Franziskus besucht Franziskus

Der Papst besucht seinen Namensgeber. Heute bekommt man hier in der Stadt des heiligen Franziskus in Assisi das Programm des Pontifikats in Kurzform – zumindest in Grundzügen. Das fängt bei den äußeren Zeichen an und endet bei den Worten. Franziskus startet seinen Besuch bei behinderten und kranken Kindern und trifft Arme im bischöflichen Palast. Mittagessen gibt es nicht mit Honoratioren und Bischöfen sondern wiederum mit Armen in einem Caritaszentrum von Assisi. Die vorbereiteten Reden legt er beiseite und spricht frei – zumindest bei den ersten beiden Terminen. Er lässt sich von der Situation ansprechen und reagiert darauf. Eine Spontaneität, die für Papst Franziskus mittlerweile typisch ist; an die sich viele aber noch gewöhnen müssen.

Papst-Gottesdienst in Assisi

In den Ansprachen stehen die Themen des Papstes im Zentrum, die er in den vergangenen Monaten immer wieder angesprochen hat: Arme, Kranke, Alte und die Jugend dürfen nicht an den Rand gedrängt, wie „Abfall“ behandelt werden, sondern sie gehören ins Zentrum der Aufmerksamt von Gesellschaft und Politik, vor allem aber der Kirche. Dabei weigert sich Franziskus „anonym“ von „der“ Kirche zu sprechen. „Wir alle sind Kirche“, rief er den Menschen im bischöflichen Palast zu, an dem Ort, an dem der junge Franziskus (um 1207) der Überlieferung nach vor dem Bischof von Assisi und seinem Vater die Kleider ablegte, auf sein Erbe als reicher Kaufmannssohn verzichtete und zu dem armen Mönch wurde, als der er heute bekannt ist. In den letzten Tagen habe es viele Spekulationen gegeben, ob er, Papst Franziskus, an dieser Stelle die Kirche „entkleiden“ werde, sprich Bischöfe und Kardinäle sowie er selbst ihre Gewänder ablegten. Doch darum gehe es gar nicht. Die Kirche, jeder einzelne Gläubige, müsse den Geist der Weltlichkeit ablegen, den Franziskus als „Krebs“ der Gesellschaft bezeichnete. „Die geistliche Mondänität [Weltlichkeit] tötet die Seelen, tötet die Kirche“, so Franziskus.

Mit Blick auf die Flüchtlingskatastrophe vor Lampedusa sprach Franziskus von einem „Tag der Tränen“. Er verurteilte die Gleichgültigkeit gegenüber denen, die vor Sklaverei und Hunger fliehen und dann trotzdem den Tod fänden. Bereits gestern hatte der Papst von einer „Schande“ angesichts der Tragödie gesprochen. Bisher sind 111 Leichen geborgen; viele Menschen werden noch vermisst.

In Assisi wird der Papst von den acht Kardinälen des Kardinalsrats begleitet. Zum einen macht er damit deutlich, dass die Arbeit seines engsten Beraterstabs auch eine spirituelle Dimension hat; zum anderen führt er den Purpurträgern vor Augen, wie er sich die Kirche vorstellt. Ganz profan gesehen, hat diese gemeinsame Pilgerfahrt der K8 mit dem Papst auch eine gruppendynamische Funktion. Man wächst zusammen. Immerhin sind die acht Kardinäle bereits seit einer knappen Woche zusammen. Man diskutiert miteinander, feiert gemeinsam Gottesdienst, wohnt und isst zusammen. Das schafft Vertrauen, das sicher notwendig ist. Denn die Bandbreite der Vorstellungen von Theologie und Kirche innerhalb der Gruppe ist weit: vom eher als konservativ geltenden Erzbischof von Sydney, Kardinal George Pell, bis hin zum vor allem sozialethisch sehr profilierten Leiter der Gruppe, dem honduranischen Kardinal Oscar Rodriguez Maradiaga.

Später dann mehr aus Assisi …

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Jürgen Erbacher

Seit Juli 2018 leite ich die ZDF-Redaktion "Kirche und Leben katholisch", für die ich seit 2005 über die Themen Papst, Vatikan, Theologie und katholische Kirche berichte. Dafür pendle ich regelmäßig zwischen Mainz und Rom - meiner zweiten Heimat. Dort habe ich vor meiner ZDF-Zeit mehrere Jahre gelebt und für Radio Vatikan gearbeitet. Studiert habe ich Politikwissenschaft und Katholische Theologie in Freiburg i.Br. und Rom.