Generationswechsel

Generationenwechsel bei den Bischöfen (dpa)

Eine Überraschung zum Wochenbeginn: Die Bischöfe Wanke (Erfurt) und Schraml (Passau) gehen in den Ruhestand. Das gab der Vatikan am Montag bekannt. Die Entscheidung kommt zwar nicht unerwartet; aber der aktuelle Zeitpunkt ist dann doch etwas überraschend.

Der Passauer Bischof Wilhelm Schraml hatte bereits vor zwei Jahren das Pensionsalter (75 Jahre) erreicht. Auf persönlichen Wunsch des Papstes blieb er länger im Amt, was für einen normalen Diözesanbischof ungewöhnlich ist. Aber in Schramls Bistum liegen für die Biografie Benedikts XVI. wichtige Orte – Altötting und Marktl. Bischof Joachim Wanke ist erst 71. Als Grund für seinen vorzeitigen Rücktritt nannte er „seine labile gesundheitliche Situation“. Mit Wanke verliert die Deutsche Bischofskonferenz einen pastoralen Vordenker in Zeiten gesellschaftlichen Wandels. 12 Jahre lang leitete er die Pastoralkommission der Bischofskonferenz und machte sich gerade auch mit Seelsorgeangeboten für Menschen, die der Kirche fernstehen, einen Namen.

Damit sind aktuell vier Bistümer in Deutschland ohne Diözesanbischof. Neben den bereits genannten noch Dresden-Meißen und Regensburg. Dazu kommt, dass die beiden Kardinäle Meisner (78) und Lehmann (76) ebenfalls bereits in der „Verlängerung“ sind. Allerdings ist es bei Kardinälen nicht unüblich, dass diese bis zum 80. Lebensjahr im Amt verbleiben. Gespannt blicken nun alle nach Rom, wen der Vatikan für die Nachfolge der vakanten Bistümer aussuchen wird. Denn auch wenn, wie im Falle Erfurts, am Ende das Domkapitel aus einer Dreierliste auswählen kann, entscheidend ist, wen Rom auf diese Liste setzt. In Regensburg und Passau ernennt der Papst quasi „frei“. Mit Sicherheit wird Benedikt XVI. in seinem Heimatland mehr Einfluss auf die Auswahl der Kandidaten nehmen als sonst in der Weltkirche; auch wird es an Einflüsterern nicht mangeln.

Benedikt XVI. drückt der Kirche in Deutschland seinen Stempel auf. Seit seiner Wahl im April 2005 hat Benedikt XVI. 11 neue Ortsbischöfe ernannt; nun kommen noch 4 weitere dazu. Insgesamt gibt es 27. Von den derzeit amtierenden 39 Weihbischöfen hat er 18 ernannt. Wohin führt der Weg der Kirche im Heimatland des Papstes? Gemeinhin wurde bei den letzten Bischofsernennungen oft das Adjektiv „konservativ“ bemüht. Doch passt das Etikett nicht ganz. Denn die „Jungen“ sind oft schwer in Schubladen einzuordnen. Das zeigt sich etwa beim Berliner Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki oder dem Essener Bischof Franz-Josef Overbeck. Theologisch durchaus konservativ überraschen sie in den letzten Monaten mit Aussagen etwa zur Frauenförderung in der Kirche im Falle Overbecks und einer Offenheit gegenüber gleichgeschlechtlichen Partnerschaften im Falle Woelkis. Alle – Junge wie Alte – scheinen auch den neuen Kurs beim Thema wiederverheiratete Geschiedene mitzutragen.

Gleich welche neuen Kandidaten der Papst für die freien Bischofssitze aussuchen wird, sie werden sich der Herausforderung stellen müssen, dass die Kirche in Deutschland droht weiter an gesellschaftlicher Relevanz zu verlieren. Allein ein Verharren auf traditionellen Dogmen würde sie in die Isolation führen.

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Jürgen Erbacher

Seit Juli 2018 leite ich die ZDF-Redaktion "Kirche und Leben katholisch", für die ich seit 2005 über die Themen Papst, Vatikan, Theologie und katholische Kirche berichte. Dafür pendle ich regelmäßig zwischen Mainz und Rom - meiner zweiten Heimat. Dort habe ich vor meiner ZDF-Zeit mehrere Jahre gelebt und für Radio Vatikan gearbeitet. Studiert habe ich Politikwissenschaft und Katholische Theologie in Freiburg i.Br. und Rom.