Papst in Ägypten – Tag 1

Die Religion ist nicht ein Problem, sondern ein Teil der Lösung. Davon ist Papst Franziskus überzeugt. Dafür braucht es aber eine strikte Trennung von Religion und Politik, Religionsfreiheit sowie die Absage an jede Form der Gewalt im Namen der Religion. Das machte das katholische Kirchenoberhaupt am ersten Tag seines Besuchs in Ägypten am Freitag deutlich. Die Ansprachen lesen sich wie eine Magna Charta des Dialogs der Kulturen und Religionen sowie eines weitestgehend aufgeklärten Religionsverständnisses. Zugleich betont er, dass Bildung sowie die Beseitigung von Armut und Ausbeutung grundlegende Voraussetzungen für eine friedliche Zukunft der Menschheit sind. Sie müssten einhergehen mit einem Stopp „der Geldflüsse und Waffenlieferungen an diejenigen, die zur Gewalt anstiften“. Zugleich nahm der Papst Ägypten in die Pflicht und erinnerte die politisch Verantwortlichen, dass es „über die Jahrhunderte in der Welt als Land der Kultur und Land der Bündnisse in Erscheinung getreten ist“. Aufgrund seiner Geschichte und der geografischen Lage nehme Ägypten eine „unersetzbare Rolle im Nahen Osten und im Gesamt der Länder“ ein. Eindringlich forderte Franziskus die Einhaltung der Menschenrechte im Land. Ausdrücklich erwähnte er die Meinungs- und Religionsfreiheit.

Ein Signal soll von dieser Reise ausgehen: Papst Franziskus und der Großimam der Al-Azhar, Scheich Ahmed al-Tayyeb. (Quelle: epa)

Symbolische Reise

Mit der Reise möchte Papst Franziskus ein Zeichen setzen. Im Vorfeld gab es Kritik, er unterstütze damit ein fragwürdiges Regime. Natürlich versuchen die Regierenden immer von einem solchen Besuch zu profitieren. Doch das katholische Kirchenoberhaupt hat, wie das seine Vorgänger in solchen Fällen auch immer getan haben, klare Botschaften an die Politiker gesendet: Rechtstaatlichkeit und Menschenrechte, Trennung von Religion und Politik, Schutz von Minderheiten, gleiche Rechte und Chancen für alle, ausdrücklich fordert er ein besonderes Augenmerk für die Frauen. Wichtiger aber noch als die politische Botschaft ist der interreligiöse Dialog. Franziskus möchte die zarten Bande festigen, die in den letzten Jahren wieder zwischen dem Vatikan und den Vertretern der Al-Azhar-Universität geknüpft wurden. Und er nimmt auch hier kein Blatt vor den Mund. Es ist der Versuch, die moderaten Kräfte zu stärken. Es soll das Signal von Kairo ausgehen, dass ein friedliches Miteinander von Christen und Muslimen möglich sein kann. Das sollen die Bilder des heutigen Tages zeigen.

Schließlich geht es ihm darum, Solidarität mit den verfolgten Christen zu zeigen. Denn auch wenn es immer wieder heißt, den Christen gehe es in Ägypten gut, sieht die Realität doch anders aus. Auch jenseits der Gewaltakte müssen sie immer wieder Benachteiligungen hinnehmen. Ägypten, daran erinnerte Franziskus heute immer wieder, ist ein wichtiger Teil der jüdisch-christlichen Vergangenheit. Deshalb ist es wichtig, dass dort auch heute Christen leben. Doch angesichts der Bedrängnis im Alltag und durch die Gewaltakte, die seit Jahren anhalten, verlassen immer mehr ihre ägyptische Heimat. Wenn Franziskus dieses Land besucht und seine Solidarität mit den Christen dort zeigt, ganz gleich welcher Konfession, ist das ein Teil seiner Bemühungen, ihnen zu einer Lebensgrundlage zu verhelfen und ihr Schicksal vor der Weltöffentlichkeit bekannt zu machen in der Hoffnung, dass sich dadurch ihre Situation auf lange Sicht positiv verändern wird.

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Jürgen Erbacher

Seit Juli 2018 leite ich die ZDF-Redaktion "Kirche und Leben katholisch", für die ich seit 2005 über die Themen Papst, Vatikan, Theologie und katholische Kirche berichte. Dafür pendle ich regelmäßig zwischen Mainz und Rom - meiner zweiten Heimat. Dort habe ich vor meiner ZDF-Zeit mehrere Jahre gelebt und für Radio Vatikan gearbeitet. Studiert habe ich Politikwissenschaft und Katholische Theologie in Freiburg i.Br. und Rom.

13 Kommentare

  • Silberdistel
    29.04.2017, 9:18 Uhr.

    Die Welt wird doch immer verrückter. In alten Prophezeihungen ist oft die Rede von „Mord- und Totschlag werden euch nicht mehr Schrecken!“. Längst eingetreten, das braucht man heutzutage nicht mehr zu prophezeihen…
    Das verhielt sich vielleicht immer so, nicht umsonst hat sich bereits Petrus mit dem Kopf nach unten kreuzigen lassen, auch weil die von Menschen kreierte Welt verrückt ist. Während in der Natur eine geheime Intelligenz unterwegs ist, die aus Nichts hoch komplexes leben gemacht hat.
    Wie sind doch die Hoffnungen in der modernen und angeblich so aufgeklärten Welt seit dem Fall des Eisernen Vorhanges zerstoben. Die Hoffnung auf die Friedensdividende die es seitdem einzustreichen gäbe. Es ist illusionär in dieser Welt Politik und Religion zu trennen. So sagte der Christus dem wir folgen ja auch: „Ihr seid das Licht der Welt und das Salz der Erde“ (Mt. 5,13-16). Immerhin kann und wird es Wohlstand nur im Frieden geben – und den wollen ja alle.

  • Alberto Knox
    29.04.2017, 13:54 Uhr.

    das macht der papst mal wieder sehr gut, man merkt ihm die jesuitische ausbildung an – einfach genial.

    ob er ein fragwürdiges regime unterstützt? wir unterstützen es alle, wenn wir ägyptische zwiebeln kaufen oder einen urlaub in ägypten buchen. das ist condicio humana – oder, christlich betrachtet, bestandteil der erbsündlichen vergangenheit eines jeden menschen. im übrigen mag die militärdiktatur von al-sisi schlecht sein. die demokratur unter den muslimbrüdern war sichtlich noch schlechter. und man sollte nicht vergessen: neben jordanien (auch keine lupenreine demokratie) ist ägypten das einzige land im vorderen orient, das einen friedensvertrag mit israel hat (welches zu unterstützen, wo es nur geht, absolut moralisch unbezweifelbar, und zu kritisieren, wo nötig, geboten ist).

  • Silvia
    30.04.2017, 23:20 Uhr.

    Wrightflyer
    30.04.2017, 1:10 Uhr.

    Hinrichtungen als Unterhaltung für das Volk mit einer Zirkusvorstellung als Alternative auf eine Stufe zu stellen, ist, gelinde gesagt, doch sehr makaber.

  • bernardo
    01.05.2017, 13:45 Uhr.

    Müssen es Umarmungen sein? Gespräche ja, aber Umarmungen? Mit dem Vertreter einer „Universität“, deren früherer Großmufti folgendermaßen agierte: „On live television, Sheikh Gomaa not only reaffirmed that headscarves (Hijab) are mandatory in Islam; he labeled any woman who disputes this interpretation as an infidel. Moreover, he said women who reject the Hijab are “stupid, naive and ignorant.”

    Dumm, naiv und unwissend…

    • Silberdistel
      03.05.2017, 17:05 Uhr.

      bernardo
      01.05., 13:45 h
      Solange man dafür nicht die eigene religiöse Identität, das Kreuz, ablegen muß so wie Marx + Strohm jüngst in Jerusalem; warum auch nicht. Wird schon kein gezücktes Messer zwischen den beiden zu erwarten gewesen sein… Letztlich haben die 3 monotheistischen Religionen ja nicht nur einen gemeinsamen Stammvater als Gemeinsamkeit und im geschwisterlichen worse case fällt so eine Umarmung dann halt einfach unter ´Feindesliebe´.

    • Wanda
      04.05.2017, 0:43 Uhr.

      Franziskus hat den Gross-Imam schon mehrfach brüderlich umarmt und das ohne alle Bedenken, obwohl dieser einer Universität vorsteht, deren Religions-Professoren fleissig Todesfatwas ausstellen…

    • Alberto Knox
      05.05.2017, 22:04 Uhr.

      ich würde den teufel umarmen, wenn ich dadurch hinter seinem rücken auch nur eine seele befreien könnte – der schwefelgeruch vergeht. außer bei denen, die selber schon zu teufeln geworden sind und höllengeruch verbreiten, indem sie unwahrheiten über den besten papst seit paul vi. verbreiten.

  • RRG
    04.05.2017, 13:06 Uhr.

    Al-Tayebs Rede
    ==============

    Mit Interesse habe ich die Berichte über den Besuch in der Al Ashar verfolgt.

    Während die Ansprache von Papst Franziskus im Wortlaut veröffentlicht ist konnte ich die Gastgeber al-Tayeb nigends finden.

    Er gilt ja als schwieriger Gesprächspartner, nicht erst seit seiner Absage an die Aufklärung in der Rede vor dem Deutschen Bundestag 2016 und der danach wiederholten Befürwortung von Mord gegen Apostaten. Die SZ spricht am 2.5.17 denn auch von einem asymetrischen Dialog.

    Läßt eine Nicht-Veröffentlichung der Rede da nicht unnötig Raum für Spekultionen?

    • Jürgen Erbacher
      Jürgen Erbacher
      05.05.2017, 21:34 Uhr.

      Der Vatikan hat am Tag des Ereignisses die Rede des Großimam an alle beim Vatikan akkreditierten Journalisten verteilt.

    • Wanda
      05.05.2017, 22:13 Uhr.

      RRG 13:06
      – All diese (nennen wir sie) fragwürdigen „Eigenheiten“ Al-Tayyebs halten Franziskus nicht davon ab, ihn erneut brüderlich zu umarmen…
      Der Kern der Angelegenheit ist nicht etwa der ägyptische Regierungschef, es ist der Grossmufti Al-Tayyeb, der trotz seiner angeblichen Autorität die Todesfatwas gegen Abtrünnige des wahren Glaubens (sprich Islam) nicht zurückweist oder gar verbietet.
      Und da spricht Franziskus von der Absage an jede Form der Gewalt im Namen der Religion ?
      Unerträglich, in diesem Zusammenhang von „zarten Banden“ zwischen dem Vatikan und der Al-Azhar und einem Dialog zu schreiben, Herr Erbacher…

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