Abschied von Benedikt XVI.
Die Welt hat Abschied genommen von Benedikt XVI. Sein Nachfolger Franziskus feierte am Morgen das Requiem auf dem Petersplatz in Rom; anschließend wurde der emeritierte Papst in den Grotten des Petersdoms beigesetzt. Die deutsche Staatsspitze war komplett vertreten, die deutschen Bischöfe hingegen machten sich eher rar. Nach offiziellen Vatikanangaben nahmen rund 50.000 Menschen an dem Gottesdienst teil. Franziskus hielt sich in seiner Predigt zurück mit einer Bewertung seines Vorgängers. Das Rogito, die Urkunde zum Pontifikat Benedikts XVI., die als Grabbeigabe im Sarg mit verschlossen wurde, dürfte für Diskussionen sorgen. Dort wird er als „Theologe von anerkannter Autorität“ bezeichnet und ihm ein entschlossener Kampf gegen die Verbrechen des Missbrauchs durch Kleriker bescheinigt.
Dankbarkeit für den Hirten
Schlicht und einfach hatte Benedikt XVI. sich seine Beerdigung gewünscht. So war dann auch das Requiem am Morgen auf dem Petersplatz. Gekommen waren viele Priester, gerade auch junge, aus der ganzen Welt, dazu eine große Zahl von Ordensleuten und eine stattliche Delegation aus Bayern, darunter rund 200 Gebirgsschützen. Das Bild, das sich auf dem Petersplatz bot, war bunt und in Teilen auch jung. Mit Applaus wurde der Sarg zu Beginn der Zeremonie auf dem Platz begrüßt und später wieder verabschiedet. Franziskus verzichtete auf eine Würdigung des Lebenswerks seines Vorgängers, ganz anders als 2005 Ratzinger als Zelebrant des Requiems für Johannes Paul II. Manche Beobachter waren deswegen enttäuscht.
Doch an den Ansprachen von Franziskus etwa bei Selig- und Heiligsprechungen kann man erkennen, dass für ihn die Predigt in der Eucharistie sehr selten der Ort ist für die Würdigung eines Lebenswerks. Das macht er an anderer Stelle. Gestern hat er bei der Generalaudienz von Benedikt XVI. als „großem Lehrmeister der Glaubensunterweisung“ gesprochen. „Sein scharfes und feinfühliges Denken war nicht selbstbezogen, sondern kirchlich, weil er uns immer zur Begegnung mit Jesus führen wollte“, betonte Franziskus. Heute dann ein eher meditativer Text über die Hingabe des Hirten, der am Ende aber doch als eine sehr persönliche Würdigung von Franziskus gegenüber seinem Vorgänger gelesen werden kann. Es war seine Art, seine Dankbarkeit gegenüber dem Verstorbenen auszudrücken.
„Santo subito“ stand auf einem Plakat. Schon in den vergangenen Tagen hatte der langjährige Privatsekretär, Erzbischof Gänswein, in einem Interview auf Nachfrage eine schnelle Seligsprechung nicht ausgeschlossen. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, erklärte auf Nachfrage von Journalisten nach dem Gottesdienst, dass es in der Kirche klare Regeln dafür gebe. Dass bei Johannes Paul II. die Wartefrist von fünf Jahren unterschritten worden ist, sei eine Ausnahme, so der Limburger Bischof, da man sich den vielfältigen Rufen beim Tod nicht habe widersetzen können. So breit wie 2005 war die Forderung heute in Rom nicht präsent. Sie wirkte eher wie eine Einzelmeinung.
Keine Trauerzeit
Benedikt ist beerdigt; doch mit Blick auf die vergangenen Tage bleiben viele Fragen. Es mutet seltsam an, dass es keine Zeit der Trauer gab für den verstorbenen Pontifex. Sicher muss sich der Ordo vom Tod eines amtierenden Papstes unterscheiden. Aber dass es statt der Novendiali überhaupt keine erkennbare Zeit der Trauer gab, ist doch überraschend. Franziskus ging munter seinen normalen Amtsgeschäften nach. Im engsten Kreis wurde am Abend nach der Schließung des Petersdoms ein Rosenkranz für den Verstorbenen gebetet. Franziskus nahm nach aktuellem Kenntnisstand weder an diesen Gebeten noch an der Zeremonie der Schließung des Sargs am Mittwochabend oder an der Grablegung in den Grotten des Petersdoms heute teil. Zumindest das Fehlen heute könnte seinem angegriffenen Gesundheitszustand geschuldet sein. Am Morgen wirkte er beim Gottesdienst auf dem Petersplatz müde, es war kühl und der Nebel sorgte dafür, dass die feuchte Luft in die Kleider zog.
Fragen wirft aber nicht nur das Vorgehen des Vatikans auf. Auch die Tatsache, dass bereits ein erstes Enthüllungsbuch des langjährigen Privatsekretärs Erzbischof Georg Gänswein für kommenden Donnerstag angekündigt wurde, befremdet. In „Nichts als die Wahrheit“ geht es laut Verlagsankündigung um die Wahrheit über Angriffe und Krisen im Pontifikat. Ende Januar erscheinen zwei weitere Bücher, deren Titel nahelegen, dass es sich um eher apologetische Werke handelt zur Verteidigung eines bestimmten Bildes des Verstorbenen. Für das Buch „Ratzinger – die Entscheidung. Ich bin nicht davongelaufen“ des italienischen Vatikan-Experten Orazio La Rocca schrieb Gänswein das Vorwort.
Eigentlich folgt auf den Tod eine Phase der Trauer und Besinnung. Die täte vielen Seiten gut in der aktuellen Situation.
16 Kommentare
Eine sehr tendenziöse Berichterstattung, lieber Herr Erbacher.
Ich habe die Trauerfeierlichkeiten per Lifestream mitverfolgt und hatte einen ganz anderen Eindruck als den hier von Ihnen subtil vermittelten.
Und woher wollen Sie wissen, dass Papst Franziskus seinen Alltagsgeschäften „fröhlich“ nachgeht?
Ich hatte bereits an anderer Stelle den Besuch von Papst Franziskus bei der Krippe auf dem Petersplatz nach dem TeDeum an Silvester beschrieben. Am Dienstag gab es normale Audienzen, am Mittwoch die Generalaudienz. Das sind nur einige Beispiele dafür.
Ein anderes, mich wenigstens verstörendes, Detail, daß, wie die taz berichtet, „selbst im Vatikanstaat .., anders als bei früheren Papstbegräbnissen, kein Feiertag verfügt worden (ist) – den dort Beschäftigten wurde lediglich freigestellt, „während der Arbeitszeit“ an den Trauerfeierlichkeiten teilzunehmen, sofern die „Funktionsfähigkeit der Büros“ gewährleistet sei.“ Alles sehr traurig! Weniger die öffentlich-rechtliche, als vielmehr auch die bundesdeutsch-katholische Berichterstattung in ihrer kritisch-distanzierten Lieblosigkeit. Gibt es gar keine Reaktion des internet-präsenten Synodalen Wegs? Was ist mit der liturgieanalytischen Auswertung? Gebe wenig auf verschwörungsgeneigte Mutmaßungen; aber auch zu den politischen An- und Abwesenheiten stehen Fragen im Raum…. . Des verstorbenen Papstes Tod ist eine schmerzvolle Zäsur, wohl nicht nur für fromme Katholiken, auch für traditionssinnige oder einfach nur geschichtlich einordnende Agnostiker. Der sehr geschätzte Mensch Joseph Ratzinger wird auch durch seine – nicht näher zu qualifizierende – Gegnerschaft – mir immer sympathischer. Möge ihm gnadenvoll begegnen, was er geglaubt und gehofft hat!
Wenn man auch nur ein bisschen recherchiert, findet man schnell die liturgiewissenschaftliche Analyse von M. Klöckener. Ansonsten befremdet mich die freie, um nicht zu sagen vogelwilde Zusammenstückelung dumpfer Polemik. Als ob ein Bot einfach katholisierende Wutsätze aneinandereiht: „Der sehr geschätzte Mensch Joseph Ratzinger wird auch durch seine – nicht näher zu qualifizierende – Gegnerschaft – mir immer sympathischer.“ Man fragt sich: Wer schätzt Ratzinger, welche Gegnerschaft und wogegen und warum wird sie nicht qualifiziert? Solches Wortgeklingel ist vieles, hat aber mit Gott und/oder Jesus nix zu tun.
@Zufälliger Gastleser 06.01. 18:23
– Eine gewagte Feststellung: „Der Tod von Papst Benedikt ist eine schmerzvolle Zäsur für etc.., etc…“ Vielleicht lesen Sie einfach einmal die internationalen und nationalen Kommentare der seriösen Medien und vergleichen was überwiegt: die positiven oder negativen Reflektionen, wobei Sie die Begründungen nicht übersehen oder bequemerweise ausblenden sollten…
„Und woher wollen Sie wissen, dass Papst Franziskus seinen Alltagsgeschäften ‚fröhlich‘ nachgeht?“
Tendenziös ist höchstens die Zitation – im Text steht „munter“. Das ist doch etwas sehr anderes. Aber sachliche Korrektheit ist nicht die Stärke von jede*m/r.
Ich finde den Bericht nicht tendenziös.
Na gut, dann eben „munter“. Das ändert aber nichts daran, dass ich die Berichterstattung von Herrn Erbacher als tendenziös empfinde, während mir die Lifestreamübertragung auf der Website der Tagespost eine ganz andere Stimmung vom Petersplatz vermittelt hat.
Dass sich die Beerdigung eines emeritierten Papstes von der eines im Amt verstorbenen, was für den Vatikan und die gesamte rk Kirche etwas völlig Neues war, unterscheidet, war zu erwarten.
Die Unterschiede waren geringfügig, die Feierlichkeiten würdig und angemessen.
Franziskus war sichtlich ergriffen bis zum allerletzten Moment.
Hier in obiger Berichterstattung aber wird ein Eindruck vermittelt, der die Gegner des Verstorbenen geradezu herausfordert, ihm noch ins Grab nachzutreten.
„Hier in obiger Berichterstattung aber wird ein Eindruck vermittelt, der die Gegner des Verstorbenen geradezu herausfordert, ihm noch ins Grab nachzutreten.“
Solcherlei Herrn Erbacher zu unterstellen, ist schlicht grober Unfug, der nichts über den Text von Herrn Erbacher oder dessen Autor, sondern viel über die Verursacherin solcher Unterstellungen aussagt.
Die Tagespost ist ja nun auch kein Werk des Qualitätsjournalismus, sondern ein Propagandablatt von katholisierenden Claqueuren.
@Novalis,
ich denke, Herr Erbacher kann für sich alleine sprechen und benötigt nicht Ihre Unterstützung.
Ich habe nichts unterstellt sondern meine subjektive Meinung/Eindruck geäußert. Dies steht mir genauso zu wie Ihnen.
Auf der Tagespost habe ich den Lifestream von den Trauerfeierlichkeiten verfolgt, eben life. Das war eine ganz normale Berichterstattung, nicht mehr und nicht weniger.
„Katholisierend“, interessante neue Wortschöpfung.
Im Duden online vorhanden. „sondern meine subjektive Meinung/Eindruck geäußert“. Die ja auch viel verrät. Wie auch @Wanda schon bemerkt.
Das 9. Gebot spricht es klar aus „Du sollst nicht lügen!“ Soviel zum Rogito…
Das Rogito hat der Verstorbene nicht selbst verfasst.
@Silvia: 08.01. 12:48
– Das ändert aber nichts an der darin enthaltenen Unwahrheit bzw. Lüge, wer auch immer dafür verantwortlich ist. Franziskus wird den Text dieser Urkunde zum Wirken seines Vorgängers ganz sicher kennen.
Ist eigentlich Gänswein noch Dompräpendar in Freiburg und erhält daher sein Einkommen aus dem bundesdeutschen Steueraufkommen?
Dompräbendar. Ich sollte es auch richtig schreiben 🙂
Vielen Dank für diese immer fundierten Analysen! Als Vatikan-Mitarbeiter kenne ich kaum einen so gut informierten und gut informierenden Beobachter des Geschehens rund um den Petersdom wie Jürgen Erbacher.
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