Papst berät mit Kardinälen über Kurienreform
Mit Freimut, Treue zum Lehramt und im Bewusstsein, dass das Heil der Seelen das oberste Gesetz ist, sollen die Kardinäle beim Konsistorium reden, so Franziskus heute Morgen zum Auftakt der zweitägigen Beratungen. Am Vormittag standen die Berichte aus der K9 auf der Tagesordnung; danach begann die freie Diskussion. Am Freitagmorgen wird Kardinal George Pell, der vatikanische Finanzminister, über die Finanzen sprechen. Heute Vormittag nahmen 165 der 207 Kardinäle an den Beratungen teil; für den Nachmittag wurden weitere Kardinäle erwartet. Ebenso waren die 20 Bischöfe und Erzbischöfe anwesend, die am Samstag ins Kardinalskollegium aufgenommen werden.
Zwei neue Kongregationen
Der Sekretär des Kardinalsrats, Bischof Marcello Semeraro, stellte in Grundzügen die bisherigen Vorschläge der K9 vor, wie sie in den letzten beiden Tagen bereits hier im Blog erläutert wurden. Zum einen ging es um die zwei neuen Kongregationen „Laien, Familie und Leben“ sowie „Caritas, Justitia et Pax“, zum anderen um die „Grundlinien sowie die Prinzipien, die eine Kurienreform inspirieren“. Was die beiden neuen Kongregationen anbetrifft, ist eine Korrektur notwendig gegenüber dem, was in den letzten beiden Tagen hier angeführt wurde. Ich hatte geschrieben, dass es bei der neuen Kongregation „Caritas, Justitia et Pax“ zunächst nur um die Fusion der Päpstlichen Räte Cor Unum und Justitia et Pax ginge und die Räte für Migration und Gesundheitspastoral in einem zweiten Schritt inkorporiert würden. Es handelt sich aber doch um ein Gesamtpaket.
Die vier Räte sollen auf einen Schlag zu einer großen Kongregation zusammengefasst werden, in die dann auch noch Caritas Internationalis und eventuell die Päpstliche Akademie der Sozialwissenschaften integriert werden sollen. Zusätzlich soll in dem neuen Dikasterium der bereits erwähnte eigene Bereich für Ökologie geschaffen werden. In diesem soll es neben der „Ökologie der Schöpfung“ auch um die von Benedikt XVI. immer so hervorgehobene „Ökologie des Menschen“ gehen. Vatikansprecher Lombardi erklärte auf Nachfrage von Journalisten, dass er sich Laien an der Spitze von Kongregationen auch künftig nicht vorstellen kann. Diese Funktion sei den Kardinälen vorbehalten. Das gelte auch für die neu zu schaffende Kongregation für Laien, Familie und Leben.
Synodalität oder Kollegialität?
Unter den ersten Wortmeldungen von Kardinälen waren nach Angaben des vatikanischen Pressesprechers Federico Lombardi mehrere, die sich am Begriff der „Synodalität“ störten, den die K9 in Bezug auf die künftige Arbeitsweise der Kurie verwendet. Die Frage war, ob man nicht besser von Kollegialität sprechen sollte. Synodalität zeigt sich nach Ansicht der K9 künftig in regelmäßigen Kabinettssitzungen, Tabellaraudienzen der Dikasterienchefs beim Papst und interdikasteriellen Versammlungen. Synodal soll auch die Arbeit innerhalb der Dikasterien ablaufen. Diese sollten sich nicht in unzählige Abteilungen verzetteln, die Gefahr liefen, ein Eigenleben zu führen.
Interessant ist, dass die K9 in ihrem Vorschlag ausdrücklich betont, dass die Leiter von Dikasterien nach Kompetenz ausgesucht werden sollten und nach Möglichkeit Erfahrung in der Führung einer Diözese gesammelt haben sowie eine Wertschätzung auf lokaler Ebene genießen. Es gibt zudem die Überlegung, ob es eine interne regelmäßige Rotation von Mitarbeitern durch die verschiedenen Dikasterien geben soll. Allerdings beißt sich dieser Gedanke mit dem Wunsch, Mitarbeiter nach Kompetenz einzustellen. Ausdrücklich warnt die K9 vor Tendenzen, dass Vereinigungen und kirchliche Bewegungen Mitglieder an die Kurie schicken, nicht um der Kirche zu dienen, sondern um eigene Vorteile zu haben. Dies müsse unterbunden werden.
Papst: Macht mit!
Papst Franziskus unterstrich zum Beginn der Beratungen, dass die Reform kein Selbstzweck sei, sondern dass es um eine wirksamere Evangelisierung gehe. Ziel der Kurienreform müsse eine „größere Harmonie unter den Dikasterien und Ämtern sowie eine effizientere Zusammenarbeit“ sein. Dazu gehörten Transparenz sowie echte Synodalität und Kollegialität. Bei der Reform handele es sich um kein leichtes Unterfangen, vielmehr verlange es Zeit, Entschlossenheit und die Bereitschaft aller zur Zusammenarbeit, so Franziskus.
Am Abend war aus dem Kreis der Kardinäle zu hören, dass das Thema Subsidiarität in den Wortmeldungen am Nachmittag eine wichtige Rolle gespielt habe. Papst Franziskus selbst, aber auch die K9 in ihrem Kurzbericht, den sie den Kardinälen vorgelegt hat, haben vorgeschlagen, dass Aufgaben von der römischen Zentrale auf die Ebene der Bischofskonferenzen verlagert werden sollten. Offen ist aber bisher, was das konkret bedeutet. Hier hatte die K9 vor Monaten die Dikasterien aufgefordert, selbst Themen und Vorgänge zu benennen, die nach unten verlagert werden könnten. Sicherlich müssten aber auch die Bischofskonferenzen befragt werden, wo sie Handlungsbedarf sehen. Ob das schon geschehen ist, ist bisher nicht bekannt.