Neuanfang in Limburg?
Es war klar, dass der „brüderliche Besuch“ des Kurienkardinals Giovanni Lajolo nicht ohne Folgen bleiben würde. Was der 78-jährige ehemalige Nuntius in Deutschland dann mit seinen Gesprächen in einer Woche erreicht hat, lässt auf einen Neuanfang hoffen. Der von Kritikern des Bischofs in den vergangenen Wochen mehr oder weniger offen geforderte Rücktritt von Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst ist zunächst ausgeblieben. Dies dürfte nicht zuletzt daran liegen, dass Kardinal Lajolo zu dem Schluss gekommen ist, „dass die Spannungen latent schon über Jahrzehnte existieren und jetzt offen zutage treten“; so der Kurienkardinal in einem Interview der Katholischen Nachrichtenagentur.
Ähnlich äußerten sich übrigens mir gegenüber auch Laien aus dem Bistum Limburg bei Gesprächen am Rande des Dialogtreffens der Bischofskonferenz in Stuttgart. Sie waren überzeugt, dass mit einem Rücktritt des Bischofs die Probleme nicht gelöst seien. Vielmehr gehe es im Hintergrund um einen Richtungsstreit über den Kurs der Kirche im Bistum, an dem weit mehr Personen beteiligt seien. Zudem müsse die Kirche ein Zeichen setzen, dass sie Konflikte anders löse als etwa die Politik. Man könne nicht ständig von Vergebung und Neuanfang sprechen und dann das Gegenteil praktizieren.
Bischof Tebartz-van Elst machte gestern in aller Öffentlichkeit einen wichtigen Schritt auf dem Weg zum Neuanfang: „Wo ich Sie enttäuscht und verletzt habe, bitte ich um Verzeihung und Nachsicht.“ Bereits am Abend vorher hatte der Bischof in einer gemeinsamen Erklärung mit dem Domkapitel seine Bereitschaft bekundet, „bei der Leitung der Diözese von den Beratungsorganen regelmäßigen und verlässlichen Gebrauch zu machen“. Priester aber auch Laien hatten in den vergangenen Jahren immer wieder einen autoritären und selbstherrlichen Führungsstil des Bischofs beklagt. Das soll nun anders werden. Damit soll bei einem der Problemkreise Abhilfe geschaffen werden.
Beim zweiten Problemkreis, den explodierenden Kosten bei den Baumaßnahmen auf dem Limburger Domberg, geht man ungewöhnliche Wege. Alle Kosten sollen umgehend festgestellt und durch eine Sonderkommission der Deutschen Bischofskonferenz geprüft werden. Der Abschlussbericht der Kommission soll veröffentlich werden. Es ist ungewöhnlich, dass ein Gremium der Bischofskonferenz derartige Kontrollarbeiten über Vorgänge in einem Bistum ausübt. Die schwierige Situation, in der man sich derzeit befindet, scheint aber auch Raum für kreative Lösungen zu schaffen. Nicht zuletzt war ja auch der „brüderliche Besuch“ von Kardinal Lajolo eine eher ungewöhnliche Maßnahme. Schon seit Wochen hatte Bischof Tebartz-van Elst ja Transparenz angekündigt. Mit der Kommission dürften den Worten jetzt auch Taten folgen.
Was es bedeutet, wenn bei der Prüfung durch die Kommission festgestellt wird, dass bei dem Bauprojekt und den damit verbundenen Finanztransaktionen gegen rechtliche, vor allem kirchenrechtliche Vorgaben verstoßen wurde, ist eine der derzeit Unbekannten in dem ganzen Prozess. Das gilt auch für die noch ausstehende Entscheidung der Staatsanwaltschaft Hamburg, ob sie wegen des Verdachts auf eidesstattliche Falschaussage Anklage gegen Bischof Tebartz-van Elst erhebt oder nicht. Eine Entscheidung ist wohl vor Ende September nicht zu erwarten.
Mit dem Besuch von Kardinal Lajolo ist die Möglichkeit eines Neuanfangs im Bistum gegeben. Entscheidend wird aber noch einmal sein, zu welchen Ergebnissen die Prüfkommission der Bischofskonferenz und die Staatsanwaltschaft kommen werden. Für Bischof Tebartz-van Elst bedeutet das vergangene Wochenende eine neue Chance; auch wenn er weiter unter Beobachtung steht – wohl auch des Vatikans. Denn in der gemeinsamen Erklärung heißt es auch, dass Kardinal Lajolo den Papst „ausführlich informieren“ wird. Allerdings müssen auch die Kritiker zeigen, dass es ihnen ernst ist mit einem Neuanfang im Bistum.
P.S. Die Deutsche Bischofskonferenz hat heute überarbeitete Leitlinien zum Umgang mit sexuellem Missbrauch veröffentlicht. Mehr dazu in Kürze.