Vatikan kündigt Konsistorium an

Der Vatikan hat heute für Mitte Februar ein Konsistorium zur Kreierung neuer Kardinäle angekündigt. Papst Franziskus will am 14./15. Februar neue Kardinäle in den Senat der Kirche aufnehmen. Wer das sein wird, dürfte im Januar bekannt gegeben werden. In den beiden Tagen davor findet ein Beratungstreffen aller Kardinäle statt. Diesem geht wiederum eine Sitzung des K9-Kardinalsrats voraus vom 9. bis 11. Februar. Das alles kündigte Vatikansprecher Federico Lombardi heute zum Abschluss der dreitägigen K9-Sitzung an. Man konnte den Eindruck gewinnen, dass bei der aktuellen Sitzung der Beraterkreis des Papstes ein wenig auf der Stelle getreten ist; um nicht mit völlig leeren Händen dazustehen, kündigte Lombardi beim Briefing der Journalisten dann den Beratungsmarathon vom Februar an.

Kinderschutzkommission wird erweitert

Vor dem Treffen der K9 wiederum ist nämlich im Februar die erste Vollversammlung der neu geschaffenen vatikanischen Kinderschutzkommission. Laut Lombardi wird diese vom 6. bis 8. Februar tagen. Bis dahin sollen aus den bisher acht Mitgliedern auch rund 18 Mitglieder geworden sein. Der Vatikansprecher kündigte für die nächsten Tage die entsprechenden Ernennungen an. Darüber habe die K9 in dieser Woche beraten. Kardinal Sean Patrick O’Malley habe die anderen Kardinäle über den aktuellen Stand bei der Erarbeitung der Statuten und dem Aufbau eines Büros der Kommission informiert. Es ist damit zu rechnen, dass bei der Plenaria dann auch über die Statuten gesprochen wird.

Ebenfalls noch im Stadium der Statutenerarbeitung ist der Bereich des Wirtschaftssekretariats unter der Leitung von Kardinal George Pell sowie des Wirtschaftsrats unter der Koordination von Kardinal Reinhard Marx. Der stellvertretende Koordinator des Wirtschaftsrats, der Malteser Zahra informierte die K9 über den aktuellen Stand der Arbeiten. Vatikansprecher Lombardi erklärte, dass es eine Gruppe von drei Kardinälen gebe, die derzeit an den Statuten für diesen Bereich arbeiteten. Details und weitere Informationen gibt es nicht. Lombardi stellte aber in Aussicht, dass es eigene Briefings oder Pressekonferenzen zu diesem Thema geben werde. Diese dürften allerdings erst im neuen Jahr, vielleicht sogar erst im Februar stattfinden. Bis dahin soll dem Vernehmen nach die neue Finanzarchitektur stehen. Das betrifft auch die Vatikanbank IOR und die geplante Auslagerung der Vermögensverwaltung aus dem Kompetenzbereich des IOR heraus in eine unabhängige Institution.

Die ersten eineinhalb Tage beschäftigten sich die neun Kardinäle seit Dienstag mit den Reaktionen der Leiter der Dikasterien der Römischen Kurie auf die bisherigen Vorschläge zur Kurienreform. Papst Franziskus hatte mit dem „Kabinett“ am 24. November darüber beraten. Dabei soll es dem Vernehmen nach vor allem um die Zusammenlegung verschiedener Päpstlicher Räte gegangen sein. Die Rückmeldungen aus dem Kabinett, die laut Lombardi zum einen ganz grundsätzlicher Natur gewesen seien auf die Gesamtarchitektur der Reform bezogen, zum anderen dann aber auch ins Detail gegangen seien, würden jetzt in die weiteren Beratungen de K9 einfließen.

Die Reform braucht viel Zeit

Unklar blieb nach dem heutigen Briefing, ob es jetzt schon einen kompletten Entwurf für eine Kurienreform gibt, oder ob es doch erst einmal nur um einzelne Bereiche geht. So ist noch nicht klar, ob es wirklich zu einer Fusion der drei vatikanischen Gerichte kommen soll (Rota Romana, Apostolische Signatur, Apostolische Pönitentiarie) und ob in die neue Behörde dann auch der bisherige Justizrat integriert werden soll. Kirchenrechtler sehen die Zusammenfassung der drei Gerichte unter einem Dach zum Teil kritisch, da sie dadurch die Unabhängigkeit der einzelnen Instanzen in Gefahr sehen, die zum Teil Appellationsinstanzen sind. Unklar ist auch noch, was mit den Dialogräten passiert – also Ökumene, Interreligiöser Dialog und Kultur.

Papst Franziskus hatte ja bereits in seinem Interview mit La Nacion am vergangenen Sonntag erklärt, dass er für 2015 nicht mit einem endgültigen Ergebnis der Kurienreform rechne. Einerseits ist es klar, dass eine so grundlegende Reform, wie sie angedacht ist, Zeit braucht; andererseits lähmt die Ungewissheit auch den Apparat. Dazu kommt, dass Franziskus durch einige Personalentscheidungen bereits erste Weichen gestellt hat. Würde die tatsächliche Reform erst 2016 kommen, wäre beispielsweise das Caritasministerium Cor Unum bis dahin ohne Leitung. Franziskus hat den bisherigen Chef, Kardinal Sarah vor wenigen Tagen zum Chef der Liturgiekongregation gemacht. Oder wird die Reform doch in Etappen vollzogen?

Mehr Kollegialität

Darüber wird Papst Franziskus Mitte Februar mit allen Kardinälen beim nächsten Konsistorium beraten. Vatikansprecher Federico Lombardi kündigte heute an, dass das Gesamt der Arbeit der K9 dann diskutiert werden soll. Damit will Franziskus wohl eine Rückbindung der Arbeit des Kardinalsrats an das gesamte Kardinalskollegium garantieren. Vatikansprecher Lombardi sprach heute in Bezug auf die Kurienreform von einem „synodalen Weg“ – ein Begriff, der bisher nur für die Beratungen rund um da Thema Ehe und Familie verwendet wurde. Papst Franziskus scheint bei allen wichtigen Fragen mehr Synodalität zu wünschen. Das bedeutet aber auch, dass die Prozesse Zeit brauchen.

Dass die Choreografie im Februar 2015 ähnlich ist, wie bereits im Februar 2014 – K9, Beratungen im gesamten Kardinalskollegium, Kreierung neuer Kardinäle – könnte darauf hindeuten, dass der „Senat der Kirche“ künftig jährlich zu diesem Termin zu Beratungen zusammentreten wird. Auch ist in Rom zu hören, dass Franziskus über einen zweijährigen Turnus der Bischofssynoden nachdenkt. Bisher finden Ordentliche Bischofssynoden alle drei Jahre statt. Damit würde er eine zentrale Forderung aus dem Vorkonklave umsetzen, die Kollegialität zu stärken.

Kritik wird lauter

Das bedeutet aber zugleich, dass er sich zurücknehmen muss. Kritiker legen ihm das als Untätigkeit aus, fordern richtungsweisende Entscheidungen und Impulse. Die bleiben aus Sicht der Kritiker aus oder kommen nur versteckt. Einerseits kann man sagen, dass aus den Aussagen und Schriften von Franziskus ein Kurs erkennbar ist; doch Klartext geht anders. Ist der Weg bereits das Ziel? Reicht das aus? Schon sind Klagen zu hören, der Papst sei zu zögerlich beim Entscheiden, sei wankend, zu unentschieden. Hat er wirklich keinen Plan?

Andere kritisieren, dass er einen klaren Plan habe und diesen mit undurchsichtigen oder gar unlauteren Mitteln durchzusetzen versucht. Als Beispiel dient der neue Fragebogen für die Lineamenta der nächsten Synode. Wie schon angeführt, wird die Relatio Synodi durch die Erläuterungen zu den Fragen doch stark „auf Franziskus gebürstet“. Auch die plötzliche Ernennung von sechs zusätzlichen „Autoren“ der Relatio Synodi während der Außerordentlichen Synode im Oktober sorgt noch immer für Rumoren – nicht zuletzt weil einerseits der enge Papstvertraute Erzbischof Victor Manuel Fernandez darunter war und ein Afrikaner zunächst vergessen wurde, so dass Franziskus Kardinal Napier nachnominieren „musste“.

Ist Franziskus ohne Plan?

Vielleicht bietet das Konsistorium im Februar für Franziskus die Chance, sich gegenüber den Kardinälen zu erklären, wie er sich das künftige Prozedere vorstellt. Denn auch in den Purpurreihen ist viel Unmut – bei den einen, weil sie Angst haben, Franziskus könnte der Häresie anheimfallen, bei den andern, weil sie seine Amtsführung trotz synodaler Prozesse als letzten Endes zu undurchsichtig und zu stark auf den Papst zugeschnitten erachten. Liegt Letzteres aber vielleicht daran, dass Franziskus zu wenig Verbündete hat und zu wenig Unterstützung aus dem Bischofs- und Kardinalskollegium erfährt? Fehlt diese Unterstützung, weil viele Bischöfe und Kardinäle glauben, nicht zu wissen, was er wirklich will und deshalb auch nicht so richtig wissen, worin sie ihn unterstützen sollen und daher lieber zurückhaltend sind?

M.E. ist durchaus ein Kurs zu erkennen. Trotzdem musste ich in diesen Tagen mehrfach an eine Äußerung von Kardinal Karl Lehmann denken aus einem ZDF-Interview zur Heiligsprechung von Papst Johannes XXIII. im April dieses Jahres. Damals sagte der Mainzer Bischof: „Johannes wurde zum rechten Zeitpunkt zum Papst gewählt und ist auch zum rechten Zeitpunkt gestorben.“ Was mir zunächst den Atem verschlug, spricht man doch so nicht über einen Menschen, der heiliggesprochen werden soll, klärte sich schnell auf. Johannes XXIII. hatte den Mut, das Konzil einzuberufen. Aber er hätte es wohl nicht zu einem guten Ende führen können. Dazu brauchte es einen Paul VI. Erleben wir gerade eine ähnliche Situation? Braucht es einen mutigen Franziskus, um die Kirche aus ihrer Lethargie herauszureißen, Vieles auf den Prüfstand zu stellen, im guten Sinn Verwirrung und Chaos zu stiften, um eine Neuausrichtung anzustoßen, orientiert am Ursprung!? Aber ist er vielleicht nicht derjenige, der das Ganze am Ende in die entscheidenden Bahnen lenken wird? Bitte nicht falsch verstehen: Ich wünsche diesem Papst ein langes Leben. Auch stellt sich dann ja die Frage, wie lange diese Zeit der „Verwirrung“ andauern muss, um wirklich heilsam zu sein. Zudem glaube im Übrigen, dass er durchaus einen Plan hat und auf eine mehr oder wenige sanfte – vielleicht auch passive aggressive – Art die Kirche in diese, seine Richtung stoßen will. Dennoch musste ich gerade in den letzten Tagen in Rom sehr oft an diese Äußerungen von Kardinal Lehmann denken.

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Jürgen Erbacher

Seit Juli 2018 leite ich die ZDF-Redaktion "Kirche und Leben katholisch", für die ich seit 2005 über die Themen Papst, Vatikan, Theologie und katholische Kirche berichte. Dafür pendle ich regelmäßig zwischen Mainz und Rom - meiner zweiten Heimat. Dort habe ich vor meiner ZDF-Zeit mehrere Jahre gelebt und für Radio Vatikan gearbeitet. Studiert habe ich Politikwissenschaft und Katholische Theologie in Freiburg i.Br. und Rom.