Papst reist nach Fernost
Asien ist der Kontinent der Zukunft. Das sagen zumindest die Ökonomen. Das hat auch der Vatikan erkannt. Vielleicht ein bisschen spät und zögerlich. Seit 1989 ist kein Papst mehr in Fernost gewesen. Nicht zuletzt deshalb bekommt Asien im Pontifikat von Franziskus eine gewisse Priorität. Nächste Woche reist er für fünf Tage nach Südkorea. Bereits im Januar 2015 wird er wieder in die Region reisen – nach Sri Lanka und auf die Philippinen. Asien gehört zu den Regionen, in denen die katholische Kirche – noch – wächst. Daher verwundert es, dass der Vatikan diese Region in den vergangenen Jahrzehnten etwas stiefmütterlich behandelt hat. Das könnte auch damit zusammenhängen, dass die Situation der Katholiken in vielen Ländern der Region nicht einfach ist, allen voran in China. Jetzt wird Franziskus auf dem Weg nach Korea die Volksrepublik China überfliegen. Alle warten gespannt auf das Grußtelegramm an die Führung in Peking, denn es ist üblich, dass der Papst den Staatschefs der Länder, die er überfliegt, ein Telegramm schickt. Johannes Paul II. hatte bei seinem letzten Koreabesuch 1989 die sogenannte Polarroute gewählt und einen Zwischenstopp in Alaska gemacht.
Drei Schwerpunkte der Reise
Anlass der ersten Asienreise von Papst Franziskus ist der katholische asiatische Jugendtag, der in Daejon südlich der Hauptstadt Seoul stattfindet. Das Ereignis ist mit den rund 2.000 Teilnehmern aus 23 asiatischen Ländern und den 4.000 Teilnehmern des parallel stattfindenden koreanischen Weltjugendtags gering im Vergleich zu den Millionen bei den Weltjugendtagen. Doch der lokale Bischof hatte am Rande des Weltjugendtreffens in Rio de Janeiro den Papst eingeladen und der hat gerne angenommen. Denn Korea bietet so etwas wie eine gute Ausgangsbasis für die „Asienmission“ von Papst Franziskus. Zwar stellt die katholische Kirche mit den rund 5,4 Millionen Katholiken nur gut zehn Prozent der Bevölkerung des Landes. Doch hat sie ein gutes Standing in der Gesellschaft. Große Proteste sind kaum zu erwarten. Südkorea liegt zudem geopolitisch mit dem nahen China, Russland und Japan günstig, um einen ersten Akzent in Fernost zu setzen.
Der Besuch bietet Franziskus auch die Gelegenheit, das besondere Engagement der Laien in der katholischen Kirche zu würdigen. Denn in Korea gibt es die Besonderheit, dass die Kirche im 17. Jahrhundert nicht durch ausländische Missionare entstand, sondern durch gebildete Laien, die vom Katholizismus fasziniert waren, diesen eingehend studierten und sich dann taufen ließen. Dabei gab es enge Kontakte nach China, wo Jesuitenmissionare wie Matteo Ricci seit Ende des 16. Jahrhunderts tätig waren. Papst Franziskus wird in Seoul 124 Katholiken der ersten Generation als Märtyrer selig sprechen. Denn die Geschichte des Christentums in Korea ist über lange Zeit eine Geschichte der Verfolgung. Die Regierenden sahen durch die Christen die Leitideale des Konfuzianismus sowie der streng hierarchischen Gesellschaftsordnung in Gefahr. Man geht heute von mehr als 10.000 Märtyrer aus.
Bei einer Reise ins geteilte Korea spielt natürlich die Politik eine große Rolle. Vatikansprecher Federico Lombardi erklärte, dass die Themen „Frieden und Versöhnung“ in den Gottesdiensten präsent sein werden und sicherlich auch in einigen Ansprachen des Papstes – etwa gleich am ersten Tag beim Treffen mit Vertretern aus Politik, Kultur und Gesellschaft. Am letzten Tag, 18.8. feiert Franziskus in der Kathedrale in Seoul eigens eine Messe für „Frieden und Versöhnung“. Dazu waren auch Katholiken aus Nordkorea eingeladen worden. Doch die dortigen Behörden haben eine Teilnahme untersagt. Ein Besuch an der Grenze zu Nordkorea war laut Vatikansprecher Lombardi nie angedacht. Beobachter hatten allerdings im Vorfeld der Reise mit einem solchen symbolischen Akzent von Franziskus gerechnet. Jetzt bleibt es bei dem „Friedensgottesdienst“ in der Kathedrale der Hauptstadt. Die koreanische Post hat auf einer Sonderbriefmarke aus Anlass des Papstbesuchs Franziskus mit einer Friedenstaube abgebildet.
Über Korea nach China?
Der asiatische Jugendtag bietet Franziskus das Forum, sich in mehreren Ansprachen an ganz Asien zu wenden. Aus diesem Grund wird er vier der elf Reden während der Reise auf Englisch halten. Dadurch solle die Internationalität zum Ausdruck kommen, so Lombardi. Dabei dürfte auch China in den Blick kommen. Franziskus ist Jesuit. Die Jesuiten sind seit Jahrhunderten im Reich der Mitte aktiv. Lange Zeit genossen sie große Hochachtung, allen voran der Jesuit Matteo Ricci. Der wohl bedeutendste Chinamissionar ist in Anerkennung seiner Leistungen als Mittler zwischen den Kulturen einer der wenigen Europäer, die auf einem Wandgemälde im Milleniumsdenkmal in Peking abgebildet sind, das zum Jahr 2000 eingeweiht wurde. Daher setzen viele große Hoffnungen, dass es dem Jesuitenpapst gelingen könnte, das schwierige Verhältnis mit Peking zu entspannen. Mit Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin hat Franziskus den Mann an seiner Seite, der auf vatikanischer Seite über Jahre die schwierigen Verhandlungen und Kontakte zu China führte. Parolin kennt die Hürden bestens und scheint für Peking ein vertrauenswürdiger Gesprächspartner zu sein.
Benedikt XVI. hatte versucht, mit den Machthabern in Peking in einen Dialog zu treten. Im Juni 2007 schrieb er einen Brief an die rund 13 Millionen Katholiken in China. Darin forderte er zu einer Aussöhnung zwischen Untergrundkirche und offizieller katholischer patriotischer Vereinigung auf. Im Mai 2008 spielte ein chinesisches Orchester in der vatikanischen Audienzhalle für den Papst. Doch trotz dieser vertrauensbildenden Maßnahmen gab es unter Benedikt XVI. keine großen Fortschritte. Ein Streitpunkt sind die Bischofsernennungen. Rom besteht darauf, seine Bischöfe frei ernennen zu dürfen. China wertet das als Einmischung in innere Angelegenheiten.
Papst trifft Betroffene des Fährunglücks
Beim Gottesdienst am 15. August, dem koreanischen Nationalfeiertag, in Seoul werden Angehörige der Opfer des Fährunglücks teilnehmen, bei dem Mitte April dieses Jahres rund 300 Menschen, vor allem Kinder, ums Leben kamen. Insgesamt erwartet der Vatikan keine großen Massen zu den Veranstaltungen mit Papst Franziskus. Der asiatische Jugendtag ist eine relativ kleine Angelegenheit und dürfte vor allem stark symbolischen Charakter haben. Der erste Gottesdienst an Mariä Himmelfahrt findet im WM-Stadion von Daejon statt, das rund 50.000 Personen fasst. Beim Gottesdienst zur Seligsprechung der 124 Märtyrer auf dem zentralen Gwanghwamun-Platz sprach Lombardi von etwa 200.000 Teilnehmern. Natürlich gibt es bei der reise auch einen „sozialen“ Akzent. Franziskus wird Kkottongnae („Hügel der Caritas“) besuchen. Dort wird er Menschen mit Behinderung treffen und an einem Denkmal für abgetriebene Kinder ein Gebet sprechen.
P.S. In der päpstlichen Reisedelegation ist dieses Mal auch ein Mitarbeiter der vatikanischen Telefonzentrale. Wie Vatikansprecher Lombardi erklärte, sei es ausdrücklicher Wunsch von Papst Franziskus gewesen, dass bei jeder Reise auch ein „einfacher Mitarbeiter“ des Vatikans in der offiziellen Delegation ist. Daneben reisen Kardinalstaatssekretär Parolin, Innenminister Erzbischof Becciu mit in der Delegation sowie die Kardinäle Rylko (zuständig für Laien und Jugend) und Filoni (zuständig für die Missionskongregation). Dazu kommen zwei Vertreter der Schweizergarde und Mitglieder der vatikanischen Gendarmerie, der Chef des vatikanischen TV-Zentrums sowie der Chefredakteur der Vatikanzeitung L‘Osservatore Romano, der Arzt des Papstes, seine zwei Kammerdiener sowie der Päpstliche Zeremonienmeister mit mehreren Zeremoniaren. In der Holzklasse reisen wie üblich rund 70 Journalisten mit. Es ist zu erwarten, dass Franziskus auf dem Rückflug wieder eine längere Pressekonferenz geben wird. Immerhin dauert der Flug über elf Stunden.
P.P.S. Papst Franziskus hat die internationale Gemeinschaft zum Eingreifen im Irak aufgefordert, um das „humanitäre Drama“ zu beenden. Zugleich versicherte er den Menschen, die vor der Gewalt der islamistischen IS-Terrortruppen fliehen seine Solidarität. Auch die Deutsche Bischofskonferenz fordert ein Ende der Gewalt und ruft zur Solidarität mit den religiösen Minderheiten im Irak auf.