Rückblick: Papst in den USA – Tag 2

23.9.2015: Volles Programm am zweiten Tag des USA-Besuchs von Papst Franziskus: am Morgen die offizielle Begrüßungszeremonie im Weißen Haus, danach das Treffen mit den katholischen US-Bischöfen und schließlich am Nachmittag die Heiligsprechung des umstrittenen Franziskanermissionars Junipero Serra. Im Weißen Haus konnte man den Eindruck bekommen, hier treffen zwei Persönlichkeiten aufeinander, die sich verstehen und gegenseitig bestärken. Gegenseitiges Lob bestimmte die beiden Reden von Franziskus und Barack Obama, wenn auch der Papst einige kritische Töne einfließen ließ. Eine klare Botschaft hatte das katholische Kirchenoberhaupt dann an die US-Bischöfe. Franziskus machte einmal mehr deutlich, dass eine Kirche wünscht, die mit allen im Dialog ist, dass er sich Hirten wünscht, die bei ihrer Herde sind. Ähnliche Töne schlug er beim Gottesdienst am Nachmittag an: „Das gläubige Volk Gottes fürchtet nicht Fehler, es fürchtet das in sich Verschließen, die Bildung von Eliten, das sich Festklammern an eigene Sicherheiten.

Gegenseitige Unterstützung

Für Barack Obama politisch sicher wichtig, in der US-Innenpolitik wohl aber ebenso sicher umstritten ist der klare Schulterschluss des Papstes beim Klimaschutz. Franziskus würdigte die Initiativen Obamas zum Schutz der Umwelt. Der Klimawandel sei ein Problem, so der Papst, das nicht länger einer kommenden Generation überlassen werden dürfe. Er sprach von einem kritischen Moment der Geschichte in Bezug auf die Umweltproblematik und führte Martin Luther King an: „Wir haben einen Schuldschein nicht eingelöst und es ist jetzt Zeit, der Verpflichtung nachzukommen.“ Im Garten des Weißen Hauses bekam Franziskus für diese Worte viel Applaus. Das galt auch für den Beginn seiner Rede, der etwas überraschend aber deutlich war. „Als Sohn einer Einwandererfamilie freut es mich, Gast zu sein in diesem Land, das großenteils von solchen Familien aufgebaut wurde.“

Franziskus unterstrich den Anspruch der Katholiken in den USA, die Gesellschaft aktiv mitzugestalten, um eine „gerechte und tolerante Gesellschaft aufzubauen, die Rechte der Einzelnen und der Gemeinschaften zu schützen und jeder Form ungerechter Diskriminierung zurückzuweisen“. Dazu forderte der Papst das Recht der Religionsfreiheit ein. Damit erfüllte er sicher einen Wunsch der lokalen Bischofskonferenz, die hier Defizite sieht. Es ist allerdings schon etwas verwunderlich, dass Franziskus dieses Thema in dieser Deutlichkeit anspricht, während er auf Kuba beim Einfordern der Grundrechte sehr leise auftrat. Dass er es in den USA ansprechen kann, während er auf Kuba mit Repressionen nicht nur für die Katholiken der Insel rechnen muss, liegt natürlich auch daran, dass er jetzt in einer Demokratie ist.

Franziskus würdigte die Annäherung zwischen USA und Kuba. Für die Unterstützung des Papstes in dieser Sache hatte sich zuvor US-Präsident Barack Obama, wie schon am vergangenen Samstag bei der Ankunft auf Kuba Raul Castro, bedankt. Die Rede des mächtigsten Manns der westlichen Welt war ein Loblied auf den Papst und die katholische Kirche in den USA. Obama erinnerte an das Engagement von Franziskus für die Ausgegrenzten, für die Umwelt sowie Gerechtigkeit und Frieden in der Welt. Der US-Präsident würdigte den Papst als moralische Autorität. Er erinnerte an die Christen, die weltweit verfolgt werden.

Deutliche Worte an die Bischöfe

Beim Treffen mit den US-Bischöfen dankte Franziskus zunächst für deren Arbeit sowie die „großzügige Unterstützung“ des Heiligen Stuhls und der Bedürftigen in aller Welt. Er versicherte ihnen seine Unterstützung. Dann rief er sie auf, „Hirten zu sein, nichts anderes als Hirten“. Er warnte vor der Versuchung des Narzissmus und betonte: „Der Dialog ist unsere Methode.“ Die Bischöfe sollten diesen Dialog „ohne Angst“ führen. Sie sollten sich zudem um die Einheit zu den anderen Ortskirchen und zu Rom bemühen. Er würdigte den Einsatz der US-Kirche für das Leben. Allerdings bezog er dieses Lob nicht nur auf das Thema Abtreibung, sondern Einsatz für das Leben bedeutet für ihn auch Einsatz für Kinder, die an Hunger sterben oder unter Bomben, für die Opfer von Terrorismus, Kriegen, Gewalt und Drogenhandel. Schließlich forderte er die US-Kirche auf, sich weiter für die Einwanderer zu engagieren.

Franziskus sprach auch den Missbrauchsskandal an. Er forderte die Bischöfe auf, weiter alles zu unternehmen, dass solche Verbrechen sich nicht wiederholten. Opferverbände zeigten sich enttäuscht von der Art, wie der Papst das Thema in seiner Rede aufgriff. Das Wort „Missbrauch“ fiel nicht, vielmehr sprach er von „dunklen Momenten“.

Umstrittene Heiligsprechung

Die Heiligsprechung von Junipero Serra am Dienstagnachmittag war nicht unumstritten. Kritiker werfen dem Franziskanermissionar aus dem 18. Jahrhundert vor, dass er Mitverantwortung für die Vernichtung von indigener Kultur trage. Franziskus ging heute nicht auf die Vorwürfe ein. Nach dem Gottesdienst traf er sich mit Vertretern amerikanischer Ureinwohner. Über den Inhalt des Gesprächs wurde zunächst nichts bekannt.

P.S. Am Abend besuchte Franziskus spontan noch eine Gemeinschaft der Kleinen Schwestern der Armut, die sich gegen die Gesundheitsreform von Präsident Obama engagieren. Vatikansprecher Federico Lombardi wies darauf hin, dass der Besuch als Unterstützung der Anliegen der Schwestern zu werten sei.

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Jürgen Erbacher

Seit Juli 2018 leite ich die ZDF-Redaktion "Kirche und Leben katholisch", für die ich seit 2005 über die Themen Papst, Vatikan, Theologie und katholische Kirche berichte. Dafür pendle ich regelmäßig zwischen Mainz und Rom - meiner zweiten Heimat. Dort habe ich vor meiner ZDF-Zeit mehrere Jahre gelebt und für Radio Vatikan gearbeitet. Studiert habe ich Politikwissenschaft und Katholische Theologie in Freiburg i.Br. und Rom.