTMÄSSIGER“ Besitz sein????“

            ich gehe mal davon aus, dass sie nicht geschichte und diplomatik studiert haben, denn sonst hätten sie sicher nicht derartigen – entschuldigen sie – […]* geschrieben. haben sie denn historisch valide belege dafür, dass der kirchenbesitz ÜBERWIEGEND ZUSAMMENGEKLAUT WURDE? nein, natürlich nicht, denn dafür gibt es auch keine beweise. das ist eine üble verleumdung, die zeigt, dass sie das mittelalter nicht kennen und die kirche auch nicht. das meiste an besitz kam durch besitzübertragung von seiten von herrschern und erbfällen. es ist durchaus so, dass es öfter zu nachbesserungen von urkunden kam und auch einige kirchenfürsten rabiater vorgegangen sind. aber den besitz zu über 50 % (das heißt überwiegend) aus diebstahl kommend zu bezeichnen ist nur eines: sachlich falsch.
            man könnte übrigens auch noch in anschlag bringen, dass die von der kirche verwalteten ländern die länder in deutschland um 1800 waren, die am besten verwaltet waren – wenig soldaten, viele lehrer und bildungsanstalten, viele handwerker, kaum arbeitslose, viel sozialfürsorge. es hieß nicht umsonst bis zur säkularisation: „unterm krummstab ist gut leben“. durchaus beispielhaft ist der letzte säkularisierte geistliche staat deutschlands, das fürstentum regensburg-aschaffenburg von carl von dalberg. 1803 übernahm er eine stadt, die 400 jahre lang (!) stets fast bankrott war und sanierte den haushalt innerhalb von 7 jahren – ohne bildungseinrichtungen zu schließen und auf sozialfürsorge zu verzichten. und das mitten in den napoleonischen kriegen.

            „Vor dem Hintergrund der Lehre von Jesus Christus gegen den Mammon, Seinem Aussendebefehl an die Apostel kein Hab und Gut bei sich zu führen, untereinander zu Teilen und den Armen zu geben;“

            dumme frage: wenn man kein hab und gut bei sich führt, was soll man denn dann noch teilen und den armen geben, wie sie schreiben?
            und: jesus sagt auch, dass seine anhänger sich freunde mit dem ungerechten mammon schaffen sollen.

            „ist solches Sammeln und Horten von Besitztümern, gar Schätzen, schlichtweg unchristlich!“

            nein, ist es nicht. selbst der papst sagt, dass die kirche soliden besitz braucht, um dann NACHHALTIG helfen zu können. ach ja, einen kulturauftrag haben wir auch noch…
            Desweiteren ist zu fragen, wie man beispielsweise von Seiner Exzellenz Monsignore Franz-Peter Tebartz-van Elst, der als „Kirchlicher Würdenträger“ zweifelsohne seine an die 10.000 Euro aus der Staatskasse erhalten hat, seitens des Bistums postum überhaupt Schadensersatz einfordern kann. Wo doch nach Ihren Ausführungen zufolge bei solch wohltätigen Exzellenzen nie etwas übrig geblieben ist…?“

            *Der Beitrag wurde wegen des Verstoßes gegen die Netiquette editiert.

        • Wanda
          10.11.2015, 4:22 Uhr.

          Alberto Knox 15:35
          – vielleicht sollten Sie sich doch mal kundig machen: da gibts noch weitere Zulagen, Dienstwagen mit Fahrer, besondere Vergünstigungen und Vorteile was das Wohnen angeht, usw. Besonders Marx tut sich da in Deutschland hervor…
          – Und Entschädigung für rechtmässigen Besitz ? Vielleicht gar so wie für den vom Himmel gefallenen Besitz des Adels ? Die Kirche kam zu ihrem Reichtum an Land und Leibeigenen als sie die unheilige Allianz mit den weltlichen Mächten (und zwar sehr früh) einging. Eine Hand wusch die andere: Du bestätigst mir vor dem Volke meine vererbbare Obrigkeit als gottgewollt und ich gewähre Dir dafür meinen militärischen Schutz und noch die ein oder andere Schenkung (die vorher unbotmässigen Untertanen enteignet wurde). So und nicht anders funktionierte das Geschäft zu beider Vorteil. Dass dann noch Erbschleichereien unter Hinweis auf eine Verkürzung des Aufenthaltes im Purgatorium jahrhundertelang Erfolg zeitigten, hat sich speziell bei der Landbevölkerung tief eingegraben…
          Und dass sich der Vatikan bis Garibaldi kam, einen Grossteil Italiens als Eigentum erschachert hatte, gehört heute zum Allgemeinwissen.
          Sie sollten vielleicht mal die Geschichtsbücher und Dokumente bemühen. Fehlt eigentlich nur noch, dass sie die Konstantinische Schenkung als Fälschung zurückweisen.
          – Wie auch immer, all das steht einer Kirche, deren Gründer Armut und Nächstenliebe zum Ideal erhob, nicht unbedingt gut zu Gesichte, oder doch ?

          • Alberto Knox
            10.11.2015, 16:21 Uhr.

            „– vielleicht sollten Sie sich doch mal kundig machen: da gibts noch weitere Zulagen, Dienstwagen mit Fahrer, besondere Vergünstigungen und Vorteile was das Wohnen angeht, usw.“

            vorteile beim wohnen werden verrechnet und sofern sie begünstigend sind, sind sie steuerpflichtig. der dienstwagen mit fahrer ist schlicht eine notwendigkeit – wer einmal einen verwalter eines größeren betriebs gesehen hat, weiß, dass das ein fahrendes büro ist. man kann natürlich auf c9 und den dbk-vorsitz verzichten und auf alle reiserei. mal sehen, welches chaos dann ausbricht. ich muss schon sagen, sie haben wirklich wenig ahnung, welch anstrengender beruf es ist, einen betrieb zu verwalten – denn das muss ein bischof auch. und nebenbei: freizeit haben diese leute nicht. ich würde für kein geld der welt mit unseren bischöfen tauschen. die leben nicht im luxus. wirklich nicht.

            „Besonders Marx tut sich da in Deutschland hervor…“
            ich bin absolut kein marx-fan, aber er macht seine arbeit gut und anständig. sie scheinen hingegen wirklich nur ad personam dinge sagen zu können.

            „– Und Entschädigung für rechtmässigen Besitz ? Vielleicht gar so wie für den vom Himmel gefallenen Besitz des Adels ? Die Kirche kam zu ihrem Reichtum an Land und Leibeigenen als sie die unheilige Allianz mit den weltlichen Mächten (und zwar sehr früh) einging. Eine Hand wusch die andere: Du bestätigst mir vor dem Volke meine vererbbare Obrigkeit als gottgewollt und ich gewähre Dir dafür meinen militärischen Schutz und noch die ein oder andere Schenkung (die vorher unbotmässigen Untertanen enteignet wurde). So und nicht anders funktionierte das Geschäft zu beider Vorteil. Dass dann noch Erbschleichereien unter Hinweis auf eine Verkürzung des Aufenthaltes im Purgatorium jahrhundertelang Erfolg zeitigten, hat sich speziell bei der Landbevölkerung tief eingegraben…“

            das sind so enorme voruteile, die absolut kein wissen vom mittelalter, der mentalität damals und den besitzverhältnissen zeigen, das ich mich frage, was sie in geschichte hatten… historisch nachweisbar von ihrem gesudere ist schlicht nichts.

            „Und dass sich der Vatikan bis Garibaldi kam, einen Grossteil Italiens als Eigentum erschachert hatte, gehört heute zum Allgemeinwissen.“

            das ist schlicht sachlich falsch.

            „Sie sollten vielleicht mal die Geschichtsbücher und Dokumente bemühen.“

            das kann ich tausendmal besser als sie. ahnung von diplomatik und geschichte zeigen sie m.e. wenig.

            „Fehlt eigentlich nur noch, dass sie die Konstantinische Schenkung als Fälschung zurückweisen.“

            blödsinn, natürlich war sie eine fälschung – aber eben eine, die eine legitimation ex post für einen schon vorhandenen, keineswegs angemaßten besitzstand anzeigte. machen sie sich mal zum thema pseudepigraphik schlau, das ist ganz erhellend.

            „– Wie auch immer, all das steht einer Kirche, deren Gründer Armut und Nächstenliebe zum Ideal erhob, nicht unbedingt gut zu Gesichte, oder doch ?“

            wer gibt, muss etwas zu geben haben. wer arm ist, hat nichts zu geben.

          • Suarez
            12.11.2015, 15:27 Uhr.

            Danke, Herr Knox, für Ihre sachkundigen Hinweise auf geschichtliche Tatsachen, die ja bei Silberdistel und Wanda arg verdreht und eigentlich sachlich falsch dargestellt worden sind. Man kann der Kirche viel Dummes und Böses mit gutem Recht vorwerfen. Die Enteignung 1803 war aber ganz klar so beschaffen, dass die Kirche entschädigt werden MUSSTE. Wenn der Staat dem bis heute nicht ordentlich nachkommt, ist das seine Angelegenheit. Keine deutsche Diözese hat etwas dagegen, dass die Dotationen endlich nach 212 Jahren kommen.

  • Silvia
    09.11.2015, 12:24 Uhr.

    Hier äußert sich Abtpräses Jeremias Schröder über den in Zusammenhang mit Vatileaks 2 verhafteten Geistlichen, mit dem er schon lange befreundet ist.

    In diesem Zusammenhang ist auch die Rede von zwei Einbrüchen in dessen Büro:

    http://www.katholisch.de/aktuelles/standpunkt/der-monsignore-ist-mein-freund

    Warum bricht man in ein Büro ein? Weil man hofft, dort interessante Dinge zu finden.

  • JasJu
    10.11.2015, 12:43 Uhr.

    Die Aufregung um Bischofsgehälter ist doch albern. Häufig stecken bei den Kritikern die Hauptsünden Avaritia und Invidia dahinter. Und wenn ein Kardinal auf 500 qm wohnt, so tut er das in einem jahrhundertealten Palazzo, der nun mal so dasteht und wohl schlecht mit Regipswänden umgebaut werden kann.
    Vielleicht sollte man die so schrecklich empörten Armuts-Freunde mal darauf hinweisen, welcher Apostel es war, der Christus zum Verkauf des teuren Nardenöls riet. Aber dazu müßte man die Bibel lesen, in diesen Kreisen eher unpopulär.

    • Wanda
      11.11.2015, 1:57 Uhr.

      – tja, Wasser predigen aber Wein trinken…

  • Suarez
    12.11.2015, 15:24 Uhr.

    @ Wrightflyer: „Und warum hat Jesus der Frau das Nardenöl durchgehen lassen? Weil sie etwas schönes aus Liebe tun wollte! Übrigens auch mit einem leicht erotischen Unterton…“

    Sehr gut und sehr treffend, was Sie schreiben!
    1) Sie hat etwas SCHÖNES (nicht: Gutes) getan. Eine schöne Kirche, edle (aber nicht protzige) Ausstattung von Kirchen, eine reiche und tatkräftige Caritas in der Kirche (nicht aber eine in Luxus schwelgende und selbstbezogene) sind durchaus legitim und im Sinne Christi. Gegen Erotik hatte Jesus sicher nichts. Er war ein ganzer Mann, immerhin ist er beschnitten worden!

    2) „Wer das Herz eines spätrömischen Aristokraten hat, der taugt weder zum Kardinal noch zu sonst einem Geistlichen, denn er liebt nicht Gott und die Kirche, er liegt Protz und Prunk und Reichtum.“

    Danke! Besser kann man es nicht formulieren!

  • Silvia
    12.11.2015, 17:09 Uhr.

    Weil hier immer wieder über unsere angeblich zu reiche Kirche geschimpft wird:

    http://www.katholisch.de/aktuelles/aktuelle-artikel/eine-geistliche-herausforderung

    Was alleine das Bistum Passau in der so genannten Flüchtlingskrise tut, das kann man nur leisten, wenn man auch das Geld dazu hat.

    Alleine 150 Sozialwohnungen zu bauen kostet Geld. Die Fortbildungen für Lehrer und Erzieher speziell was den Umgang mit Flüchtlingskindern angeht und die Vermittlung der deutschen Sprache an diese Kinder, dazu kostenlose Deutschkurse für alle Flüchtlinge, nicht nur Kinder, das muss ja finanziert werden.

  • bernardo
    13.11.2015, 0:35 Uhr.

    @ Knox: Fangen wir bei Benedikt an. Meine Güte, was müssen Sie den Mann hassen, dass Sie ihn zum theologischen Gnom machen und ihn schon zu Lebzeiten ins Fegefeuer verbannen, obwohl doch anzunehmen ist, dass er seinem Gewissen gemäß gehandelt hat.

    Und dann Ihre Verteidigung aller Absurditäten – angefangen beim Gehalt von Kardinal Marx. Natürlich, gemessen an den Gehältern der CEO der DAX-Unternehmen sind 11.000 Euro nicht viel. Gemessen an einer „armen Kirche für die Armen“ – nein, Franziskus sprach nicht nur von einer „Kirche für die Armen“ – sind 11.000 Euro viel zu viel. Luxuslimousine, Fahrer, Wohnen im Palais Holnstein und in der römischen Villa mit Blick auf den Petersdom nicht miteingerechnet. Und dieser Kerl sagt, die Kirche sei im Franziskus-Modus. Man weiß nicht, ob man lachen oder weinen soll.

    Der von Ihnen gescholtene Benedikt XVI., dessen Legitimität Sie immerhin nicht anzweifeln, hat Folgendes gesagt: In der geschichtlichen Ausformung der Kirche zeigt sich jedoch auch eine gegenläufige Tendenz, dass nämlich die Kirche sich in dieser Welt einrichtet, selbstgenügsam wird und sich den Maßstäben der Welt angleicht. Sie gibt Organisation und Institutionalisierung größeres Gewicht als ihrer Berufung zur Offenheit.“

    Voilà die deutsche Kirche, die Kirche von Kardinal Marx.

    „Um ihrem eigentlichen Auftrag zu genügen, muss die Kirche immer wieder die Anstrengung unternehmen, sich von der Weltlichkeit der Welt zu lösen. Sie folgt damit den Worten Jesu nach: „Sie sind nicht von der Welt, wie auch ich nicht von der Welt bin“ (Johannes 17,16).“

    Sich lösen, arm werden. Nicht mit mir, meinte Marx, der dafür von den Besuchern des Katholikentages ausgebuht wurde.

    @ JasJu: Dasselbe gilt für Bertone, der der Kirche genug geschadet hat, in seinem 700 Quadratmeter-Penthouse. Nein, JasJu, das war nicht einfach da. Bertone hat extra für sich zwei Wohnungen zusammengelegt. Okay, 350 Quadratmeter sind wirklich etwas wenig für diesen Mann.

    @ Knox: Sie haben wirklich einen sehr unangenehmen Diskussionsstil, der sehr ad-hominem gerichtet ist. Glauben Sie, dass Sie der einzige hier mit historischer Bildung sind.

    Zitat: „haben sie denn historisch valide belege dafür, dass der kirchenbesitz ÜBERWIEGEND ZUSAMMENGEKLAUT WURDE? nein, natürlich nicht, denn dafür gibt es auch keine beweise. das ist eine üble verleumdung, die zeigt, dass sie das mittelalter nicht kennen und die kirche auch nicht. das meiste an besitz kam durch besitzübertragung von seiten von herrschern und erbfällen. es ist durchaus so, dass es öfter zu nachbesserungen von urkunden kam und auch einige kirchenfürsten rabiater vorgegangen sind. aber den besitz zu über 50 % (das heißt überwiegend) aus diebstahl kommend zu bezeichnen ist nur eines: sachlich falsch.“

    Sie schreiben es selbst: Besitzübertragung von Seiten von Herrschern und Erbfällen. Silberdistel nennt es etwas einfacher „zusammengeklaut“. Immerhin geben Sie zu, dass einige Kirchenfürsten „rabiater vorgegangen sind“. Stimmt, es waren zum Teil dreiste Fälscher.

    „dass die von der kirche verwalteten ländern die länder in deutschland um 1800 waren, die am besten verwaltet waren – wenig soldaten, viele lehrer und bildungsanstalten, viele handwerker, kaum arbeitslose, viel sozialfürsorge. es hieß nicht umsonst bis zur säkularisation: „unterm krummstab ist gut leben“.

    Ach was. Das variierte von Bistum zu Bistum. Es ist allein deswegen absurd, weil die Bischöfe natürlich meist dem Hochadel entsprangen, also die Brüder regierender Fürsten wie etwa des Herzogs von Baiern waren. Außerdem vergessen Sie die Inquisition, die trotz „katholischer Aufklärung“ eine wirkliche Gedankenfreiheit limitierte.

    „blödsinn, natürlich war sie eine fälschung – aber eben eine, die eine legitimation ex post für einen schon vorhandenen, keineswegs angemaßten besitzstand anzeigte. machen sie sich mal zum thema pseudepigraphik schlau, das ist ganz erhellend.“

    Nein. Denn die Konstantinische Fälschung legitimierte ja nicht das Patrimonium Petri, den späteren Kirchenstaat (übrigens den am schlechtesten regierten Staat Italiens im 19. Jahrhundert – noch vor dem Königreich beider Sizilien), sondern war die Grundlage des imperialen Papsttums, das in die Fußstapfen nicht des galiläischen Fischers, sondern der römischen Caesaren trat. So wurde dem Papst „usque finem saeculi“, bis ans Ende der Tage die Herrschaft über das römische Westreich zugesprochen, also Italien, Frankreich, die iberische Halbinsel, England und Teile Deutschlands. Das war keineswegs der „schon vorhandene Besitzstand“, sondern ging weit darüber hinaus. Es war aber ein ideologischer Grundstein für das „dictatus Papae“ Gregors VII. und die „unam sanctam“ Bonifatius‘ VIII.

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