Das Problem mit dem Telefon

Papst Franziskus hat wieder einmal telefoniert und für Schlagzeilen gesorgt. Er sprach mit einer Argentinierin über das Thema Kommunionempfang für wiederverheiratete Geschiedene. Was genau der Papst gesagt hat, ist nicht bekannt. Jakelin Lisbona hat ihre Version anschließend einer Radiostation in Buenos Aires erzählt und verschiedene Medien machten daraus die Schlagzeile: Papst findet Kommunion für wiederverheiratete Geschiedene okay. Der Vatikan äußerte sich heute überraschend harsch zu dem Vorgang: Berichte über das Telefonat seien irreführend, sie seien „nicht verlässlich und eine Quelle von Missverständnissen“.

Papst antwortet auf Brief

Was war passiert. Jakelin Lisbona ist seit 19 Jahren mit Julio Zabeta zivil verheiratet. Die beiden haben zwei Kinder. Julio war vor der zivilen Ehe mit Jakelin bereits verheiratet und ist geschieden. Ihr wurde in ihrer Pfarrei wiederholt vom Pfarrer die Kommunion verweigert mit Verweis auf ihre irreguläre Ehesituation. Sie wollte aber die Kommunion empfangen. Im vergangenen September schilderte sie in einem Brief an Papst Franziskus ihre Situation. Der habe sie nun vor einigen Tagen angerufen, um auf den Brief zu antworten. Er habe ihr geraten, in einer anderen Pfarrei den Gottesdienst zu besuchen und dort dann die Kommunion zu empfangen. Denn es sei kein Problem, wenn sie die Kommunion empfange. Franziskus habe ihr gesagt, es gebe Priester, die päpstlicher seien als der Papst. Er habe darauf verwiesen, dass das Thema bei den nächsten beiden Synoden behandelt werde.

Der Vatikan erklärte, dass es sich bei dem Telefonat um persönliche pastorale Gespräche von Franziskus handle, die nichts mit seinem öffentlichen Wirken als Papst zu tun hätten. Es gingen daher auch keine Konsequenzen für die Lehre der Kirche davon aus. Der Vatikan werde daher zu den Inhalten auch keine Stellung beziehen.

Soweit so gut. Papst Franziskus telefoniert gerne. Es ist für ihn eine Möglichkeit, Kontakt zu alten Freunden und Bekannten zu halten. Es ist aber auch eine Möglichkeit für ihn, seelsorgerlich tätig zu sein. So hat er mehrfach Menschen angerufen, die von einem Schicksalsschlag getroffen worden waren. Und er hat mit Gläubigen telefoniert, die sich mit einem persönlichen Problem an ihn gewendet haben. Das ist sein gutes Recht und sympathisch.

Ende der Papsttelefonate?

Die Gefahr besteht natürlich, dass die Angerufenen in die Öffentlichkeit gehen und Details des Gesprächs erzählen. Das führt schnell zu falschen Deutungen und Interpretationen.  Das ist der Preis der Spontaneität und direkten Art von Papst Franziskus. Rund um den Vatikan war heute schon zu hören, der Papst müsse seine Telefoniererei einstellen. Warum? Auch auf die Gefahr hin, dass Inhalte ausgeplaudert werden, es ist Bergoglios Stil. Und es ist auch klar, dass nicht jede Aussage des Papstes in Stein gemeißelt ist. Warum soll Franziskus der Frau nicht das geraten haben, was sie berichtet? Das ist eine Praxis, die vielerorts praktiziert wird.

Wer die Aussagen von Franziskus bisher zum Thema ernst nimmt, kommt beinahe gar nicht zu einer anderen Lösung, als dass unter bestimmten Umständen der Kommunionempfang auch für wiederverheiratete Geschiedene möglich sein kann. Da braucht man dann auch nicht darauf zu verweisen, dass ja gar nicht die Frau geschieden sei, um deren Kommunionempfang es ging, sondern ihr Mann. Die Frau lebt seit 19 Jahren mit einem geschiedenen Mann in einer zivilen Ehe und hat zwei Kinder. Das geht offiziell eigentlich nicht. Also viel Aufregung um eine pastorale Frage eines einzelnen Paares. Sie zeigt, wie sensibel der Vatikan bei diesem Thema aktuell reagiert, und ist ein weiterer Beweis dafür, dass die Diskussionen zum Thema noch spannend werden bis der synodale Prozess zum Thema Ehe und Familie Ende 2015 abgeschlossen sein wird.

Papst Paul VI. bald selig?

Heute gab es übrigens erste Anzeichen dafür, dass Papst Paul VI. zum Abschluss der Sondersynode diesen Herbst am 19. Oktober selig gesprochen werden könnte. In wenigen Tagen wird die zuständige Kongregation im Vatikan wohl ein Wunder auf Fürsprache von Papa Montini anerkennen. Papst Franziskus schätzt den Konzilspapst Paul VI. sehr. Für viele ist sein Name nur mit der „Pillenenzyklika“ Humanae Vitae verbunden, in der die künstliche Empfängnisregelung abgelehnt wird. Doch Papst Paul VI. ist mehr. Als nur dieses eine Dokument, das Franziskus übrigens vor einigen Wochen ausdrücklich lobte – allerdings mit dem ausdrücklichen Hinweis, dass Paul VI.  dem Beichtvater „viel Barmherzigkeit mit Blick auf die konkrete Situation“ empfohlen habe. Da wären wir wieder beim Telefonat von Papst Franziskus, in dem er wohl einmal mehr der Barmherzigkeit Vorrang gegeben hat vor der kirchenrechtlichen Regelung.

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Jürgen Erbacher

Seit Juli 2018 leite ich die ZDF-Redaktion "Kirche und Leben katholisch", für die ich seit 2005 über die Themen Papst, Vatikan, Theologie und katholische Kirche berichte. Dafür pendle ich regelmäßig zwischen Mainz und Rom - meiner zweiten Heimat. Dort habe ich vor meiner ZDF-Zeit mehrere Jahre gelebt und für Radio Vatikan gearbeitet. Studiert habe ich Politikwissenschaft und Katholische Theologie in Freiburg i.Br. und Rom.