Papst erschüttert

Papst Franziskus hat sich tief erschüttert und bewegt gezeigt angesichts der Ereignisse in Gaza und im Irak. „Es ist schrecklich, was dort passiert“, sagte er bei der Begegnung mit den Journalisten im Flugzeug auf dem Weg nach Seoul. Über die Reise selbst sprach er nicht. Angesichts der Nachricht vom Tod mehrerer Journalisten im Gazastreifen am Mittwochvormittag, darunter ein italienischer Kollege, den viele Mitreisende persönlich kannten, verharrte er mehrere Augenblicke sichtlich bewegt in stillem Gebet. Er forderte die Journalisten auf, mit ihrer Arbeit vereint zum Aufbau des Friedens beizutragen. Anschließend begrüßte er jeden der 68 mitreisenden Journalisten persönlich. Nach etwas mehr als einer halben Stunde verabschiedete sich Franziskus und vertröstete die Journalisten auf den Rückflug. Dann will er wieder im Rahmen einer Pressekonferenz Rede und Antwort stehen.

Kurze Begegnung mit Journalisten

Es war eine kurze Begegnung. Papst Franziskus will nicht durch Schlagzeilen von einer fliegenden Pressekonferenz zum Auftakt den gesamten Besuch bestimmen lassen, wie das etwa bei der Reise von Benedikt XVI. nach Afrika 2009 war. Damals hatte eine Äußerung zu Kondomen im Zusammenhang mit AIDS in den Medien einen Großteil der Berichterstattung über die Reise bestimmt. Außerdem bietet die PK auf dem Rückflug Papst Franziskus die Möglichkeit, über alles Mögliche zu sprechen. Er muss sich nicht auf die Themenfelder der Reise beschränken.

Dafür hatte jeder Journalist die Möglichkeit, ein paar persönliche Worte mit dem Pontifex zu wechseln. Dabei erklärte er einem deutschen Kollegen in dessen Muttersprache, dass ihm die Übung im Deutschen etwas fehle. Mit anderen sprach er Englisch und ich hatte ihn, wie schon bei den letzten Begegnungen,  um ein paar theologische Ratschläge und Lesetipps gebeten, als Schlüssel für seine Theologie und sein Wirken. Am Ende verabschiedete er sich mit einem Lächeln und den Worten, auf dem Rückflug werde „Daniel in die Höhle der Löwen kommen“. Es war eine Anspielung auf die Begrüßung einer Kollegin beim Flug nach Rio de Janeiro im vergangenen Sommer. Sie hatte damals dem Papst erklärt, dass Teil C im Flugzeug, also die Journalisten, gelegentlich als „Höhle des Löwen“ bezeichnet würde, was es aber de facto nicht sei. Dieses Mal fügte Franziskus noch an, dass Daniel ja überlebt habe, und verschwand wieder im vorderen Teil des Flugzeugs. Dort fliegen er und seine Delegation in der „normalen“ Business-Klasse, ohne spezielle Umbauten für den Papst.

Gruß an China

Elfeinhalb Stunden dauerte der Flug. 9.545 Kilometer waren es von Rom bis Soul. Die Ukraine wurde nördlich umflogen. Interessant ist, dass der Papstflieger Moskau (19.21 Uhr MESZ) und Peking (2:02 MESZ) überflogen hat. Zwei Städte, die für die letzten beiden Päpste unerreichbar waren, so sehr sie sich einen Besuch dort gewünscht hatten. In Moskau sind es vor allem die schwierigen Beziehungen zur russisch-orthodoxen Kirche, in Peking die Probleme mit der dortigen politischen Führung. Ob es Franziskus gelingen wird, dort zu landen? Immerhin schickte er um 18.30 Uhr (MESZ) ein Telegramm an Russlands Präsident Putin, um 0.53 Uhr (MESZ) eines an Chinas Staatschef Xi Jinping. Zwar handelt es sich bei den Telegrammen um standardisierte Texte, die die Päpste jedem Staatsoberhaupt beim Überflug des Staatsgebiets schicken, doch ist der Gruß nach Peking etwas Außergewöhnliches. „Seine Exzellenz Xi Jinping, Präsident der Volksrepublik China, Peking. Während ich in den chinesischen Luftraum eintrete, richte ich meine besten Wünsche an Sie, Exzellenz, und ihre Mitbürger. Ich erbitte den Segen Gottes für Frieden und Wohlergehen für Ihre Nation. Papst Franziskus“ Ähnlich lauten übrigens die Telegramme an die Staatschefs von Kroatien, Slowenien, Österreich, Slowakei, Polen, Weißrussland und der Mongolei. Diese Staaten lagen auf dem Weg nach Seoul. Johannes Paul II. war bei seiner letzten Reise nach Fernost der Überflug Chinas noch versagt geblieben. Benedikt XVI. war nie in der Region.

Mit der Reise nach Korea kommt Franziskus erstmals in die Weltregion, die ihn seit Jugendtagen fasziniert. Die Motivation des jungen Jorge Mario Bergoglio, 1958 in den Jesuitenorden einzutreten,  war sein Wunsch, als Missionar nach Japan gehen zu wollen. Allerdings durfte er nicht dorthin gehen. Weil ihm aufgrund einer Erkrankung ein Teil der Lunge fehlt, rieten ihm die Oberen davon ab. Bergoglio blieb trotzdem bei den Jesuiten. Der asiatische Kontinent blieb ihm bis heute aber verschlossen. Neben der für Januar 2015 geplanten Reise nach Sri Lanka und die Philippinen wird bereits über eine Japanreise von Franziskus spekuliert. Einige Beobachter gegen sogar noch von 2015 aus, nachdem dies ein ehemaliger japanischer Botschafter beim Heiligen Stuhl vor einigen Monaten erklärte. Allerdings gibt es für 2015 neben der Asienreise im Januar schon eine Reihe anderer Reisepläne, die allerdings im Gegensatz zu dem Januartripp noch nicht offiziell bestätigt sind. So dürfte Franziskus im September zum katholischen Weltfamilientreffen nach Philadelphia in den USA reisen. Ob er in diesem Kontext auch einen Abstecher nach Mexiko macht oder nach New York fährt, um vor der UN-Vollversammlung zu sprechen, ist noch offen. Angedacht ist auch eine kurze Spanienreise aus Anlass des Jubiläumsjahres der heiligen Theresia von Avila. Ob da noch Zeit bleibt für das geliebte Japan?

Papst als Friedensvermittler?

Jetzt ist erst einmal Korea an der Reihe. Hier will sich Franziskus vor allem als Friedensvermittler positionieren. Das kündigte Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin vor der Abreise an. Korea ist seit mehr als einem halben Jahrhundert ein geteiltes Land. Noch immer gibt es keinen Friedensvertrag zwischen den beiden Staaten, geschweige denn ernsthafte Verhandlungen über eine Normalisierung der Beziehungen oder gar eine Wiedervereinigung. Franziskus möchte auch hier Akzente setzen. In seinem Pontifikat sind bisher zwei Begriffe besonders wichtig: Begegnung und Dialog. Bergoglio möchte als Papst ein Mann des Dialogs und der Begegnung sein. Für ihn sind das zwei Schlüsselbegriffe und Schlüsselhaltungen, mit denen er Fronten abbauen und Lösungen ermöglichen möchte.

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Jürgen Erbacher

Seit Juli 2018 leite ich die ZDF-Redaktion "Kirche und Leben katholisch", für die ich seit 2005 über die Themen Papst, Vatikan, Theologie und katholische Kirche berichte. Dafür pendle ich regelmäßig zwischen Mainz und Rom - meiner zweiten Heimat. Dort habe ich vor meiner ZDF-Zeit mehrere Jahre gelebt und für Radio Vatikan gearbeitet. Studiert habe ich Politikwissenschaft und Katholische Theologie in Freiburg i.Br. und Rom.