Ein Interview und seine Folgen
Heute und in den nächsten Tagen noch einige kleine Nachträge zur Pressekonferenz des Papstes auf dem Rückflug von Rio nach Rom und seiner ersten Auslandsreise.
Was die Sorgen hier in einigen Kommentaren bezüglich seiner Aussage zum „Primat“ anbetrifft, ein paar Anmerkungen: Schon Johannes Paul II. in der Ökumeneenzyklika „Ut unum sint“ (Nr.95), in dessen Folge dann auch Benedikt XVI. bei seinem Besuch des Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios I. im November 2006 in Istanbul haben dazu aufgerufen, nach einer Form der Ausübung des Papstamts zu suchen, die auch für andere christliche Kirchen akzeptabel ist. Sicherlich wird man da mit den orthodoxen Kirchen schneller zu einer Einigung kommen, als mit den Protestanten. Doch ist es auch mit den Orthodoxen nicht einfach. Und „schnell“ ist in diesem Kontext relativ. Seit Jahren ist man in der katholisch-orthodoxen Dialogkommission nun dabei, nach einer Lösung zu suchen. Beim Primat dürfte daher die Tür nicht zu sein.
Zudem ist es ja die Frage, wie der Primatsanspruch ausgeübt wird. Bergoglio ist ein Jesuit. Den Jesuiten ist es eigen, dass die Oberen zwar Experten zu Rate ziehen, dann aber selbst und autark entscheiden. Dass Franziskus sich die Gruppe der acht Kardinäle gewählt hat, die ihn bei der Ausübung seines Amts beraten sollen, ist ein erstes konkretes Zeichen, wie er sich seine Form der Primatsausübung vorstellt. Man wird sehen, ob er bei seinen Entscheidungen auf den Rat hört, oder die Herren Kardinäle `mal machen lässt, dann aber auf ihren Rat pfeift. Diesen Anschein hat es im Moment nicht.
Dass sich die K8-Gruppe nicht nur um die Kurienreform kümmern soll, sondern ebenso um inhaltliche Fragen, wissen wir seit dem Interview nun auch. Da kündigte der Papst ja an, dass er mit ihnen über Ehepastoral reden will und für ihn das Thema wiederverheiratete Geschiedene dazu gehört. Man darf gespannt sein, ob Kardinal Marx den entsprechenden Wunsch einer großen Zahl – sicher nicht nur deutscher Gläubigen bei diesem Thema – auf Veränderung in die K8-Gruppe einbringen wird. Auch hier hat der Papst ja nicht gesagt, dass bei wiederverheiratet Geschiedenen die Tür zu ist, obwohl er ganz konkret auf den Kommunionempfang für diese Gruppe angesprochen wurde.
Es sind also noch nicht alle Türen zu.
Interessant fand ich übrigens noch den Disput des Papstes mit einer brasilianischen Kollegin, bei dem der Franziskus auch etwas leiser wurde, als bei den anderen Fragen bzw. Antworten. Sie fragte, warum er in seinen Ansprachen in Brasilien nicht auf die Abtreibungsgesetze und die Homo-Ehe eingegangen sei. Die kurze Antwort des Papstes: „Die Kirche hat sich schon klar dazu geäußert. Es gab keine Notwendigkeit darauf zurückzukommen. Wie ich auch nicht über Lüge, Betrug und andere Sachen gesprochen habe, bei denen die Kirche eine klare Position hat.“ Nachfrage der Kollegin: „Aber es ist ein Thema, das die Jugendlichen interessiert!“ Papst: „Ja, aber es war nicht notwendig, darüber zu sprechen, sondern vielmehr über positive Dinge, die den Jugendlichen einen Weg/Perspektive eröffnen. Ist es nicht so? Im Übrigen wissen die Jugendlichen doch genau, welches die Position der Kirche ist!“ Erneute Nachfrage: „Und was ist Ihre Position, Heiligkeit, können Sie dazu etwas sagen?“ Papst: „Die der Kirche. Ich bin ein Sohn der Kirche!“
Das war schon interessant, wie sich Franziskus an dieser Stelle gewunden hat, um die Position nicht mit eigenen Worten sagen zu müssen. Warum?
P.S. Übrigens könnte in Kürze aus der K8-Gruppe eine K9-Gruppe werden. Denn die katholischen Ostkirchen haben sich wohl beschwert, dass in der Beratergruppe des Papstes kein Vertreter aus ihren Reihen ist.
P.P.S. Die zitierte Szene mit der brasilianischen Kollegin aus dem Flugzeug erinnerte mich etwas an das TV-Interview von Benedikt XVI. vor seiner Bayernreise im Sommer 2006. Damals hatte Pater von Gemmingen den Papst gefragt, warum er bei seiner Spanienreise im Juli 2006 zum Weltfamilientag nicht stärker auf die Themen Abtreibung, Homoehe, Verhütung eingegangen sei. Daraufhin antwortete Benedikt, dass es ihm darum gegangen sei, den Katholizismus als eine positive Option darzustellen und nicht als eine Ansammlung von Verboten.
P.P.P.S. Mittlerweile liegen alle Texte der Papstreise nach Brasilien auch in offizieller deutscher Übersetzung vor. Nur die Pressekonferenz im Flugzeug fehlt noch; wird aber hoffentlich bald nachgereicht.
P.P.P.P.S. In dem ganzen Trubel um die Pressekonferenz ist gestern völlig untergegangen, dass der Vatikan und Italien ein Abkommen zum Kampf gegen Geldwäsche und Finanzierung des Terrorismus unterzeichnet haben. Demnach sollen die zuständigen Behörden der beiden Länder, die vatikanische Finanzaufsichtsbehörde AIF und das italienische Pendant UIF, künftig entsprechend internationaler Standards enger zusammenarbeiten.