Ein Papst gibt Vollgas!
100 Tage ist Papst Franziskus im Amt. Und wenn man seine Predigten und Ansprachen sieht, hält er die Kirche vom ersten Tag an in Atem. Besonders seine Ansprachen bei den Morgenmessen im Gästehaus Santa Marta werden mittlerweile weltweit mit großem Interesse verfolgt. Aufsehen erregte zuletzt seine Botschaft von gestern, als er vor Heuchlern und Moralisten auch innerhalb der Kirche warnte. Mit seinen Worten stellt er hohe Ansprüche an Kleriker wie Laien in der katholischen Kirche. Das schmeckt nicht jedem. Bereits vor Pfingsten war aus Kardinalskreisen zu hören: „Der soll mal weniger reden!“
Doch das Wort ist eines der wenigen Mittel, die Franziskus besitzt; vor allen Dingen, die schnell wirken und nicht zuletzt durch die modernen Kommunikationsmittel schnell Verbreitung finden. Konkrete Reformen etwa bei Strukturen oder in der Lehre sind langfristige Prozesse. Vor allem braucht Franziskus dafür Verbündete in der kirchlichen Hierarchie. Und da wird es in den nächsten Monaten spannend werden, ob er die finden wird. Er ist kein Mann der Kurie und der Apparat ist bisweilen widerspenstig. Doch haben ihn auch Kardinäle aus der Kurie gewählt. Auf ihre Unterstützung ist er angewiesen.
Auch unter den Diözesanbischöfen und – kardinälen ist er nicht sehr weit vernetzt. In seiner Zeit als Erzbischof konzentrierte er sich auf die konkrete Arbeit in seiner Erzdiözese. Daher war es für viele ja so überraschend, dass er 2005 im Konklave plötzlich den zweiten Platz hinter Joseph Ratzinger einnahm. 2007 lernte ihn dann an breites Bischofspublikum bei der CELAM-Konferenz in Aparecida kennen und auch schätzen. Als Redakteur des Schlussdokuments erwarb er sich hohes Ansehen. Zumindest in Lateinamerika dürfte er damit viele Verbündete haben. „Lassen wir ihn nicht allein“, forderte der Mainzer Kardinal Karl Lehmann nach der Wahl. Franziskus wird viel Unterstützung brauchen, um die Reformen umzusetzen, die von ihm erwartet werden. Er braucht Mitarbeiter, die seine Impulse, die in den Ansprachen stecken, auch umsetzen.
P.S. Heute Abend gibt es die 100-Tage-Bilanz in Filmform im ZDF ab 23.15 Uhr. Auf papst.zdf.de gibt es dazu ausführliche Informationen, darunter Interviews mit Kardinal Reinhard Marx und dem Journalisten Joachim Frank.