Papst schreibt an Muslime

Es passt ein wenig in den aktuellen Regierungsstil von Papst Franziskus. Der Pontifex nimmt die meisten Sachen lieber selbst in die Hand. Er nutzt zwar den Apparat für Zuarbeiten, doch das Ganze scheint derzeit sehr hierarchisch auf den Papst zugeschnitten. So verwundert es zunächst nicht, dass auch die Botschaft des Vatikans zum Ende des Fastenmonats Ramadan in diesem Jahr von Franziskus höchstpersönlich unterschrieben wurde und nicht wie zuletzt immer üblich vom „Minister“ für interreligiösen Dialog. Doch dürfte in diesem Fall es weniger die Frage des Regierungsstils gewesen sein, als vielmehr die Tatsache, dass – und so  begründet er auch seine persönliche Unterschrift unter das Dokument – Franziskus der Dialog mit den Muslimen wichtig ist.

Interreligiöses Miteinander - beim Papstgottesdienst in Aparecida war auch ein Vertreter des Islam dabei.

Das hat er zu Beginn seines Pontifikats deutlich gemacht; danach kam in diese Richtung wenig. Daher war es wohl an der Zeit, selbst Initiative zu ergreifen. Zumal sich einige islamische Stellen bereits verwundert gezeigt hatten, dass auf die positiven Reaktionen in der muslimischen Welt auf die Wahl von Franziskus dieser bisher kaum reagiert habe – etwa auf das Angebot der Kairoer Al-Azhar-Universität, den 2011 wegen kritischer Äußerungen Papst Benedikts XVI. zur Situation in Ägypten eingestellten Dialog wieder aufzunehmen.

Franziskus möchte seine Botschaft nach eigenen Worten als Ausdruck der „Wertschätzung und Freundschaft allen Muslimen gegenüber, vor allem gegenüber den religiösen Führern“ verstanden wissen. Er spricht die Muslime als „liebe Freunde“ an. Thema seiner Botschaft ist „die Förderung des gegenseitigen Respekts durch Erziehung“.  Dabei legt er Wert darauf, dass es ein „gegenseitiger Respekt“ ist, also keine Einbahnstraße. Zu respektieren seien etwa das Leben und die physische Unversehrtheit jeder Person, ihre Würde und das Ansehen, das Eigentum sowie ihre ethnische und kulturelle Identität, ihre Ideen und politischen Entscheidungen. Man müsse über den anderen respektvoll denken, sprechen und schreiben – nicht nur in dessen Anwesenheit – und dabei jegliche Ungerechtigkeit und Diffamierung vermeiden.

Um dieses Ziel zu erreichen komme den Familien, Schulen und sozialen Kommunikationsmitteln eine hohe Verantwortung zu, um zu eben einem solchen respektvollen Umgang miteinander zu erziehen und beizutragen. Respekt gelte es auch zu üben gegenüber den Werten und Symbolen der jeweils anderen Religion sowie deren Führer und Orten. Letzteres dürfte auch eine Anspielung auf die Angriffe gegenüber Christen und christlichen Einrichtungen etwa im Nahen Osten oder in Nigeria sein. Seit Wochen sind in Syrien zwei orthodoxe Bischöfe verschwunden bzw. entführt.

Zum Abschluss unterstreicht Franziskus noch einmal, dass er eine Vertiefung des Dialogs zwischen Christen und Muslimen wünscht. Konkrete Vorschläge dazu macht er nicht. Vor einigen Wochen hatte es Spekulationen über ein Treffen von hochrangigen Vertretern der drei monotheistischen Religionen, Judentum, Christentum und Islam, in Rom gegeben. Derzeit ist es still darum geworden. Ende September findet in Rom das jährliche Nachfolgetreffen des Friedenstreffens von „Assisi 1986“ statt. Jedes Jahr bringt die römische Gemeinschaft Sant’Egidio dazu hochrangige Vertreter verschiedener Religionen zusammen. Dass das Treffen in diesem Jahr in der Ewigen Stadt sein wird, böte dem Papst die Möglichkeit, selbst einzugreifen. Sollte die Heilig-Land-Reise Anfang 2014 zustande kommen, wird man natürlich auch dort nicht um einen interreligiösen Akzent herumkommen.

Allerdings sind große symbolische Gesten eine Sache. Wie man Franziskus kennt, dürfte er damit nicht zufrieden sein, wenn es nicht auch an der Basis zu einem dialogischen Miteinander der Religionen kommt.

P.S. Der Vatikan hat nach Medienberichten erstmals in der Geschichte ein Rechtshilfegesuch an Italien gestellt. Es geht um die Ermittlungen rund um die finanziellen Machenschaften des Vatikanprälaten Nunzio Scarano, der seit Ende Juni in Italien im Gefängnis sitzt. Er war im Zusammenhang mit einem 20-Millionen-Euro Transfer aus der Schweiz nach Italien verhaftet worden. Papst Franziskus hatte sich bei der fliegenden Pressekonferenz am Sonntag von dem Prälaten distanziert.

P.P.S. Papst Franziskus wird am 14. August wohl doch nicht zum Fußballspiel Italien gegen Argentinien gehen. Das teilte jetzt der vatikanische Pressesprecher mit. Er wird die beiden Mannschaften vor dem Spiel im Vatikan empfangen, aber nicht ins Stadion kommen. Mal sehen, ob der Papst bei dieser Entscheidung bleibt. Immerhin ist er ein großer Fußballfan; zuletzt hatte er in seiner Predigt bei der Vigil des Weltjugendtags den Glauben mit Fußball in Verbindung gebracht. Das Freundschaftsspiel wurde eigens ihm zu Ehren angesetzt. Wäre also schade, wenn er nicht auch dabei wäre.

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Jürgen Erbacher

Seit Juli 2018 leite ich die ZDF-Redaktion "Kirche und Leben katholisch", für die ich seit 2005 über die Themen Papst, Vatikan, Theologie und katholische Kirche berichte. Dafür pendle ich regelmäßig zwischen Mainz und Rom - meiner zweiten Heimat. Dort habe ich vor meiner ZDF-Zeit mehrere Jahre gelebt und für Radio Vatikan gearbeitet. Studiert habe ich Politikwissenschaft und Katholische Theologie in Freiburg i.Br. und Rom.