Was bleibt vom Papstbesuch in Deutschland?

Papst Benedikt XVI. in Freiburg

War da `was? Klar – vor einem Jahr hat Papst Benedikt XVI. seine Heimat besucht. Vier Tage lang tourte er durch Deutschland. Berlin, Erfurt und Freiburg waren die Stationen. Rund 360.000 Menschen kamen zu den Veranstaltungen mit dem Papst – dazu noch Zehntausende entlang der Fahrstrecken des Papamobils. Über 20 Millionen kostete der Besuch – rund ein Euro pro Katholik in Deutschland.

Im Vorfeld des Besuchs gab es viele Diskussionen. Die Rede im Bundestag war heftig umstritten. Forderungen wurden gestellt, was er alles tun und lassen sollte – im Bereich der Ökumene, im Umgang mit dem Missbrauchsskandal, bei der Suche nach Lösungen angesichts der schweren Krise der Kirche in Deutschland. Damit waren die Erwartungen hoch, vielleicht zu hoch, als dass er sie hätte erfüllen können.

Und was ist geblieben – ein Jahr danach? In Erinnerung ist die Konzerthausrede in Freiburg. Mit der hatte Benedikt XVI. zum Abschluss seiner Reise noch einmal einen Paukenschlag gesetzt. Das zentrale Stichwort: „Entweltlichung“. Doch was er konkret damit meinte, sagte er nicht. Noch ein Jahr danach wird leidenschaftlich darüber diskutiert. Einzig klar scheint, dass er nicht die Abschaffung der Kirchensteuern forderte. Das greift zu kurz. Aber darf eine Papstansprache so im Wagen bleiben?

Diskussion in Freiburg: Was bleibt vom Papstbesuch?

Darüber entspann sich beim Jahresrückblick in der Katholischen Akademie in Freiburg gestern Abend eine heftige Diskussion. Bemängelt wurde dort von vielen, dass der Papst zu wenig konkret auf die Probleme der Menschen und der Kirche in Deutschland eingegangen sei. Auch seien seine Ansprachen für die „einfache Basis“ bisweilen nicht verständlich gewesen. Gleichzeitig wurde deutlich, dass die Teilnahme an den Gottesdiensten mit dem Papst für viele Gläubige ein unvergessliches Erlebnis war, das sie in ihrem Glaubensleben bestärkt hat. Kommt es bei einem Papstbesuch also mehr auf das Gefühl an als auf zählbare Ergebnisse?

Diese hätten sich viele bei der Ökumene gewünscht. Doch vom Treffen in Erfurt bleiben zwiespältige Gefühle zurück. Einerseits würdigte Benedikt XVI. den Reformator Martin Luther; zugleich stieß er die Vertreter der Evangelischen Kirche in Deutschland vor den Kopf, als er ihnen ein falsches Verständnis von Ökumene vorwarf mit seiner berühmten Aussage, dass er keine „ökumenischen Gastgeschenke“ mitbringe, da derartige Forderungen ein „politisches Missverständnis des Glaubens und der Ökumene“ darstellten. Ob die EKD der richtige Adressat für derart harsche Worte war? Es gibt Gesprächsbedarf beim Thema Ökumene. Das hat nicht zuletzt der Aufruf „Ökumene jetzt“ prominenter Christen vor wenigen Wochen gezeigt.

Benedikt XVI. hat bei seinem Deutschlandbesuch Debatten losgetreten, die die Kirche noch lange beschäftigen werden. Ob er die breite Basis erreicht hat, ist fraglich. Schon beim Besuch selbst sind weniger Menschen gekommen als erwartet. Ein Jahr später wird in den Gemeinden abseits von Berlin, Erfurt und Freiburg kaum mehr über die Reise gesprochen; längst bestimmen die Sorge um die Zukunft der Pfarreien und die Diskussion um die allgemeine Krise der Kirche wieder den Alltag.

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Jürgen Erbacher

Seit Juli 2018 leite ich die ZDF-Redaktion "Kirche und Leben katholisch", für die ich seit 2005 über die Themen Papst, Vatikan, Theologie und katholische Kirche berichte. Dafür pendle ich regelmäßig zwischen Mainz und Rom - meiner zweiten Heimat. Dort habe ich vor meiner ZDF-Zeit mehrere Jahre gelebt und für Radio Vatikan gearbeitet. Studiert habe ich Politikwissenschaft und Katholische Theologie in Freiburg i.Br. und Rom.