Weltsynode nimmt Arbeit auf

Ein bisschen war es wie eine Bußübung nach dem Bußakt, der erste Tag der Weltsynode am Vatikan an diesem Mittwoch. Endlos viele Reden und Berichte aus Arbeitsgruppen bestimmten den ersten Tag der Beratungen. Am Vormittag hatte Papst Franziskus mit einem feierlichen Gottesdienst auf dem Petersplatz die zweite und finale Bischofssynode des Synodalen Prozesses zur Synodalität eröffnet. Dabei hatte er dazu aufgerufen, nicht zu sehr eigene Interessen in den Vordergrund zu stellen. „Hüten wir uns davor, aus unseren Beiträgen zu verteidigende Positionen oder durchzusetzende Agenden zu machen, sondern bieten wir sie an als Gaben, die wir teilen wollen, auch mit der Bereitschaft, das Eigene zu opfern, wenn dies dazu dienen kann, gemeinsam etwas Neues nach Gottes Plan ins Leben zu rufen.“ Am Nachmittag verteidigte der Papst bei der Eröffnungssitzung die Berufung von stimmberechtigten Laien zur Synode. Dies stehe im Einklang mit dem II. Vatikanischen Konzil, so das Kirchenoberhaupt. Der oberste Glaubenshüter verpasste der Weltsynode am Abend einen Dämpfer, als er erklärte, dass aus Sicht seines Dikasteriums das Diakonat der Frau aktuell nicht möglich sei.

Wie schon 2023 sitzen auch bei dieser Weltsynode die Teilnehmenden gemischt an runden Tischen. (Quelle: VaticanMedia)

„Inklusives“ Bischofsamt

„Die Anwesenheit von Mitgliedern der Bischofssynode, die keine Bischöfe sind, schmälert nicht die ‚bischöfliche‘ Dimension der Versammlung“, stellte Papst Franziskus am Mittag bei der ersten Sitzung der Synodenversammlung fest. Er sage das wegen des Geplappers, das es von ein oder anderen Seite gegeben habe, fügte er hinzu. Erst vor wenigen Tagen hatte der ehemalige Chef der Glaubenskongregation, Kardinal Gerhard-Ludwig Müller, in einem Interview den kanonischen Status der Versammlung als unklar bezeichnet angesichts der vielen nicht-bischöflichen Mitglieder. Der Papst betonte, dass schon Papst Paul VI. in seinem Motu proprio zur Einrichtung der Bischofssynode 1965 festgestellt habe, „dass diese Synode, wie jede menschliche Institution, im Laufe der Zeit weiterentwickelt werden kann“.

Franziskus sieht seine Erweiterung des Teilnehmerkreises in der Tradition des II. Vatikanums. Nach dessen Verständnis könne „der Bischof, das Prinzip und die sichtbare Grundlage der Einheit der Teilkirche, seinen Dienst nur im Volk Gottes und mit dem Volk Gottes leben, indem er dem ihm anvertrauten Teil des Volkes Gottes vorangeht, sich in dessen Mitte befindet und ihm folgt.“ Nach diesem „inklusiven Verständnis des Bischofsamts“ ist für Franziskus selbstverständlich, dass auch das Volk Gottes in der Bischofssynode vertreten ist. Dies schränke die Autorität des einzelnen Bischofs und des Bischofskollegiums nicht ein, betonte das Kirchenoberhaupt. „Vielmehr signalisiert es die Form, die die Ausübung der bischöflichen Autorität in einer Kirche annehmen soll, die sich bewusst ist, dass sie konstitutiv relational und daher synodal ist.“ Es gehe nun darum, Formen der kollegialen und synodalen Ausübung des Bischofsamts auf den verschiedenen Ebenen der Kirche zu identifizieren.

Diakonat der Frau endgültig vom Tisch?

Nach dem Papst gab es Berichte aus den zehn Arbeitsgruppen, die Papst Franziskus im Frühjahr eingerichtet hatte. Dorthin waren viele der Themen ausgelagert worden, die bei der ersten Synodenversammlung im Oktober 2023 diskutiert worden waren. Dieses Vorgehen war von verschiedenen Seiten scharf kritisiert worden, weil zunächst nicht transparent kommuniziert worden war, wer in den einzelnen Arbeitsgruppen mitarbeitet und wie diese Personen ausgewählt wurden. Die Namen sind mittlerweile bekannt, das Auswahlverfahren noch immer nicht. In kurzen Videoberichten oder Vorträgen in der Synodenaula berichteten die Vorsitzenden der Gruppen über den Stand der Arbeit.

Der Chef des Glaubensdikasteriums, Kardinal Victor Manuel Fernández, kündigte dabei ein Dokument seiner Behörde zur Rolle der Frau in der Kirche an. Einen Zeitrahmen nannte er nicht. Wohl aber erklärte er, dass aus Sicht des Glaubensdikasteriums „es noch keinen Raum für eine positive Entscheidung des Lehramtes über den Zugang von Frauen zum Diakonat, verstanden als ein Grad des Weihesakramentes“, gebe. Er verwies dabei auch auf jüngste Äußerungen von Papst Franziskus, der im Frühsommer in einem TV-Interview gesagt hatte, dass er keine Chance für ein Diakonat der Frau sehe. Bei genauerem Hinsehen auf Fernández‘ Äußerung fällt auf, dass er den Diakonat im Kontext des dreigliedrigen Weiheamts ausschließt. Könnte es vielleicht andere Lösungen geben? Benedikt XVI. hatte ja bereits versucht, den Diakonat von den anderen beiden Weihestufen abzusetzen, was Beobachter damals als einen möglichen Schritt in Richtung Öffnung des Diakonats für Frauen werteten. In dem Frauen-Dokument soll es um die Beziehung der sakramentalen Macht und den Ämtern in der Kirche gehen, den Ursprung der Ämter sowie auch um Ämter ohne sakramentale Weihe.

Ernüchterung zum Auftakt

Die Worte von Kardinal Fernández sind für viele sicher ein Rückschlag und ein herber Dämpfer gleich zu Beginn der Weltsynode. War das Diakonat der Frau doch für viele eine Art Lackmustest für die Ernsthaftigkeit des Reformwillens des Papstes und seines Umfelds. Doch zum einen wird es nun spannend werden zu sehen, ob sich Synodale selbstbewusst zeigen, das Thema doch noch einmal neu auf die Tagesordnung zu heben und Argumente gegen das Votum des obersten Glaubenshüters vorzubringen; zum anderen stehen noch viele andere Reformthemen auf der Tagesordnung der Weltsynode, die vor allem strukturell große Veränderungen bringen könnten. „Harmonie in Vielfalt schaffen“ – darum geht es, so Papst Franziskus beim Eröffnungsgottesdienst in der Synode; der Heilige Geist werde dabei helfen. Nach den Ausführungen von Kardinal Fernández brauchen viele Synodale und auch Gläubige weltweit sicher erst einmal den Heiligen Geist, um wieder Hoffnung zu schöpfen.

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Jürgen Erbacher

Seit Juli 2018 leite ich die ZDF-Redaktion "Kirche und Leben katholisch", für die ich seit 2005 über die Themen Papst, Vatikan, Theologie und katholische Kirche berichte. Dafür pendle ich regelmäßig zwischen Mainz und Rom - meiner zweiten Heimat. Dort habe ich vor meiner ZDF-Zeit mehrere Jahre gelebt und für Radio Vatikan gearbeitet. Studiert habe ich Politikwissenschaft und Katholische Theologie in Freiburg i.Br. und Rom.

6 Kommentare

  • Novalis
    04.10.2024, 0:22 Uhr.

    1) Auf den ökumenischen Konzilien waren immer schon Nichtbischöfe vertreten, sei es stimmberechtigt (nicht zu Bischöfen geweihte Ordensobere und Kardinäle), sei es sogar die Ergebnisse vorgebende politische Nichtchristen (Kaiser Konstantin) oder Laien (Kaiserin Pulcheria mit ihrem Mann Markian). Warum sollte, was auf den viel höherrangigeren Konzilien recht war, nicht bei den Bischofssynoden nicht billig sein? Es ist doch sowohl ein Konzil als auch eine Synode nur dann gültig, wenn der Papst das will…
    2) Das dreigliedrige Weiheamt ist eine Neuerfindung des 2. Vatikanischen Konzils. Davor – also von ca. 200 bis 1969 – gab es die vier niederen Weihen und die drei höheren Weihen. Kleriker wurde man durch die Tonsur und das war vor der ersten der niederen Weihen. Die drei höheren Weihen waren die Weihe zum Subdiakonat, Diakonat und zum Presbyterat. Der Subdiakonat war, ehe Paul VI. ihn abschaffte, KEINE sakramentale Weihe, der Diakonat ist erst durch das 2. Vaticanum zur sakramentalen Weihe erklärt worden und die Bischofsweihe galt als Segnung, nicht als Sakrament. Einzig die Priesterweihe – nicht die Diakonen- und auch nicht die Bischofsweihe – verleiht einen character indelebilis. Vielleicht sollte man sowohl Kardinal Müller als auch die Insassen der Glaubenskongregation an diese simplen dogmengeschichtlichen Tatsachen erinnern, ehe sie möglicherweise unter Einwirkung von Kirchendrogen wie Weihrauch oder Messwein einer Glossolalie verfallen.

    • Silvia
      04.10.2024, 17:26 Uhr.

      Der „oberste Insasse des Glaubensdikasteriums“ wird für das Frauendiakonat sicher eine Lösung basteln ähnlich Fiducia suplicans, mit der dann Alle von Herzen unzufrieden sind. Es besteht also noch Hoffnung.

      Dieser Beitrag ist ironisch gemeint, denn mehr fällt mir dazu nicht mehr ein.

      • Novalis
        05.10.2024, 19:37 Uhr.

        Ich bin als Schwuler gar nicht unzufrieden mit Fiducia supplicans. Im Gegenteil. Man sollte nicht von „allen“ reden, wenn man „alle“ nicht kennt. Absolute Klarheit – das ist ein Zustand, der bei den Glaubenswächtern im Iran herrscht.

        • Silvia
          07.10.2024, 13:45 Uhr.

          Man kann sich alles schönreden. Für mein Empfinden ist jeder Blasiussegen feierlicher als der Segen, den Fiducia supplicans den gleichgeschlechtlichen Paaren anbietet. Aber wenn Sie damit zufrieden sind, gönne ich es Ihnen.

          Generell wäre es dringend an der Zeit für eine gewisse Dezentralisierung in der Kirche. Wenn nicht auf Ebene der Bischofskonferenzen dann auf kontinentaler Ebene.

          Die gesellschaftliche Entwicklung auf den unterschiedlichen Kontinenten und in den Kulturen driftet immer weiter auseinander.

          • Novalis
            07.10.2024, 23:42 Uhr.

            Waren sie denn schon bei so einem Segen?

            • Silvia
              09.10.2024, 10:37 Uhr.

              Nein, ich war noch nicht auf einer solchen Segensfeier. Ich habe aber aufmerksam mitverfolgt, welche Erläuterungen der Glaubenspräfekt zu Fiducia supplicans gegeben hat.

              Danach handelt es sich um keine Segensfeier, denn die Segnungen dürfen weder in einem Gottesienst noch überhaupt in einer Kirche stattfinden sondern nur in einer Art privaten Rahmen und dürfen auch nur ein paar Sekunden dauern.

              Die von Ihnen angesprochenen Segensfeiern, die es natürlich gibt, sind somit nicht durch Fiducia supplicans legitimiert. Auch wenn Sie das in Ihren Beiträgen hier beharrlich ausblenden und sich damit in die eigene Tasche lügen.

              Was es bei uns sonst noch gibt sind Gottesdienste am Valentinstag für Liebende und Paare „aller Art“, meines Wissens nach gibt es da auch einen Segen, ob der allgemein oder einzeln gespendet wird, weiß ich nicht, wird wahrscheinlich überall anders gehandhabt.

              Diese Valentinstagsgottesdienste gibt es auch schon länger als die Diskussionen über gleichgeschlechtliche Partnerschaften in Kirche und Zivilgesellschaft.

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