Missbrauch und Finanzen
Erste konkrete Schritte gibt es bei den Themen Finanzen und Missbrauch. In der vergangenen Woche tagten die neuen Gremien, die Papst Franziskus vor kpurzem eingesetzt hatte. Drei Tage lang trafen sich die Mitglieder der Kommission zum Schutz Minderjähriger unter der Leitung von Kardinal Sean Patrick O’Malley; am Freitag konstituierte sich der Wirtschaftsrat mit Kardinal Reinhard Marx an der Spitze. Den „Experten-Sitzungen“ war ein Treffen des Kardinalsrats vorausgegangen, bei dem von Montag bis Mittwoch die neun Kardinäle mit Papst Franziskus über die anstehende Kurienreform gesprochen haben. Schwerpunkt waren die Päpstlichen Räte.
Defizite benannt
Die Mitglieder der Missbrauchskommission stellten sich am Samstag den Fragen der Journalisten im Pressesaal des Vatikans. Dabei betonte Kardinal O’Malley, dass bei der Arbeit die Interessen der Opfer im Mittelpunkt stehen sollen. „Wir haben uns auf den Grundsatz verständigt, dass das Wohl eines Kindes oder eines verletzlichen Erwachsenen Vorrang hat, wenn eine Entscheidung getroffen werden muss.“ Solche Worte hatte man schon oft aus Rom gehört; seltener waren dann die selbstkritischen Töne, was die Aufarbeitung der Missbrauchsfälle und die Verstärkung der Prävention weltweit anbetrifft. Von „Ignoranz und Verdrängung“ in vielen Weltregionen war die Rede. Kardinal O’Malley: „Viele sehen es immer noch als spezifische Angelegenheit einiger Ortskirchen, etwa der amerikanischen, der irischen oder der deutschen. Doch es ist ein menschliches Problem, das wir auf der ganzen Welt bekämpfen müssen.“
Nach Ansicht von Marie Collins, dem bisher einzigen Missbrauchsopfer in der Kommission, habe Papst Franziskus Recht, wenn er sage, dass die Kirche mehr getan habe als andere Institutionen. Allerdings treffe dies nicht für alle Regionen der Welt zu. Das will die Kommission ändern. Ihr Ziel sei es, so Kardinal O’Malley, „klare Verfahren“ zum Umgang mit Missbrauchsfällen zu erarbeiten, damit die Schuldigen auch sicher zur Rechenschaft gezogen würden. Es sollten weitere Mitglieder in das Gremium berufen werden, darunter auch weitere Betroffene. Die Entscheidung treffe allerdings der Papst. Dieser wünsche, dass die Kommission unabhängig arbeite. Das schließt eine Zusammenarbeit mit anderen Vatikanbehörden nicht aus. Während der Tagung gab es Begegnungen mit Vertretern des Staatssekretariats sowie der Glaubens- und der Kleruskongregation.
Gegenwind für Reformen erwartet
Der Wirtschaftsrat will künftig für mehr Offenheit und Klarheit bei den Finanzen sorgen. Papst Franziskus erklärte beim ersten Treffen, dass der Besitz kein Selbstzweck sei, sondern der Mission der Kirche zu dienen habe. Entsprechend müsse sich in den vatikanischen Einrichtungen eine neue Haltung des Dienens verbreiten. „Der Weg wird nicht leicht. Er erfordert Mut und Entschiedenheit.“ Franziskus ist sich also bewusst, dass seine Reformen auf Gegenwind stoßen werden. Vielleicht hat er ja gerade deshalb Kardinal George Pell, den ehemaligen Erzbischof von Sydney, zum Chef des neuen Finanzministeriums genannt, das vom Wirtschaftsrat „kontrolliert“ wird. Franziskus bezeichnete Pell, der auch schon mal gerne Bulldozer genannt wird, als „australischen Rugby-Spieler“ . An ihm wird sich sicherlich so mancher Gegner der „franziskanischen“ Reformen einen Zahn ausbeißen.
Der Chef des Wirtschaftsrats, Kardinal Reinhard Marx, gab zu Beginn des ersten Treffens am Freitag die Marschrichtung der Arbeit vor. Die Kirche brauche ihr Geld für die Armen, für die Evangelisierung sowie für ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Wenn das in die Tat umgesetzt werden soll, stehen der katholischen Kirche radikale Reformen bevor. Sowohl Marx als auch der Papst betonten, dass Laien und Kardinäle in dem Gremium gleichberechtigt seien. Franziskus hatte in den Wirtschaftsrat acht Kardinäle aus allen Kontinenten sowie sieben Laien berufen. Am ersten Treffen, an dem auch Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin teilgenommen hat, ging es vor allem darum, die Statuten zu beraten.
P.S. Der Kardinalsrat K8 dürfte wohl endgültig zu einem K9 geworden sein, da der neue Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin dauerhaft an den Sitzungen teilnimmt.