Rückblick: Papst auf Kuba – Tag 3

21.9.2015: Keine Angst vor Veränderungen! Diese Botschaft hat Papst Franziskus am dritten Tag seines Besuchs den Kubaner mit auf den Weg gegeben. Mehr als 100.000 Menschen waren nach offiziellen Angaben zum Gottesdienst nach Holguín gekommen, eine Stadt im Osten der Karibikinsel. Es war das erste Mal, dass ein Papst die mit 1,5 Millionen Einwohnern drittgrößte Stadt Kubas besuchte. Für Franziskus hat der heutige Tag auch eine sehr persönliche Dimension. Vor 62 Jahren entschied sich Jorge Mario Bergoglio, Priester zu werden. Sein Motto als Bischof und jetzt auch als Papst, „miserando atque eligendo“ (Aus Barmherzigkeit erwählt), bezieht sich auf die Bekehrung des Apostels Matthäus, dessen die katholische Kirche am 21. September gedenkt. Am Nachmittag reiste Franziskus weiter nach Santiago de Cuba. Dort traf er am Abend die Bischöfe der Insel. Die Begegnung war rein informeller Art.

Offen für Veränderungen

Am 21. September 1953 hat sich das Leben des Jorge Mario Bergoglio radikal verändert. Auf dem Weg zu den an diesem Tag in Argentinien üblichen Festen zum Frühlingsanfang geht er noch in der Gemeindekirche vorbei, San José de Flores. Dort beichtet er bei einem ihm bis dato unbekannten Priester. Diese Begegnung führt dazu, dass er 16-Jährige beschließt, dass er Priester werden möchte. Erst Jahre später teilt er seiner Familie die Entscheidung mit. Doch für ihn ist der Weg seit diesem Tag klar. Vor diesem Hintergrund dürften die Worte von Franziskus heute in Holguín auch autobiografische Züge haben und das ausdrücken, was er damals verspürt hat: „Welche Kraft der Liebe lag in dem Blick Jesu, um Matthäus in dieser Weise zu bewegen!“ Franziskus meint damit die Bekehrung des Matthäus vom Zöllner zum Jünger Jesu. „Er schaute ihn [Matthäus] an mit Augen der Barmherzigkeit; er schaute ihn an, wie ihn vorher nie jemand angeschaut hatte. Und dieser Blick öffnete sein Herz, machte ihn frei, heilte ihn und gab ihm eine Hoffnung, ein neues Leben.“ In diesen Worten des Papstes von heute Morgen findet sich sein Motto: „Aus Barmherzigkeit erwählt“.

Die Erzählung über die Berufung des Matthäus nutzte Franziskus, um die Kubaner zu ermutigen, keine Angst vor Veränderung zu haben. Schritt für Schritt sollten Vorurteile und der Widerstand gegenüber Veränderungen abgebaut werden. „Glaubst du, dass es möglich ist, dass ein Verräter zum Freund wird?“ fragte Franziskus die Anwesenden. Worte, die in einem autoritären Regime wie Kuba ihren ganz eigenen Klang haben. Misstrauen bestimmt allenthalben das Zusammenleben angesichts der Unterdrückung fundamentaler Menschenrechte durch das Regime sowie eines weitverzweigten Kontrollsystems. Es ist schon das zweite Mal, dass Franziskus auf Kuba dazu aufruft, aufeinander zuzugehen und sich Veränderungen nicht zu verschließen.

Kirche auf Kuba bringt Opfer

Einmal mehr hat er heute auch die schwierige Situation erwähnt, unter der die Kirche auf Kuba ihre Arbeit machen muss. Er sprach von vielen „Anstrengungen und Opfer“, die sie aufbringe, um die christliche Botschaft zu den Menschen zu bringen. Er ermutigte sie, in ihrem Engagement nicht nachzulassen. „Teilen wir seine Zärtlichkeit und seine Barmherzigkeit mit den Kranken, den Gefangenen, den Alten oder den Familien in Schwierigkeiten.“ Dazu passt, dass die katholischen Bischöfe Kubas heute ankündigten, dass es drei Kirchenneubauten geben soll. Dies seien die ersten Kirchenbauten seit der Revolution 1959. Die Genehmigungen dafür seien Ergebnis der jüngsten Gespräche zwischen Kirche und Regime, so der Sprecher der Bischofskonferenz.

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Jürgen Erbacher

Seit Juli 2018 leite ich die ZDF-Redaktion "Kirche und Leben katholisch", für die ich seit 2005 über die Themen Papst, Vatikan, Theologie und katholische Kirche berichte. Dafür pendle ich regelmäßig zwischen Mainz und Rom - meiner zweiten Heimat. Dort habe ich vor meiner ZDF-Zeit mehrere Jahre gelebt und für Radio Vatikan gearbeitet. Studiert habe ich Politikwissenschaft und Katholische Theologie in Freiburg i.Br. und Rom.